Wer meint, der dramatisch fortschreitende Klimawandel habe bereits zu einem radikalen Umdenken geführt, der irrt. Weiterhin beharren Kohle- und Öl-Lobbyisten auf dem Standpunkt, mit fossilen Energieträgern einen notwendigen und unabänderlicher Baustein zur sicheren Energieversorgung leisten zu müssen. Und nicht genug. Es wird auch weiterhin die perfide Idee verfolgt, NEUE Tagebaue zu erschließen und NEUE Kohlekraftwerke zu bauen. Die folgende Zusammenstellung von Pressemeldungen scheint deshalb wie aus dem Gruselkabinett entsprungen:

  • Die Mitteldeutsche Braunkohlegesellschaft Mibrag will ab 2007 einen neuen Tagebau im Landkreis Aschersleben-Staßfurt erschließen. Unter dem etwa 76 Quadratkilometer großen Areal lagert in etwa 330 Metern Tiefe mehr als eine Milliarde Tonnen Braunkohle. Erste Probebohrungen zur Erkundung des Vorkommens in der Egelner Südmulde sind für August 2007 geplant. Abhängig vom Ergebnis der Erkundungen und diverser Genehmigungsverfahren könnte die Förderung in 25 bis 30 Jahren beginnen. Das genaue Ausmaß des möglichen Tagebaus sei derzeit noch nicht abzusehen, so die Mibrag. Es ist noch nicht klar, ob Ortschaften beeinträchtigt oder verlegt werden müssten. Das ganze Projekt stehe ja erst am Anfang ...
  • Da die Fördermengen aus den beiden Mibrag-Tagebauen Profen (südliches Sachsen-Anhalt) und Schleenhain (Sachsen) nur noch (!) bis 2030/2040 reiche, erkundet Mibrag derzeit NEUE Lagerstätten im Landkreis Weißenfels nahe Lützen und in Lübtheen in Mecklenburg-Vorpommern. Ebenso wird der Bau eines neuen Großkraftwerkes am Standort Profen südlich von Leipzig angestrebt. Freudig verkündete Mibrag-Vorstand Bruce P. De Marcus im Frühjahr diesen Jahres: „Wir haben von unseren Gesellschaftern grünes Licht, neue Lagerstätten in der Region Lützen ab Herbst diesen Jahres zu erkunden“.
  • Vattenfall - der zweitgrößte Braunkohleverstromer - beabsichtigt, den eigentlich schon längst stillgelegten Tagebau Reichwalde in Ostsachsen für 300 Millionen Euro zu reaktivieren. Er soll ab 2010 wieder Kohle liefern.
  • Eine Prognos-Studie bezeichnete im Frühjahr Braunkohle „als bedeutender Wirtschaftsfaktor in der Lausitz und in Mitteldeutschland“. Reinhardt Hassa, Vattenfall-Vorstand und Auftraggeber der Studie plant deshalb den Bau eines neuen Kraftwerksblocks in Boxberg.
  • Der größte deutsche Braunkohleverstromer RWE baut seit September ein neues Braunkohlekraftwerk am Niederrhein. Ab Ende 2009 wird RWE Power damit weiterhin Braunkohle, den klimafeindlichsten Energieträger, in einer 2.200-Megawatt-Anlage verbrennen. Umweltschützer haben ausgerechnet, dass allein dieses Kraftwerk pro Stunde 1.800 Tonnen Kohlendioxid ausstoßen wird.
  • Der Mannheimer Stromversorger MVV beabsichtigt, am Standort des alten Großkraftwerkes einen neuen, 800 MW großen, Kraftwerksblock in Betrieb zu nehmen.
  • RWE will im Saarland ein Steinkohlekraftwerk für rund 2 Milliarden Euro bauen. Der Doppelblock soll mit einer Leistung von 1.600 Megawatt am bestehenden Standort Ensdorf entstehen, teilte das Unternehmen im November in Essen mit. Die Anlage wird im Jahr 2012 ans Netz gehen. Nach einer Meldung der VDEW ist geplant, in Deutschland in den nächsten Jahren insgesamt 9 (!) neue Steinkohlekraftwerke in Betrieb zu nehmen.

Eine mittel- und langfristig auf fossile Kraftwerkstechnik zementierte Energieversorgung ist die denkbar schlechteste Antwort auf den Klimawandel. Sie führt dazu, dass dringend notwendige Umstrukturierungen unserer Energieversorgung auf den Sant-Nimmerleins-Tag verschoben werden. Investitionen in neue Tagebaue und Kraftwerks-Neubauten bleiben energiepolitische Fehlentscheidungen, die auf den Schultern nachfolgender Generaionen ausgetragen werden. Wieviel Zeit bleibt uns?