RWE: Das verBoAte Geschäftsmodell geht weiter

 

Der RWE-Konzern demonstriert derzeit, dass er nicht gewillt ist, irgendetwas dazuzulernen. Die Rating-Agentur „Standard & Poor’s“ hat die Kreditwürdigkeit des Konzerns soeben herabgestuft (auf BBB-). (1) Die Aktie dümpelt bei 14 Euro (2), und ohne die schamlose Unterstützung aus dem Hause Gabriel („Kapazitätsreserve“) läge sie noch deutlich niedriger. Die kommunalen Anteilseigner mussten in diesem Jahr erstmals auf die fest eingeplante Dividende ganz verzichten. Doch als wäre nichts gewesen, betreiben die Betonköpfe in der Konzernleitung beharrlich ein Projekt weiter, welches im Lichte der notwendigen Dekarbonisierung der Energieversorgung geradezu aberwitzig anmutet:

RWE will in Niederaußem einen neuen Braunkohlekraftwerksblock mit 1100 MW Leistung errichten, der noch über viele Jahrzehnte etliche Millionen Tonnen CO2 jährlich ausstoßen soll! (3) (RWE vermeidet es sorgfältig, die genauen Zahlen zu nennen.)

Das Genehmigungsverfahren für diesen „BoA plus“ (4) genannten Kraftwerksblock ist weit fortgeschritten. Es gibt viele in den zuständigen politischen Instanzen, die bereit sind, aufgrund der Versprechung von ein paar Handvoll Arbeitsplätzen und ein paar Millionen Euro für Aufträge an regionale Baufirmen diesen klimapolitischen Irrsinn durchzuwinken. RWE will 1,5 Mrd. Euro in den Bau investieren; es ist nicht unwahrscheinlich, dass der hochverschuldete Konzern sich daran überhebt – wenn nicht die öffentliche Hand wieder mit großzügigen Subventionen einspringt.

Am 22. Juni 2016 haben nun CDU, SPD und FDP in einem gemeinsamen Schreiben an den Regionalrat der Bezirksregierung Köln den Antrag gestellt, der Regionalrat solle „den Bau von BoAplus und der damit einhergehenden Abschaltung alter Kraftwerksblöcke als Beitrag zur CO2-Reduzierung und dem Erreichen der Klimaziele von Bund und Landfordern. (5) Tim Petzold von Greenpeace hat diesen abenteuerlichen Vorgang treffend als „Realitätsverlust“ diagnostiziert.

Der BUND und örtliche Aktivisten haben gegen diesen „Braunkohlen-Dinosaurier“ bereits „heftigen Widerstand“ angekündigt. (6) Dieser Widerstand braucht die Unterstützung aller KlimaschützerInnen!

RWE und die dem Konzern gedankenlos folgenden Politiker besitzen die Dreistigkeit, den Bau des neuen Kraftwerksblocks als „umweltschonend“ anzupreisen, weil die Technik dieser Anlage den Wirkungsgrad um ein paar Prozentpunkte auf 45% steigere. (7) Die alten Blöcke gleicher Kapazität, die demnächst aus Altersgründen abgeschaltet werden, sind mit einem Wirkungsgrad von deutlich unter 35% allerdings auch ein grandioser Vergleichsmaßstab. Mathematisch gewichtet, ist die Stromproduktion bei Braunkohlekraftwerken – auch bei „BoA plus“ – nur ein Nebeneffekt der Produktion von Treibhausgasen.

RWE wirbt mit folgendem Bild für den geplanten Kraftwerksblock:

BoA_plus

Quelle: www.rwe.com



Das Kraftwerk steht hier sinnbildlich für den gesamten Konzern. Man glaubt dort, dass man schon als umweltfreundlich wahrgenommen wird, wenn man nur die Fassade grün anpinselt. Die absurde „VoRWEggehen“-Kampagne, mit der sich dieser betonharte Atom- und Kohlekonzern als Vorreiter der Energiewende verkaufen will, spielt auf derselben Klaviatur. Wir möchten annehmen, dass ein „Greenwashing“, welches derartig plump daherkommt, nur bei wenigen Menschen verfängt.

RWE will u.a. die letzten Reste des einzigartigen Hambacher Forsts vernichten, um nicht zuletzt dieses „umweltschonende“ Kraftwerk zu beheizen. Der so produzierte Strom wird weiter die Stromnetze verstopfen, um die Energiewende zu blockieren. (8) Alle Tagebaue bis zum letzten Krümel „auszukohlen“, passt in der Wahrnehmung von RWE-Chef Terium „1:1 zu den Klimazielen“. (9) Und es ist keinesfalls ausgeschlossen, dass aufgrund dieses Kraftwerks, das über mindestens 40, vielleicht 60 Jahre Strom, CO2 und Umweltgifte produzieren soll, um sich zu amortisieren, demnächst die Diskussion über neue Braunkohletagebaue beginnt.

Wir müssen wohl immer wieder an die recht einfache Wahrheit erinnern: Um den menschengemachten Klimawandel in Grenzen zu halten, ist ein rascher Abschied von den fossilen Energieträgern nötig. Erst recht von der Braunkohle, die zurecht den Titel „Klimakiller Nr. 1“ trägt. Wer im Jahr nach den Pariser Klimabeschlüssen neue Braunkohlekraftwerke baut, handelt im moralischen Sinne höchst verwerflich. Und das tun auch die PolitikerInnen, die dem keinen Einhalt gebieten. Diesen wird man ihr Verhalten bei den kommenden Landtags- und Bundestagswahlen anrechnen müssen.

 

Quellen:

 

1 www.finanztreff.de 
2 www.finanzen.net/aktien/RWE-Aktie, Stand 1.7.2016.
3 de.wikipedia.org, s.v. "Kraftwerk Niederaußem" 
4BoA“ steht für „Braunkohlekraftwerk mit optimierter Anlagetechnik“.
5 www.bezreg-koeln.de
6 www.bund-nrw.de 
7 www.rwe.com
8 Vgl. Folienvortrag des SFV: Fernübertragungstrassen oder Speicherausbau
9 Frankfurter Rundschau, 9.12.2015: RWE-Umbau ist kein Schnellschuss. Interview mit Peter Terium.