Wald statt Kohle
Foto: Todde Kemmerich

Es war im April 2014. Da war ich zusammen mit meiner Lebensgefährtin Eva Töller zum ersten Mal im Hambacher Wald unterwegs. Wie viele andere hatten wir immer nur von diesem Wald gehört, der seit vierzig Jahren verschwindet, dem Braunkohletagebau Hambach zum Opfer fällt. Nur 35 Kilometer von Aachen entfernt.

Und genau wie viele unserer Freunde und Bekannten hatten wir diese Umweltkatastrophe bis dahin noch nicht gesehen! Wir waren geschockt, wir waren beeindruckt, wir waren verzweifelt… und was liegt näher in meinem Beruf, als Führungen anzubieten.

Das geschieht seitdem regelmäßig, einmal im Monat, im Juli 2018 fand der 51. dieser Sonntags-Waldspaziergänge statt. Und zusätzlich werden nun sehr viele Führungen individuell gebucht, von Betrieben, Schulen, Kirchengruppen, privaten Freundeskreisen. Der Wald wird immer kleiner, die Führungen immer größer. Aktuell haben Eva Töller, Todde Kemmerich und ich insgesamt mehr als 13.300 kleine und große Menschen durch den immer noch wunderbaren Restwald geführt.

Hambacher Forst - Waldspaziergang

Foto: Todde Kemmerich

Es gibt regelmäßig Flyer mit den aktuellen Terminen, der Einladungstext lautet so:


„Der Hambacher Forst – oder was davon noch übrig ist und dringend gerettet werden muss!

Der Energiekonzern RWE will von Oktober 2018 bis Februar 2019 die verbliebenen Reste des Hambacher Waldes vernichten, um im Tagebau Hambach weiter Braunkohle fördern zu können. Der einst größte Wald des Rheinlandes steht vor der endgültigen Zerstörung. Die Bagger und Kettensägen stehen bereit, der Wald mit seinen hunderte Jahre alten Hainbuchen und Stieleichen soll verschwinden. Unaufhaltsam? Noch ist Wald da und mit ihm erstaunlich viele sehr aktive Menschen, die mit phantasievollen Aktionen versuchen zu retten, was noch zu retten ist. Seit mehr als sechs Jahren ist der Wald besetzt, Waldschützer aus ganz Deutschland und den Nachbarländern bewohnen Baumhäuser in uralten Buchen und Eichen.

Lernen Sie den Hambacher Wald kennen – das schützenswerte FFH-Gebiet, die Bäume, die Tiere, die Menschen...
Termine: 16. September, 7. Oktober, 11. November, 9. Dezember

Zusätzlich im September an jedem Sonntag. Und wenn die Planungen gelingen, gibt es mit Beginn der nächsten Rodungssaison im Oktober bis Februar 2019 fast täglich Führungen.

Treffpunkt und Start: 11.30 Uhr zwischen Morschenich, Buir und Manheim. Der Treffpunkt kann sich durch RWE-Straßensperren jederzeit ändern - aktuelle Informationen bei der Anmeldung.


 

Der Hambacher Wald und mein Leben – wie sich der Berufsalltag verändert hat

Seit 18 Jahren arbeite ich als Naturführer und Waldpädagoge. Ich bin fast „rund um die Uhr“ unterwegs in der Natur, mit allen denkbaren Gruppen, von Kindergärten bis zu Schulen, von Geburtstagen bis zu Betriebsausflügen. Ich hätte mir niemals vorstellen können, welchen Anteil an meinem Alltag das Thema Hambacher Wald und der Irrweg der Braunkohleverstromung eines Tages einnehmen würde. Es gibt so viele Anfragen, Besucher aus ganz Deutschland und weit darüber hinaus, ein immer größeres Presseecho.

Die Führungen im Hambacher Wald sind ein kleiner Mosaikstein auf dem Weg zum gemeinsamen Ziel. Die Bewegung gegen dieses Umweltverbrechen hier vor unserer Haustür wird stetig größer und machtvoller. Petitionen, Demonstrationen, Aktionen des zivilen Ungehorsams, die Besetzung des Waldes, Klagen vor den Gerichten, das alles erhöht den Druck auf RWE und vor allem auf die Politik in Düsseldorf und Berlin.
Der Klimawandel ist in vollem Gange. Städte stehen unter Wasser, in anderen Gebieten zwingt die Trockenheit zu Noternten. Immer mehr Menschen sehen die Zusammenhänge zwischen unserer Lebensweise und der gleichzeitigen Vernichtung von Lebensgrundlagen nicht nur hier bei uns, sondern weltweit.

Die Vernichtung des Hambacher Forstes ist nicht die alleinige Ursache dieser beängstigenden Entwicklung, aber es ist ein Schauplatz hier bei uns. Und wir haben hier die Möglichkeit, einzugreifen, Druck zu machen, die Politik und die Konzerne zu einem sofortigen Umdenken zu bringen.
Zusammen mit vielen Mitstreitern werden wir weitermachen, werden wir auch in den kommenden Jahren so vielen Menschen wie möglich zeigen, welches Verbrechen an der Umwelt und dem Klima im Hambacher Wald geschieht.

Wir geben den Traum nicht auf, diese Führungen auch in den nächsten Jahren anbieten zu können. In einem Wald, der eine Zukunft hat, dessen Vorfeld wieder aufgeforstet ist, der seine Feuchtgebiete wiederbekommt. Und vielleicht steht dann am Waldrand einer dieser dinosaurierähnlichen Bagger als Mahnmal für eine völlig aus der Zeit gefallene Technik der Energiegewinnung.

Bekanntlich gewinnt am Ende David gegen Goliath.
Hambi bleibt!

Baumhaus im Hambacher Wald

Foto: Todde Kemmerich