Netzmonopol unter staatlicher Kontrolle aus Umweltschutzgründen unverzichtbar

Wettbewerb im Bau von Stromnetzen wäre ökologisch wenig sinnvoll

vF

Die Europäische Binnenmarktrichtlinie Strom eröffnet in Art. 3 (2) und (3), sowie in Art. 8 (3) und Art. 11 (3) den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, der Stromwirtschaft sogenannte „gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen" aufzuerlegen. Was damit gemeint ist, soll an zwei Beispielen angedeutet werden:

- Die Verpflichtung zur Stromversorgung entlegen wohnender Tarifkunden (Haushaltskunden) zum gleichen Preis wie in der Stadt.

- Die Verpflichtung zur Zahlung einer erhöhten bzw. kostendeckenden Einspeisevergütung für Solarstrom.

In solchen Fällen geht es um die Lösung von Aufgaben, die sich für den Stromversorger - betriebswirtschaftlich gesehen - nicht lohnen, die folglich in einem freien Markt unterbleiben würden. Damit die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen dennoch erfüllt werden, muß in jedem denkbaren Einzelfall ersichtlich sein, welches Unternehmen heranzuziehen ist. Die Verantwortlichkeit muß sich aus einer gesetzlich geregelten Zuordnung ergeben.

Den beiden Beispielen ist gemeinsam, daß die Verpflichtung gegenüber einem Stromkunden zu erfüllen ist, dessen Wohnung, dessen Betrieb oder dessen einspeisende Solarstromanlage sich in einem Land der Europäischen Gemeinschaft befindet, dessen nationale Gesetzgebung eben diese gemeinwirtschaftliche Verpflichtung vorsieht, oder demnächst möglicherweise vorsehen könnte.

Der Adressat für die Erfüllung der Verpflichtung kann nach Lage der Dinge nicht der Stromerzeuger sein, da dieser für alle Stromkunden der Europäischen Gemeinschaft frei wählbar ist bzw. nach einer Übergangsfrist frei wählbar sein wird und deswegen in vielen Fällen anderen nationalen Gesetzen unterliegt. Hier kann nur eine Zuordnung greifen, die nach territorialen Gesichtspunkten erfolgt, bei der sowohl der gebende als auch der empfangende Partner der selben nationalen Gesetzgebung unterliegt. Als Adressat für die Erfüllung der Verpflichtung kommt also nur der Netzbetreiber infrage, da aus technischen Gründen Stromkunde und Stromnetz (zumindest Teile davon) immer im Geltungsbereich der jeweils selben nationalen Gesetzgebung angesiedelt sind.

Das Stromeinspeisungsgesetz in der Fassung vom 28.11.1997 nennt denn auch in § 2 ausdrücklich den Betreiber des Netzes als Adressaten der (gemeinwirtschaftlichen) Verpflichtung, eine bestimmte Mindestvergütung an die Einspeiser von Strom aus erneuerbaren Energien zu zahlen, die sich in seinem „Versorgungsgebiet" befinden.

Damit der Netzbetreiber verantwortlich gemacht werden kann, darf es für jeden zu klärenden Fall allerdings nur einen einzigen Netzbetreiber geben.

Bei der Neuauflage des Deutschen Energiewirtschaftsgesetzes von 1997 scheint man diesen Gesichtspunkt jedoch nicht bedacht zu haben. Die Freigabe des Leitungsbaus nach § 13 in den bis dahin abgeschlossenen Versorgungsgebieten wird demnächst jedem Netzbetreiber das willkommene Argument liefern, sich aus den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen davonzustehlen. Hierbei ist es ohne Belang, ob bereits tatsächlich eine „fremde Leitung" durch das Versorgungsgebiet führt. Netzbetreiber, die nicht mehr die volle und ungeteilte Verantwortung für „ihr" Netzgebiet tragen, können schon aus prinzipiellen Erwägungen heraus nicht mehr für die Durchführung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen in dem zur Rede stehenden Gebiet herangezogen werden.

Ein bedauerliches Beispiel aus jüngster Zeit möge die Brisanz des Problems verdeutlichen. Die Stadtwerke Landshut beliefern die Firma BMW mit Strom, wobei BMW etwa 1/3 des gesamten Stroms abnimmt. Mit der Begründung, BMW würde bei einer Einführung der kostendeckenden Vergütung für Solarstrom und einer daraus resultierenden Strompreiserhöhung eine Stichleitung zur benachbarten OBAG verlegen, haben die Stadtwerke Landshut gegenüber dem Stadtrat die Einführung der kostendeckenden Vergütung für Solarstrom abgelehnt.

Noch hat, soweit mir bekannt ist, kein Netzbetreiber tatsächlich die ihm im Energiewirtschaftsgesetz von 1997 gebotene Möglichkeit genutzt, zum Zweck des Wettbewerbs oder um sich gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zu entziehen, ein neues Netz oder Teile davon zu errichten, doch die Zeit drängt, denn jede einmal gebaute Stichleitung oder jedes zusätzlich parallel zu einem vorhandenen Netz verlegte neue Netz verkompliziert eine spätere Regelung. Außerdem ist der Zubau von Stromleitungen - wenn er aus anderen als rein technischen Gründen erfolgt - landschaftsökologisch nicht zu verantworten.

Deshalb sollten die Verbände der erneuerbaren Energien auf dem ungeteilten (und staatlich streng kontrollierten!) Gebietsmonopol der Netzbetreiber bestehen. Der Wettbewerb im Strommarkt möge zwischen den Stromerzeugern, nicht aber zwischen den Netzbetreibern ausgekämpft werden. Das Stromnetz ist ein natürliches Monopol und sollte dem Wettbewerb entzogen bleiben. Gleichzeitig ist eine staatliche Aufsicht für die Netzbetreiber überfällig! § 13 des neuen EnWG bedarf einer Korrektur. Die Zeit drängt!