Eine Utopie zur „Rettung" der Erde...

< h2> Eine Rezension des neuen Buches von Franz Alt: „Der ökologische Jesus"

von Britta Marold

Es ist einfach, eine Rezenssion zu einem Buch zu schreiben, von dem man restlos begeistert ist. Schwierig wird es, wenn man dem Buch ambivalent gegenüber steht.

Und so geht es mir mit dem neuen Buch von Franz Alt „Der ökologische Jesus" (!). Allein der Titel hätte mich normalerweise restlos abgeschreckt, wäre da nicht der von mir sehr geschätzte Autor. Also habe ich mir mal den Klappentext betrachtet:

„Die letzten 25 Jahre haben bewiesen: Umwelttechnik allein wird unseren schwerkranken Planeten nicht retten. Grundsätzliches Umdenken und ein Bewußtseinswandel sind notwendig, um die Wende zu schaffen; denn täglich

* werden die Wüsten um 20.000 Hektar größer

* produzieren wir 100 Millionen Tonnen Treibhausgase

* vernichten wir 31.000 Hektar Wald

* wächst die Menscheit um eine Viertelmillion zusätzlich.

Wir führen einen dritten Weltkrieg gegen die Natur und damit gegen uns selber. Sind wir noch zu retten?

Erstmals in der Menschheitsgeschichte hängt unser Überleben von einer radikalen geistigen und seelischen Umkehr ab, von einer ethischen Ökologie."

Besonders der letzte Satz hat mir aus der Seele gesprochen und so habe ich das Buch gelesen. Die Ambivalenz, die von Anfang an bestand, hat sich bis zum Schluß nicht aufgelöst. Ein kirchlich orientierter Mensch wird dieses Buch sicher mit ganz anderen Augen betrachten, wird höchstwahrscheinlich auch andere Aspekte bei der Beurteilung in Betracht ziehen und folglich zu anderen Schlüssen kommen.

Für einen Theologen mag das Buch eine Verpflichtung zum Handeln enthalten oder er wird es als unwissenschaftlich ablehnen. Das kann ich nicht beurteilen.

Ich persönlich halte eine Deutung des Lebens Jesu unter dem Aspekt: „Wenn Ökologie damals ein Thema gewesen wäre, dann wäre Jesus der größte Ökologe von allen gewesen" zumindest für fragwürdig.

Trotzdem hat dieses Buch für mich etwas ganz besonderes:

Franz Alt ist es gelungen, den Drahtseilakt zwischen Panikmache und Hoffnung zu vollführen. Er macht in diesem Buch bewußt, daß die Erde kurz vor dem Kollaps steht. Und er entwickelt eine Utopie, mit deren Hilfe eine „Rettung" noch möglich ist. Utopie nicht im Sinne von: „Schön wär’s, aber es klappt sowieso nicht", sondern Utopie als Idee einer Gesellschaft, die ihre gelebten Werte neu definiert und dadurch verantwortlich und lebensbejahend handelt. Er macht bewußt, daß es notwendig ist, global zu denken. Der in unserer Gesellschaft fortschreitenden, sogenannten „Individualisierung" setzt er ein neues Gemeinschaftsdenken entgegen.

Und das tut er mit seinem gewohnt kämpferischen Geist; er nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es gilt, Mißstände anzuprangern, Namen zu nennen. Seine Kompromißlosigkeit wirkt ansteckend und inspirierend. Einige Zitate mögen dies verdeutlichen:

„Wie war 1912 der Luxusdampfer ‘Titanic’ untergegangen? An Deck gab es Tanz und Theater, Champagner und Luxuskleider, viel Geld und wenig Geist. Deshalb hielten die Passagiere das Schiff für unsinkbar." (S. 24)

„Entweder wir schaffen die heutige Energiepolitik ab, oder diese schafft uns ab." (S. 66)

„Die Entdeckung der inneren psychischen Sonne wird ebensolche revolutionären Veränderungen zur Folge haben wie die technische Nutzung der Sonnenstrahlen. Die äußere Energiekrise ist ein Abbild der inneren. Die Überwindung der äußeren Energiekrise setzt eine Mobilisierung unserer inneren, ethischen Energie voraus. Wissenschaft, Politik und Wirtschaft werden lernen müssen, sich der Natur unterzuordnen und bei ihr in die Lehre zu gehen. Das Beachten der Naturgesetze ist das Geheimnis künftiger Erfolge. Naturblindheit ist Zukunftsblindheit." (S. 87)

„Die Umweltbewegung wird dann Erfolg haben, wenn sie klarzumachen versteht, daß Umweltschutz und Umweltpolitik ein Gewinn und nicht Verzicht ist, ein Reichtum für alle und nicht Verlust für fast alle wie unter der heutigen Diktatur einer kurzfristig verstandenen Ökonomie. Ohne diese Perspektive der Fülle, der Freude, des Reichtums und des Überflusses können die Umweltbewegung und eine effiziente Umweltpolitik niemals die Herzen der Mehrheit erreichen." (S. 109)

Ich denke, daß wir bei unserem Einsatz für die Energiewende immer wieder Hoffnung und Inspiration brauchen; und wir brauchen eine Utopie, die uns eine klare Richtung weist, damit wir bei all den täglichen Widerständen nicht mutlos werden.

Und das macht das Buch für mich, trotz aller Einwände, zu einem lesens- und empfehlenswerten Buch.

 

Franz Alt
„Der ökologische Jesus"
Riemann Verlag 1999
ISBN 3-570-50000-4
36,- DM