Fragestellung im Empfehlungsverfahren:
"Ist § 19 Abs. 1 EEG 2009 auch auf Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie, die vor dem 1. Januar 2009 in Betrieb genommen worden sind, anzuwenden?"

Alle Informationen zum Verfahren der Clearingstelle EEG finden SIe unter http://www.clearingstelle-eeg.de/EmpfV/2008/51

Stellungnahme des SFV:

§ 19 Absatz 1 besagt:
"§ 19 Vergütung für Strom aus mehreren Anlagen
(1) Mehrere Anlagen gelten unabhängig von den Eigentumsverhältnissen und ausschließlich zum Zweck der Ermittlung der Vergütung für den jeweils zuletzt in Betrieb gesetzten Generator als eine Anlage, wenn
1. sie sich auf demselben Grundstück oder sonst in unmittelbarer räumlicher Nähe befinden,
2. sie Strom aus gleichartigen Erneuerbaren Energien erzeugen,
3. der in ihnen erzeugte Strom nach den Regelungen dieses Gesetzes in Abhängigkeit von der Leistung der Anlage vergütet wird und
4. sie innerhalb von zwölf aufeinanderfolgenden Kalendermonaten in Betrieb gesetzt worden sind."

Der Gesetzestext verlangt lediglich in einem einzigen Punkt eine Auslegung, nämlich in der Frage, wie der Passus "oder sonst in unmittelbarer räumlicher Nähe" in § 19 Abs. 1, Nr. 1. zu verstehen ist. Deshalb ist für diese Frage die Gesetzesbegründung heranzuziehen. Wie diese Begründung im Einzelnen zu verstehen ist, ist Gegenstand eines gesonderten Empfehlungsverfahrens der Clearingstelle EEG (2008/49) und muss deshalb hier nicht weiter untersucht werden.

Wichtig im Zusammenhang mit der zu untersuchenden Fragestellung ist hingegen die Erkenntnis, dass § 19 Abs. 1 EEG 2009 für eine große Zahl von Photovoltaikanlagen eine Verschärfung der bisher geltenden Regelung darstellt. Diese war in § 11 (6) EEG 2004 enthalten und lautete:
"Abweichend von § 3 Abs. 2 Satz 2 gelten mehrere Fotovoltaikanlagen, die sich entweder an oder auf dem selben Gebäude befinden und innerhalb von sechs aufeinanderfolgenden Kalendermonaten in Betrieb genommen worden sind, zum Zweck der Ermittlung der Vergütungshöhe nach Absatz 2 für die jeweils zuletzt in Betrieb genommene Anlage auch dann als eine Anlage, wenn sie nicht mit gemeinsamen für den Betrieb technisch erforderlichen Einrichtungen oder baulichen Anlagen unmittelbar verbunden sind."

Die Verschärfung besteht erstens in der Verlängerung der Karenzzeit von 6 Monaten auf 12 Monate, zweitens in der Ausweitung der Geltung von Anlagen nur auf einem Gebäude nunmehr auf Anlagen auf dem selben Grundstück und drittens möglicherweise sogar noch in einer Ausweitung der Geltung auf Anlagen in unmittelbarer räumlicher Nähe.

Ob die neue Bestimmung nach dem Gesetzeswortlaut auch auf alte PV-Anlagen anzuwenden ist, ergibt sich formal aus den Übergangsbestimmungen in Paragraph 66, Absatz 1 EEG 2009. Dort heißt es: "§ 66 Übergangsbestimmungen (1) Für Strom aus Anlagen, die vor dem 1. Januar 2009 in Betrieb genommen worden sind, sind anstelle der (...) §§ 30, 32, 33 (...) die Vorschriften des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 21. Juli 2004 (...) anzuwenden. (...)"

§ 19 Abs. 1 ist hier nicht genannt. Er gilt nach dem Gesetzeswortlaut also auch für alte PV-Anlagen.
In einer nachträglichen Stellungnahme des BMU wird dagegen folgende Überlegung vertreten:
Zitat: "In der Übergangsregelung (§ 66 EEG 2009) wird klargestellt, dass für Anlagen, die vor dem 1. Januar 2009 in Betrieb gegangen sind, die bisherigen Regelungen fortgelten. Zu diesen Regelungen gehört insbesondere § 11 Abs. 6 EEG 2004, wonach mehrere PV-Anlagen u.a. nur dann als eine Anlage behandelt werden, wenn sie sich auf demselben Gebäude befinden." Zitatende.

Diese Überlegung vermag allerdings nicht zu überzeugen, denn in den Übergangsregelungen nach § 66 wird §11 Abs. 6 EEG 2004 überhaupt nicht erwähnt, sondern bloß die §§ 32 und 33. Diese befassen sich mit der Höhe der Einspeisevergütung in Abhängigkeit von der Leistung der PV-Anlagen, aber an keiner Stelle befassen sie sich mit der Frage, welche PV-Anlagen zum Zweck der Ermittlung der Vergütungshöhe für die jeweils zuletzt in Betrieb genommene Anlage als eine Anlage gezählt werden sollen.

Die Frage, welche PV-Anlagen als eine Anlage gezählt werden sollen, wird im EEG 2009 vielmehr in dem gesonderten § 19 behandelt, in dessen Begründung sogar noch ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass <i>"die Frage der Behandlung mehrerer Anlagen nunmehr an der systematisch richtigen Stelle - in den allgemeinen Vergütungsvorschriften - geklärt" </i>werde. Die Frage der Behandlung mehrerer Anlagen gehört deshalb ausweislich der Gesetzesbegründung explizit nicht zu den §§ 32 und 33, die gemäß Übergangsvorschrift § 66 Abs. 1 EEG 2009 nur auf Neuanlagen angewendet werden dürfen. § 19 Abs. 1 gehört nach der Systematik des EEG 2009 zu den allgemeinen Vergütungsvorschriften, in denen grundsätzliche Begriffe und Verfahren technologieübergreifend vorab geklärt werden. Das Fortgelten des alten § 11 Abs. 6 EEG 2004 wird demnach im Gesetzestext weder explizit noch implizit vorgeschrieben.
Wir gehen allerdings dennoch davon aus, dass die ungünstigeren Bedingungen des § 19 Abs. 1 EEG 2009 keineswegs auf Solar-Altanlagen angewendet werden dürfen, aus dem einzigen - aber vorrangigen - Grund, weil dies einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes bedeuten würde.

Zur Klarstellung sollte die Clearingstelle EEG deshalb mit Nachdruck darauf hinweisen, dass - allein aus Gründen des Vertrauensschutzes - die oben dargestellte verschärfte Regelung in § 19 Abs. 1 EEG 2009 nur für diejenigen Photovoltaik-Anlagen gilt, die ab 01.01.2009 ans Netz gehen.