Seid aber Täter des Wortes, und nicht Hörer allein,
auf dass Ihr euch nicht selbst betrügt!
Jakobus 1, 22

1. Wie sieht die zukünftige Energieversorgung aus?

Der Solarenergie-Förderverein Deutschland e. V. setzt sich für die schnelle Umstellung der gesamten Energieversorgung auf erneuerbare Quellen ein.

Noch vor wenigen Jahren löste diese Bemerkung regelmäßig Kopfschütteln aus. Seither hat sich einiges getan. Das verbale Bekenntnis zu einer nachhaltigen Energiezukunft geht inzwischen auch vielen Vertretern der etablierten Energiewirtschaft und folglich den meisten Politikern - gleich welcher Couleur - flott von den Lippen. Fossile und nukleare Energietechnik wird zunehmend und eher verschämt als „Übergangslösung“ gehandelt. Aber wozu Übergangslösungen? Warum nicht gleich das erkannte Ziel entschlossen anstreben? Sind die erforderlichen Techniken etwa noch nicht vorhanden? Gelten Adam Rieses Rechenregeln vielleicht doch nicht für Erdöl, Erdgas, Kohle und Uran, und die fossilen und nuklearen Energieträger erweisen sich am Ende noch als unerschöpflich?

Worauf warten wir? Wofür wollen wir Zeit gewinnen?

„Zeit gewinnen“ heißt: weiterhin auf Kosten anderer leben; als Schmarotzer an unseren Kindern und Kindeskindern, weil wir uns selbst die erforderlichen Anstrengungen nicht zumuten wollen. Der jährliche Zubau bei den Erneuerbaren Energien in Deutschland entspricht derzeit weniger als 1% des Energiebedarfs. Im Hinblick auf den Klimawandel und die Ressourcen­verknappung muss das Ausbautempo vervielfacht werden.

Der Weg von den Lippen(bekenntnissen) bis zum Entscheidungszentrum im Gehirn ist wohl länger, als es der Augenschein vermuten lässt.

Das Ziel ist klar. Aber auch der Weg dorthin zeichnet sich immer deutlicher ab. Es ist kein einfacher Weg, aber er ist unumgänglich.

Hier einige Orientierungspunkte, erfreuliche wie unbequeme:

  1. Die Wasserkraftnutzung ist in Mitteleuropa kaum noch ausbaubar. Das ist weitgehend bekannt und als unabänderlich akzeptiert. Weniger akzeptiert ist die Tatsache, dass auch die energetische Biomassenutzung schon an ihre Grenzen stößt.
  2. 20% der heutigen deutschen Erdölimporte werden nicht energetisch, sondern stofflich genutzt (z. B. Herstellung von Synthetikfasern und Werkstoffen) und müssen vor allem durch Biomasse ersetzt werden. Die energetische Nutzung von Biomasse wird sich im Wesentlichen auf Rest- und Abfallstoffe beschränken. Übrigens enden alle stofflichen Nutzungen letztendlich in Abfall; die stofflich genutzte Biomasse geht also nicht dauerhaft für die Energiegewinnung verloren, sie dient vielmehr als Langzeit-Kohlenstoffspeicher und somit als Langzeit-Energiespeicher. Da ihr Kohlenstoff durch Photosynthese aus dem CO2 der Atmosphäre entnommen wurde, entlastet sie außerdem langzeitig die Atmosphäre von CO2.
  3. In Zukunft wird trotz aller Einsparbemühungen mehr Elektrizität gebraucht werden als heute, da auch der Verkehr und die Wärmeversorgung (durch Wärmepumpen) weitgehend auf Strom umgestellt werden müssen.
  4. Es ist eine viel höhere installierte Leistung für die Elektrizitätserzeugung erforderlich, als numerisch zur Erzeugung der Jahresstrommengen benötigt wird, da Speicherverluste auszugleichen und Reserven vorzuhalten sind. Der zukünftige deutsche Kraftwerkspark ist nicht auf ein Erzeugungspotential von 600 TWh/a (heutiger Stromverbrauch), sondern auf etwa das Doppelte auszulegen.
  5. Den Hauptbeitrag zur Elektrizitätserzeugung werden Wind- und Solarenergie leisten müssen. Wasserkraft, Geothermie und Biomasse sind hauptsächlich für Speicher- und Regelzwecke einzusetzen.
  6. Die klassischen Energieunternehmen (Stadtwerke usw.) werden im Erzeugungs­sektor marginalisiert werden, da sie für den Betrieb von PV- und Windanlagen weder erforderlich noch konkurrenzfähig sind.
  7. Der Bedarf an Speichern wird immens zunehmen.
  8. Photovoltaik an und auf Gebäuden und an Lärm­schutz­wänden kann einen merklichen, allerdings nicht den überwiegenden Teil des zukünftigen Elektrizitäts­bedarfs decken. Auch bei Nutzung sämtlicher Dächer, Fassaden und Lärmschutz­wände in Deutschland wird der Beitrag der Photovoltaik zum benötigten Erzeugungs­potential (1200 TWh/a, s.o.) kaum über 25% hinaus­gehen.
  9. Die Offshore-Windenergie kann maximal 15% zur zukünftigen Energieversorgung beisteuern.
  10. Die Windenergienutzung an Land muss den Hauptpfeiler einer nachhaltigen Energieversorgung in Deutschland bilden. Dazu ist ein Vielfaches der heutigen Standorte erforderlich.
  11. Der Ausbau der Windenergienutzung an Land stößt unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen bereits an Grenzen. Da der weitere Ausbau zwingend erforderlich und das Potential vorhanden ist, müssen die planerischen Rahmen­bedingungen geändert werden.
  12. Das Baurecht ist so zu präzisieren, dass die Privilegierung der Windenergie nicht von den Bundesländern, Kreisen und Kommunen unterlaufen werden kann.
  13. Die rechtliche Bevorzugung fossiler und nuklearer Energietechniken ist zu beenden (Baurecht, Immissionsschutz, Schadenshaftung u. a.).

Der Solarenergie-Förderverein Deutschland e. V. entwickelt einen Energiewende-Rechner, mit dem jeder Internet-Nutzer anhand realistischer Daten ein Szenario zur Versorgung Deutschlands mit heimischen Erneuerbaren Energien zusammenstellen kann. Die Testversion ist bereits unter http://www.sfv.de/ewr online. Mit Hilfe des Energiewende-Rechners kann man sich davon überzeugen, dass in Deutschland genügend Erneuerbare Energien für eine 100%-Versorgung vorhanden sind. Ebenso wird aber deutlich, dass die vorhandenen Potentiale weitgehend ausgeschöpft werden müssen, dass z. B. eine Vollversorgung nur mit Solarenergie (an und auf Gebäuden) und Offshore-Wind nicht einmal ansatzweise möglich ist. Viele der oben nur schlagwortartig angedeuteten Eckpunkte lassen sich mit dem Energiewende-Rechner rasch überprüfen und präzisieren.

2. Wie kann Hessen den Anschluss an die Entwicklung finden?

Wind- und Solarenergie tragen derzeit 8% bzw. 1% zur Stromerzeugung in Deutschland bei. Ein Ausbau um weit mehr als eine Größenordnung ist erforderlich und möglich. An dieser Aufgabe sollte auch Hessen anteilig mitarbeiten.

Nach Auffassung des Solarenergie-Förderverein Deutschland e. V. sollen Solaranlagen vor allem an und auf Gebäuden und Lärmschutzwänden errichtet werden. Bund, Länder und Gemeinden verfügen nur über einen geringen Anteil des deutschen Gebäudebestands. Selbstverständlich gehören Solaranlagen auf jedes öffentliche Gebäude. Darüber hinaus und in größerem Umfang ist die öffentliche Hand als Investor und Solaranlagen­betreiber im Bereich der Verkehrsflächen (Schallschutzwände, Brücken usw.) gefordert.
Die meisten Solaranlagen müssen auf Privatgebäuden, vor allem auf Wohnhäusern, errichtet werden. Die Errichtung solcher verhältnismäßig kleinen Anlagen (unter 10 kW) ist in den letzten Jahren fast zum Erliegen gekommen, der Ausbau der Photovoltaik konzentriert sich zur Zeit fast vollständig auf Großanlagen. Diese Entwicklung muss umgekehrt, der finanzielle Anreiz zur Errichtung von Solaranlagen auf Wohnhäusern erhöht werden. In dieser Hinsicht kann das Land Hessen am wirksamsten durch Einflussnahme auf den Bundesgesetzgeber tätig werden (Bundesratsantrag).

Die Windenergie wird mengenmäßig den größten Beitrag zur Energieversorgung leisten müssen. Bereits heute liefert sie den Hauptanteil des Regenerativ-Stroms in Deutschland. Wesentliche technische Fortschritte und Kostendegressionen sind nicht mehr zu erwarten und auch nicht nötig. Es ist allerdings viel zu wenig bekannt, dass mit modernen höheren Türmen gerade im Binnenland erheblich höhere Erträge zu erzielen sind, sogar in Gebieten, die vor wenigen Jahren für die damaligen kleineren Anlagen noch als ungeeignet eingestuft worden sind. Der sofortige energische Ausbau wird vor allem durch die Landes-, Regional- und Kommunalplanung verhindert. Ein Blick auf die Verteilung der Windenergie­nutzung in Deutschland zeigt, dass die drei Bundesländer Hessen, Bayern und Baden-Württemberg erheblichen Nachholbedarf haben.

Wenn die Windenergienutzung für mehr als 99% einer Planfläche ausgeschlossen wird, liegt ein eklatanter Abwägungsfehler vor, wie erste Gerichtsurteile zeigen. Die Landes- und Kommunalplanung sollte die Arbeit nicht den Gerichten überlassen, sondern das vom Gesetzgeber offensichtlich Gewollte umsetzen, d. h. ausreichend Raum für die Wind­energie­nutzung schaffen. Die im Gesetzentwurf der SPD geforderte Ausweisung von 1,5% der Landesfläche ist übrigens im Hinblick auf den Klimaschutz nicht ausreichend.

Das folgende Kapitel enthält Hinweise zur Potentialermittlung und Flächennutzungs­planung.

3. Wie kann eine systematische Güterabwägung bei der Ausweisung von Windenergie­flächen erfolgen?

Für eine gegebene Region (Gemeinde, Kreis, Regierungsbezirk, Bundesland) sollen die für die Windenergienutzung geeigneten Standorte ermittelt und bezüglich ihrer Eignung unter Abwägung aller planerischen Belange in eine Rangfolge gebracht werden.

1. Schritt: Berücksichtigung aller harten Belange
Ausschlussgebiete für die Windenergienutzung:

a) Abstandflächen, die sich aus den Vorschriften der TA Lärm ergeben. Die für die einzelnen Schutzbereiche (Mischgebiet, allgemeines Wohngebiet usw.) geltenden Grenzwerte sind einzuhalten. In dieser Planungsstufe sind pauschalierte Abstands­werte ausreichend, z. B. für ein Dorfgebiet/Einzelgehöft: 400 m Mindestabstand für einzelne Windanlage; 550 m Mindestabstand, wenn mehrere Windanlagen etwa gleich stark einwirken können. Eine genaue Einzelfallprüfung mit eventueller Erhöhung der Abstände ist dem späteren Baugenehmigungsverfahren vorbehalten.

b) Naturschutzgebiete einschließlich der vorgeschriebenen Randzonen (i. allg. 200 m).

c) alle weiteren Zonen, in denen nach der Rechtslage unter keinen Umständen eine Windenergienutzung zulässig ist (z. B. aus Gründen der Flugsicherheit).

Durch die harten Kriterien entfällt in aller Regel bereits der weitaus größte Teil der Planfläche für die Windenergienutzung.

Auf der verbleibenden Fläche ist nach der Rechtslage die Windenergie­nutzung grundsätzlich möglich. Diese Fläche wird im Folgenden „Legalfläche“ L genannt. Sie besteht i. allg. aus mehreren Teilflächen Li. Da die harten Belange (Immissionsschutz, Naturschutz, Vogel­schutz, Verkehrssicherheit u. a.) bereits berücksichtigt sind - und sich in der Regel auf über 90% der Planfläche gegenüber der Windenergienutzung durchgesetzt haben - kann eine weitere Flächen­einschränkung nur aufgrund „weicher“, ermessens­abhängiger Belange erfolgen, für die dann jedoch in der planerischen Abwägung klar und quantitativ zu begrün­den ist, warum sie gegenüber dem Klimaschutz und der baurechtlichen Privilegierung der Windenergienutzung überwiegen.

2. Schritt: Ermittlung der in jedem Teilgebiet der Legalfläche möglichen (jährlichen) Windstrom­erzeugung

Eine Abschätzung anhand einfacher Regeln und vorhandener Daten ist ausreichend und meistens ohne großen Aufwand möglich. Für jede Teilfläche Li erhält man das anteilige Legalpotential LPi. Die Summe aller Teilpotentiale bildet das gesamte Legalpotential LP des Plangebiets.

Der Windwert W<t>i </t> eines Teilgebiets ist der prozentuale Anteil des betreffenden Legal­potentials am Gesamtpotential:

Wi = 100* LPi / LP.

3. Schritt: Festlegung der erforderlichen Windstrommenge durch die (oberste) politische Instanz des Plangebiets

Landtag bzw. Kreistag bzw. Stadtrat legen fest, welcher Anteil des Legalpotentials im Hinblick auf den Klima- und Ressourcenschutz genutzt werden muss. Falls das gesamte Legal­potential eingesetzt werden soll, entfallen alle weiteren Schritte.

4. Schritt: Feststellung der weichen Belange, die bei der Ermittlung einer Ausbau­rangfolge berücksichtigt werden sollen

Zu den weichen, ermessensabhängigen Belangen gehören z. B. der Schutz des Ortsbildes sowie ein über die „harten“ gesetzlichen Regelungen (s. o.) hinausgehender Anwohner-, Natur- und Vogelschutz. Die für das Plangebiet zuständige oberste Planungsbehörde legt fest, welche weichen Belange zu berücksichtigen sind, und sie vergibt Wichtungs­faktoren für die einzelnen Negativbelange. Die Summe aller Wichtungsfaktoren ist 1. Sind z. B. vier Negativbelange zu berücksichtigen, die nach Auffassung der obersten Planungsbehörde gleiches Gewicht haben, so betragen alle Wichtungsfaktoren 0,25. Diese Wichtungsfaktoren gelten für das gesamte Plangebiet.

5. Schritt: Quantitative Bewertung aller Legalflächen bezüglich der weichen Belange
Für jeden weichen Einzelbelang (z. B. ästhetischer Wert des Landschaftsbildes) vergeben die im Plangebiet zuständigen Fachbehörden insgesamt 100 Negativpunkte, die auf die Legalflächen Li entsprechend der zu erwartenden Beeinträchtigung des Belangs durch Windanlagen zu verteilen sind.
Beispiel: vier Teilflächen, Nr. 1 ist nach Auffassung der Behörde im Hinblick auf die Beeinträchtigung das Landschaftsbilds unkritisch, Nr. 4 ist sehr kritisch, die anderen beiden liegen dazwischen. Aufteilung der Negativpunkte für das Landschaftsbild: NL1= 0; NL2 </t>= -25; NL<t>3 = -25; NL4 = -50.

6. Schritt: Ermittlung der Rangfolge der Legalflächen
Für jedes Teilgebiet i wird der <b>planerische Bilanzwert Bi
als Summe aus Windenergiewert und allen gewichteten Negativwerten gebildet. </b>

Alle Bi liegen zwischen –100 und +100, die Summe aller Bi ist Null.

Die Teilgebiete werden nach abnehmendem Bi geordnet. Die Teilgebiete mit den höchsten Summenwerten sind für die Errichtung von Windanlagen zu nutzen, und zwar soweit, dass die in Schritt 3 festgelegte Windstrommenge sicher erreicht wird.

Erläuterung des Verfahrens anhand eines (fiktiven) Beispiels

Hypothetische Planfläche: gesamter gezeigter Kartenausschnitt (ca. 50 qkm).

1. Schritt: Es fallen weg: Naturschutzgebiete samt Randzonen; Schutzzonen nach TA Lärm um jedes Wohngebäude; Abstandflächen zur Autobahn u. a..

Die verbleibenden Bereiche 1-5 bilden die Legalfläche (ca. 3% der gesamten Planfläche).

2. Schritt: Ermittlung der möglichen Windstrommengen (siehe Grafik 1, links) und der prozentualen Windwerte Wi. Legalpotential = 121 GWh/a

Ermittlung der möglichen Windstrommengen (Legalpotential) einer Region


W1 = 41,32
W2 = 5,79
W3 = 12,40
W4 = 23,14
W5 = 17,36

3. Schritt: Der Regionaltag beschließt, mindestens 50% des Legalpotentials zu nutzen, um dem Klimaschutz und der Privilegie­rung der Windenergie Genüge zu tun.

4. Schritt: Die oberste Planungsbehörde der Region legt die folgenden drei Negativbelange und die zugehörigen Wichtungsfaktoren fest:

Erweiterter Anwohnerschutz: 0,5
Erweiterter Vogelschutz: 0,25
Schutz des Landschaftsbildes: 0,25

5. Schritt: Die zuständigen Fachbehörden verteilen, evtl. unter Einschaltung von Beiräten und Gutachtern, für jeden Negativbelang 100 Negativpunkte auf die fünf Bereiche der Legalfläche:

L1 L2 L3 L4 L5
Anwohner -11 -17 -7 -21 -44
Vögel -21 -22 -24 -24 -9
Landschaft -45 -5 -15 -15 -20

Zur Ermittlung der Negativpunkte „Anwohnerschutz“ wird berücksichtigt, wie viele Personen in einer erweiterten Zone (z. B. 1000 m Abstand) um die Legalfläche herum wohnen. Im obigen Beispiel wohnen 44% dieser „Fernanrainer“ in der Umgebung von L5 (alle jedoch außerhalb des Schutzbereichs nach TA Lärm). In der weiteren Umgebung von L3 wohnen dagegen vergleichsweise wenige Menschen.

Die Negativpunkte zum erweiterten Vogelschutz legt die Naturschutzbehörde fest anhand der Anzahl und Schutzbedürftigkeit betroffener Brut- und Rastvögel und ggf. zusätzlicher Kriterien (Vogelzugrouten etc.).

6. Schritt: Unter Verwendung der zuvor fachlich ermittelten Windwerte (Schritt 2), Wichtungs­faktoren (Schritt 4) und Negativpunkte (Schritt 5) ergeben sich dann zwanglos die planerischen Bilanzwerte und die abgewägte Nutzungsrangfolge:

L1 L2 L3 L4 L5
Wind 41,32 5,79 12,40 23,14 17,36
Anwohner -5,50 -8,50 -3,50 -10,50 -22,00
Vögel -5,25 -5,50 -5,50 -6,00 -2,25
Landschaft -11,25 -1,50 -3,75 -3,75 -5,00
Bilanzwert 19,32 -9,71 0,35 2,89 -11,89

Rangfolge nach abnehmendem Bilanzwert:

L1 L4 L3 L2 L5
Bilanzwert 19,32 2,89 -0,35 -9,71 -11,89
Windwert 41,32 23,14 12,40 5,79 17,36

Ergebnis: Um die politischen Vorgaben (Schritt 3) zu erfüllen, sind die Teilgebiete L1 und L4 der Legalfläche (64% des Windpotentials) zu nutzen.

Bemerkungen:

1. Das Verfahren ist weitgehend willkürfrei. Die Abwägung der einzelnen Belange ist quantitativ nachvollziehbar. Im obigen Beispiel hat L5 vor allem wegen der vielen Fernanrainer einen schlechten Bilanzwert, bei L2 steht der geringe Energieertrag (Senkenlage, kleine Fläche) in keinem Verhältnis zur Beeinträchtigung der Anwohner und der Vogelwelt (Rast-, Brut und Nahrungs­suchfläche).

2. Erforderliche Fachentscheidungen werden von den Fachinstanzen, politische Entscheidungen von den zuständigen politischen Gremien getroffen. Jeder Entscheidungsträger kann und muss sich auf seine Kernkompetenz konzentrieren.

3. Alle Beteiligten und Betroffenen werden genötigt, sich an sachliche Argumente zu halten. Im obigen Beispiel gibt es in der Umgebung von L5 viermal so viele Fernanrainer wie in L1. Der durchschnittlich verständige Anwohner auch in L1 kann nachvollziehen, dass L1 unter dem Gesichtspunkt des erweiterten Anwohnerschutzes eher für die Errichtung von Windanlagen in Frage kommt als L5.

4. Wie im obigen Beispiel entfaltet das Verfahren auf natürliche Weise die planerisch erwünschte Konzentrationswirkung, da Einzelstandorte (hier: Fläche Nr. 2) wegen ihrer im Vergleich zum Windwert unverhältnismäßig großen Negativwirkung in der Bilanz meistens nachrangig abschneiden.

5. Aus Übersichtlichkeitsgründen wurde im obigen Beispiel ein sehr kleines Plangebiet mit nur fünf (Teil-)Legalzonen gewählt. Bei größeren Gebieten mit einer Vielzahl von Legalzonen ergeben sich i. allg. feinere Abstufungen der Wind- und Bilanzwerte. Im Beispielfall würde es reichen, nur einen Teil der Zone L4 auszuwählen, um auf die geforderte 50%ige Potentialnutzung zu kommen; man könnte deshalb die Bilan­zie­rung für die reduzierte Zone L4red und die verbliebenen Zonen L2, L3, L5 wiederholen, wobei nun möglicherweise L3 anstelle von L4red ausgewählt würde. Bei einer größeren Anzahl von Teil­flächen spielt diese Komplikation kaum eine Rolle.