Derzeit verengt sich die öffentliche Diskussion auf die Frage, wie man die Photovoltaik rasch verbilligen könne. Diese Diskussion führt uns auf einen Irrweg. Es ist zwar richtig, dass die Photovoltaik sich von alleine nur dann in großem Maßstab ausbreiten kann, wenn sie billiger ist als die fossilen Konkurrenztechniken. Aber wie das zu erreichen ist, dazu werden Vorschläge gemacht, deren Befolgung keine nachhaltige Wirkung haben kann. Man solle die Einspeisevergütung rasch senken, heißt es. Warum dieses Rezept keinen nachhaltigen Erfolg haben kann, soll hier kurz erläutert werden. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie man ein Produkt verbilligt.

Drosselung der Nachfrage durch Senkung der Einspeisevergütung

Die erste Möglichkeit - Drosselung der Nachfrage, z.B. durch Senkung der Einspeisevergütung - funktioniert schnell, aber mit unerwünschten Folgen. Die Hersteller müssen ihr Produkt verbilligen, um es überhaupt noch loszuwerden. Zunächst müssen sie ihre Gewinne verkleinern. Wenn das nicht ausreicht, müssen sie weiter verbilligen und ggf. vollständig auf den Gewinn verzichten. Reicht auch das nicht aus, so verkaufen sie das Produkt unter den Herstellungskosten, entlassen Personal, schließen ganze Abteilungen, und bei noch weiterer Preissenkung beginnen sie mit dem Ausverkauf, und schließlich gehen sie in den Konkurs. Die hier angesprochene Möglichkeit ist somit nicht nachhaltig.

Außerdem gibt es eine weitere Gefahr. Nur die stärksten, die am besten aufgestellten, Betriebe bleiben übrig. „Marktbereinigung“ ist das beschönigende Stichwort. Auf diese Weise werden Neueinsteiger, die erfolgversprechende neue Forschungsergebnisse in die Produktion einführen wollten, schon bei den ersten Schritten aus dem Markt geworfen. Eine Beschränkung der Produktionsvielfalt in einem so frühen Stadium der Entwicklung birgt die Gefahr in sich, dass aussichtsreiche Entwicklungslinien nicht weiter verfolgt werden.

Senkung der Herstellungskosten durch Ankurbelung der Massenproduktion

Die zweite Möglichkeit - Senkung der Herstellungskosten durch Ankurbelung der Massenproduktion - wirkt erst auf längere Sicht und kostet zunächst Geld. Doch sie ist die einzige nachhaltige Möglichkeit.
Die Wirtschaftswissenschaften haben aus den Erfahrungen von Generationen sogar empirisch ein Gesetz hergeleitet, die Lern- bzw. Erfahrungskurve.

Die Lernkurve / Erfahrungskurve

Jede Verdoppelung der weltweit insgesamt hergestellten - der kumulierten - Menge führt zu einem Rückgang der Stückkosten um einen produktspezifischen festen Prozentsatz.
(Anmerkung: Für den produktspezifischen festen Prozentsatz wird in der Literatur ein Wert zwischen 15 und 20 Prozent angegeben.)

Diese Regel wird leicht missverstanden. Der Rückgang der Stückkosten um den produktspezifischen festen Prozentsatz ergibt sich nicht etwa nach einer Verdoppelung der Herstellungskapazitäten (der Fabriken), sondern erst dann, wenn genau noch einmal insgesamt so viel Solarmodule hergestellt worden sind wie bisher weltweit in all den vergangenen Jahren seit Herstellung des ersten Solarmoduls. Darüber können viele Jahre vergehen. Und noch etwas: Je mehr Solarmodule weltweit bisher hergestellt worden sind, desto länger muss man tendenziell warten, bis wieder die gleiche Menge noch einmal produziert worden ist. Die Kosten sinken also nur bei exponentiellem Wachstum der Produktion jedes Jahr um die gleiche Prozentzahl, ansonsten (im Regelfall) sinken sie von Jahr zu Jahr weniger schnell.
Wer durch eine schnellere Senkung der Einspeisevergütung einen schnelleren Rückgang der Kosten erzwingen will als die Lernkurve vorgibt, der ruiniert die Herstellerfirmen, wie weiter oben geschildert. Wie
schon das Sprichwort sagt: „Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.“

Wenn Solarmodule dauerhaft billiger werden sollen, dann hilft also nur eines: Produzieren und dabei lernen - und immer mehr produzieren und immer mehr lernen!

Aber warum braucht man zum Lernen neue Produktionsstätten?

An bereits bestehenden Produktionsstätten lässt sich nur noch schwer etwas verbessern. Nur der Aufbau neuer Produktionsstätten eröffnet die Chance, die bisher gemachten Fehler zu vermeiden und dabei neue Erfahrungen zu sammeln. Nur die Ausweitung der Produktion, der Bau neuer Fabriken bietet die Chance, dass neue Erkenntnisse, Forschungsergebnisse und Erfindungen in die Praxis umgesetzt werden. Gerade in der Anfangszeit einer neuen Technik ist es wichtig, dass viele verschiedene Wege beschritten werden, bis sich nach längerer Entwicklungszeit die effektivsten Produktionsverfahren herauskristallisieren. Eine vorzeitige "Marktbereinigung" würde die Entwicklung der Technik auf wenige oder gar nur einen einzigen Entwicklungspfad verengen und das forschende Vorangehen auf mehreren alternativen - möglicherweise noch erfolgversprechenderen - Wegen verhindern.

Massenproduktion ist bekanntlich nur durch steigende Nachfrage zu erreichen. Steigende Nachfrage setzt voraus, dass man in der Zeit des Wachstums auch bereit ist, Geld für die neue Technik auszugeben.
Der Umstieg auf 100 Prozent Erneuerbare Energien ist nicht umsonst zu haben. Er benötigt Kapital. Kapital fließt dorthin, wo die größten Gewinne winken. Solar- und Windenergie brauchen deshalb eine gewinnbringende Vergütung. Überlegungen, dass man durch sparsamere Einspeisevergütungen den Ausbau der Photovoltaik beschleunigen würde, werden von den Erfahrungen der
Wirtschaftswissenschaften keinesfalls gestützt. Wir haben noch nie gehört, dass eine neue Technik dadurch eingeführt wurde, dass man ihr den Geldhahn zugedreht hat, bevor sie konkurrenzfähig war. Das wäre ähnlich unsinnig, als würde man intelligente Schüler ab der zweiten Grundschulklasse zwingen, sich ihren Lebensunterhalt selber zu verdienen.

Wenn wir auf Atom- und fossilen Energien verzichten wollen, muss sich die Politik endlich für eine mutige Verbesserung der Anreize im EEG einsetzen.

Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) schlägt nach einer Meldung der Solarthemen vom 3.12.09 eine vorgezogene Degression der Photovoltaikvergütung um weitere 5 Prozent im Sommer 2010 vor.

Diese bedrückende Meldung traf erst nach Fertigstellung des voranstehenden Beitrages beim SFV ein. Wir kommentieren die Entscheidung mit dem Hinweis auf den voranstehenden Artikel und können nicht erkennen, wem sie nutzen soll.