Die Gegner der Solarenergie tun sich schwer mit der Erfolgsgeschichte der Solar Impulse 2. Entweder müssen sie sich als schlechtgelaunte Technikmuffel bekennen, oder sie müssen Piccards Botschaft zur Kenntnis nehmen, dass die Zukunft des Planeten nur mit sauberen, Erneuerbaren Energien gelingt.

Deswegen finden wir bisher nur eine einzige Stellungnahme zum Weltumrundungsflug aus diesen Kreisen, die dann aber von unseren Kritikern in den Kommentarspalten unseres Facebook-Auftritts gerne verlinkt wird. Wir wollen auf diese Kritik am Weltumrundungsprojekt der Solar Impulse 2 hier kurz entgegnen.

In jenem, in einem Blog veröffentlichten Beitrag argumentieren die Schweizer Irene und Simon Aegerter wie folgt gegen Piccards Projekt: Solar Impulse 2 demonstriere „die Grenzen der Photovoltaik so drastisch wie es nur geht“. Um einen einzigen Menschen als Nutzlast zu transportieren, benötige das Flugzeug die riesige Spannweite von 72 Metern. Denn „mehr als etwa 150 Watt pro Quadratmeter lassen sich nicht aus den Solarzellen herausholen“. Diese Grenze sei „durch die Natur gegeben“. Bertrand Piccard habe einen an der „Grenze des Möglichen“ operierenden Apparat, ein „Wunderwerk der Technik“ geschaffen; das sei bewundernswert. „Aber den Weg in die Zukunft zeigt er nicht. Im Gegenteil: Er zeigt, wie es nicht geht. Das ist auch lobenswert!

Der Beitrag verwendet viel Mühe darauf zu zeigen, dass die technische Lösung von Solar Impulse nicht skalierbar sei; denn wenn die (mit PV-Zellen bestückte) Fläche in zweiter Potenz steige, so nehme das Volumen und damit das Gewicht in dritter Potenz zu. Damit haben die Autoren am Ende nicht mehr und nicht weniger als eine Binsenweisheit hervorgebracht. Ein Interkontinentalflugzeug für hunderte Passagiere nur mit On-board-Photovoltaik als Antriebsquelle wird es in absehbarer Zukunft nicht geben. Allerdings hat das auch niemand behauptet. Die Zuversicht des Solar-Impulse-Teams, mit dem Weltumrundungsflug die Erde einer Zukunft mit sauberer Energie näher zu bringen, fußt auf ganz anderen Zusammenhängen:

  • Für das Projekt wurden viele neue ingenieurstechnische Lösungen gefunden. Jede der vier Batterien z.B. hat eine fortschrittliche Energiedichte von 260 Wh/kg. Die Solarzellen sind 135 Mikrometer dünn und haben einen Wirkungsgrad von ca. 23%. (Die von den Aegerters behaupteten „150 Watt pro Quadratmeter“ können sich daher nicht auf den Wirkungsgrad der Solarzellen, sondern nur auf den der gesamten Antriebskette beziehen.) Solar Impulse wirkt so an einem Prozess technischen Fortschritts mit, der Techniken der Erzeugung und der Speicherung regenerativen Stroms effizienter macht – wie verwickelt die Umsetzung in Alltagsprodukte dann auch immer laufen mag. Dasselbe gilt auch für die neuen Wege, die in der Werkstofftechnik beschritten wurden, um das Gewicht zu reduzieren. Eine künftige elektrisch betriebene Verkehrsluftfahrt wird ebenfalls vor der Aufgabe stehen, mit leichten, festen Werkstoffen und leistungsstarken Batterien sichere Flugzeuge zu produzieren – ob diese nun zur Ergänzung der Energieversorgung PV-Zellen auf ihren Tragflächen haben oder nicht. Es ist hier ganz ähnlich wie mit der Luftfahrt in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg, die aufgrund eines alliierten Verbots der Motorluftfahrt sich auf die Entwicklung aerodynamisch immer weiter verfeinerter Segelflugzeuge warf – was eine Ursache für das hohe Niveau des Flugzeugbaus im „Dritten Reich“ wurde. Diesmal geht es allerdings um einen wesentlich besseren Zweck.
  • Solar Impulse beweist beispielhaft, dass Photovoltaik Aufgaben lösen kann, die Skeptiker für schlechthin unlösbar erklärt haben. Bertrand Piccard, André Borschberg und ihre vielen Helfer geben ein Beispiel dafür, wie mit Beharrlichkeit und Enthusiasmus ein ehrgeiziges Ziel erreicht werden kann. Freilich auch mit viel Geld – aber das Bemerkenswerte ist eben, dass dieses Geld freiwillig gegeben wurde, von tausenden von Enthusiasten wie auch von Sponsoren, die ihren Firmennamen mit dem attraktiven Projekt und seiner Botschaft von einer sauberen Zukunft verbinden wollten.
  • Solar Impulse ist nämlich ein fulminanter Werbeträger für die Photovoltaik und für saubere Energie im Allgemeinen. Wie heißt es auf der Homepage von Solar Impulse so schön: „Jede Landung gibt die Gelegenheit, auf Regierungen, NGOs, Universitäten und Schulen zuzugehen, um die Botschaft von sauberen Technologien zu verbreiten.“ Die Route des Weltumrundungsfluges erscheint insofern sehr passend gewählt: Von den arabischen Ölfeldern über die Wachstumsländer Indien und China bis zu dem großen klimapolitischen Sorgenkind USA und wieder zurück in die alte Öl-Welt. In allen Ländern, wo Solar Impulse landet, gibt es Akteure, die sich für eine saubere Energiewende engagieren; und sie alle bekommen durch das Rekordflugzeug und durch die Vorträge von Borschberg und Piccard einen mächtigen Auftrieb.

Diese Aspekte sind es – ingenieurstechnischer Fortschritt im Allgemeinen; ein Lehrstück der Überwindung schwieriger Probleme; das Werben für eine bessere Energie-Zukunft – wogegen die geradezu schon altklugen „skalentheoretischen“ Erwägungen der Aegerters und ihrer eifrigen Verlinker nicht ankommen werden. Dass das Flugzeug Solar Impulse 2 nicht die Blaupause künftigen Massentransports darstellt, können wir fröhlich lächelnd zugestehen. Die weltweite Energiewende, und damit den Klimaschutz, fördert das Flugzeug gleichwohl in vorbildlicher Weise – und das ist lobenswert!

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Piccard und Borschberg stehen nach der erfolgreichen Vollendung der fünften Etappe des Weltumrundungsfluges der Presse Rede und Antwort (Chonqing, 31.3.2015). (C) Solar Impulse | Revillard | Rezo.ch