Das Ende vergangenen Jahres erschienene neue Buch von Al Gore "Wir haben die Wahl - Ein Plan zur Lösung der Klimakrise" knüpft nahtlos an sein Buch und den Film "Eine unbequeme Wahrheit" an.
Ging es ihm im ersten Band vorwiegend um eine Analyse der Ursachen des Klimawandels und seiner Folgen, so rückt Al Gore jetzt Optionen zur Lösung der Klimakrise in den Mittelpunkt, weist aber auch auf die Hindernisse in unseren Gesellschaften hin, die uns davon abhalten, die Optionen zu wählen.
Unter der Überschrift "Alles fällt auf uns zurück" verdeutlicht Al Gore eingangs die großen Schäden, die durch die Verbrennung fossiler Energieträger auf der Erde entstehen. Der Reihe nach werden die wichtigsten Energiequellen vorgestellt, erneuerbare wie auch fossile und atomare.

Auch wenn manche Darstellung sehr plakativ wirken mag: Al Gore versteht es, in einer gut verständlichen Sprache die Potentiale der Erneuerbaren Energien, die großen Risiken der Kernkraft und die ungelösten Probleme weiterer Kohleverbrennung mit CO2-Abtrennung herauszustellen.

Ein separater Abschnitt ist den "Lebenden Systemen" gewidmet, wie Al Gore in etwas eigenartiger Weise Wälder, Böden und die Bevölkerung zusammenfasst. Er setzt sich sehr kritisch mit der Zerstörung der Wälder und der Böden auseinander, außerordentlich wichtigen Ökosystemen, die bei vielen Lösungsszenarien der Energiekrise oft nicht hinreichend betrachtet werden. Ein erheblicher Teil der CO2-Emissionen entstammt der Wald- und Bodenzerstörung und der sehr energieintensiven Landwirtschaft. Falsche Anreize in den Industriestaaten wie die Bevorzugung von Biotreibstoffen haben den Prozess der Wald- und Bodenzerstörung dramatisch beschleunigt. Al Gore wirbt für einen ökologischen Landbau, der Arbeitsplätze schafft, die Bodenfruchtbarkeit verbessert und mit sehr viel niedrigerem Energieeinsatz auskommt. Soll jedoch eine weitere Überstrapazierung der Ökosysteme vermieden werden, so kommt auch der Eindämmung des Bevölkerungswachstums eine bedeutende Rolle zu. Mehr Bildung und Mitbestimmung für Mädchen und Frauen sind nach Aussage des Autors die Schlüsselfaktoren dazu.
Der besonders in den USA sehr verschwenderische Umgang mit Energie und Rohstoffen steht im Mittelpunkt von Al Gores Überlegungen zu einer weitaus effizienteren Energienutzung. Al Gore blickt auf die wirtschaftlichen Grundstrukturen unserer Industriegesellschaften, die eine vernünftige (sparsame) Energienutzung und die Umstellung auf Erneuerbare Energien behindern oder sogar sabotieren: Die Ausrichtung auf kurzfristige Profite ohne Blick auf die Folgen haben in die aktuelle Wirtschaftskrise geführt: Mit Aussagen wie "Der materielle Konsum in unserer Gesellschaft hat ein absurdes Ausmaß erreicht" oder<i> "Die Erderwärmung wird oftmals als das größte Marktversagen in der Geschichte beschrieben." </i>zeigt Al Gore, dass das bisherige Vertrauen auf den Markt nicht zur Lösung der Klimakrise taugt.
Die Beschreibung über politische Hindernisse aus dem US-Alltag liest sich wie ein Kriminalroman: Al Gore zeigt an vielen Beispielen, dass dieser bis heute geprägt ist von Verhinderungs- und Vernebelungsaktionen, finanziert von Firmen der Energiewirtschaft.

Zur Lösung der Klimakrise setzt Al Gore auf Bewusstseinsbildung in weiten Kreisen der Bevölkerung. Er schließt mit der Vision, es könne durch den Druck einer breiten interessierten Öffentlichkeit in unseren Gesellschaften gelingen, die politischen Entscheidungsträger dazu zu bringen, die richtigen Leitplanken für den Umbau des Energiesystems und weitere notwendige Reformen einzuleiten.

Fazit: Auch wenn das Buch spürbar aus einer amerikanischen Perspektive geschrieben wurde, so lassen sich doch die Analysen und Lösungsansätze gut auch in unseren europäischen Alltag übertragen. Das Buch ist leicht verständlich geschrieben und damit gut für interessierte Neulinge geeignet. Die vielen großformatigen Bilder mit Leitsätzen laden auch einfach zum Blättern ein.