Datum: 13.05.2004

Bürgerbegehren in Schmiechen


In Schmiechen, 20 km südl. Augsburg, fand am 9.05.04 ein Bürgerentscheid statt, der mit 339 gegen 230 Stimmen zur Aufhebung eines Gemeinderatsbeschlusses führte. Eine vorgesehene Photovoltaik-Freiflächenanlage von 1,15 MW im Außenbereich der Gemeinde wird nun nicht gebaut.
Das Ergebnis der Abstimmung entspricht einer Forsa-Umfrage, die bereits am 10.11.03 im Auftrag des SFV durchgeführt wurde. Eine deutliche Mehrheit der Bürger lehnte damals in dieser bundesweiten Umfrage Freiflächenanlagen ab. Jetzt in Schmiechen hat sich das Stimmenverhältnis im Vergleich zu der damaligen Umfrage nur wenig verändert. Trotz wohlwollender Berichterstattung in der örtlichen Presse und fast professioneller Werbung der Energiebauern für ihr Projekt, an dem sie ihre Mitbürger bereitwillig beteiligen wollten, hat sich die Mehrheit der Bewohner von Schmiechen gegen das Projekt entschieden.
Dem Bürgerentscheid ging ein Bürgerbegehren voraus, für das mehr als 200 Unterschriften gesammelt worden waren. Die Initiatoren betonten, dass es genügend Dächer für den Bau von PV-Anlagen gibt, und die landwirtschaftlich genutzten Flächen z.B. zum Anbau von Energiepflanzen genutzt werden können. Sie befürworten PV-Anlagen auf Dach- und Fassadenflächen. Einer von ihnen betreibt selber eine PV-Dachanlage.

Weitere Informationen

1.   Kurzinformation der Betreiber GmbH zur Beteiligung am Bürgersolarpark
2.   Wortlaut des Bürgerbegehrens
3.   Kommentar am 24.04.04 in der Friedberger Allgemeinen
4.   Interview mit der Energiebauern GmbH & Co KG
5.   Abschlussbericht der Friedberger Allgemeinen
6.   Möglichkeit von Bürgerbegehren
7.   Stellungnahme des SFV vom 31.07.03 zu Freiflächenanlagen


1. Kurzinformation der Betreiber

Bürgersolarpark Schmiechen 1

Solarenergieanlagen stehen für eine zukunftsweisende, sichere und saubere Energieversorgung. Gleichzeitig sind ökologische Fonds für Investoren seit vielen Jahren eine attraktive Beteiligungsform. In der vorliegenden Kurzinformation stellen wir Ihnen den Bürgersolarpark Schmiechen 1 vor, ein wirtschaftlich interessantes Projekt mit modernster, hochwertigster Anlagentechnik und hohem Nutzen für unsere Umwelt.

Projektbeschreibung

Der Bürgersolarpark Schmiechen 1 wird mit dem Modul ASE - 275 - DG - FT/MC der Fima RWE Schott Solar aufgebaut und eine Nennleistung von ca. 1,15 MW haben. Das ist die halbe Kapazität des entwickelten Standortes, welcher in einer zweiten Phase voll ausgebaut wird. Der Standort des Projektes liegt 20 km südlich von Augsburg im Außenbereich der Gemeinde Schmiechen.
Die Gesamtinvestition beläuft sich auf ca. 4,8 Mio. Euro.

Finanzierung

Ab einer Einlage von 5000,-(Bürger der Gemeinde Schmiechen 2000,-) Euro ist eine Beteiligung als Kommanditist an der Energiebauern GmbH & Co KG Bürgersolarpark Schmiechen möglich. Das geplante Komanditkapital beträgt 1,7 Mio. Euro und bildet das Eigenkapital der Investition. Das Fremdkapital soll über ortsansässige Banken bereitgestellt werden.

Laufzeit

Die Laufzeit der Beteiligung entspricht dem Zeitraum der gesetzlich garantierten Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), (20 Jahre).
Die Beteiligung kann zum 31.12.2024 gekündigt werden. Eine Übertragung von Gesellschaftsanteilen ist möglich.

Sonneneinstrahlung/Energieertrag

Mit dem sonnenreichsten Standort des Landkreises Aichach-Friedberg (Globalstrahlung laut Deutschem Wetterdienst 1303 kWh/m²) und der hochwertigen Modulqualität von ASE können wir einen Stromertrag von 1000 kWh je kWp-Nennleistung heranziehen.. Dieser Wert beruht auf Referenzanlagen (abzüglich eines Sicherheitsabschlages von 7,5%) - also tatsächlich erziehlte Ergebnisse und nicht nur Prognosen - in näherer Umgebung. Zusätzlich wurde ein jährlicher Abschlag von jew. 0,5% Leistungsminderung angenommen.

Ausschüttung

Die Ausschüttung beginnt im Jahr 2005 und erreicht bis zum Jahr 2024 in der Summe ca. 265% der Kommanditeinlage einschließlich der Rückzahlung der Einlage.

Rendite

Die voraussichtliche Rendite der Investition beträgt ohne Berücksichtigung steuerlicher Effekte ca. 8%.

Initiator

Die 2003 gegründete Energiebauern GmbH:
Sepp Bichler,   Sielenbach,   Tel. 08258/400
Hubert Miller,   Schmiechen,   Tel. 08206/962697



Diese Information ist kein verbindliches Angebot. Die Werte können sich noch geringfügig ändern.
Maßgeblich ist das endgultige Beteiligungsprospekt.
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung
Energiebauern GmbH Ringstr.36   86511 Schmiechen Tel. 08206/962697 Fax. 08206/7264



2. Unterschriftenliste für ein Bürgerbegehren

Bürgerbegehren

Bürgerbegehren in Schmiechen gegen den befürwortenden Gemeinderat zur Errichtung einer großflächigen Solaranlage.

Es stellt sich für uns die Frage, ob bzw. inwieweit eine großflächige Solaranlage dem Bürger zugemutet werden kann und überhaupt zu vertreten ist?

Mit meiner Unterschrift beantrage ich die Durchführung eines Bürgerentscheids zu folgender Frage:

Sind Sie dafür, dass der Gemeinderat Schmiechen den befürwortenden Gemeinderatsbeschluss zur Errichtung einer großflächigen Photovoltaikanlage auf der Ackerfläche mit E1. Nr. 365 in Schmiechen aufhebt und eine solche Photovoltaikanlage auf diesem Grundstück nicht errichtet wird.

Die Begründung ist folgende
  • Flächenversiegelung: Flächen werden in naturfremden Zustand versetzt;
  • der ohnehin schon hohe allgemeine Flächenverbrauch wird erhöht;
  • Landschaftsästhetisch ist eine derartige Anlage nicht zu vertreten, die Anlage würde eine Einschränkung der Lebens- und Wohnqualität für das Leben auf dem Land bedeuten.

Wir sind nicht grundsätzlich gegen Erneuerbare Energien, wenn
  • die Anlage auf Dach- und Fassadenflächen
  • die Anlagen auf alten Deponien, Bundeswehrstandorten etc. aufgebracht werden.

Als Vertreter gemäß Art.18a. BayGO werden benannt:
  1. Josef Gailer,   Meringer Str. 4   86511 Schmiechen   Tel. 08206-1788
  2. Willibald Dietmair,   Postweg 6   86511 Unterbergen   Tel. 08233-9107
  3. Huster Ludwig,   Schulstr. 14   86511 Schmiechen   Tel. 08206-1254


3. Kommentar vom 24.04.04 in der Friedberger Allgemeinen

Der Wochenkommentar

Maßstäbe für den ganzen Landkreis

Gut zwei Wochen sind es noch bis zum ersten Schmiechener Bürgerentscheid. Die Landkommune muß darüber befinden, ob eine Bürger-Solaranlage auf dem freien Feld errichtet werden kann. Nun liegt die Nutzung von Sonnenenergie, der wachsende Verzicht auf fossile Brenstoffe durchaus im umwelt-politischen Trend. Im Kyoto-Protokoll verpflichtete sich die Bundesrepublik Deutschland, den Ausstoß an Kohlendioxid zu verringern; dieser klimarelevante Stoff wird bei der Verbrennung von Öl, Gas, Benzin und anderem frei. Nachwachsende Rohstoffe, erneuerbare Energien sind in dieser Bilanz neutral, dazu gehört die "eingefangene Sonne".
Um die Technologie zu fördern und Deutschland damit auch einen wirtschaftlchen Schub zu verschaffen, gibt es für jede installierte Kilowattstunde Solarstrom einen 20 Jahre lang garantierten Betrag, die sogenannte Einspeisevergütung. Dieser liegt wesentlich über dem Marktpreis und bietet so die Chance eines langfristig erreichbaren Zusatzeinkommens für den, der sich traut. Da für die Module bei entsprechender Anlagen-Größe recht viel Platz benötigt wird, dieser aber auf Dächern nicht immer oder in der nötigen Qualität vorhanden ist (ganz abgesehen vom Aufwand für den Eigentümer), sind in erster Linie Bauern gefragt."Vom Landwirt zum Energiewirt" heißt folgerichtig ein Schlagwort, das selbst beim Bayerischen Bauernverband auf offene Ohren stößt. Durch Ertragssteigerungen bei der Getreideproduktion würden pro Jahr etwa 100.000 Hektar Anbaufläche überflüssig - die Preise verfallen.Was tun mit den Flächen? Eigentlich müßte jeder Bauer froh sein über einen Kollegen, der andere Wege geht und damit vorhandene Überproduktionen schmälert.
In Schmiechen haben sich zwei Landwirte gefunden, die einerseits bereit sind, Investoren zu finden, mit Banken zu verhandeln und den Planungsprozess voranzutreiben für eine Bürgersolaranlage, die den Geldgebern eine gesicherte Rendite abwerfen soll. Nur steht die, anders als andernorts, auf fünf Hektar bestem Ackerland. Und genau das sorgt für erheblichen Ärger - unverständlicherweise.

40-facher Ertrag von Raps

Das Landratsamt Aichach-Friedberg bestätigt in einer Stellungnahme genau das Gegenteil, die Anlage setze geradezu Maßstäbe für den gesamten Landkreis, heißt es dort. Auf Eichenpfähle gegründet (regionaler Bezug) erheben sich die schräg gestellten Module von 80 Zentimeter bis drei Meter Höhe - selbst Schafe könnten darunter weiden. Auch fällt genug Licht bis zum Boden, die Modul Reihen müssen wegen der gegenseitigen Verschattung einige Meter Abstand voneinander haben. Durch regelmäßiges Mulchen und eine dreireihige Umpflanzung kann ein Lebensraum entstehen, der allemal wertvoller ist als intensiv genutzte landwirtschaftliche Fläche. Und oben drüber ist ein Energie-Ertrag pro Jahr zu erwarten, der etwa beim 40-fachen von Raps liegt. Auch Rapsöl ist nachwachsender Rohstoff.
Zehn Millionen Euro sollen hier investiert werden, das Eigenkapital ist praktisch schon beieinander. Großinvestoren bleiben nach Auskunft der potenziellen Geschäftsführer Hubert Miller und Sepp Bichler draußen, obwohl auch da Anfragen bestehen.
Und das Gegenargument, dass der normale Stromkunde "die Zeche" für die Öko-Bestrebungen zahlt, ist zwar nicht von der Hand zu weisen. Fotovoltaik macht nach aktuellen Berechnungen aber gerade einmal knapp ein Promille des Strompreises aus - Windenergie und Wasserkraft schlagen ganz anders zu Buche. Nötig sind alle Formen der Erneuerbaren Energie gemeinsam und verstärkte Einspar-Bemühungen zudem, will sich Deutschland von fossilen Brennstoffen irgendwann einmal unabhängig machen. Auch das "kleine" Schmiechen hat es hier in der Hand, einen Beitrag zu leisten.

Anton Schlickenrieder


4. Interview mit den Energiebauern - Friedberger Allgemeine - April 2004

Schmiechen, Mering und Kissing

Solarparkbetreiber im Verhör

Sepp Bichler hatte Vertreter der Printmedien nach Sielenbach eingeladen

Sielenbach/Schmiechen (geba). Sie haben sich unter der Firma "Ernergiebauern GmbH" mit Sitz in Schmiechen geschäftlich zusammen geschlossen, die beiden Biolandwirte und künftigen Betreiber einer Freifeld-Fotovoltaikanlage Sepp Bichler aus Sielenbach und Hubert Miller aus Schmiechen. Eigentlich hätte der "Solarpark Schmiechen" bereits Gestalt annehmen müssen, denn der Gemeinderat in der südlichen Landkreisgemeinde hatte sich seit September 2003 in vier Sitzungen mit jeweils nur einer Gegenstimme bzw. in der letzten Sitzung im Februar mit 9:3 Stimmen, deutlich für den Bau dieser Anlage vor den Toren Schmiechens ausgesprochen (wir berichteten mehrfach).
Deshalb konnten Bichler und Miller - nachdem sie auch die Bevölkerung in einer öffentlichen Informationsveranstaltung in Schmiechen umfassend über das Projekt informiert hatten - getrost mit den Feinplanungen für den Standort Schmiechen beginnen. "Es hat in allen Sitzungen nicht ein einziges Mal Kritik an dem Vorhaben seitens der Gemeinderäte - Schmiechens Bürgermeister Ludwig Hainzinger hat selbst auch stets für den Bau dieser Anlage votiert - gegeben", zeigte sich Sepp Bichler eingangs der Presse-Konferenz sichtlich enttäuscht. Inzwischen haben nämlich zwei Gemeinderäte und ein in Nähe der geplanten Fotovoltaikanlage wohnender Schmiechener Bürger ein Bürgerbegehren gegen der Bau dieser Anlage an dem geplanten Standort initiert und 224 Unterschriften dafür in Schmiechen und Unterbergen gesammelt. Bichler und Miller zeigten sich ebenfalls enttäuscht darüber, dass die Gegner ein von Ihnen vorgeschlagenes gemeinsames Treffen und eine Aussprache bisher abgelehnt hätten.
Schmiechen war der beste Standort. Unter anfänglich zwanzig Standortuntersuchungen im Landkreis, so Josef Bichler weiter, seien nur vier nach allen Abwägungen, auch die der Landschaftsschutzbehörde, als mögliche Standorte in Frage gekommen. Dabei habe Schmiechen noch vor den drei anderen Orten gelegen. Von Behördenseite würden Freifeldanlagen befürwortet, so Bichler. "Rund um unseren Landkreis enstehen diese Anlagen; Fürstenfeldbruck und Dachau betreiben im großen Stil eine aktive Flächensuche" meinte Bichler.Diese Anlagen würden jedoch zumeist von großen Firmen (etwa Shell) betrieben.
Die hiesigen Betreiber möchten auf jeden Fall im eigenen Landkreis verbleiben. Bichler: "Wir hegen mit unserem Pilotprojekt einen hohen Anspruch auf Regionalität. Unsere Module werden zum Beispiel in Bayern und nicht in Japan hergestellt. Wir verwenden für den Bau der Standgerüste keine naturfremden Stoffe, sondern haben uns für Holz als Baustoff entschieden. Die Eichenpfähle als Standpfosten und die Lärchen bzw. Douglasienhölzer für den Aufbau werden in heimischen Wäldern geschlagen und im Sägewerk Ziegenaus in Schiltberg zugeschnitten. Die Plannungs- und Aufbaufirmen kommen aus dem eigenen Landkreis bzw. Nachbarkreis. Damit verschaffen wir der hiesigen Region alleine bis zu 280.000 Euro an Einnahmen bei diesem Projekt. Keine Großfirma nimmt darauf Rücksicht. Die kauft vielmehr in den Ländern ein, die am billigsten anbieten. Und trotz allem sind wir noch zwischen fünf und acht Prozent in den Produktionkosten niedriger als bei vergleichbaren Projekten."
Helmut Graf, Leiter des Forstamtes Aichach und Peter Erhard, Vorstand des hiesigen Waldbesitzervereins (WBV) sprachen sich ebenfalls einhellig lobend darüber aus, dass durch das Projekt der heimische Wald in wirtschaftlicher Hinsicht einen spürbaren Aufschub erfahren würde - was bei einer Verlegung wegfalle. Um das Projekt nicht an Vorbehalten gegen seine Person scheitern zu lassen, hat Josef Bichler der Gemeinde auch vorgeschlagen, sich selbst daraus zurück zu ziehen. Er und sein Partner seien keinesfalls Gegner von Dachanlagen. Habe er doch Bürgermeister Hainzinger vor Monaten persönlich zugesichert, der Gemeinde als zusätzliche Einnahmequelle auf dem Dach der Schmiechachhalle eine Fotovoltaikanlage im Wert von 500.000 Euro zu schenken, die einen jährlichen Einspeiseertrag von 6000 Euro für die Gemeindekasse bedeute.
Sepp Bicher und Hubert Miller beabsichtigen, noch in diesem Monat eine Bürgerveranstaltung in Schmiechen durchzuführen, in der beide Parteien - Gegner sowie Befürworter des Solarparks - ihre Standpunkte klar und offen darlegen sollten. Danach hätten die Bürger am 9. Mai bei der Abstimmung die Möglichkeit selbst zu entscheiden, was fur die eigene Gemeinde gut oder schlecht sei.

KOMMENTIERT
Ein fast perfektes Projekt
Das Projekt des riesigen Solarparks bei Schmiechen schien perfekt zu sein. Mit der Herstellung der Einzelteile in der Region und der Förderung der heimischen Wirtschaft sollte ein unbestritten ökologisches Objekt enstehen, das der Gemeinde Schmiechen darüber hinaus noch hunderttausende Euro an Gewerbesteuereinnahmen versprach. Gemeinderat und sämtliche Behörden waren dafür. Wer sollte bei diesen Pfunden etwas dagegen haben können? Immerhin rund ein Viertel der Einwohner Schmiechens, so lässt die Unterschriftensammlung vermuten. Die fühlen sich durch die Anlage gestört und führen den hohen Verbrauch besten Ackerlandes (das allerdings zur Zeit nicht genutzt wird) an.
Doch auch auf dem Land kann man sich Veränderungen nicht verschließen - um so besser, wenn man sie mitgestalten kann. Gerade ein ländlicher Bereich, der durch und mit der Natur lebt, sollte abwägen, was ihm einen wirklichen Vorteil bringen kann. In den verbleibenden Wochen bis zum Bürgerentscheid müssen Befürworter und Gegner deshalb ihre Argumente austauschen - das sind sie allen Beteiligten schuldig.

Jana Tallevi.


5. Abschlussbericht - Friedberger Allgemeine - 10.05.2004

Große Mehrheit stimmt gegen Solarpark

59,58 Prozent stimmen für die Aufhebung des Bebauungsplans - Miller: Standort Schmiechen ist damit absolut gestorben
Von unserem Redaktionsmitglied Jana Tallevi

Schmiechen, 10.05.04

Mit einem absolut eindeutigen Ergebnis haben sich gestern die Bürgerinnen und Bürger von Schmiechen gegen den so genannten Solarpark auf einer Ackerfläche in der Gemeinde entschieden: 59,58 Prozent aller abgegebenen Stimmen bei einer Abstimmungsbeteiligung von 65,2 Prozent sprachen sich für die Aufhebung des Bebauungsplanes aus, nur 40,42 Prozent waren für dessen Beibehaltung in der bisherigen Form.

In diesem Bebauungsplan hatte der Gemeinderat Ende vergangenen Jahres den Weg frei machen wollen für eine Freiflächen-Solaranlage auf einer derzeit ungenutzten Ackerfläche. Ein Bürgerbegehren hatte sich jedoch dagegen gewandt und den gestrigen Bürgerentscheid durch ein Bürgerbegehren herbei geführt. Dieses Votum ist jetzt rechtlich so anzusehen wie ein Gemeinderatsbeschluss, der den Bebauungsplan aufhebt. Für mindestens ein Jahr darf der Gemeinderat nun in dieser Sache nicht mehr gegenteilig entscheiden.

Sowohl vom Ergebnis als auch von der Wahlbeteiligung sehr überrascht war Bürgermeister Ludwig Hainzinger, der sich stets für den im Gemeinderat gefassten Beschluss stark gemacht hatte. "Ich bin der Meinung, dass das ein finanzieller Rückschlag für die Gemeinde ist", so Hainzinger gestern abend. In einigen Jahren hätte die Freiflächen-Solaranlage für Schmiechen eine Einnahmequelle bei der Gewerbesteuer bedeutet, sagte er. Dennoch machte er ganz deutlich, dass die Entscheidung akzeptiert wird. Er hofft auch, dass der Gemeinderat, der bereits heute abend wieder zu einer Sitzung zusammen kommt, nun wieder zum Tagesgeschäft übergehen wird. "Auch wenn sicher einige Kollegen sehr enttäuscht sein werden", so der Bürgermeister. "Ich hoffe, dass die Entscheidung nicht eine klimatischen Veränderung in Schmiechen bedeutet."

Enorm enttäuscht war gestern abend Hubert Miller, der gemeinsam mit Sepp Bichler von der Energiebauern GmbH den Solarpark errichten wollte. Er glaubt, dass es den Initiatoren des Bürgerentscheids besser gelungen sei, die Stimmberechtigten zu mobilisieren. Denn die Argumente sprächen weiterhin für eine Freiflächenanlage in Schmiechen. "Wenn es nicht möglich ist, an diesem Standort mit optimalen Bedingungen so eine Anlage zu machen, wo dann überhaupt", so Miller. Die Energiebauern wollten ihr Vorhaben zwar nicht aufgeben, der Standort Schmiechen sei jetzt jedoch für sie gestorben. Sie hätten noch andere Optionen offen, auch außerhalb des Landkreises Aichach-Friedberg. Als Gemeinderat spricht Miller von einem "katastrophalen Ergebnis. Hier werden Entscheidungen am Biertisch und nicht am Ratstisch getroffen." Für die Arbeit im Gemeinderat werde das Konsequenzen haben.


6. Bürgerbegehren und Bürgerentscheide

Information des SFV

Die BürgerInnen von Schmiechen haben ihre rechtlichen Möglichkeiten genutzt, auf den Standort Einfluss zu nehmen. Entsprechende Handlungsmöglichkeiten werden auch in der Begründung zur EEG-Novelle hervorgehoben. Dort heißt es dazu:

"Das Planungserfordernis ermöglicht es der Bevölkerung, einerseits im Rahmen der Satzungsentscheidung der zuständigen Gebietskörperschaft über ihre gewählten Gemeinde- oder Stadträte und anderseits durch die vorgeschriebene Bürgerbeteiligung Einfluss zu nehmen. So kann die jeweilige Gemeinde die Gebiete bestimmen, auf der die Anlagen errichtet werden sollen."

Für den Bau von Freiflächenanlagen sind Genehmigungsverfahren (UVP, Planfeststellung Ratsbeschlüsse und/oder Ähnliches ) erforderlich.

Die Möglichkeit von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden ist in den Gemeindeordnungen der Länder geregelt. In folgenden Bundesländern sind Bürgerentscheide gegen baurechtliche Genehmigungen, z.B. auch von Freiflächenanlagen, nicht möglich.
  • Brandenburg
  • Mecklenburg-Vorpommern
  • Niedersachsen
  • Nordrhein-Westfalen
  • Rheinland-Pfalz
  • Saarland
Weitere Informationen: Informationsstelle Bürgerbegehren

In allen Bundesländern steht den unmittelbar Betroffenen der Rechtsweg offen.