Nachtrag vom 14.1.2008

Vom Sprecher des Vereins Rettet den Regenwald e.V., Herrn Werner Paczian erreichte uns folgende Mail, die wir hier auszugsweise wiedergeben:

Ich habe zu dem Sachverhalt bereits im November 2006 wie folgt Stellung genommen:

Falsche Behauptung der Stadtwerke Schwäbisch Hall

Liebe Freundinnen und Freunde des Regenwaldes,
in einer Pressemitteilung vom 15.11. 2006 von den Stadtwerken Schwäbisch Hall wird aus einem etwa halbstündigen Telefonat zitiert, dass ich am 13.11. 2006 mit dem Geschäftsführer, Herrn van Bergen, zum Thema Energiegewinnung aus Palmöl geführt habe.

In der Presseerklärung werde ich mit den Worten zitiert: "Herr Paczian (hat) zugestanden, dass gegen den Einsatz von Palmöl dann keine Bedenken von der Organisation Rettet den Regenwald bestehen, wenn das Palmöl aus einer ökologisch und sozial unbedenklichen Plantage gewonnen wird."

Diese Darstellung ist falsch.
Richtig ist, dass ich sinngemäß gesagt habe, dass es nach Informationen von Rettet den Regenwald zum Beispiel in Afrika einige wenige Anbauflächen für Palmöl gibt, die kleinbäuerlich ohne Einsatz von Kunstdünger und Agrargiften bewirtschaftet werden und somit ökologisch und sozial akzeptabel sind.

Ökologisch gewonnenes Palmöl muss aber dringend für die Ernährung der Menschen in den Anbauländern genutzt werden, statt es bei uns zu verbrennen.

Eine "ökologisch unbedenkliche Plantage" ist dagegen ein Widerspruch in sich, da es in der Natur einer Plantage liegt, dass ein Anbau in Monokulturen stattfindet. Dieser hat in der Regel nachteilige Auswirkungen auf Bodenfruchtbarkeit, Artenvielfalt, Wasserhaushalt und benötigt Kunstdünger und Agrargifte, soll er wirtschaftlich ertragreich sein.


Wie Herr Paczian weiterhin mitteilte, hätten nach dieser Mail die Stadtwerke Schwäbisch Hall ihren Beitrag aus dem Internet genommen.

Der folgende Beitrag des SFV ist somit überholt.

-

Ein Meinungsstreit zwischen dem Verein Rettet den Regenwald e.V. und den Stadtwerken Schwäbisch Hall zeigt einen problematischen Aspekt beim Import Erneuerbarer Energien auf.

Aufmerksamkeit erregte der folgende Brief:

Stadtwerke verheizen Orang-Utan-Wald
From: Rettet den Regenwald e.V. [mailto:info@regenwald.org]
Sent: Friday, November 10, 2006 5:48 PM

Liebe Freundinnen und Freunde des Regenwaldes,

die letzten Regenwälder Südostasiens sind die einzige Heimat der Orang-Utans. Diese Wälder werden rasend schnell für Tropenholz und Ölpalmplantagen abgeholzt. Jetzt wird der Bedarf an Palmöl gigantisch ausgeweitet. Was bisher nur für Margarine, Eiskrem und Kerzenwachs verwendet wurde, soll nun in deutschen Kraftwerken verbrannt werden. In Schwäbisch Hall soll in wenigen Wochen ein Blockheizkraftwerk aus billigem Palmöl Strom und Wärme erzeugen. Damit macht sich Schwäbisch Hall zum Komplizen der Regenwaldvernichter.

Bitte senden Sie einen Protestbrief an die Stadtwerke. Sie können den Brief direkt absenden von www.regenwald.org.
Bitte leiten Sie diese mail an möglichst viele Freunde und Bekannte weiter, wenn diese damit einverstanden sind!

Vielen Dank für Ihre Unterstützung und herzliche Grüße

Ihr Reinhard Behrend
Vorsitzender Rettet den Regenwald e. V.
Friedhofsweg 28, 22337 Hamburg
Tel. 040 - 4103804, Fax: 040 - 4500144
info@regenwald.org, www.regenwald.org

Die Antwort der Stadtwerke Schwäbisch Hall ließ nicht lange auf sich warten.


Hier finden Sie die jeweils neueste Presseerklärung der Stadtwerke Schwäbisch Hall GmbH
Presseerklärung [1] (in der Fassung vom 15.11.2006) zum Pflanzenöl-Blockheizkraftwerk in Schwäbisch Hall

Auf Grund der Diskussion über den Bau eines Pflanzenöl-Blockheizkraftwerkes möchten wir wie folgt informieren:

1. Die Stadtwerke Schwäbisch Hall GmbH betreiben folgende Kraftwerke:

  • 6 Wasserkraftwerke mit insgesamt 1800 kW (wurden mit hohem Aufwand saniert und erhalten)
  • 2 Windkraftanlagen mit insgesamt 1000 kW
  • 300 kW-Fotovoltaikanlagen
  • 5.000 kW Pflanzenöl-Blockheizkraftwerk (Inbetriebnahme 12/2006)
  • 20.000 kW Blockheizkraftwerke und damit 50 % Abdeckung des Strombedarfs in Schwäbisch Hall

2. Pflanzenölkraftwerk als Blockheizkraftwerk
Wir bauen in Schwäbisch Hall ein Pflanzenöl-Blockheizkraftwerk mit einer elektrischen Leistung von 5.000 kW, das jährlich etwa 30 Mio. kWh ökologischen Strom produziert. Damit kann der Anteil der Erneuerbaren Energie in Schwäbisch Hall von ca. 7 % auf 22 % des gesamten Strombedarfs angehoben werden. Insgesamt wurden 7,5 Mio. EUR investiert.

Das Pflanzenölkraftwerk in Schwäbisch Hall wird als Kraft-Wärme-Kopplungsanlage betrieben, d. h. die bei der Stromerzeugung freiwerdende Wärme wird im Fernwärmenetz der Stadtwerke Schwäbisch Hall GmbH eingesetzt. Damit erreicht das Pflanzenöl-Blockheizkraftwerk einen Gesamtwirkungsgrad zwischen 80 % und 85 %. Im Gegensatz zu herkömmlichen Kraftwerken der Bundesrepublik (Anteil 80 %) mit Wirkungsgraden unterhalb von 40 % sind Blockheizkraftwerke sehr effizient. Allein der Unterschied zwischen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen und Kondensationskraftwerken führt zu einer 60 %-igen CO2-Minderung, wenn diese Blockheizkraftwerke mit fossilen Primärenergieträgern betrieben werden. Beim Einsatz eines Blockheizkraftwerkes mit Pflanzenöl liegt CO2-Neutralität vor, d.h. es wird nur soviel CO2 ausgestoßen, wie beim Pflanzenwachstum aus der Umgebungsluft aufgenommen wurde.

3. Innovative Anlagenkonstellation beim Pflanzenöl-Blockheizkraftwerk

In der beigefügten Anlage 1 ist dargestellt, dass das Pflanzenöl-Blockheizkraftwerk nicht nur einen sehr hohen elektrischen Wirkungsgrad im Motorbereich erreicht, sondern durch einen zusätzlichen Dampfturbinenprozess der elektrische Wirkungsgrad auf insgesamt ca. 44 % gesteigert wird. Diese hoch effiziente Anlagenkonfiguration wird in dieser Form zum ersten Mal in der Bundesrepublik realisiert.

4. Erneuerbares Energien Gesetz (EEG) und Wirtschaftlichkeit
Das EEG ist mit großer Unterstützung der deutschen Umweltverbände und auch mit großer Unterstützung der Landes- und Bundespolitik verabschiedet worden. In § 8 des EEG ist die Vergütung für Strom aus Biomasse ausführlich geregelt (Anlage 2). Neben reiner Biomasse werden auch Vergütungen für Strom aus Altholz gewährt. Strom, der ausschließlich aus Pflanzen- oder Pflanzenbestandteilen, die aus landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Betrieben anfallen, erzeugt wird, ist ohne Einschränkungen bei der Vergütung für Strom aus Biomasse zugelassen. Auch gibt es keine Einschränkungen im Gesetz, die den Einsatz von Biomasse verbietet, die außerhalb von Deutschland beschafft wird. Dies wäre auch nicht möglich, weil die World Trade Organisation (WTO) keine derartigen Einschränkungen zulassen würde.

Damit wird deutlich und klar, dass fast alle Umweltverbände und Naturschutzverbände in Deutschland diesem Gesetz zugestimmt haben und damit auch dem Einsatz von ausländischem Pflanzenöl. Jetzt plötzlich nicht mehr wissen zu wollen, was man vor wenigen Jahren noch für sehr gut befunden hat, wirft ein negatives Bild auf die Kampagne, die jetzt entfacht wird.

5. Pflanzenöleinsatzstoffe

Die Geschäftsleitung und der Aufsichtsrat der Stadtwerke sind sich einig, dass angestrebt wird, Pflanzenöl aus der Region um Schwäbisch Hall bzw. aus Baden- Württemberg in der Pflanzenölverstromungsanlage der Stadtwerke einzusetzen. Wir wissen aber auch, dass z. Zt. in der Region um Schwäbisch Hall in dieser Menge keine Pflanzenöle zur Verfügung stehen, um den Bedarf von 7.500 t/a liefern zu können.

Ein weiteres Problem ergibt sich in der Tatsache, dass die Preise für Pflanzenöle, insbesondere durch die Nachfrage nach Biokraftstoffen, nicht nur extrem volatil sondern auch insgesamt sehr stark gestiegen sind. Während die erhöhten Pflanzenölpreise als Biokraftstoffe an den Tankstellen weitergegeben werden können, kann nach der Systematik des EEG, die 20 Jahre eine konstante Vergütung für Strom aus Biomasse gewährt, keine Kompensation erreicht werden. Damit wurde in der Entscheidungsphase des Projektes in Schwäbisch Hall, im Herbst 2005, die Fragestellung akut, ob wir das ganze Projekt nicht realisieren, oder ob wir zeitweise auch ausländische Pflanzenöle einsetzen. Die Entscheidung, die gefallen ist, sieht den Einsatz von mindestens 10 % Rapsöl vor und für den Rest können auch ausländische Pflanzenöle zum Einsatz kommen, um die Anlage überhaupt wirtschaftlich betreiben zu können.

Mit dieser Entscheidung verbunden ist jedoch auch, dass wir in erheblichem Umfang Know-How beim Betrieb von Pflanzenöl-Blockheizkraftwerken aufbauen können, was bei einer negativen Entscheidung nicht der Fall gewesen wäre.

Weiterhin muss natürlich bedacht werden, dass bei einer negativen Entscheidung dieser Grundlaststrom in Baden-Württemberg aus Kernkraftwerken geliefert worden wäre. Mit anderen Worten: Diejenigen, die sich jetzt gegen das Pflanzenölkraftwerk in Schwäbisch Hall wenden, unterstützen damit indirekt die Grundlaststromerzeugung aus Kernenergie und Braunkohle.

6. Beschaffung von Pflanzenölen
Im Pflanzenöl-Blockheizkraftwerk können neben Rapsöl auch Sojaöl, Sonnenblumenöl, Kakaoöl und Palmöl eingesetzt werden. Im Grunde möchten wir alle verfügbaren Öle in diesem Pflanzenöl-Blockheizkraftwerk testen, um Erfahrungen mit Immissionen und anderen betrieblichen Einwirkungen sammeln zu können. Bekanntlich werden im Bereich der dezentralen Biomasseverstromung kaum Forschungsmittel gewährt, so dass die Stadtwerke gezwungen sind selbst Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen zu tätigen, um funktionierende Anlagen ans Netz zu bringen.
Bei der Beschaffung von ausländischen Pflanzenölen haben wir natürlich darauf geachtet, dass wir nur aus ökologisch nachhaltigen Plantagen Pflanzenöle beziehen (s. Anlage 3, Runder Tisch für nachhaltiges Palmöl). In Schwäbisch Hall haben wir im Frühjahr des Jahres 2006 etwa 15.000 t Palmöl bestellt, wobei lediglich dessen Preis auf Grund der Börsensituation fixiert worden ist. Erst bei Lieferung werden die Plantagen bestimmt, aus denen das Pflanzenöl geliefert wird. Sämtliches Pflanzenöl bzw. Palmöl, was zunächst aus Malaysia geliefert wird, stammt aus Altplantagen in der Nähe von Kuala Lumpur, die es schon mehrere Jahrzehnte gibt, und auf denen auch keine Kinderarbeit stattfindet.

7. Zertifizierung von Pflanzenölen
Bezüglich umfangreicher und international abgestimmter Zertifizierungsregeln werden z. Zt. im Umweltbundesamt unter der Federführung von Herrn Axel Friedrich Kriterien erarbeitet, die allerdings erst in mehreren Jahren und in Abstimmung mit der WTO verabschiedet werden können. Andere Zertifikate werden sehr oft von den Umweltverbänden nicht anerkannt, weil angeblich Eigeninteressen mit verfolgt werden könnten.

Wir haben uns für einen Weg entschieden, uns selbst nicht auf irgendwelche Institute sondern auf uns selbst zu verlassen. Wir planen Mitte Januar 2007 mit einer Delegation einen Besuch bei den Plantagen in Malaysia, aus denen die Stadtwerke Pflanzenöl beziehen wollen. Dort werden wir dann folgende Fragen intensiv und im Detail diskutieren:

  • Besitzer der Plantage und Rechtsform
  • Beschäftigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und gezahlte Löhne
  • Ernteerträge von Palmöl und Transporte
  • Verwertung von Palmfruchtrückständen
  • Wasserbedarf für das Wachstum der Palmfrüchte
  • Einsatz von Düngemitteln
  • Mechanisierung und Automatisierung der Palmölernte und der Palmölgewinnung
  • Meinung der Umweltverbände in Malaysia zu diesen Plantagen
  • Ursachen und Umfang von Schäden an den bestehenden Regenwäldern in Malaysia

Die Ergebnisse werden wir im Internet allen Interessierten zugänglich machen.

8. Forderung an die Bundesregierung
Da praktikable Zertifizierungsregeln für Palmölplantagen nicht vorliegen, fordern wir hiermit die Bundesregierung auf, kurzfristig entsprechende Regeln aufzustellen, damit eine nachhaltige Beschaffung gemäß EEG erreicht wird.

9. Zerstörung von Regenwäldern
Die Stadtwerke Schwäbisch Hall GmbH ist ebenso wie Umweltverbände erschüttert über die Vernichtung der Regenwälder durch Brandrodung, die z. Zt. in Borneo und Indonesien geschieht.

Wir weisen aber darauf hin, dass wir aus diesen Regionen kein Palmöl beziehen, sondern nur aus Altplantagen in der Nähe von Kuala Lumpur.

10. Position des Verein "Rettet den Regenwald"

Die Geschäftsleitung der Stadtwerke Schwäbisch Hall, Herr van Bergen hat mit dem Pressesprecher von "Rettet den Regenwald" Herr Paczian am 13.11. ausführlich über die Kampagne gegen die Stadtwerke Schwäbisch Hall GmbH diskutiert. Nach intensiver und sehr sachlicher Diskussion hat Herr Paczian zugestanden, dass gegen den Einsatz von Palmöl dann keine Bedenken von der Organisation "Rettet den Regenwald" bestehen, wenn das Palmöl aus einer ökologisch und sozial unbedenklichen Plantage gewonnen wird. Damit nimmt Herr Paczian eine ähnliche Position ein, wie die Stadtwerke Schwäbisch Hall GmbH, die natürlich auch sicherstellen wollen, dass wir aus ökologisch und sozial unbedenklichen Quellen unser Palmöl beziehen.

Die Stadtwerke bieten hiermit ausdrücklich ein Gespräch mit dem Verein "Rettet den Regenwald" an, dass kurzfristig stattfinden kann und bei dem alle Positionen ausgetauscht werden können.

11. Fazit
Die Stadtwerke nehmen ein Bundesgesetz, wie das EEG in Anspruch, das unter Mithilfe der meisten Umweltverbände in der Bundesrepublik geschaffen worden ist. Neutrale Gutachter haben in einem Gutachten für die Stadtwerke dargestellt, dass der Einsatz von Palmöl nach dem EEG vergütet werden kann. Wir haben 7,5 Mio. EUR in diese Pflanzenölverstromungsanlage investiert, die den Anteil der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien auf ca. 22 % des Strombedarfs von Schwäbisch Hall erhöhen wird.

Wir bleiben dabei, dass der Einsatz von Pflanzenöl, wenn es ökologisch und sozial nachhaltig gewonnen wird, einen großen Beitrag zur Umsetzung von Erneuerbaren Energien in der Bundesrepublik darstellt.

Die Stadtwerke Schwäbisch Hall GmbH ist der Auffassung, dass ein Ersatz der Primärenergieträger Öl und Gas nur möglich ist, wenn die Energiewirtschaft zukünftig in erheblichem Umfang Biomasse und auch Pflanzenöl nutzt.