Datum: 02.04.2004

Gesetz zur Neuregelung des Rechts der erneuerbaren Energien im Strombereich - Zweite und dritte Lesung im Bundestag

 

Auswahl von Redebeiträgen der 103. Sitzung des Deutschen Bundestages Berlin, Freitag, den 2. April 2004
(Den Text der vollständigen Bundestags-Debatte finden Sie unter www.eeg-aktuell.de als pdf-Datei.)

Auszüge aus Redebeiträgen von:


Präsident Wolfgang Thierse:

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet.
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Kollegen Marco Bülow, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)

Marco Bülow (SPD):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Diese Rede richte ich vor allem an die Bürgerinnen und Bürger. Meine Damen und Herren, mit nur 1 Euro sind Sie dabei! 1 Euro kosten nämlich die erneuerbaren Energien jeden Haushalt pro Monat. Mit 1 Euro helfen Sie mit, dass 50 Millionen Tonnen CO2 und 50 Millionen Tonnen anderer Klimagase pro Jahr eingespart werden können.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Mit 1 Euro haben Sie mitgeholfen, dass 130 000 zukunftsfähige Arbeitsplätze geschaffen worden sind.
Mit 1 Euro haben Sie mit dazu beigetragen, dass Deutschlands Energieversorgung sicherer geworden ist.
Mit 1 Euro haben Sie mit dafür gesorgt, dass die deutschen Unternehmen in einer Schlüsselindustrie zum Marktführer geworden sind. Mit 1 Euro leisten Sie einen wichtigen Beitrag zur Generationengerechtigkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

[...]

Eigentlich sparen Sie sogar Geld. Denn die erneuerbaren Energien vermeiden so genannte externe Kosten. Das sind Kosten für Umweltschäden, für Schäden, die im Bereich Klima entstehen, aber beispielsweise auch für Castortransporte, die bekanntlich immer viel Geld kosten. All diese Kosten haben letztendlich Sie zu bezahlen, auch wenn sie auf keiner Stromrechnung auftauchen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Ich warne davor, zu glauben, dass die Kosten niedrig ausfallen werden. Ich möchte Sie nur an die Hitzeperiode und an die Hochwasserkatastrophe im letzten Jahr erinnern. Wenn solche Ereignisse nicht Ausnahmen bleiben, sondern zum Regelfall werden, dann wird es Sie teuer zu stehen kommen, wenn Sie weiterhin hauptsächlich die anderen Energieträger nutzen und nicht die erneuerbaren Energien.
[...]
Andere Modelle sind teurer und nicht so erfolgreich. Das beweisen viele Gesetze in anderen Ländern. Deswegen kopieren immer mehr Länder unser Instrument.
Zudem wissen wir, dass sich die Kostenschere zwischen den erneuerbaren Energien und den anderen Energieformen schon allein deswegen schließen wird, weil wir viele neue Kraftwerke bauen müssen; das kostet Geld. Daneben gibt es vor allen Dingen beim Öl und beim Gas eine Endlichkeit, die schnell erreicht sein wird. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
[...]
Die Union will sich jetzt mit einem Trick retten: Die erneuerbaren Energien werden bis 2007 gefördert; danach wird geschaut, ob es ein anderes Instrument gibt. Das ist ökologisch – aus den genannten Gründen – und ökonomisch natürlich unsinnig. Ökonomisch ist es deshalb unsinnig, weil es überhaupt keine Planungssicherheit gibt. Niemand wird mehr irgendetwas in die erneuerbaren Energien investieren, wenn er nicht weiß, was hinterher dabei herauskommt. In 20 Jahren werden sich die Menschen an den Kopf fassen und fragen, warum es eigentlich so schwierig war, die erneuerbaren Energien zu fördern, und warum damit nicht schon viel früher angefangen wurde.
(Zuruf von der SPD: Wegen der CDU!)
Bei einigen fehlen leider der Fortschrittsglaube, der Mut und der Pioniergeist, die wir Deutschen doch so dringend brauchen. Glücklicherweise gilt das nicht für alle. Viele Menschen haben das Gegenteil bewiesen. Das sind nicht immer die Großen, die damit Geld verdienen wollen – was ja legitim ist. Häufig sind das die Kleinen, zum Beispiel die Solarinitiativen in Bayern, die eigenes, privates Geld in die Hand genommen haben und eine Menge für die erneuerbaren Energien tun.
[...]

Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile das Wort Kollegen Horst Seehofer, CDU/ CSU-Fraktion.
(Ute Kumpf [SPD]: Wir haben keine Gesundheitsdebatte! Was haben Sie denn mit Energie zu tun?)

Horst Seehofer (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was für starke Worte: ewig gestrig, trickreich, noch nicht in der Gegenwart angekommen.
Ich darf Herrn Bülow einmal daran erinnern, dass die erneuerbaren Energien zuallererst von der Union Anfang der 90er-Jahre gefördert wurden. Sie sind unser Kind.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wir haben ein klares Bekenntnis zur Funktion der erneuerbaren Energien auch in der Zukunft abgelegt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir stehen dazu. Die erneuerbaren Energien leisten für den Klimaschutz, die Ressourcenschonung und die Technologieentwicklung einen wichtigen Beitrag. Deshalb werden nach Auffassung der Union die erneuerbaren Energien wie die Sonne, die Geothermie, die Biomasse, die Wasserkraft und der Wind auch in der Zukunft einen wichtigen Beitrag zum Energiemix in der Bundesrepublik Deutschland leisten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

[...]

Weiterhin müssen wir die Förderung stärker hin zu erneuerbaren Energien umpolen, die vom Prinzip her grundlastfähig sind.
(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So ist es!)
Es macht doch auf Dauer keinen Sinn, wenn wir erneuerbare Energien, die nur eine bestimmte Stundenzahl im Jahr zur Verfügung stehen, weil nicht immer die Sonne scheint oder der Wind bläst, fördern und gleichzeitig aber die konventionellen Kraftwerke uneingeschränkt ihre Grundlast vorhalten müssen. Was haben wir für den Klimaschutz erreicht, wenn nur ergänzt, nicht aber ersetzt wird? Deshalb müssen wir umsteuern.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

[...]

Deshalb sagen wir klipp und klar: Ja zum Ziel der Verdoppelung der erneuerbaren Energien beim Bruttostromverbrauch. Da stimmen wir völlig überein. Wir sagen aber ebenso entschieden: Umsteuerung hin zu grundlastfähigen Energiearten und keine Dauersubvention. Wir reden im Deutschen Bundestag fast wöchentlich darüber, wie wir Subventionen abbauen; auf der anderen Seite laufen wir Gefahr, gigantische neue Subventionen für unwirtschaftliche Anlagen zu gewähren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Marco Bülow [SPD]: Reden Sie mal über Atomkraft!)

[...]
[...]

Deshalb soll das Erneuerbare-Energien-Gesetz mit seinem herkömmlichen Förderinstrumentarium bis Ende 2007 befristet werden. Wir werden bis zu diesem Zeitpunkt hier im Deutschen Bundestag ein Gesetz vorlegen, das für die Ziele, die ich genannt habe, ein effizienteres Förderinstrumentarium vorsieht, als es in der Vergangenheit der Fall war. Die von uns vorgesehene Förderung bis zum Jahr 2007 hängt nicht mit irgendeiner Wahl zusammen, sondern damit, dass Ende 2007 die Versuchsphase des Emissionshandels ausläuft und mehr Klarheit darüber herrscht, welche Kosten durch die erneuerbaren Energien für den Netzausbau und die Regelleistungen beim Strom entstehen. Dann sind wir in der Lage, eine fundierte Entscheidung zugunsten der erneuerbaren Energien zu treffen.

[...]

Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile der Kollegin Michaele Hustedt, Bündnis 90/ Die Grünen, das Wort.

Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag: Die rotgrüne Koalition wird den Weg ins Solarzeitalter trotz einer beispiellosen Kampagne von RWE und Co beschleunigt fortsetzen. Unser Ziel ist es, den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung bis zum Jahr 2020 auf mindestens 20 Prozent zu erhöhen.

[...]

Herr Seehofer, wenn Sie eine stärkere Förderung der erneuerbaren Energien fordern, mit denen die Grundlast abgedeckt und Spitzenlaststrom erzeugt werden kann, dann müssen Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen. Denn genau diesen Weg beschreiten wir damit. Sie hören doch sonst immer auf den Bauernverband. In der aktuellen Pressemitteilung des Bauernverbands wird klar zum Ausdruck gebracht, dass der Verband erwartet, dass alle Fraktionen des Bundestages der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes mit den darin vorgesehenen Verbesserungen im Zusammenhang mit der Biomasse zustimmen werden.
[...]

Der Klimaschutz ist bei weitem nicht nur eine ökologische Frage und auch kein Luxusproblem der Grünen.
Ich möchte einmal wirtschaftlich argumentieren; denn wenn es um Umweltargumente geht, sind Sie – die FDP völlig, die CDU/CSU zumindest zur Hälfte – sowieso auf beiden Ohren taub. Die Kosten infolge der Flut 2002 betrugen 15 Milliarden Euro; die Kosten infolge der Dürre 2003 beliefen sich auf 13 Milliarden Euro. Das alles muss der Steuerzahler tragen. Weltweit nimmt die Zahl der Naturkatastrophen enorm zu. Von 1960 bis 1969 betrugen die Kosten für die von Naturkatastrophen verursachten Schäden 71 Milliarden US-Dollar. Von 1990 bis 1999 beliefen sich die Kosten für die Schäden, die durch von Menschen verursachte Naturkatastrophen entstanden sind, schon auf 607 Milliarden US-Dollar. Das ist fast eine Verzehnfachung. Wer zahlt dafür? Es sind die Bürger, die Bauern und die Unternehmer, die Haus und Hof verlieren, sowie die Hausbesitzer. Wer verursacht das? Verursacher sind die fossilen Energieträger wie Kohle, Gas und Erdöl. 70 Prozent des CO2-Ausstoßes kommen aus den Industrieländern. Deutschland ist beim Klimaschutz bei weitem kein Vorreiter; denn Deutschland liegt mit seinem CO2-Ausstoß pro Kopf weit über dem EU-Durchschnitt. Im Vergleich zu anderen Industrieländern in der EU hat es sogar den höchsten CO2-Ausstoß pro Kopf. Wir sind also keine Vorreiter, obwohl wir in diesem Land viel für den Klimaschutz getan haben. Wir müssen noch viel tun.
150 000 Menschen sind laut der Weltgesundheitsorganisation im letzten Jahr an den von Menschen verursachten Treibhauseffekten gestorben. Ich nenne Ihnen noch einen anderen Grund, warum wir uns für den Klimaschutz einsetzen sollten. Weltweit nimmt der Verbrauch an Rohstoffen zu, insbesondere durch das rasante Wachstum in China und Indien – was diesen Ländern durchaus vergönnt ist.[...]
Deswegen sage ich Ihnen: Je unabhängiger ein Industrieland von fossilen Energieträgern wird, desto größer sind seine Vorteile im globalen Wettbewerb mit anderen Industrieländern.
[...]

Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile das Wort Kollegin Angelika Brunkhorst, FDP-Fraktion.

Angelika Brunkhorst (FDP):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die erneuerbaren Energien sind Zukunftstechnologien. Sie können dazu beitragen, die Energieversorgung nachhaltig zu sichern.
[...]
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz halten wir allerdings für den falschen Weg, um den Anteil der erneuerbaren Energien zu erhöhen. Die festgelegten Einspeisevergütungen sind eine ständige Marktintervention. Den durch das EEG gesetzten Anreiz zur Kostenreduktion und zur Steigerung der technischen Effizienz halten wir für nicht ausreichend.
[...]
Durch die Umstellung auf ein Modell marktwirtschaftlicher Förderung durch Mengensteuerung werden Netzbetreiber und Eigenerzeuger verpflichtet, eine gewisse Menge durchgeleiteten oder selbst genutzten Strom aus erneuerbaren Energien zu gewinnen. Durch Ausschreibungsmodelle sind diese Mengen am freien Markt erwerbbar. So kommt unter Wettbewerbsbedingungen jeweils diejenige Technologie zum Zuge, zu der die klimatischen und geographischen Bedingungen passen. Der Verbraucher kann darauf hoffen, dass auch erneuerbare Energien möglichst kostengünstig produziert werden. Das ist ein gutes Ziel.

[...]

Ich will auf die vielen Neuerungen des EEG, die Zu-und Abschläge, gar nicht eingehen, sondern nur so viel sagen: Ein untaugliches Gesetz wird durch viele Änderungen und Interventionen nicht besser.
[...]

Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile Kollegen Hermann Scheer, SPD-Fraktion, das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dr. Hermann Scheer (SPD):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Interessante ist, dass das Erneuerbare-Energien-Gesetz, dessen Novelle heute zur Entscheidung steht, umstrittener ist, als das im Jahr 2000 der Fall war. Das hat seinen Grund vor allem darin, dass dieses Gesetz erfolgreich geworden ist. Es wird zu einer ernsthaften Herausforderung für die Struktur der Energiewirtschaft. Von daher erklärt sich das seit einem Jahr anhaltende Getöse um erneuerbare Energien, das teilweise mehr als peinliche Züge angenommen hat.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Es gibt zahllose Lippenbekenntnisse für erneuerbare Energien. Natürlich spricht jeder dafür. Man würde sich auch wundern, wenn jemand dagegen wäre, dass eine emissionsfrei und dauerhaft nutzbare Energie gefördert wird. Aber dieses Ja ist oft nur ein Lippenbekenntnis. Es gibt Ausflüchte, und zwar immer dann, wenn es um konkrete Forderungen geht. Konkrete Forderungen sind der eigentliche Lackmustest dafür, ob wir in dieser Frage wirklich vorankommen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Eine Befristung, wie sie aus der Unionsfraktion gefordert worden ist, ist geradezu absurd. Sie hätte unmittelbar zur Folge, dass die erfolgreichen Unternehmen, die jetzt auch auf den Weltmarkt gehen – das reicht von der Windenergie bis zur Photovoltaik –, ihren Standort in die Länder verlagern würden, die mittlerweile merken, dass es gar keinen Weg an erneuerbaren Energien vorbei gibt. Kann eine Befristung wirtschaftlich ernsthaft begründet werden?
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Die mangelnde Effizienz des EEG wird beklagt. Was soll dieses Argument? In Bezug auf die Effizienz stellt sich in erster Linie die Frage: Welches politische Instrument ist bei der Einführung erneuerbarer Energien am erfolgreichsten? Die Antwort ist statistisch weltweit klar.
(C)
(B)
(D)
Alle, die erneuerbare Energien ernsthaft fördern wollen, schauen auf dieses Gesetz.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist ja Sozialismus pur!)
Wenn es um Effizienz geht, geht es sicherlich auch um Kostensenkung. Aber die Senkung der Kosten einer Technologie erfolgt doch nicht durch das Labor, sie erfolgt durch (Volker Kauder [CDU/CSU]: Subvention!) Produktionssteigerung, Produktionstechnikverbesserung, Markteinführung. Wer also nach Kosteneffizienz ruft, darf nicht die Markteinführung künstlich blockieren, sondern muss sie vorantreiben.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Das Gesetz sei zu ambitioniert, heißt es. Wir sollten die Zielsetzung der Reduktion von CO2-Emissionen um 20 Prozent bis zum Jahr 2020 streichen. In diesem Zusammenhang erinnere ich an das, was die Umweltministerin Merkel am 28. April 1998 wörtlich gesagt hat:
Das große Ziel lautet, bis Mitte des nächsten Jahrhunderts den Anteil erneuerbarer Energien auf 50 Prozent zu steigern.
Deshalb müssten Sie mitmachen, wenn das nicht wieder nur ein Lippenbekenntnis gewesen sein soll, (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) statt Ziele zu blockieren, die an diese Dimension noch lange nicht herankommen. Das Argument, das Gesetz sei zu ambitioniert, ist läppisch. Es ist nicht zu ambitioniert. Bei jeder anderen Technologie heißt es doch: schneller sein als andere, weil das die internationale Wettbewerbsfähigkeit der in dieser Richtung tätigen Unternehmen steigert. Bei den erneuerbaren Energien aber heißt es jetzt: Bitte keinen Alleingang! Das hätten Sie sich einmal bei anderen Technologien überlegen sollen, die zu einem riesigen Milliardengrab geworden sind: schneller Brüter, die Atomtechnologie insgesamt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Die erneuerbaren Energien seien zu teuer, heißt es. Wenn man die externen Effekte der herkömmlichen Energieversorgung, allen voran die Atomenergie, mit einbezieht, sind die herkömmlichen Energien aus gesellschaftsökonomischer Sicht längst unbezahlbar geworden.
An diesem Tatbestand kommen wir nicht mehr vorbei. Mangelnder Markt wird beklagt. Der Hintergrund ist, dass wir bis 1998 einen Gebietsschutz für die gesamte deutsche Stromversorgung hatten, sodass ohne irgendein Risiko Investitionen getätigt werden konnten, wodurch Zehntausende von Megawatt an Überkapazitäten entstanden. Es heißt, jetzt sollen die erneuerbaren Energien mit dem konkurrieren, was längst bezahlt ist. Marktwirtschaft bedeutet, das Prinzip der Marktgleichheit zu beachten und diese überhaupt wiederherzustellen, denn sie existiert gegenwärtig nicht.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Wir könnten uns die Förderung der erneuerbaren Energien im Rahmen des EEG sparen, wenn die bisherigen, über Jahrzehnte getätigten Subventionen von der herkömmlichen Energiewirtschaft zurückgezahlt werden müssten und die Subventionen zurückgefordert werden könnten. Dann brauchten wir kein Förderprogramm für erneuerbare Energien. Das ist aber leider unrealistisch. Insofern geht an einem solchen Marktinstrument spezieller Art nichts vorbei.
Die Grundlast soll damit angeblich nicht abgedeckt werden können. Sehen Sie sich doch einmal die wechselseitige Ergänzung der erneuerbaren Energien an, und beachten Sie, dass der Regelbedarf an Energie in den letzten Jahren gesunken und nicht gestiegen ist, obwohl wir die erneuerbaren Energien ausgebaut haben. Wenn Sie diesen Punkt so hervorheben, dann müssen Sie doch gerade deshalb zustimmen, weil der Hauptpunkt dieser Novelle die verstärkte Förderung der Bioenergie ist. Sie ist in jedem Fall grundlastfähig, weil sie genauso leicht speicherbar ist wie fossile Energien.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Das versuchte Ausspielen gegen den Emissionshandel ist doch nun wirklich lächerlich. Das Instrument EEG hat schon jetzt mehr zur Emissionsminderung beigetragen, als es mit den ambitionierten Zielen des Umweltministers in Bezug auf den Emissionshandel, die nicht ganz durchgekommen sind, und mit dem Emissionshandel überhaupt möglich gewesen wäre.
Die Förderung der erneuerbaren Energien hat im Rahmen des Klimaschutzes Priorität. Das EEG ist ein vielfältigeres Instrument. Aber es geht im Grunde genommen nicht nur um Klimaschutz. Es geht um Industrieförderung; es geht um Förderung der Landwirtschaft; es geht um Förderung des Handwerks. Es gibt außerdem vielfältige zusätzliche Effekte, die die gesamte Entwicklung der Wirtschaft auf eine neue Stufe stellen. Damit können wir die Herausforderungen unseres Jahrhunderts bewältigen.
Sehen Sie die Thematik einmal unter diesen Gesichtspunkten und stellen Sie die entsprechenden Fragen! Sie werden sehen, dass die heutigen Argumente gegen das EEG irgendwann einmal als peinlich empfunden werden. Danke schön.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile das Wort Kollegin Doris Meyer, CDU/ CSU-Fraktion.
(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Arme!)

Doris Meyer (Tapfheim) (CDU/CSU):
[...]
Die Rolle der erneuerbaren Energien im notwendigen Energiemix darf nicht unterschätzt werden. In den einzelnen Energiearten stecken beachtliche Potenziale.
Gerade die, mit denen der Grundlastbereich abgedeckt werden kann – wie Geothermie, Biomasse und Wasserkraft –, sind noch lange nicht ausgeschöpft oder überhaupt schon erschlossen.
Die Geothermie steht noch ganz am Anfang ihrer Entwicklung. Wie auch der Bericht zu den Möglichkeiten geothermischer Stromerzeugung in Deutschland aufzeigt, gibt es auf diesem Gebiet enorme, kaum genutzte Potenziale.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Bei der Bioenergie ist das Tor zur Erschließung schon weit offen, aber noch lange nicht alles erschlossen. Das Gesamtpotenzial bei der Stromerzeugung mittels Biomasse wird auf etwa 60 Terawattstunden pro Jahr geschätzt. Die Bioenergie stellt damit ihre Grundlastfähigkeit unter Beweis und stellt somit einen wertvollen Beitrag zu einer echten dezentralen Energieversorgung dar.
[...]
Der vorliegende Gesetzentwurf deutet in die richtige Richtung. Bei Biomasse und Wasserkraft könnte die Union den Entwurf teilweise mittragen. Die Laufzeit für die Vergütung bei der Biomasse wurde von 15 auf wieder 20 Jahre erhöht. Die Degression wurde von ursprünglich 2 auf jetzt 1,5 Prozent gesenkt. Das sind Forderungen der Union, die erfüllt wurden, und das haben wir auch im Ausschuss zum Ausdruck gebracht. Wir schlagen in unserem Entschließungsantrag vor, Ende 2007 das EEG nach der Testphase des Emissionshandels durch eine Anschlussregelung zu ersetzen. Beide Instrumente, das EEG wie der Emissionshandel, tragen zu einer CO2Reduzierung bei. Wenn beide Instrumente gleichzeitig greifen, muss geprüft werden, ob beide nebeneinander noch in der jeweiligen Form Bestand haben können.
[...]

Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile das Wort Kollegen Hans-Josef Fell, Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.

Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Meyer, ich weiß, nicht Sie persönlich, aber Ihre Fraktion will 2007 nicht das EEG ablösen. Ihre Zielvorstellung ist eine ganz andere: Sie wollen die Markteinführung von erneuerbaren Energien beenden, um weiter Atomstrom und Kohlestrom umweltschädlich in diesem Land zu produzieren. Dies ist das entscheidende Ziel Ihrer Politik.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Peter Paziorek [CDU/ CSU]: Das ist eine Unverschämtheit, Herr Fell! Sie wissen es genau anders!)

Gestern war der vierte Geburtstag des Erneuerbare-Energien- Gesetzes. Heute führen wir mit einer Novelle die erneuerbaren Energien aus den Kinderschuhen in das industrielle Erwachsenenzeitalter.
Schon die derzeitige Fassung des Erneuerbare-Energien- Gesetzes führte zu einem stürmischen Wachstum, vor allem in den Bereichen Windkraft und Photovoltaik.
So verzehnfachte sich in vier Jahren die jährlich neu installierte Photovoltaikleistung auf aktuell 130 Megawatt.
Die Windkraft legte auf hohem Niveau noch einmal um 70 Prozent neu installierte Leistung auf 2 600 Megawatt im Jahr 2003 zu. Gleichzeitig, Herr Seehofer, konnten die Kosten drastisch gesenkt werden, zum Beispiel bei der Photovoltaik um 25 Prozent in nur vier Jahren. Der Weg ist klar vorgezeichnet: Wir führen die erneuerbaren Energien mit hoher Geschwindigkeit zu Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Auch für die Schaffung von Arbeitsplätzen war dieses Gesetz gut. In den letzten Jahren wurden dadurch 100 000 neue Arbeitsplätze geschaffen. In den nächsten zehn Jahren wollen wir 500 000 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Daran sehen wir: Dieses Instrument wird auch auf die Wirtschaft gute Auswirkungen haben.
Auch beim Biogas gab es in den letzten Jahren eine Zunahme von 15 Megawatt im Jahr 1999 auf 35 Megawatt im Jahre 2003. Aber es zeigte sich schnell, dass das erwünschte Wachstum bei den Bioenergien nicht in dem Maße erreicht wurde, wie es gewünscht war. Der relativ kostengünstige Markt für landwirtschaftlichen Abfall und Reststoffe war bald erschöpft. Einen weiteren Ausbau kann es nur durch den Einsatz nachwachsender Rohstoffe geben. Die heutige Novelle wird hierfür den entscheidenden Durchbruch bringen. Der vorgesehene Vergütungszuschlag für nachwachsende Rohstoffe wird der Landwirtschaft neue Verdienstmöglichkeiten eröffnen.
Daran zeigt sich: Die wahren Freunde der Landwirtschaft sind die rotgrünen Regierungsfraktionen, nicht die CDU und die CSU, die diesen Gesetzentwurf heute ablehnen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Birgit Homburger [FDP]: Oh, oh!)
Ich bin gespannt, wie Bauernverbandspräsident Sonnleitner Ihnen für Ihre ablehnende Haltung am heutigen Tage die Leviten lesen wird.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, Bundeskanzler Schröder hat das Jahr 2004 als „Jahr der Innovation“ ausgerufen.
Die heutige EEG-Novelle ist dafür ein wesentlicher Baustein. Neuartige Techniken werden in das EEG aufgenommen, zum Beispiel Wellenkraft, Meeresströmungskraftwerke und Salzgradientenkraftwerke; das alles sind für den deutschen Maschinenbau große Chancen. Vor allem bei den Bioenergien sieht das Erneuerbare- Energien-Gesetz einen wichtigen Innovationsschub vor. So wird es erhöhte Vergütungen geben: für Biogasbrennstoffzellen, für Sterlingmotoren, für thermogenische Gaserzeugung und für Biogasreinigung auf Erdgasqualität. Dass solche Innovationsanreize ihre Wirkung nicht verfehlen, wissen wir schon längst: aus unseren Erfahrungen mit dem alten EEG.
Die Windkraftbranche hat in den letzten Jahren hoch effiziente Windräder erzeugt, weil die Markteinführung der entscheidende Forschungsanreiz ist, Frau Brunkhorst. Darauf hat Herr Scheer in seiner Rede hingewiesen.
(Birgit Homburger [FDP]: Und was ist mit den Kostensenkungen für die Verbraucher?)
Die großen CO2freien Strommengen, die durch den Einsatz dieser hoch effizienten Windräder an süddeutschen Standorten gewonnen werden können, wollen wir nun ernten und einer aktiven, CO2freien Stromerzeugung zuführen. Daher war es nur konsequent, dass die Regierungsfraktionen den Regierungsentwurf an dieser Stelle korrigiert haben.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Denn diese Windräder werden auch Atomstrom aus süddeutschen Ländern ersetzen, selbst wenn das den atompolitischen Versessenheiten

(Birgit Homburger [FDP]: So ein Quatsch!) der Ministerpräsidenten Stoiber, Koch und Teufel nicht passt.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Auch die Angebotsschwankung im Windbereich wird die Sicherheit einer zukünftigen Vollversorgung mit erneuerbaren Energien nicht stören. Denn wir fördern mit dieser Novelle auch die Stromerzeugung aus Tiefenerdwärme.
Sie hat das Potenzial, rund um die Uhr und ständig die Grundlaststromerzeugung von Kohle und Kernkraftwerken zu ersetzen. Das hat eine wissenschaftliche Untersuchung des Büros für Technikfolgenabschätzung längst aufgezeigt.
Ich bin überzeugt: Diese Gesetzesnovelle wird einen weiteren aktiven Beitrag zum Klimaschutz leisten. Aber nicht nur dazu; sie wird auch eine Grundlage für die Stärkung der deutschen Wirtschaft sein. Frau Hustedt hat bereits auf die Erdölpreissteigerungen hingewiesen.
Der OPEC-Beschluss von gestern passt doch nicht in das Bild der grenzenlosen Verfügbarkeit von Erdöl. Trotz eines extrem hohen Ölpreises hat die OPEC beschlossen, die Fördermengen zu senken. Darin sehe ich ein wichtiges Indiz dafür, dass die weltweite Ölförderung nicht weiter gesteigert werden kann. Damit die deutsche Wirtschaft auch in Zukunft noch ausreichend Energie zur Verfügung hat, müssen wir diese Versorgungslücke durch den Einsatz erneuerbarer Energien schließen. Ansonsten werden wir ein riesiges Problem in unserer Energiewirtschaft und in unserer Wirtschaft überhaupt bekommen.
Es wird Zeit, dass Sie von der Opposition und auch der BDI mit Herrn Rogowski endlich begreifen: Erneuerbare Energien sind eine Stärkung für den Wirtschaftsstandort Deutschland und keine Schwächung.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

[...]

Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile das Wort dem Minister Jürgen Trittin.

Jürgen Trittin (Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich über die Rede des Kollegen Seehofer, als er begann, ungeheuer gefreut.

(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das meine ich doch! Das war eine gute Rede!)

[...]
Sie haben ein krachendes Bekenntnis für die erneuerbaren Energien abgelegt. Aber es war eine Radio-Eriwan- Rede: im Prinzip ja. Anschließend sind Sie mit allen Vorurteilen gekommen, die man gegen die erneuerbaren Energien auffahren kann.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Ich will dies an einem Punkt deutlich machen. Sie stellen sich hier hin, berechnen den staatlichen Anteil am Strompreis und schieben den den erneuerbaren Energien unter.
Schauen Sie sich die Statistik des VDEW an. Ihr können Sie entnehmen, dass ein durchschnittlicher Haushalt mit drei Personen zurzeit 50 Euro im Monat für den Strom bezahlen muss. Davon – so der VDEW, nicht das Umweltministerium – wird 1 Euro – das sind 2 Prozent – für die erneuerbaren Energien aufgewendet. Wenn Sie von staatlichen Belastungen beim Strompreis reden, dann müssen Sie auch hinzufügen, dass 5 Euro – das sind 10 Prozent – Konzessionsabgaben an die Gemeinden sind. Ich habe von niemandem hier im Hause, weder aus Bayern noch aus Baden-Württemberg, gehört, dass er dagegen vorgehen wolle. Hören Sie auf, diese Belastungen den erneuerbaren Energien in die Schuhe zu schieben!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Sie sagen: Ja, wir sind für erneuerbare Energien, aber wir wollen im Jahr 2007 eine Überprüfung vornehmen.
Meine Damen und Herren, haben Sie schon einmal etwas von Investitionssicherheit und von stabilen Rahmenbedingungen gehört? Wollen Sie der Branche der erneuerbaren Energien alle drei Jahre eine Novellierungsdebatte aufzwingen, in der es wieder heißen wird: Wir warten mit den Investitionen in die Biomasseanlagen, in die Wasserkraftwerke oder in neue Anlagen, weil wir nicht genau wissen, was kommen wird? Die gleichen Redner, die in der Debatte um den Emissionshandel mindestens zwölf Jahre Investitionssicherheit gefordert haben, versuchen nun, einer anderen Branche einen Zeitraum von zwei Jahren zuzumuten. Das geht nicht. Sie verhalten sich hier standortfeindlich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Ich finde das traurig, weil ich am Anfang dieser Debatte den Eindruck gewonnen hatte, dass wir die Chance zu einem wirklichen Konsens bei der Umsetzung dieses Ziels – nicht nur beim Bekenntnis – haben. Sie haben gesagt: Wir müssen bei den erneuerbaren Energien mehr auf Regelenergie setzen. Das ist der Grund, warum diese Regierung – ich bedanke mich für die gute Unterstützung durch die Koalition – die Biomasse stärker fördern will.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Paziorek, wir haben Ihre Kritik aufgenommen und sind Ihnen in der Frage des Degressionszeitraums entgegengekommen; denn wir wollten an dieser Stelle ein gemeinsames Signal setzen. Es ist genau so gekommen, wie Sie es gefordert haben. Dennoch sagen Sie Nein. Ich habe den Eindruck, Sie tun das aus Prinzip.
Sie haben gesagt, es muss mehr darauf geachtet werden, grundlastfähig zu werden. Aus diesem Grund stand schon im Regierungsentwurf, dass wir mehr für die Förderung der Wasserkraft, auch für den Ausbau der großen Wasserkraftwerke, tun wollen. Schließlich liegen in diesem Bereich enorme Klimaschutzpotenziale. Das war ein Argument, das von der Landesregierung Baden-Württembergs, von Herrn Kauders Parteifreunden, angeführt wurde. Wir sind diesem Wunsch nachgekommen und haben ihn umgesetzt. Wir sind konstruktiv auf Sie zugekommen, während Sie sich verweigern. Ich habe inzwischen den Eindruck gewonnen, das hat mehr mit Ideologie als mit Überzeugung in der Sache zu tun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Zurzeit sind einige Zeitungen der Auffassung, sie müssten anderen Magazinen beim Wettlauf um einen falschen Populismus Konkurrenz machen. Selbstverständlich müssen wir mit Augenmaß vorgehen. Deshalb setzen wir mit diesem Gesetz für den Ausbau der Windenergie erstens ein klares Signal für die Offshoretechnologie und zweitens schaffen wir damit bessere Bedingungen für das Repowering, also für den Ersatz alter Anlagen. Wir wollen mehr erneuerbare Energien mit weniger Masten erreichen. Das ist die einfache Formel. Das ist der Ansatz unseres Gesetzentwurfs und auch diesem verweigern Sie sich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Eine letzte Bemerkung: Waren Sie schon einmal in Magdeburg? Haben Sie sich einmal angesehen, wo dort die letzten industriellen Arbeitsplätze sind? Sie befinden sich auf dem Gelände des einst zehntausend Menschen beschäftigenden Betriebes SKET. Dort ist jetzt die Firma Enercon, ein Hersteller von Windrädern, ansässig.
Ich würde mir wünschen, dass auch Unionsabgeordnete mit dem gleichen Selbstbewusstsein, mit dem man sich in Dresden darüber freut, dass AMD und VW dort produzieren, in Magdeburg sagen: Die Windenergie sorgt für 3 000 bis 4 000 Arbeitsplätze; dass es in Magdeburg überhaupt noch Industrie gibt, ist eine Folge des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Ein solches Selbstbewusstsein wünsche ich mir bei Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Durch die Nutzung der erneuerbaren Energien können in Deutschland heute bereits 50 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Das ist und bleibt richtig. Hören Sie auf, erneuerbare Energien gegen Effizienz und Energiesparen auszuspielen. Meine Erfahrung der letzten Tage ist: Diejenigen, die gegen einen effizienten Emissionshandel sind, sind immer schon gegen erneuerbare Energien gewesen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Wahr ist aber auch: Im Bereich der erneuerbaren Energien, also quasi durch die Einsparung von 50 Millionen Tonnen CO2, haben 120 000 Menschen in diesem Lande Arbeit gefunden, 50 000 Menschen davon in den letzten Jahren. Der Bereich der erneuerbaren Energien ist also der Beweis dafür, dass Umweltschutz und Beschäftigung, dass ökologische Modernisierung und Wettbewerbsfähigkeit bestens zusammenpassen.
[...]

Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile das Wort Kollegen Peter Paziorek, CDU/ CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Peter Paziorek (CDU/CSU):
[...]
Wir haben klar und deutlich gesagt: Wir wollen eine klare Übergangsfrist. Bis zum Jahr 2007 soll das jetzige Fördersystem weiter bestehen. Jeder, der mit seinen Anlagen bis Ende 2007 ans Netz geht, soll nach unseren Vorstellungen Bestandsschutz erfahren.

(Ulrich Kelber [SPD]: Was ist mit den Produktionsanlagen?)

Wie können Sie es also überhaupt wagen, hier zu vermitteln, dass für Betreiber und Investoren Unsicherheiten existieren könnten? Wir sagen allen: Wer bis zum Jahr 2007 ans Netz geht, der hat Bestandsschutz.
Darüber hinaus wollen wir auch einen Übergang. Weshalb wehren Sie sich so dagegen, Herr Minister, dass man in diesem Hause darüber diskutiert,

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist ein Ideologe!)

ob das Festpreissystem langfristig sinnvoll ist oder ob man nicht eventuell ein Bonussystem einführen solle, wie wir es bei der KWK haben? Da gibt es nämlich für ganz bestimmte erneuerbare Energien einen Zuschlag auf den normalen Strompreis. Ist das der Weltuntergang? Ich habe das Gefühl, Sie wollen der Diskussion ausweichen, ob das Bonussystem besser ist als das Festpreismodell, welches Sie uns zurzeit vorschlagen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie weichen einer Diskussion darüber aus, ob wir für die Zeit nach 2008 ein besseres Modell entwickeln können, das die erneuerbaren Energien genauso gut fördert, aber volkswirtschaftlich viel effektiver ist als das, das Sie uns heute auf den Tisch legen. Das ist unsere Position.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Angesichts Ihrer Aufregung hat man das Gefühl, Sie seien davon getroffen, dass Sie nicht das schöne Bild vermitteln können, die Union sei pauschal gegen erneuerbare Energien.
[...]
Sie haben auch die Aufgabe, Herr Minister, dafür zu sorgen, dass die Energie in Deutschland so günstig wie möglich hergestellt wird; denn letztlich geht es in Deutschland auch um Arbeitsplätze in den anderen Bereichen, also außerhalb der erneuerbaren Energien. Das müssen wir immer berücksichtigen.

[...]

Präsident Wolfgang Thierse:
Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt erteile ich dem Kollegen Hermann Scheer das Wort.

[...]

Dr. Hermann Scheer (SPD):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Weil die Debatte wegen der vorzüglichen Rede des Bundesumweltministers verlängert worden ist, habe ich die Gelegenheit, noch einmal auf einige Punkte einzugehen.
Der Verweis darauf, dass in der nächsten Legislaturperiode im Jahr 2007 etwas anderes kommen werde, – wohinter die stillschweigende Hoffnung der Union steckt, dass sie dann die Dinge gestalten könnte –, ist mehr als fadenscheinig.

(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Wieso denn das?)

Ich erkenne durchaus an, dass es in der Union seriöse Strömungen gibt, die diesem Erneuerbare-Energien-Gesetz in der Tradition des Stromeinspeisungsgesetzes für erneuerbare Energien sehr positiv, sogar zustimmend gegenüberstehen.
Auf der anderen Seite aber gibt es eine ganz entschiedene, radikale Gegnerschaft. Die hat heute zu dem Bild geführt, das Ihre Fraktion geboten hat.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Ist doch nicht wahr!)

Das ist ganz eindeutig und bleibt auch der Öffentlichkeit nicht verborgen. Es wird doch durch diese Debatte offensichtlich.
Das heißt, die Begleitmusik zu Ihren angeblich besseren Alternativen, die Sie versprechen,

(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Ja!)

geht doch an der Öffentlichkeit, an den Betroffenen und an den Investoren überhaupt nicht vorbei.

(Horst Seehofer [CDU/CSU]: Das ist wahr!)

Es gibt bestimmte Aussagen, auch im Wirtschaftsausschuss.
So hat ein Unionssprecher gesagt: Wenn wir die Macht übernehmen, werden wir mit dem Erneuerbare-Energien- Gesetz Schluss machen. Das ist eine wunderbare Botschaft.

(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das ist doch nicht die Beschlusslage!)

– Ich weiß, dass das vielleicht nicht Ihre offizielle Beschlusslage ist. Betrachten Sie einmal die so genannten wissenschaftlichen Gutachten, die mehrfach von verschiedenen Rednern der Opposition erwähnt worden sind. Diese Gutachten, die zwar aus dem Umfeld des Wirtschaftsministeriums kommen, deren Aussagen sich das Wirtschaftsministerium aber nicht zu Eigen gemacht hat, haben alle denselben Tenor. Dieser lautet: Ab dem Jahr 2007 – deshalb ist die Jahreszahl ja so interessant – sollte die gesamte Förderung erneuerbarer Energien zugunsten des Emissionshandels fallen gelassen werden.

(Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)

Das ist die Aussage dieser Gutachten. Diese stützt sich auf die denunziatorische, meines Erachtens unwissenschaftliche Behauptung, dass die erneuerbaren Energien keine Arbeitsplätze schaffen, sondern sogar noch Arbeitsplätze kosten.
Es kennen sich aber auch andere in den Wissenschaften aus. Es ist vielleicht für die Öffentlichkeit und auch für Sie, wenn Sie das Ganze nicht gelesen haben sollten, interessant, zu erfahren, wie diese Gutachter zu einer solchen Aussage kommen. Sie kommen dazu, indem sie behaupten, dass die EEG-Umlage, die heute von allen privaten Stromverbrauchern gezahlt wird, zulasten des Konsums geht, weil diese Mittel für Investitionen in die erneuerbaren Energien verwendet werden. Weil das zulasten des Konsums gehe, gingen Arbeitsplätze verloren.
Es wird aber an keiner Stelle gesagt, was denn anstelle dessen konsumiert werde – das kann man nicht belegen –, ob das ein Bier im Ballermann auf Mallorca ist oder irgendetwas anderes.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ballermann ist gut! – Jörg van Essen [FDP]: Ihre Rede tut einem doch weh!)

Daraus ergibt sich logischerweise: Die wirtschaftswissenschaftlichen Gutachter kommen zu dem Ergebnis, dass jedweder Konsum, egal welcher Art, für die Entwicklung der Volkswirtschaft und sogar der Umwelt wichtiger ist als eine präzise und vorbestimmte Förderung der erneuerbaren Energien über eine Umlage, wodurch noch weitere Faktoren wie eine zusätzliche Wertschöpfung geschaffen und Entwicklungen in Gang gesetzt werden.
Mit anderen Worten: Wissenschaftliche Gutachten auf einem solchen Niveau sind im Grunde genommen nicht zitierfähig.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Solche Gutachten können allenfalls referiert werden. In der Wissenschaft ist es nun einmal so: Es ist selbstverständlich nicht jeder Professor käuflich, aber irgendeinen findet man leider immer, der sich zu einer gewünschten Aussage bereit findet.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Oh! – Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das ist nur peinlich!)

Wenn wir über Wirtschaft sprechen, dann müssen wir erkennen,

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Dass Sie es nicht können!)

dass erneuerbare Energien mit der Zeit immer billiger werden. Denn alle Kosten, die für diese Energien – mit Ausnahme der Biomasse – ausgegeben werden, fallen bei der Mobilisierung und Bereitstellung der Technik an.
Daraus ergibt sich – das zeigt die Geschichte der technologischen Revolutionen –, dass erneuerbare Energien auf Dauer billiger werden. Dort, wo für die Primärenergie etwas bezahlt werden muss – das ist nur bei der Biomasse der Fall –, wird als Ergebnis der Mobilisierung erneuerbarer Energien eine Revitalisierung des landwirtschaftlichen Sektors erzielt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herkömmliche Energien dagegen können wegen der negativen Umwelteffekte und der bevorstehenden Erschöpfung der konventionellen Energieträger nur teurer werden. Insofern stehen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf an einer Wasserscheide energiestrategischer Entscheidungen, die wir heute treffen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Präsident Wolfgang Thierse:
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über die von den Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen sowie von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwürfe zur Neuregelung des Rechts der erneuerbaren Energien im Strombereich, Drucksachen 15/2327, 15/2539 und 15/2593.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/2845, die genannten Gesetzentwürfe als Gesetz zur Neuregelung des Rechts der erneuerbaren Energien im Strombereich in der Ausschussfassung anzunehmen.

Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen.

  • – Wer stimmt dagegen?
  • -- Enthaltungen?
  • – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen der SPD, des Bündnisses 90/Die Grünen und einer Stimme aus der CDU/ CSU-Fraktion gegen die Stimmen der übrigen Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion und die Stimmen der FDP-Fraktion angenommen.

Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben.

  • – Wer stimmt dagegen?
  • – Enthaltungen?
  • – Der Gesetzentwurf ist mit derselben Mehrheit wie bei der Abstimmung in der zweiten Beratung angenommen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)