Datum 29.08.2005

Juristischer Rammbock bei Netzblockade?

Möglichkeit der Installateure bei Geschäftsschädigung durch Netzbetreiber



Anschlussverweigerungen der Netzbetreiber blockieren nicht nur den Fortgang der Energiewende, sondern treffen insbesondere auch das Installateursgewerbe in wirtschaftlicher Hinsicht. Installateure sehen bisher allerdings keine Möglichkeit, den Netzbetreiber auf Befolgung des EEG zu verklagen, da das EEG nur die Beziehung zwischen dem (zukünftigen) Betreiber einer Anlage und dem Netzbetreiber regelt.

Rechtsanwalt Dr. Patrick Schweisthal, Rohrbach, sieht jedoch nunmehr eine reale Möglichkeit, dass auch Installateure sich zur Wehr setzen. Er stellt folgenden Vorschlag für weiteres Vorgehen zur Diskussion:

Wenn der Netzbetreiber den Anschluss grundlos verzögert, von unberechtigten Kostenforderungen abhängig macht oder zu Unrecht gänzlich verweigert, kann der Installateur den Netzbetretreiber zunächst zur Abgabe einer Unterlassungs- oder Verpflichtungserklärung mit der Androhung einer empfindlichen Vertragsstrafe auffordern. Erläuterung zum Thema Abmahnung und Unterlassungserklärung

Der Netzbetreiber verstößt möglicherweise vorsätzlich gegen § 19 des Gesetzes gegen die Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Dort heißt es unter Absatz 1:
 

"Die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten."

§ 130 III GWB stellt fest, dass die Missbrauchskontrollvorschriften des GWB auf Energieversorgungsunternehmen und damit auch den Netzbetreiber anzuwenden sind.

Der Netzbetreiber hat normalerweise durch sein faktisches lokales Monopol eine marktbeherrschende Stellung gemäß § 19 II GWB. Dies gilt sowohl für den Betrieb des Netzes wie auch in der Regel für die Erstellung der Netzanschlüsse. Bei dem letzeren Punkt ist der Netzbetreiber nach § 13 I Satz 4 EEG sogar direkter Konkurrent des geschädigten Installationsunternehmens.

Dabei kommen mehrere Missbrauchstatbestände nach § 19 Absatz 4 GWB in Betracht. Dieser lautet:
 

"Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen

1. die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen in einer für den Wettbewerb auf dem Markt erheblichen Weise ohne sachlich gerechtfertigten Grund beeinträchtigt;

2. Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen;

3. ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist;

4. sich weigert, einem anderen Unternehmen gegen angemessenes Entgelt Zugang zu den eigenen Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, wenn es dem anderen Unternehmen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ohne die Mitbenutzung nicht möglich ist, auf dem vor- oder nachgelagerten Markt als Wettbewerber des marktbeherrschenden Unternehmens tätig zu werden; dies gilt nicht, wenn das marktbeherrschende Unternehmen nachweist, dass die Mitbenutzung aus betriebsbedingten oder sonstigen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist."

Meines Erachtens können zum Beispiel die folgenden Verhaltensweisen des Netzbetreibers jeweils mindestens einen der vorgenannten Missbrauchstatbestände erfüllen:

- Die Verzögerung des Netzanschlusses passiert meist durch die Nichtherausgabe der  Netzdaten unter Verletzung der Acht-Wochen-Frist
des § 4 Absatz 4 EEG.

- Die unberechtigte Kostenforderung für den Netzausbau verstößt gegen § 13 EEG.

- Die Verweigerung des Anschlusses wegen „Auslastung der Netzes durch andere EEG-Einspeiser“ kann gegen die Aufnahmepflicht nach § 4 Absatz 1 EEG verstoßen, insbesondere, wenn der Anlagenbetreiber nach § 4 Absatz 3 EEG eine technische Einrichtung zur Reduzierung der Einspeiseleistung bei Netzüberlastung vorsieht.

Durch das Verhalten des Netzbetreibers droht dem Installateur im Einzelfall möglicherweise ein ganz erheblicher Vermögensschaden, nämlich der entgangene Gewinn aus seinem Vertrag mit dem Anlagenbetreiber.

Der Netzbetreiber ist dem Installateur nach § 823 Absatz II BGB wegen der vorsätzlichen Verletzung der Schutzgesetze nach §§ 4; 13 EEG und § 19 GWB für diesen drohenden Vermögensschaden verantwortlich.

Der Installateur kann daher den Netzbetreiber je nach dessen Verhalten zur Abgabe einer Verpflichtungs- oder Unterlassungserklärung auffordern.

Diese Erklärung kann mit einer Vertragsstrafe wenigstens in Höhe des drohenden Gewinnentgangs, darüber hinaus sogar in Höhe aller möglichen Geschäftsbeeinträchtigungen des Installateurs bewehrt werden.

Die Anwaltskosten hierfür hat der Netzbetreiber zu tragen, wenn die Forderung des Installateurs berechtigt ist.

Verweigert der Netzbetreiber die Abgabe der Erklärung und die Kostenübernahme hierfür, so kann der Installateur Unterlassungs- oder Verpflichtungsklage zum Kartellsenat des zuständigen Landgerichts erheben. Das ist meist nicht das örtliche Landgericht. Um ein wirklich sachkundiges Gericht zu erreichen, wird die Zuständigkeit für Kartellsachen  in den meisten Bundesländern zentral bei einem Landgericht des jeweiligen Oberlandesgerichtsbezirks konzentriert. In Bayern sind das die Landgerichte München und Nürnberg, §§ 87 I; 89 I GWB; § 22 I Nr. 1 GZVJu.

Wegen des Vorgehens im Einzelfall und wegen der Klärung der nötigen Voraussetzungen sollte bereits außergerichtlich ein fachkundiger Rechtsanwalt zu Rate gezogen werden. Bei der gerichtlichen Auseinandersetzung ist in jedem Fall anwaltliche Vertretung erforderlich.

Mit der Aufforderung zur Abgabe der Verpflichtungs- oder Unterlassungserklärung steht dem Installateur ein beachtliches Mittel zur Verfügung, um bei einem drohenden Auftragsverlust, insbesondere bei Existenzgefährdung seines Unternehmes nicht tatenlos zusehen zu müssen.
Stellt man sich vor, dass jeder betroffene Installateur dieses Mittel einsetzt, dann muss sich ein blockadewilliger Netzbetreiber mit der realen Gefahr einer Flut von Kostenforderungen auseinandersetzen, die er im Gegensatz zur Einspeisevergütung nicht aus einem überregionalen Belastungsausgleich erstattet bekommt.

Schon dieses durchaus reale empfindliche Kostenszenario könnte zur schnellen Lösung der Blockadehaltung des Netzbetreibers führen.


Erläuterung des SFV zum Thema Abmahnung und Unterlassungserklärung:

Eine Unterlassungserklärung ist ein Vertrag, den der Schädiger mit dem Geschädigten abschließt. Der Schädiger verspricht, das schädigende Verhalten zukünftig zu unterlassen. Außerdem beruhigt er den Geschädigten, dass er sogar bereit sei, in jedem Wiederholungsfall eine hohe Vertragsstrafe an den Geschädigten zu bezahlen. Die Aufforderung des Geschädigten an den Schädiger, eine Unterlassungserklärung abzugeben, wird als "Abmahnung" bezeichnet. Der Sinn einer Abmahnung liegt darin, dass der Geschädigte dem Schädiger offiziell mitteilt, dass und wodurch er geschädigt wird. Außerdem gibt er ihm vor einem eventuellen Gerichtsverfahren die Gelegenheit, die Schädigung zu beenden, und schließlich wird durch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe die Versuchung für den Schädiger verringert, das schädigende Verhalten vielleicht doch noch einmal zu wiederholen. Weigert sich der Schädiger, eine Unterlassungserklärung abzugeben, so ist die Voraussetzung für eine Klage des Geschädigten gegeben.