vom 30.01.2002 (überholt)

Stellungnahme der Naturstrom AG zur SFV-Kritik am "Ökostromhandel"

Mit Anmerkungen des Solarenergie-Fördervereins

Sehr geehrte Umweltfreunde,

am 22.1.02 ging bei uns die Stellungnahme der Naturstrom AG zur Kritik des SFV am "Ökostromhandel" und am Geschäftsgebaren der Naturstrom ein. Wir geben sie Ihnen hiermit zur Kenntnis.
Für Leser, denen unsere Argumente nicht mehr gegenwärtig sind, fügen wir erläuternde Anmerkungen oder Erwiderungen in Kursivschrift ein.

Vorab noch einmal, worum es geht:

Der SFV sieht im "Ökostromhandel" eine Gefahr für das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und hat dies mehrfach öffentlich begründet. Der SFV lehnt deshalb den "Ökostromhandel" bedingungslos ab.

Die Naturstrom AG zweifelt dagegen am Fortbestand des EEG, hält das EEG auf längere Sicht auch nicht für notwendig und bietet den "Ökostromhandel" als Ersatz oder Nachfolger an. Damit liefert die Naturstrom AG (ungewollt) den Gegner der erneuerbaren Energien, die das EEG unter Hinweis auf den "Ökostromhandel" kippen wollen, weitere Argumente.

Ausführlich haben wir unsere Kritik am "Ökostromhandel" in der Zeitschrift Solarbrief 1/02 niedergelegt und senden Ihnen diese auf Anforderung (zentrale@sfv.de) gerne kostenlos zu.

Der SFV kritisiert aber nicht nur den "Ökostromhandel", sondern darüber hinaus speziell die Naturstrom AG, weil sie ihre Kunden in einem wesentlichen Punkt täuscht. Die Naturstrom AG erweckt den Eindruck, sie verkaufe 100 % Strom aus erneuerbaren Energien. Tatsächlich kauft sie jedoch "Egalstrom" ein und verkauft ihn zu einem Aufpreis. Dass sie den Aufpreis zur Förderung der Erneuerbaren Energien verwendet, ist zwar anerkennenswert, berechtigt aber nicht zur Behauptung, nunmehr handele es sich um Strom zu 100 % aus erneuerbaren Energien. Dies ist eine Irreführung der Kunden, die möglicherweise sogar nicht einmal mehr mit dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb vereinbar ist. (Zu diesem letzten Vorwurf gibt es eine gesonderte Stellungnahme der Naturstrom AG)

Außerdem erschwert die Verwendung unsauber definierter Begriffe eine sachgerechte Diskussion.

Mit freundlichen Grüßen Wolf von Fabeck


Naturstrom AG
E-Maill vom 22.01.2002

Stellungnahme zur Kritik des SFV am Ökostromhandel und der Naturstrom AG

Dies ist eine Antwort auf die Kritik des Solarenergie-Fördervereins (SFV) am Ökostromhandel und namentlich der Naturstrom AG, die von dem Geschäftsführer des SFV, Wolf von Fabeck, verbreitet wurde.

Erlauben Sie vorab dem Verfasser dieser Stellungnahme, Ralf Bischof, Gründer und Vorstand der Naturstrom AG, einige Worte zur eigenen Person: Ich bin nicht nur seit vielen Jahren Mitglied im SFV, Vorstandsmitglied von EUROSOLAR Deutschland und Mitglied in anderen Regenerativenergieverbänden. Schon in meiner Diplomarbeit habe ich am Beispiel der Stadt Aachen nachgewiesen, dass sich die Stromversorgung technisch allein durch Nutzung von Dach- und Fassadenflächen zu über 50% auf Photovoltaik umstellen ließe. Ich habe maßgeblich am Erhalt des Stromeinspeisungsgesetzes mitgewirkt, u.a. durch die Organisation der ersten Demonstration für die Erneuerbaren Energien und das Einspeisegesetz am damaligen Regierungssitz Bonn. Weiterhin habe ich als erster öffentlich gegen die Quote für Erneuerbare Energien argumentiert (in einem Antwortkommentar für die Zeitschrift "Neue Energie" auf einen Vorschlag des grünen Staatssekretär Baake), als diese noch von vielen rot-grünen Politikern befürwortet wurde - eine Meinung, die sich inzwischen unter den Verfechtern der Erneuerbaren Energien durchgesetzt hat. Die Quotenregelung war und ist immer noch die größte Gefahr für das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Das EEG halte ich für unverzichtbar und nur wenig verbesserbar. Dies ist auch die Meinung der Naturstrom AG.

Dieses Bekenntnis zum EEG wird leider später im Text dadurch entwertet, dass die Naturstrom AG vorschlägt, auf längere Sicht das EEG durch "Ökostromhandel" zu ersetzen

Umso mehr fragen wir uns, warum der SFV im Takt von wenigen Wochen mit immer neuen Anschuldigungen auf uns "herumhackt", um ein Wort von Wolf von Fabeck aufzunehmen? Wir haben nichts gegen kritische Fragen und andere Meinungen. Für unakzeptabel halten wir aber die zahlreichen, von wenig Sachkenntnis geprägten Vorwürfe sowie die Art und Weise, wie diese verbreitet werden. Leider hält man es von Seiten des SFV nicht für geboten, zunächst die Vorwürfe und Fragen an uns zu richten und unsere Antwort abzuwarten, sondern man geht gleich an einen großen öffentlichen Verteiler.

Den Vorwurf, wir hätten uns mit unserer Kritik nicht vorab an die Naturstrom AG gewendet, können wir leicht zurückweisen. Als Mitbegründer der Naturstrom AG hat der Geschäftsführer des SFV bei Naturstrom-internen Planungsgesprächen vergeblich gegen die unsaubere Deklarierung des verkauften Stroms als "Ökostrom" protestiert, weil er dies für eine Täuschung der Kunden hielt. Da sich die Naturstrom AG jedoch von der irreführenden Deklarierung des Stroms höhere Verkaufserfolge erhofft, bleibt dem SFV hier nur noch der Weg an die Öffentlichkeit.

Als Begründung wird angeführt, dass man eine öffentliche Diskussion wolle. Gut - wir haben nichts gegen eine öffentliche Diskussion. Aber leider werden nur die Meinungen und Anschuldigungen des SFV breit per Email und Solarbrief verteilt. Reaktionen darauf muss man dagegen auf den Internetseiten des SFV suchen, was naturgemäß nur von wenigen Lesern der Emails und des Solarbriefs getan wird. Zudem sind zahlreiche uns bekannte Stellungnahmen, die sich ablehnend oder kritisch mit der Position des SFV auseinandersetzen, bisher nicht auf den Internetseiten abgelegt worden. Um es deutlicher zu sagen: Wir halten diesen Umgang untereinander nicht für fair.

In der Ökostromdiskussion seit Dezember 01 haben wir jeden kritischen Beitrag, dessen Verfasser dies wünscht, ins Internet gestellt.

Zu diesem merkwürdigen Gebaren des SFV passt auch, dass ein offener Brief der Naturstrom AG aus dem Januar 2001, der auf ältere Vorwürfe des SFV antwortet, trotz unserer Bitte nie veröffentlicht wurde. Inzwischen ist er nach Einschätzung von Wolf von Fabeck nicht mehr aktuell, so dass wir zunächst auf eine nachträgliche Veröffentlichung verzichtet haben. Angesichts der anhaltenden Angriffe auf unser Unternehmen ziehen wir diese Entscheidung jedoch zurück.

Wir fordern den SFV auf

  • die alte Kritik des SFV an der Naturstrom AG sowie unseren offenen Brief darauf vom Januar 2001 zu veröffentlichen
    Die von der Naturstrom AG erwähnte damalige Kritik behandelt - im Vergleich zu der von uns jetzt geäußerten Kritik eher Nebensächlichkeiten. Aber wir stellen auch die Antwort von damals ins Netz.
  • diese Stellungnahme vollständig und zeitnah an die gleichen Verteiler zu versenden, die auch seine Rundmails und den Solarbrief erhalten haben
  • eine repräsentative Menge der Stellungnahmen, die sich ablehnend oder kritisch mit den Vorwürfen des SFV auseinandersetzen, im Internet zu veröffentlichen
    Hier wird unterschwellig der Eindruck erweckt, als würde der SFV wesentliche Argumente unterdrücken. Das ist nicht der Fall, denn uns liegt daran, das Thema von allen Seiten zu beleuchten. Im übrigen stellen wir im Gegenzug die Forderung, dass die Naturstrom AG den Solarbrief 1/02, der eine Zusammenfassung unserer Kritik enthält, an ihre Kunden verteilt.
  • vor einem öffentlichen Forum oder einer Zeitschriftenredaktion mit uns über die sachlichen Kritikpunkte zu diskutieren.
    Dem Wunsch der Naturstrom AG nach einer ausführlichen öffentlichen Diskussion kommen wir gerne nach. Wir lassen auf jeden Passus der Naturstrom-Stellungnahme eine sachliche Erwiderung folgen, damit sich die Leser von den gegensätzlichen Auffassungen ein anschauliches Bild machen können.

Die grob vereinfachende, zuspitzende und verzerrende Darstellung bestimmter Fakten durch den SFV legt uns die Vermutung nahe, dass dadurch die - vollkommen legitime - negative Meinung des SFV zum Ökostromhandel gegenüber den in vielen Details des Strommarkts nicht informierten Mitgliedern leicht verständlich begründet werden soll. Leider bleibt dabei die Wahrheit auf der Strecke. Geradezu erschreckt hat uns die Verdrehung der Urteilsaussage des Europäischen Gerichtshof zum Stromeinspeisungsgesetz. Wenn der SFV auf Basis solcher Interpretationen agiert, wird er seinem Vereinsziel kaum gerecht werden können.

Von einer "Verdrehung der Urteilsaussage" des Europäischen Gerichtshofs (EUGH) durch den Solarenergie-Förderverein kann nicht die Rede sein. Wir nehmen uns das Recht, das Urteil mit eigenem Sachverstand auszuwerten. Dabei kommen wir zu der Auffassung, dass das Gericht möglicherweise gegen das StrEG entschieden hätte, wenn es bereits einen etablierten Handel mit "Ökostrom" gegeben hätte. Deshalb warnen wir. Eigentlich müsste die Naturstrom AG wissen, dass es zu Rechtsfragen immer verschiedene Auslegungen gibt. Welche Auslegung die "Richtige" ist, zeigt sich erst NACH einem Gerichtsverfahren. Aber wir wollen es gar nicht darauf ankommen lassen, dass irgendwann einmal ein "Ökostromhändler" vor dem EUGH mit der Behauptung Erfolg hat, das EEG würde den freien Warenverkehr mit "Ökostrom" behindern. Lieber setzen wir alles daran, den sogenannten "Ökostromhandel" als das darzustellen, was er tatsächlich ist, nämlich eine Werbemaßnahme zur Erzielung höherer Preise, aber kein Handel mit einem anderen Produkt, genauso wenig wie es einen Handel mit Atomstrom oder Braunkohlestrom gibt.

Bevor wir auf die sachliche Kritik antworten, noch eine Vorbemerkung. Uns scheint immer wieder verwechselt zu werden, welche gesellschaftspolitischen Forderungen und Meinungen z.B. ein Solarverein wie der SFV vertreten kann und welchen Rahmenbedingungen ein Unternehmen unterliegt. Ein Unternehmen kann nicht mit Hinweis auf eine umweltpolitische Forderung oder Meinung die Bezahlung von Rechnungen verweigern. Trotz aller Ideale der Gründer, Aktionäre, Kunden und Mitarbeiter ist die Naturstrom AG ein Unternehmen und muss auch wie ein solches handeln. Wir können die Arbeit von Verbänden und Vereinen für Erneuerbare Energien nicht ersetzen. Wer das von uns erwartet, wird immer enttäuscht sein.

Wir verlangen nicht, dass die Naturstrom AG als Teilnehmer am Strommarkt die Zahlungen von Rechnungen für den von ihr eingekauften Egalstrom verweigert. Wir erwarten aber, dass die Naturstrom AG ihren Kunden eine zutreffende Begründung für Preiserhöhungen nennt und sich nicht an der unterschwelligen Stimmungmache gegen das EEG, das KWKG und die Ökosteuer beteiligt.

Nun zu den Vorwürfen:

Antwort zu der SFV-Rundmail vom 17.12.2001 "Warum "Ökostromhandel" die Energiewende verzögert"

1. Vergleich Ökostromhandel - EEG

Es wird so getan, als wenn das EEG nur aus Abnahmepflicht und garantierten Preisen für Erzeuger bestehen würde. Nur aus der Tatsache, dass Strom, der in das Netz eingespeist wird, physikalisch auch irgendwo verbraucht wird, kann man jedoch nicht schließen, dass kein weiterer Aufwand notwendig ist. Auch der EEG-Strom muss verkauft und gekauft, also gehandelt werden.

EEG-Strom wird nicht gehandelt, sondern nach gesetzlichen Vorgaben unter den Netzbetreibern verrechnet und bundesweit gleichmäßig auf alle Stromhändler aufgeteilt.

Objektiv betrachtet wird im EEG ein bundesweiter Ökostromhandel vorgeschrieben: Die Versorgungsnetzbetreiber müssen den produzierten EEG-Strom vom Erzeuger kaufen. Die Übertragungsnetzbetreiber müssen wiederum von ihren Versorgungsnetzbetreibern kaufen. Alle Übertragungsnetzbetreiber müssen untereinander kaufen und verkaufen, so dass die jeweiligen durchschnittlichen Quoten und Preise erreicht werden. Die Stromhändler müssen von den Übertragungsnetzbetreibern kaufen. Und zuletzt müssen die Stromkunden vom Stromhändler kaufen.

Die Stromkunden müssen nach dem EEG keinesfalls "Ökostrom" vom Stromhändler kaufen, sondern schlicht und einfach STROM

Wie beim - sagen wir - "freiwilligen" Ökostromhandel müssen also auch hier zwischen Handelspartnern mit unterschiedlichen Interessen Geschäfte abgeschlossen werden.

Es werden keine Geschäfte abgeschlossen, sondern "die Übertragungsnetzbetreiber sind verpflichtet, den unterschiedlichen Umfang der nach § 3 abzunehmenden Energiemengen und Vergütungszahlungen zu erfassen und nach Maßgabe des Absatzes 2 untereinander auszugleichen". So steht es wörtlich in § 11 Abs. 1 EEG. Hier wird kein "Ökostrom" hin und hergeschoben, sondern Energiemengen und Vergütungszahlungen werden unter den Netzbetreibern (nicht den Händlern) ausgeglichen und verrechnet.

Genauso müssen auch alle gehandelten Strommengen nach ihrer Erzeugungsart (Sonne, Wind, kleine Wasserkraft, mittlere Wasserkraft, etc.) in den Büchern der beteiligten Unternehmen getrennt geführt werden, da sie unterschiedlich hohe Vergütungen bekommen. Diese Buchführung muss jederzeit von Wirtschaftsprüfern testierbar sein, vg. § 11 Absatz 5 EEG. Diese Bilanzierung ist inhaltlich nichts anderes als die sog. Zertifizierung bei Ökostromhändlern.

Die Naturstrom AG scheint die Aufgabenverteilung zwischen Netzbetreibern und Stromhändlern im liberalisierten Strommarkt nicht verstanden zu haben.
Die Netzbetreiber dürfen keinen Stromhandel betreiben! Sie HANDELN also keinesfalls mit Ökostrom! Sie führen vielmehr den bundesweiten Ausgleich nach § 11 EEG aus. Dazu müssen sie die eingespeisten (nicht "gehandelten") Energiemengen nach ihrer Herkunftsart und Vergütung in den Büchern getrennt nachweisen und untereinander verrechnen.
Die Stromhändler dagegen sind dazu keinesfalls verpflichtet. Jeder Stromhändler handelt - ob er es will oder nicht, mit Strom - der zu einem bundesweit gleichen Anteil aus Anlagen zur Nutzung der Erneuerbaren Energien stammt. Er kauft und verkauft diesen Strom trotzdem als normalen Strom.
Das EEG kommt ohne die Fiktion aus, es gäbe ein besonderes Produkt "Ökostrom"!

Weil das so ist, ist die "Überlegenheit in jeder Hinsicht", die der SFV beim EEG gegenüber dem Ökostromhandel sieht, gar nicht vorhanden: - Es stimmt, das EEG ist ein ideales Markteinführungsprogramm. Aber eben nur zur Einführung. Wie auf Dauer der Markt weitergeführt werden soll, darauf gibt der SFV keine Antwort. Dazu unten mehr.

Die Naturstrom AG irrt. Natürlich haben wir eine Antwort, wie es weitergehen soll!
Sie lautet in Stichworten:
  • Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion
  • Daraus folgt zwangsläufig eine Senkung der Produktionskosten.
  • Auch wenn die Produktionskosten rechnerisch zur Wettbewerbsfähigkeit ausreichen, muss die Abnahme-, Vergütungs- und Netzausbaupflicht des EEG aufrecht erhalten werden.
  • Wir erwarten in der Folge ordnungsrechtliche Maßnahmen, wie z.B. Verpflichtung zum Bau von PV-Anlagen auf jedem Neubau und dgl. sowie ein Verbot des Neubaus konventioneller Kraftwerke.
In keiner Phase ist jedoch eine Aufspaltung des Strommarkts zwischen "Egalstrom-" und "Ökostromhandel" erforderlich. Sie ist auch keinesfalls hilfreich.

- Die unterschiedliche "Länge der Entscheidungskette" können wir nicht nachvollziehen. Auch wer eine Solaranlage bauen will, informiert sich doch vorher über Preise und Referenzen von Händlern und Installateuren, holt Angebote ein, muss eine Finanzierung organisieren, Förderanträge stellen und einen Einspeisevertrag mit dem unter Umständen negativ eingestellten Netzbetreiber abschließen. Der Abschluss eines Ökostromvertrags per Internet ist dagegen recht einfach. Und jeder beim Grünen Strom Label e.V. zertifizierte Ökostromanbieter muss binnen Jahresfrist neue Erzeugungsanlagen nachweisen.

In der Entscheidungskette beim EEG gibt es nur ein einziges Glied, welches die Entscheidung vorbereitet und sie schließlich nach Überwindung aller Schwierigkeiten auch trifft, nämlich den Anlagenbetreiber. Entweder er will oder er will nicht. Er alleine ergreift die Initiative.

In der Entscheidungskette beim "Ökostromhandel" gibt es mehrere Glieder, die jedes für sich eine Entscheidung treffen müssen, nämlich den Kunden, den Zertifizierer, den Händler und schließlich den Anlagenbetreiber.

Wir empfehlen eine Lektüre des Papier-Solarbriefs 1/02, in welchem der Unterschied auch graphisch dargestellt ist.

- Genauso wenig nachvollziehbar sind die Aussagen zur Interessenübereinstimmung. Wenn jemand eine PV-Anlage kauft, dann will der Verkäufer auch einen hohen Preis und der Käufer einen niedrigen Preis verhandeln.

Wir haben darauf aufmerksam gemacht, dass der Ökostromhändler nicht die Interessen des Anlagenbetreibers vertritt, denn aus eigenem Geschäftsinteresse will er dem Anlagenbetreiber so wenig zahlen will wie möglich

Und was den freiwilligen Ökostromhandel betrifft: Es gibt eine definierte Untergrenze für den Einkaufspreis eines Ökostromhändlers, den EEG-Preis. Kein Betreiber wird seinen Strom für weniger verkaufen.

Dies gilt nur solange es das EEG gibt. Weiter unten schlägt die Naturstrom AG jedoch vor, das EEG langfristig durch "Ökostromhandel" zu ersetzen.

Der Solaranlagenbetreiber kann also nur nach oben verhandeln. Das Grüne Strom Label macht die Zahlung von Aufschlägen obligatorisch.

Weiter unten erklärt die Naturstrom AG, dass sie von dem Aufschlag-Modell wegkommen will, welches beim Grüner Strom Label e.V. das einzige anerkannte Modell ist.

Die Naturstrom AG zahlt inzwischen für mehr als 40 PV-Anlagen (Liste im Internet unter www.naturstrom.de/erzeuger/pv) Zuschläge auf die Vergütung nach EEG, um einen kostendeckenden Betrieb zu ermöglichen. Was hat der SFV dagegen?

Wir haben nichts dagegen, dass die Naturstrom AG Zuschläge zahlt, wir wehren uns aber gegen die irreführende Deklarierung ihres Stroms als "Strom aus 100 % erneuerbaren Energien" oder als Ökostrom.

- Ökostromkauf ist keine Vertrauenssache. Mit dem Grünen Strom Label e.V. (www.gruenerstromlabel.de) gibt es ein über jeden Verdacht erhabenes Zertifikat. Die Zertifizierung basiert u.a. auf den von Wirtschaftsprüfern testierten Geschäftsberichten der Anbieter. Falls der SFV auch diese als "Vertrauenssache" ansieht, so muss er die Handelsbücher der gesamten deutschen Wirtschaft als "Vertrauenssache" bezeichnen. Banken und Finanzämter glauben in der Regel den Büchern. Wozu gäbe es auch sonst ein Handelsgesetzbuch und Wirtschaftsprüfer?

Wesentliche Prüfungsgrundlage des vom Grünen Strom Label e.V. erteilten Zertifikats ist die Frage, ob der Stromhändler die Energiewende unterstützt oder behindert. Dies allerdings ist letztlich Auffassungssache und ergibt sich keinesfalls aus den "Büchern".

Betrübliches Beispiel für die geringe Aussagekraft von Zertifikaten ist die Tatsache, dass die Gas- und Elektrizitätswerke (GEW) Köln im Rahmen des Energreen-Tarifs eine Zertifizierung durch den Grüner Strom Label e.V. erhalten haben, obwohl die GEW durch negative Gestaltung der Einspeiseverträge und durch Erschwerung der Netzanschließung den Bau von PV-Anlagen massiv behindert.

- Es ist falsch, dass es bezüglich der Kontrolle einen Unterschied zwischen EEG und freiwilligem Ökostromhandel gibt. Auch beim "freiwilligen" Ökostromhandel haben z.B. der Anlagenbetreiber und der Stromhändler "ein hohes Eigeninteresse an einer wirksamen Kontrolle" der eingespeisten Mengen. Diese sind schließlich Grundlage der Rechnungsstellung. Auch dort "entscheidet der Zählerstand", der durch den Netzbetreiber festgestellt wird. Dieser muss ja wissen, welche Strommengen er physikalisch aufnimmt und wer sie abnimmt. Als Netzbetreiber ist es ihm vom Gesetz prinzipiell verboten Strom zu kaufen und zu verkaufen.

Wir halten diese Darstellung für naiv.

1.Dem Ökostromhändler ist es von der Interessenlage her völlig gleichgültig, ob der Anlagenbetreiber seinen Strom mehrfach verkauft, z.B. auch noch an einen anderen Ökostromhändler. Wir selber kennen einen solchen Fall (nicht im Geschäftsbereich der Naturstrom AG).

2. Der "Ökostromkunde" hat überhaupt keine Kontrollmöglichkeit! Er muss glauben, was ihm sein "Ökostromhändler" mitteilt. Leider ist Papier geduldig und das Internet täuscht Transparenz nur vor. Denn der Ökostromhändler gestaltet seine Werbeblätter und das Internetangebot selber. Und in der Werbung ist fast alles erlaubt.

- Es ist auch falsch, dass der finanzielle Wirkungsgrad des EEG besser ist als der des "freiwilligen" "Ökostromhandels". Ob die Verwaltungskosten für einen Stromkunden bei einem etablierten Stromhändler oder einem Ökostromhändler anfallen, ist irrelevant. Ob die Netzentgelte (Durchleitungsgebühren) für die Versorgung eines Kunden von einem etablierten Stromhändler oder einem Ökostromhändler an den zuständigen Netzbetreiber gezahlt werden, ist genauso irrelevant. Die Kosten sind immer die gleichen. Weiterhin verursacht eine Bilanzierung nach dem EEG-Umlagemechanismus auch die gleichen Kosten wie die Zertifizierung eines Ökostromangebots, da diese inhaltlich deckungsgleich sind. Der SFV hat natürlich Recht, dass "beim EEG die Einspeisevergütung dem Anlagenbetreiber ohne Abzug von Verwaltungskosten zugute kommt". Die Verwaltungskosten entstehen aber selbstverständlich und werden an die Stromkunden weitergegeben. Normale Stromkunden werden also genauso wie Ökostromkunden mit Bilanzierungs-/Zertifizierungskosten belastet.

Diese Darstellung haben wir bereits weiter oben zurückgewiesen. Die Verwaltungskosten für den bundesweiten Ausgleich beim EEG sind um Größenordnungen geringer, denn sie entstehen nur bei den Netzbetreibern.

Zum schlechten finanziellen Wirkungsgrad des "Ökostromhandels" bietet im Übrigen die Naturstrom AG selber ein trauriges Beispiel: Die Naturstrom AG zahlt an die Betreiber von PV-Anlagen bei weitem nicht die 99 Pf/kWh, sondern nur einen kleinen Zuschlag in der Größenordnung von 20 Pfennigen. Als einer der größten gesamtdeutschen "Ökostromhändler" nimmt sie für sich in Anspruch, auf diese Weise 40 PV-Anlagen nicht finanziert, aber doch wenigstens inititiiert zu haben. Das EEG dagegen hat in der Hälfte der Zeit tausendmal mehr PV-Anlagen ermöglicht.

- Das EEG ist nur für eine bestehende Anlage aufgrund des Vertrauensschutzes nachhaltig. Schon die nächste Bundestagswahl könnte das Ende des EEG für Neuanlagen bedeuten. Wem es um den Ausbau der Erneuerbaren Energien geht, sollte hier deutlich differenzierter argumentieren. Dazu unten mehr.

Hier bestätigt die Naturstrom AG unfreiwillig genau unsere Befürchtungen und die Stoßrichtung unserer gemeinsamen Gegner. Das EEG soll unter Hinweis auf die Existenz des "Ökostromhandels" gekippt werden.

Weil der "Ökostromhandel" keine Alternative für das EEG ist, sollten sich die Freunde der erneuerbaren Energien einheitlich argumentativ auf die Verteidigung und Verbesserung des EEG konzentrieren, als öffentlich wirkungslose Ersatzlösungen wie den "Ökostromhandel" ins Gespräch zu bringen.

- Es stimmt, dass die Energiewende nicht den Idealisten überlassen werden darf. Deswegen gibt es u.a. ein EEG und das ist gut so. Warum soll man es aber verantwortungsbewussten Stromverbrauchern, die nicht nur 4% EEG-Anteil im Strommix sondern 100% Ökostrom haben wollen, nicht ermöglichen? Es gibt keinen unauflösbaren Widerspruch zwischen EEG und freiwilligem Ökostromhandel. Das EEG regelt das Angebot von Strom aus Erneuerbaren Energien und der Ökostromhandel sorgt für den Absatz. Durch das beim Grünen Strom Label allein zugelassene Aufschlagmodell kann auch der freiwillige Ökostromhandel für ein zusätzliches Angebot sorgen.

Es ist Unfug, dass der "Ökostromhandel" für den Absatz des Stroms sorgt, dessen Produktion durch das EEG angeregt wird. Für den Absatz des durch EEG erzeugten Stroms ist "Ökostromhandel" absolut überflüssig!!!

2. Warum Ökostromhandel das EEG gefährdet

Dass die etablierten Stromversorger die Erneuerbaren Energien weiterhin bekämpfen, auch wenn sie sich öffentlich ganz anders darstellen und scheinbar ihren Frieden mit dem EEG gemacht haben, ist richtig und kann nicht oft genug betont werden. Nur ist das doch nichts anderes als eine logische Phase auf dem Weg zur Energiewende. Angesichts der nachweislichen Erfolge der Erneuerbaren Energien und ihrem positiven Image in der Öffentlichkeit kann es sich kein Stromkonzern länger leisten, offen Stellung gegen sie zu beziehen. Das ist doch erst einmal ein Riesenerfolg!

Der "Riesenerfolg" ist allerdings nicht durch "Ökostromhandel" erreicht worden.

Wenn E.ON mit zig Millionen Werbekosten verbreitet, dass man seine Stromversorgung nur aus Sonne, Wind, Wasser und Biomasse aufbauen kann, sind wir in der öffentlichen Auseinandersetzung einen riesigen Schritt weitergekommen: Die 100% sind realisierbar. Die Propaganda der Stromkonzerne nach dem Motto "Wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, sitzt Deutschland im Dunkeln" ist verstummt.

Das ist nicht das Verdienst der 40 PV-Anlagen, deren Bau durch die Naturstrom AG initiiert wurde, sondern ein Erfolg der rund fünfzigtausend PV-Anlagen, sowie der hunderte von Windparks, die durch das EEG entstanden sind.

Jetzt kommt die nächste Phase in der öffentlichen Auseinandersetzung: "Kann man es auch bezahlen?" Natürlich wollen E.ON und Co dort die Botschaft senden: "Wenn man zu 100% auf Erneuerbare Energien setzt, wird es viel zu teuer". Beweisen wir ihnen das Gegenteil. Schon jetzt sind trotz großer Unterschiede untereinander alle Ökostromhändler deutlich billiger als E.ON Mixpower mit entsprechendem Quellenmix!

Dieser Vergleich ist nicht korrekt. Die Naturstrom zahlt nur einen kleinen Zuschuss, etwa 20 Pf/kWh bei PV-Anlagen; die Hauptlast trägt weiterhin das EEG mit 99 Pf/kWh. Da ist es für die Naturstrom AG keine Kunst, billiger zu sein als E.ON, welches die vollen Kosten für PV-Strom in etwa korrekt angibt.

Nun aber zu den eigentlichen beiden Argumenten des SFV:

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und die Stimmung im Bundestag.

Beide Argumente halten wir für vollkommenen verfehlt. - Die Aussage "Der Europäische Gerichtshof warnt vor der Unvereinbarkeit von EEG und Ökostromhandel" ist schlicht falsch und zeugt leider von wenig Sachkenntnis des SFV. Der EuGH hat zwei Aussagen getroffen (Urteil im Verfahren C 379/98 unter www.curia.eu.int nachzulesen): Erstens ist das StrEG (und damit auch das EEG) keine Beihilfe im Sinne des EU-Vertrags. Insofern kann die EU-Kommission gegen die Höhe und Dauer der Einspeisevergütung nicht intervenieren. Zweitens könnte der freie Warenverkehr in der Gemeinschaft "zumindest potenziell behindert" werden, aber dieser Umstand ist zur Zeit ("beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts") nicht entscheidend, weil nach Aussagen der EU-Kommission weder der grenzüberschreitende Stromhandel noch der EU-weite Nachweis der Erzeugungsart gewährleistet sind.

Wir sollten glücklich darüber sein und auf keinen Fall diesen Zustand ändern wollen! Der SFV jedenfalls tut alles, was in seiner Macht steht, die Entbehrlichkeit nicht nur den grenzüberschreitenden, sondern überhaupt jeden ""Ökostromhandels" zu beweisen.

Dass es "zur Zeit keinen funktionierenden Handel mit Strom aus Erneuerbaren Energien" gibt, wie der SFV schreibt, ist jedoch falsch. Grenzüberschreitender Stromhandel - auch mit Strom aus Erneuerbaren Energien - wird selbstverständlich schon betrieben. Es ist heute ohne weiteres möglich, im Internet Wasserkraftstrom aus Österreich mit Herkunftszertifikat zu kaufen.

Gerade Ralf Bischof, als Vorstand der Naturstrom AG, hat vor einiger Zeit darauf hingewiesen, wie wertlos solche Zertifikate sind und wie einfach es ist, durch "Stromwäsche" aus bösem Atomstrom guten Wasserkraftstrom zu machen.

Was es noch nicht gibt - und allein darauf hat sich der EuGH bezogen - ist erstens ein EU-weit funktionierender Elektrizitätsbinnenmarkt - z.B. ist der Import von Wasserkraftstrom aus Spanien heute mit vernünftigem Aufwand nicht realisierbar - und zweitens ein amtlich anerkanntes und EU-weit eingeführtes Verfahren zur Bilanzierung/Zertifizierung von Strom aus Erneuerbaren Energien.

Genau um dieses Verfahren zur Bilanzierung/Zertifizierung von Strom aus Erneuerbaren Energien geht es. Sein wir doch glücklich, dass es ein solches amtliches Verfahren nicht gibt! Kein Betreiber von Anlagen zur Nutzung der Erneuerbaren Energien, der eine Vergütung nach dem EEG erhält, braucht ein solches Verfahren. Wer außer den Ökostromhändlern hat denn ein Interesse daran?

Beide Voraussetzungen werden allerdings zur Zeit geschaffen - und zwar vollkommen unabhängig davon, ob sich Stromkunden für Ökostrom entscheiden oder nicht! Erstens wird der Elektrizitätsbinnenmarkt durch entsprechende Richtlinien und Verfahren der Kommission und der Mitgliedsstaaten kontinuierlich zur Vollendung gebracht. Es ist nur noch eine Frage von wenigen Jahren, bis es eine europäische Strombörse gibt und Stromhandel von Spanien bis Schweden genauso einfach durchführbar ist wie heute innerhalb Deutschlands.

Gegen eine Vollendung des Elektrizitätsbinnenmarktes ist nichts einzuwenden, im Gegenteil! Da geht es um Strom, nicht um Ökostrom!

Zweitens sieht die bereits in Kraft getretene EU-Richtlinie für Erneuerbare Energien eine Kennzeichnungspflicht für Strom aus Erneuerbaren Energien zwingend vor.

Hier irrt die Naturstrom AG! Die Kennzeichnungspflicht ist nicht ZWINGEND vorgeschrieben; es handelt sich vielmehr um eine Kann-Vorschrift. Sie lautet:
"Artikel 5 Herkunftsnachweis für Strom aus erneuerbaren Energiequellen.
(1) Die Mitgliedsstaaten sorgen dafür, dass spätestens bis zwei Jahre nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinie die Herkunft des aus erneuerbaren Energiequellen erzeugten Stroms als solcher im Sinne dieser Richtlinie nach von den einzelnen Mitgliedstaaten festgelegten objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien garantiert werden kann. Sie sorgen dafür, dass zu diesem Zweck auf Antrag ein Herkunftsnachweis ausgestellt wird."
(Hervorhebung durch den SFV)

Also: Selbst wenn es in Deutschland keine Ökostromkunden gäbe, wird in Kürze die Frage aufgeworfen, ob das EEG den freien Warenverkehr behindert. Auch wenn es ihn behindert, ist allerdings das Gebot des Umweltschutzes damit abzuwägen, wie es der EuGH in seinem Urteil ausführt. Es ist daher sicher anzunehmen, dass der EuGH das EEG auch dann nicht für europarechtswidrig erklärt. Die Schlussfolgerung des SFV stimmt also auch an dieser Stelle nicht bzw. ist maßlos übertrieben.

Ob unsere Befürchtungen berechtigt sind, oder übertrieben, würde man leider erst nach einem weiteren Prozess vor dem EUGH wissen. Wir sollten es gar nicht erst darauf ankommen lassen. Vielmehr sollten wir den "Ökostromhandel" möglichst rasch völlig einschlafen lassen, anstatt der Stromwirtschaft und den Eurokraten Argumente für ein weiteres Verfahren vor dem EUGH zu liefern. Wenn wir deren Ambitionen folgen, so wird der Stromhandel demnächst durch die mögliche Kennzeichnung nicht nur aufgespalten in einen "Ökostrommarkt" und einen "Egalstrommarkt", sondern der "Ökostrommarkt" seinerseits wird auch noch aufgespalten in einen "Solarstrommarkt", einen "Windstrommarkt", einen "Wasserstrommarkt", einen "Biomassestrommarkt".

Auch wenn es noch so unsinnig ist, Bürokraten haben an solchen Spitzfindigkeiten Gefallen und skrupellose Stromhändler können dann noch besser im Trüben fischen, womit wir natürlich nicht die Naturstrom AG gemeint haben. Wie gesagt, gerade Ralf Bischof hat vor einiger Zeit selber darauf hingewiesen, wie einfach es ist, durch "Stromwäsche" aus bösem Atomstrom guten Wasserkraftstrom zu machen...

Wir sollten uns energisch gegen eine Aufspaltung des Strommarktes nach Erzeugungsart oder gar nach ideellen Gesichtspunkten zur Wehr zu setzen. Die Wirtschaft und die Mehrzahl der Stromkunden kann über eine Unterscheidung von Strom nach Erzeugungsarten nur lachen. Die einzigen, die so etwas ernst nehmen, würden von den anderen nach Strich und Faden übers Ohr gehauen.

- Ähnlich wie mit dem EuGH-Urteil ist auch der Umkehrschluss "wenn es keinen Ökostromhandel gibt, ist auch die Bundestagsmehrheit für das EEG gesichert" schlicht und einfach falsch.

Vorsicht mit Umkehrschlüssen! Der SFV hat nicht gesagt, dass die Bundestagsmehrheit gesichert sei, wenn es keinen "Ökostromhandel" gäbe. Wir haben vielmehr auf die Gefährdung der Bundestagsmehrheit hingewiesen, die sich aus der Existenz des "Ökostromhandels" ergibt. Es gibt auch noch andere Gefährdungen als nur den "Ökostromhandel"!

Der Naturstrom AG sind die Verhältnisse sehr genau bekannt. Der Stromwirtschaft, der FDP und den entsprechenden Teilen von CDU/CSU und SPD ist es doch vollkommen egal, ob der Ökostromhandel funktioniert oder nicht. Sie macht in jedem Fall Front gegen das EEG. Man wird sogar behaupten, dass gerade wegen der viel zu hohen Einspeisevergütungen sich gar kein Ökostrommarkt entfalten kann und deswegen das EEG verschlechtert werden muss.

Diese Behauptung wird aber nur solange ernst genommen, solange es noch Menschen gibt, die den "Ökostromhandel" ernst nehmen.

Uns ist kein einziger Abgeordneter, der sich für das EEG einsetzt, bekannt, der den Ökostromhandel als aktuelle Alternative zum EEG sieht. Es gibt aber sehr wohl langfristig denkende Abgeordnete, die sicherstellen wollen, dass das EEG langsam in den Markt überführt wird. Der SFV tut leider so, als ob das EEG niemals zur Disposition stehen würde. Dies wird aber zwangsläufig der Fall sein und zwar aufgrund des außerordentlichen Erfolgs, den das Gesetz hat und noch haben wird: Bis 2010 wird sich der Beitrag der Erneuerbaren Energien am Strommarkt in Deutschland durch das EEG und andere Programme mehr als verdoppelt haben. Bei der Windkraft wird es regional zu 100%-Versorgungen kommen. Die Vergütungen nach EEG sind degressiv angelegt, weil durch den Zubau Kostensenkungspotenziale mobilisiert werden. Wie wir in einem Extrapapier ("Zum Grünen Strommarkt und zur Strategie der Naturstrom AG") dargelegt haben, kann man einfach ausrechnen, dass etwa um 2010 Strom, der aus neuen EEG-Anlagen angeboten wird, nicht mehr teurer als Strom aus herkömmlichen Kraftwerken sein wird - vorausgesetzt die Stromsteuer wird nicht weiter auf Strom aus Erneuerbaren Energien erhoben. Wenn die Preisgleichheit gegeben ist, wird niemand mehr eine Absatz- und Preisgarantie wie das EEG, das selbstverständlich ein Markteingriff ist, begründen können. Das umweltpolitische Ziel des Staates, die Markteinführung der Erneuerbaren Energien ist erreicht. Es den Erzeugern von Strom aus Erneuerbaren Energien abzunehmen, ihren Strom zu vermarkten, kann kaum als Aufgabe des Staates angesehen werden.

Hier bezieht die Naturstrom AG original die neoliberale Position der F.D.P.! Man sollte sich besonders den letzten Satz noch einmal genau anhören: "Es den Erzeugern von Strom aus Erneuerbaren Energien abzunehmen, ihren Strom zu vermarkten, kann kaum als Aufgabe des Staates angesehen werden." Unglaublich! Die wichtigste Errungenschaft des EEG, die Abnahme- und Vergütungspflicht für Strom aus EE-Anlagen wird hier durch die Naturstrom AG in Frage gestellt. Dahinter stehen pure Geschäftsinteressen! Wenn der Staat nicht mehr dafür sorgt, dass der Strom aus den vielen tausend EE-Anlagen abgenommen und vergütet wird, dann kommt die große Stunde der "Ökostromhändler". Die EE-Anlagenbetreiber werden ihren Strom nur noch los, wenn sie einen geneigten "Ökostromhändler" finden, der ihnen den Strom abkauft - egal zu welchem Preis, wenn es nur etwas mehr als die vier Pfennige sind, die z.Zt. als vermiedene Kosten bei der Produktion von Braunkohlestrom gelten. Wie schön für die "Ökostromhändler"! Sie können dann wirklich ihren Strom konkurrenzlos billig anbieten.
Nur neue Anlagen werden dann mit Sicherheit nicht mehr gebaut!

Um nicht missverstanden zu werden: Wenn sich das EEG z.B. 2010 aufgrund des Erfolgs selbst überflüssig macht, so würden noch bis 2030 Einspeisevergütungen für den Anlagenbestand gezahlt. Auch für die Photovoltaik wird man ein Weiterführen des EEG begründen können, da sie einen viel längeren technologischen Anlaufweg nehmen muss als etwa die Windenergie. Man wird auch weiter Mindestvergütungen für kleinere, dezentrale Einspeiser vorsehen, um der Marktmacht der Stromversorger etwas entgegenzusetzen. Das ist aber nicht mehr als eine Art Mindestlohn. Den besten Preis für seinen Ökostrom wird ein Erzeuger nur bekommen, wenn er einen Weg zum Endverbraucher findet. Dafür werden sich Handelsstrukturen herausbilden. Der Ökostromhandel ist nicht die Alternative zum EEG, sondern die Zukunft des EEG. Entscheidend ist, ob die Ökostromhandels-strukturen dann von E.ON und Co dominiert werden oder ob es bis dahin gelungen ist, auch unabhängige Ökostromhändler zu etablieren, die den Betreibern gehören.

Die Naturstrom AG will gegen die Wirtschaftsmacht von E.ON und Co bundesweit die Aufgaben des EEG:
  • Anschlusspflicht
  • Abnahmepflicht
  • Vergütungspflicht
  • Netzausbaupflicht
übernehmen. Ist das nicht ein wenig zu hoch gegriffen?

Auch wenn dieser Übergang erst 2015 stattfindet, ändert das nichts an der grundsätzlichen Aussage: Wenn das EEG erfolgreich ist, wird es durch den Markt abgelöst. Das ist wie mit einem Kind, das die Eltern über Jahre unterhalten und erziehen, nur damit es am Ende die Eltern verlässt und auf eigenen Füßen steht. Wer sich weigert, den Ökostromhandel zu akzeptieren, der will so gesehen nicht, dass die Erneuerbaren Energien erwachsen werden. Sie sind es natürlich auch noch lange nicht. Würde man sie heute, wo sie gerade das Vorschulalter verlassen haben, dem "Ernst des Lebens" aussetzen, würden sie untergehen. Hier besteht gar kein Dissens zum SFV. Wir sind aber der Meinung, dass die Erneuerbaren Energien langsam etwas trainieren sollten, sozusagen erst einmal den Schulweg alleine gehen. Natürlich ist es anstrengend, das "warme Nest" zu verlassen und vielleicht fällt man auch öfter auf die Nase. Die Alternative würde aber heißen: Man bleibt unmündig und wirft sich in einigen Jahren wieder in die Arme der etablierten Stromwirtschaft, die den Stromabsatz auf sich vereinigt.

Ein Umstand ist uns noch wichtig: Die konkrete Bedrohung für das EEG ist sicher nicht der Ökostromhandel, sondern das Quotenmodell und der Zertifikatehandel. Aufgrund der internationalen Vereinbarungen zum Klimaschutz wächst der Druck, auch für Strom aus Erneuerbaren Energien ein System handelbarer Zertifikate einzurichten. Die europäische Stromwirtschaft versucht über die RECS-Initiative (www.recs.org) hier Fakten zu setzen. Sogar das BMU und führende Grüne sprechen sich für handelbare Zertifikate aus. Hier wäre ein Engagement des SFV sicher besser angebracht als beim Thema Ökostromhandel.

1. Der Naturstrom AG ist insofern recht zu geben, dass das Quotenmodell und das Zertifikatemodell ebenfalls eine Bedrohung des EEG darstellen. Der SFV lehnt auch diese beiden Modelle ab.

Zum Quotenmodell haben wir uns in der Vergangenheit mehrfach geäußert.

Das System handelbarer Zertifikate für Strom aus erneuerbaren Energien ist nichts anderes als eine weitere Variante des "Ökostromhandels".

2. Es besteht zwischen der Naturstrom AG und dem SFV ein erheblicher Dissens darüber, wie es mit dem EEG weitergehen soll. Die Naturstrom AG möchte das EEG langsam in allgemeinen "Ökostromhandel" überführen und setzt somit auf Freiwilligkeit und Einsicht einer wachsenden Zahl von Stromkunden und Ökostromhändlern.

Der Solarenergie-Förderverein möchte die Abnahme- und Vergütungspflicht des EEG beibehalten, um den Einspeisern - die sich nur nebenberuflich mit dem Betrieb ihrer PV- oder sonstigen Anlage befassen, den Aufwand und die Risiken eines Stromhandels zu ersparen.

Der SFV kennt aus praktischer Erfahrung die Notwendigkeit der im EEG verankerten Netzausbaupflicht, ohne die jeder Netzbetreiber den Fortgang der Energiewende blockieren kann.

Wichtiger aber noch: Der SFV sieht die Energiewende als eine Gemeinschaftsaufgabe an, an welcher alle Stromkunden unabhängig von Einsicht und politischer Überzeugung beteiligt werden müssen.

Der SFV möchte nicht den beschleunigenden Druck des EEG vermindern, das EEG nicht "ausklingen" lassen, sondern im Gegenteil zur Verstärkung und Beschleunigung der Energiewende zusätzliche ordnungsrechtliche Maßnahmen einsetzen, z.B. die Verpflichtung zum Bau von PV-Anlagen auf jedem Neubau und ein gesetzliches Verbot zur Errichtung weiterer konventioneller Kraftwerke.

"Ökostromhandel" hat in keiner Phase der Zukunftsüberlegungen des SFV einen Platz. Im Gegenteil, wir sind weiterhin davon überzeugt: "Ökostromhandel" gefährdet die Energiewende.

Antwort zu der SFV-Rundmail vom 10.01.02 "Naturstrom AG verpasst Chancen"

1. Grundpreiserhöhung

Einen Stromtarif einzuführen, der keinen Grundpreis hat, mag ja auf den ersten Blick ökologisch erstrebenswert sein, ist aber in der Realität aus mehreren Gründen nicht realisierbar.

Zunächst ist festzuhalten, dass pro Kunde erhebliche fixe Kosten zu tragen sind. Als externe Kosten hat die Naturstrom AG die Zählergebühren und die Grundpreise in den Netznutzungsentgelten an die Netzbetreiber zu zahlen. Weiterhin verursacht jeder Kunde - vollkommen unabhängig vom Verbrauch - die gleichen Kosten für Service, Verwaltung, Abrechnung, etc. . Nach drei Jahren Erfahrungen im Strommarkt können wir unsere Kostenstrukturen recht genau bestimmen. Tatsächlich ist es so, dass allein die Miete für den Zähler sowie die Fixkosten für die Verwaltung und Abrechnung jedes Kunden deutlich höher sind als die bisher berechneten 114 DM Grundgebühr im Jahr.

Würden wir diese fixen Kosten über einen höheren Arbeitspreis decken wollen, so würde das nichts anderes bedeuten, als dass Kunden, die überdurchschnittlich viel Strom verbrauchen, diejenigen Kunden, die unterdurchschnittlich viel Strom verbrauchen, subventionieren.

Der Grundfehler in der Argumentation des SFV ist es anzunehmen, dass ein Haushalt, der überdurchschnittlich viel Strom verbraucht, sich nicht stromsparend verhält. Ob ein Kunde Strom spart oder nicht, kann man nicht an den verbrauchten Kilowattstunden sehen. Die Kunden können die Größe ihres Haushalts (Personenanzahl), den Pro-Kopf-Bedarf an Strom (berufstätige Personen oder Kinder und Senioren mit Betreuung ), die Verfügbarkeit von Erdgas als Substitut für elektrisches Kochen und andere Rahmenbedingungen kaum beeinflussen. Wir wissen, dass unsere Kunden rund 15% weniger Strom verbrauchen als der bundesdeutsche Durchschnitt, also ohnehin sparsam sind. Warum sollte also der stromsparende Familienvater, der noch drei minderjährige Kinder zu ernähren hat, den stromsparenden, gut verdienenden Single quersubventionieren?

Es gibt einen weiteren Grund für einen Grundpreis, der auch den Fixkosten entspricht: Wir sind nicht allein am Markt. Würden wir als einziger Ökostromhändler einen Tarif ohne Grundpreis anbieten, so würden aufgrund des dann sehr hohen Arbeitspreises nur Haushalte mit sehr geringem Verbrauch bei uns bleiben oder neu dazukommen. Haushalte mit großem Verbrauch würden überwiegend zu Wettbewerbern gehen. Damit würde sich unsere Kostenstruktur weiter verschlechtern: Viele Kunden mit hohen Fixkosten und wenig verbrauchten Kilowattstunden. In der Konsequenz müsste der Arbeitspreis weiter erhöht werden, womit ein Teufelskreis entstehen würde. Die gleiche Argumentation gilt auch umgekehrt für sehr niedrige Arbeitspreise. Das Fazit ist einfach: Die Preisstrukturen müssen die Kostenstrukturen widerspiegeln, sonst werden die falschen Signale an die Verbraucher gegeben.

Es ist bedauerlich, dass die Naturstrom AG Sparanreize als "falsche" Signale bezeichnet.

Die Umweltbewegung fordert seit Jahren, den Grundpreis bei Strom und Gas wegfallen zu lassen, um Sparanreize zu geben. Dass dies auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht möglich ist, beweisen z.B. die Elektrizitätswerke Schönau.

Die Naturstrom AG praktiziert das Gegenteil; sie erhöht sogar die Grundpreise. Die von der Naturstrom AG genannten Gründe entsprechen der Argumentation der konventionellen Stromwirtschaft sogar bis in das kleine Detail - die Gegenüberstellung des stromsparenden Familienvaters mit drei minderjährigen Kindern im Gegensatz zum gut verdienenden Single!

Lässt man die soziale Verbrämung weg, so ergibt sich eine rein betriebswirtschaftliche Kalkulation: Der Naturstrom AG ist der stromverschwendende Single lieber als der stromsparende Single
und die stromverschwendende Großfamilie ist ihr lieber als die stromsparende Großfamilie.
Das ist im Hinblick auf das Geschäft verständlich, hat aber mit ökologischem Verhalten nichts zu tun. Die Naturstrom kapituliert hier vor ihren eigenen Geschäftsinteressen. Die Umweltbewegung hat 20 Jahre lang vergeblich argumentiert.

Da nach Auskunft der Naturstrom AG die anderen "Ökostromhändler" sich genauso verhalten, kommen auch hier in diesem Zusammenhang neue Zweifel auf, ob "Ökostromhändler" dem weiter oben aufgestellten Anspruch genügen können, die bisher im EEG verankerten - weit schwierigeren - Aufgaben zu übernehmen und sie notfalls sogar gegen die eigenen Geschäftsinteressen fortzuführen.

2. BET-Gutachten

Zunächst weisen wir mit aller Entschiedenheit zurück, wir würden die "übertriebenen Preisangaben der Stromwirtschaft" übernehmen. Wir haben und werden niemals Angaben der etablierten Stromwirtschaft übernehmen. Die Begründung unserer Preiserhöhung basiert einzig und allein auf real abgerechneten Kosten sowie zu erwartenden Kosten, die wir als seriöse Kaufleute berücksichtigen müssen. Im Detail nehmen wir dazu weiter unten Stellung. Hier nun zunächst einige Ausführungen zum BET-Gutachten.

Wir kennen das BET-Gutachten selbstverständlich und halten es in vollem Umfang für zutreffend. Wir haben darüber sogar in unserem Naturstrom-Magazin, das alle unsere Kunden erhalten, berichtet! Aber mit Hinweis auf ein volkswirtschaftlich orientiertes Gutachten kann man als Unternehmen leider nicht die Bezahlung von Rechnungen verweigern.

In folgenden Punkten weicht das Gutachten von der Marktrealität ab:

- BET setzt mit 1,5 Pf/kWh vermiedene Netznutzungskosten für die vorgelagerten Netze an, die in der Realität von keinem Netzbetreiber gezahlt werden. Die Deutsche Verbund Gesellschaft, der Verband der Übertragungsnetzbetreiber, setzt diese vermiedenen Kosten bei Wälzung der EEG-Kosten nach unseren Informationen sogar zu Null an!

- BET setzt als vermiedene Strombeschaffungskosten die Erzeugungskosten von neuen Kraftwerken an. Diese betragen nach BET 5,29 ct/kWh (10,34 Pf/kWh). In der Realität sparen Stromhändler wie die Naturstrom AG jedoch nur den Marktpreis für die jetzt vorhandenen Kraftwerke, das sind bestenfalls 2 bis 2,5 ct/kWh.

- BET setzt voraus, dass die EEG-Mengen nach tatsächlichem Anfall in die Verteilung gegeben werden und entsprechende Beiträge zu Grund-, Mittel- und Spitzenlast erbracht werden. In der Realität müssen Stromhändler jedoch eine Bandlieferung vom Übertragungsnetzbetreiber kaufen, die die Benutzungsstunden für den restlichen Stromeinkauf verschlechtern. Gleichzeitig werden aber von den Übertragungsnetzbetreibern Veredelungskosten in die EEG-Umlage eingerechnet!

- BET geht (mit Ausnahme der PV) von einem linearen Wachstum der erzeugten EEG-Strommengen, also konstantem Zubau pro Jahr aus. Tatsächlich - und erfreulicherweise - wird aber im Bereich Windkraft und Biomasse jedes Jahr deutlich mehr Kapazität zugebaut als im Vorjahr. Allein die Ende 2001 installierten 8.754 MW Windkraft können soviel Windstrom erzeugen, wie BET erst für 2005 angesetzt hat. Die Strommenge wächst zur Zeit also exponentiell. Damit steigen auch die EEG-Kosten schneller, als in dem im Mai 2001 veröffentlichten Gutachten angenommen wurde.

- Für die Belastung aus dem Stromeinspeisungsgesetz (StrEG) geht BET von einem bundesdeutschen Durchschnitt aus. Tatsächlich gab es den aber nicht. Mehrkosten aus dem StrEG wurden ausschließlich in Netzgebieten mit hoher Einspeisung erhoben.

Noch einmal deutlich: Wir halten die Ansätze von BET elektrizitäts- und volkswirtschaftlich für absolut korrekt. Sie sind aber leider (noch) nicht im EEG oder in anderen Gesetzen und Verordnungen festge-schrieben. Die Frage der Mehrkosten halten wir für die öffentliche Akzeptanz des EEG als ungeheuer wichtig. Hier müssen die Regenerativ-, Umwelt- und Verbraucherverbände dringend tätig werden. Der SFV sollte sich des Themas annehmen, anstatt die Naturstrom AG mit einer falschen Interpretation von Gutachten zu attackieren.

Der SFV hat sich dieses Themas bereits seit langem angenommen.

Wie sehen nun die konkreten Mehrkosten aus EEG und KWK für die Naturstrom AG aus?

Die Deutsche Verbund Gesellschaft gibt für das 1. Quartal 2002 folgende Werte an: EEG-Quote 4,69% und Durchschnittsvergütung 8,79 ct/kWh. Selbst wenn man für den Bandbezug des EEG-Stroms vermiedene Kosten von 2,5 ct/kWh ansetzt, ergeben sich Mehrkosten für die Naturstrom AG von 0,0469 x (8,79 - 2,5) ct/kWh = 0,295 ct/kWh.

Die EEG-Quote wird im Vergleich der Jahre auch weiter steigen: Wir hatten 2001 wieder einen Rekordzubau bei Windkraft und PV. Allein der Zubau an Windkraft von 2.659 MW in 2001 entspricht mehr als einem Prozent des deutschen Stromverbrauchs (Zahlen unter www.wind-energie.de)! Für 2002 erwarten wir das abermals, und gleichzeitig kommen zahlreiche große Biomasse-Projekte ins Laufen. Auch die Durchschnittsvergütung dürfte trotz EEG-Degression weiter steigen, weil der historisch hohe Anteil von Kleinwasserkraftwerken im EEG-Mix durch immer mehr Wind, Biomasse und PV ersetzt wird. Die Mehrkosten aus dem EEG können also auch in Zukunft steigen, wenn nicht die vermiedenen Strombezugs- und Netzkosten diesen Effekt in der Realität kompensieren - was abzuwarten bleibt. Die Mehrkosten aus dem KWK-Gesetz sind als Zuschlag auf die Netznutzungsentgelte zu zahlen. Das gewichtete Mittel aller von den Netzbetreibern veröffentlichen Zuschläge ergibt 0,235 ct/kWh. Dies entspricht auch den Aussagen aus dem BET-Gutachten. Inwieweit diese Kosten in Zukunft steigen oder fallen, kann noch nicht abgesehen werden, da das neue KWK-Gesetz noch nicht veröffentlicht ist.

Faktisch ergibt sich heute für die Naturstrom AG also eine Kostenbelastung aus EEG und KWK-Gesetz von 0,53 ct/kWh. Für den Kunden ist noch die Umsatzsteuer zu addieren, so dass die Kostenbelastung 0,615 ct/kWh bzw. 1,20 Pf/kWh beträgt.

Für eine Preiserhöhung sind die Kosten aus dem Stromeinspeisungsgesetz (StrEG) dagegen zu rechnen. Diese waren Ende 1999, als die Naturstrom AG ihre alten Preise fixierte, aber praktisch zu vernachlässigen, da diese Kosten im Gegensatz zum EEG ausschließlich in Netzgebieten mit hoher Einspeisung (EWE, Schleswag, etc.) zu zahlen waren, aber die Naturstrom AG dort praktisch kaum Kunden hatte. Geht man trotzdem von den bundesdurchschnittlichen Kosten des StrEG nach BET von ca. 0,2 Pf/kWh aus, so ergibt sich relativ der von uns genannte Betrag "rund ein Pfennig pro Kilowattstunde".

Der SFV hat nicht verlangt, die Naturstrom AG solle die Rechnungen ihrer Stromlieferanten nicht bezahlen. Der SFV hat auch nie bezweifelt, dass der Einkauf für die Naturstrom AG um einen Pf/kWh teurer geworden sei. Unsere Kritik betrifft nicht die Preiserhöhung sondern die von der Naturstrom in ihrer Preiserhöhungsmitteilung gewählten Formulierungen, die fast wörtlich den Formulierungen der konventionellen Stromwirtschaft entsprechen und geeignet sind den Ruf des Erneuerbare-Energien-Gesetzes sowie den Ruf der Bundesregierung zu beschädigen.

3. Befreiung von der EEG-Quote

Hier liegt wahrscheinlich ein Missverständnis vor. Wir haben die langfristige Strategie der Naturstrom AG in einem Extrapapier dargelegt ("Zum Grünen Strommarkt und zur Strategie der Naturstrom AG"), auf das wir uns hier beziehen. Daraus folgt, dass wir das Aufschlagmodell nur als Übergangsmodell bis 2005/2010 sehen. Würden wir das Aufschlagmodell immer weiterführen wollen, würde Strom aus Erneuerbaren Energien immer teurer als fossil und nuklear erzeugter Strom bleiben. Das wollen wir nicht, sondern gerade das Gegenteil! Sobald die Kombination aus Befreiung von Stromsteuer, EEG- und KWK-Mehrkosten sowie den in Zukunft steigenden Kosten für Egalstrom eine Gleichpreisigkeit für Naturstrom erlaubt, wollen wir konzeptionell umschalten. Dies wird wie ausgeführt noch einige Jahre dauern. Bis dahin wollen wir das EEG für unser Aufschlagmodell nutzen und werden selbstverständlich auch unsere Pflichtquote beziehen und die Mehrkosten tragen. Der Vorwurf des SFV ist daher falsch. Trotzdem müssen wir schon heute die Veränderung der Rahmenbedingungen fordern. Der SFV hat dabei recht, dass im § 11 des EEG schon das niedergelegt ist, was wir allgemein fordern: Nämlich den Kunden von bereits teurem Ökostrom aus Neuanlagen nicht doppelt mit Umlagen und Abgaben zu belasten, die den Gesamtstrommix grüner machen sollen. Dies gilt besonders für Mehrkosten aus der Förderung der fossilen Kraftwärmekopplung, die wir im Vergleich mit Erneuerbaren Energien und Stromeinsparmaßnahmen nur für den zweitbesten Weg halten.

Von einem Missverständnis kann nicht die Rede sein. In der Mitteilung für die Preiserhöhungen der Naturstrom AG geht es nicht um konzeptionelle Überlegungen für die Zukunft, sondern um eine Begründung für die GEGENWÄRTIGEN Preiserhöhungen - die also das gegenwärtige Aufpreismodell betreffen. Dazu die Naturstrom AG wörtlich: "Die resultierenden Mehrkosten werden bundesweit auf alle Stromkunden umgelegt. In der Summe entsteht daraus eine weitere Belastung von rund einem Pfennig (0,5 Cent) pro Kilowattstunde, die tendenziell steigen wird.
Sie können mit Recht einwenden, dass es wenig sinnvoll ist, Sie als Ökostrom-Kunden zusätzlich sowohl mit der Ökosteuer als auch mit den weiteren gesetzlichen Abgaben zu belasten - obwohl Sie ja schon für die Umwelt und für den Ausbau der Erneuerbaren Energien mehr bezahlen als "Egalstrom"-Kunden. Leider hat der Gesetzgeber aber diese - auch von uns immer wieder vorgetragene - Kritik noch nicht angenommen und wir sind daher gezwungen, diese Kosten an unsere Kunden weiterzugeben." Soweit der Auszug aus der Mitteilung über die Preiserhöhung.

Die Naturstrom AG beklagt also, dass sie (unter dem gegenwärtigen Aufpreismodell!) den EEG-Anteil zahlen soll. Das ist unqualifiziertes Jammern zum Schaden des EEG.

4. Ökosteuer

Es ist falsch, dass wir in das "allgemeine Jammern und Miesmachen gegen die Ökosteuer einstimmen". Wie den Zitaten aus unserem Kundenanschreiben zu entnehmen ist, haben wir nur sachlich informiert, dass wir seit drei Jahren unsere Preise nicht erhöht haben, seitdem aber die Stromsteuer um 0,77 ct/kWh (netto) gestiegen ist. Was ist daran Jammern oder Miesmachen? Im Gegenteil: Wir haben die Stromsteuer als Teil der Ökosteuer immer als wichtiges Instrument für die Energiewende aufgeführt.

Allerdings fordern wir, dass aus der Stromsteuer, die heute eine reine Verbrauchssteuer für Haushalte und Kleingewerbe ist, wirklich eine Ökosteuer wird. Dazu muss sie ökologisch differenzieren. Die dezentralen Erneuerbaren Energien zu besteuern ist absurd. Damit werden die externen Kosten der konventionellen Energien weiterhin noch nicht einmal ansatzweise in die Marktpreise internalisiert.

Offenbar ist der Naturstrom AG der Zweck der Ökosteuer nicht bekannt. Sie wird hier mit einer Art "Schadstoffsteuer" verwechselt.

Das führt dazu, dass in der Marktrealität weiterhin über "Mehrkosten", "Förderung", "Subventionen", etc. gesprochen wird. Es ist unsere feste Überzeugung, dass es für den Durchbruch der Erneuerbaren Energien notwendig ist, den volkswirtschaftlichen Vorteil auch betriebswirtschaftlich zu realisieren - und zwar nicht nur für den Erzeuger, wie es das EEG garantiert, sondern auch für den Verbraucher, denn der muss es ja zahlen! Letzteres ist auch für den politischen Rückhalt des EEG ausschlaggebend.

Auch hier müssen wir wieder aus der Preiserhöhungs-Mitteilung zitieren. Die Naturstrom AG schreibt ihren Kunden: "Sie können mit Recht einwenden, dass es wenig sinnvoll ist, Sie als Ökostrom-Kunden zusätzlich sowohl mit der ÖKOSTEUER als auch mit den weiteren gesetzlichen Abgaben zu belasten - obwohl Sie ja schon für die Umwelt und für den Ausbau der Erneuerbaren Energien mehr bezahlen als "Egalstrom"-Kunden. Leider hat der Gesetzgeber aber diese - auch von uns immer wieder vorgetragene - Kritik noch nicht angenommen und wir sind daher gezwungen, diese Kosten an unsere Kunden weiterzugeben." Soweit das Zitat aus der Preiserhöhungsmitteilung der Naturstrom AG Hervorhebung per Grosschrift durch den SFV. Ist das nun Jammern über die Ökosteuer oder nicht?

Ralf Bischof
Vorstand Naturstrom AG
Januar 2002

Bitte beachten Sie die folgende Signatur der Naturstrom AG und unsere Anmerkung dazu


Naturstrom AG   Mindener Straße 12  40227 Düsseldorf
Tel. (02 11) 7 79 00 - 219         Fax (02 11) 7 79 00-5 99
info@naturstrom.de         http://www.naturstrom.de
Wir stellen Strom zu 100% aus Erneuerbaren Energien her.

Die letzte Werbe-Aussage der Naturstrom AG ist eine Falschaussage und Täuschung ihrer Kunden! Die Naturstrom AG kauft ganz gewöhnlichen Egalstrom ein und verkauft ihn mit Aufpreis.