Neue Argumente gegen Stromsteuerbefreiung

31.12.2001

Von Zeit zu Zeit taucht in der öffentlichen Diskussion die Idee auf, man könne die Energiewende durch eine Stromsteuerbefreiung für erneuerbare Energien (EE-Stromsteuerbefreiung) beschleunigen.

Wir halten diese Idee nicht für zielführend und möchten unsere Ansicht begründen:

Welche Vorteile erhoffen sich die Befürworter einer EE-Stromsteuerbefreiung?

Die Idee der EE-Stromsteuerbefreiung wird z.B. von der Naturstrom AG vertreten. Die Naturstrom AG kauft Strom und verkauft ihn mit einem Aufschlag. Da sie den Aufschlag auf den Strompreis teilweise zur finanziellen zusätzlichen Unterstützung von Betreibern von EE-Anlagen verwendet, bezeichnet sie den von ihr verkauften Strom als "Ökostrom". Sie erhofft sich eine Befreiung von der Stromsteuer. Soweit die Hoffnung der Naturstrom AG.

"Ökostromhändler" nach dem Aufpreismodell hätten keinen Anspruch auf eine EE-Stromsteuerbefreiung

Die Hoffnung der Naturstrom AG dürfte sich aus rechtlichen Gründen als irrig erweisen. Tatsächlich verkauft die Naturstrom AG nämlich überhaupt nicht den Strom aus den von ihr gestützten EE-Anlagen. Der Strom aus diesen EE-Anlagen wird vielmehr in das Netz des Netzbetreibers eingespeist, wird vom Netzbetreiber in sein Eigentum übernommen, mit der Mindestvergütung nach EEG vergütet und anschließend an den vorgelagerten Netzbetreiber gegen Erstattung der gezahlten Mindestvergütung weitergereicht. Die Naturstrom AG hat zu keinem Zeitpunkt ein Eigentumsrecht an diesem EE-Strom; sie kann ihn deshalb auch nicht weiter verkaufen; vielmehr verkauft sie - wie bereits oben gesagt - Strom aus dem allgemeinen deutschen Strommix mit einem Öko-Aufpreis. Eine EE-Stromsteuerbefreiung - wenn es sie denn gäbe - stünde ihr deshalb nicht zu.

Die hier getroffene Einschränkung gilt für alle Stromhändler, die nach dem Aufpreis-Modell sogenannten "Ökostrom" verkaufen. Tatsächlich handelt es sich bei ihnen nämlich nicht um "Ökostrom", sondern allenfalls um Strom zu einem "Öko-Preis". Die irreführende Bezeichnung des von ihnen verkauften Stroms als "Ökostrom" ist kein Grund für eine EE-Stromsteuerbefreiung.

Eine EE-Stromsteuerbefreiung käme nur für "Ökostromhändler" nach dem Händlermodell infrage

Eine EE-Stromsteuerbefreiung kommt aus rechtlichen Gründen nur für solche Ökostromhändler infrage, die Ökostrom nach dem sogenannten Händler- oder Durchleitungsmodell verkaufen. Diese Ökostromhändler kaufen den Strom aus EE-Anlagen direkt auf. Die liefernden EE-Anlagen erhalten also keine Mindestvergütung nach dem EEG, sondern eine Vergütung, die von dem Ökostromhändler gezahlt wird. Ein solcher Ökostromhändler hätte - wenn es denn eine EE-Stromsteuerbefreiung gäbe - Anspruch auf diese.

Private Betreiber haben keine Chancen nach dem "Händlermodell"

Ein Windanlagenbetreiber bekommt seine 17,8 Pf/kWh nach dem Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) unabhängig davon, ob Strom aus Windenergie von der Stromsteuer befreit ist oder nicht. Eine EE-Stromsteuerbefreiung erhöht die Einnahmen des Windstromeinspeisers nicht!

Wenn der Windanlagenbetreiber eine zusätzliche Stützung durch einen Ökostromhändler nach dem Aufpreismodell erhält, hätte er ebenfalls keinen indirekten Vorteil von einer EE-Stromsteuerbefreiung, denn die Aufpreis-Ökostromhändlern können - wie vorstehend erläutert - keine EE-Stromsteuerbefreiung erhalten.

Eine EE-Stromsteuerbefreiung hilft nur denjenigen, die ihren Strom auf einem freien Markt ohne die Abnahmegarantie und Mindestvergütung des EEG verkaufen oder eine feste Abnahmegarantie durch einen "Ökostromhändler" nach dem Händlermodell finden.

EEG und EE-Stromsteuerbefreiung lassen sich - wie das Beispiel zeigt - in ihren Wirkungen nicht addieren. Sie können nicht additiv, sondern nur alternativ wirken.
Da wir uns auf den Bestand des EEG verlassen, sehen wir keine Notwendigkeit für eine Alternative.

Alternative für das EEG?

Eine Alternative für das EEG würden wir nur begrüßen, wenn sie zu einer schnelleren Durchsetzung der Energiewende führen würde. Das ist bei einer EE-Stromsteuerbefreiung jedoch nicht der Fall.
Eine EE-Stromsteuerbefreiung würde nur dann einen Vorteil bieten, wenn sie dazu führen würde, dass Strom aus EE-Anlagen billiger angeboten werden könnte als Strom aus Kohle und Atom. Dann brauchen wir kein EEG mehr. Wir hätten dann also das EEG durch eine EE-Stromsteuerbefreiung ersetzt. Wollen wir das? Ist eine EE-Stromsteuerbefreiung ein besseres Instrument als das EEG?

Insbesondere der Photovoltaik würde eine EE-Stromsteuerbefreiung überhaupt nichts helfen, denn so hoch kann eine Stromsteuer auf Kohle- und Atomstrom überhaupt nicht sein, dass PV-Strom dadurch konkurrenzfähig würde. Der Einspeiser von PV-Strom ist deswegen angewiesen auf die Mindestvergütung nach dem EEG.

Da eine EE-Stromsteuerbefreiung nur solchen Betreibern hilft, die ihren Strom auf dem freien Strommarkt verkaufen wollen, wäre sie für einen PV-Betreiber eine Zumutung. Wie soll er denn für seine jährlichen kleinen Energiemengen auf dem freien Markt Käufer finden?

Eine EE-Stromsteuerbefreiung verstößt gegen das Prinzip der Ökosteuer

Der Solarenergie-Förderverein setzt sich engagiert für die Beibehaltung der Ökosteuer ein. Die Gründe dafür haben wir ausführlich erläutert. Die Ökosteuer verteuert jede Art von Energie und das halten wir für richtig!
  • Weil billige Energie zur Energieverschwendung führt (Auch Windstrom sollte nicht verschwendet werden)
  • Weil billige Energie zur Verschwendung von Rohstoffen führt (Aluminium z.B. ist so billig, dass man sich nicht einmal die Mühe mehr macht, Aluminiumteile aus defekten Geräten auszubauen und wieder zu verwenden. Die billige Herstellung von Aluminium ist nur möglich, weil Energie so billig ist.)
  • Weil billige Energie zur Erhöhung der Arbeitslosigkeit führt (Auch die Stromsteuer auf Strom aus Erneuerbaren Energien soll zur Verminderung der Steuerbelastung auf Arbeitslöhne verwendet werden.)
Das begrüßenswerte Prinzip der Ökosteuer - ALLE Energie zu verteuern - wäre außerdem gleich wieder, kurz nach Einführung dieser Steuer, durch eine Ausnahme beim Strom verletzt.