Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) steht unter Beschuss. Es sei zu kompliziert, und inzwischen eher ein Erneuerbare-Energien-Verhinderungsgesetz. Ohne das EEG wären Erneuerbare besser dran. Zumal seien sie inzwischen so preiswert, dass sie sich am Markt behaupten könnten, fielen erstmal alle überflüssigen Auf- und Zulagen weg. Überhaupt wären Erneuerbare besser dran, wenn sie sich am Markt behaupten würden, die Preise könnten dann noch schneller fallen. Der Markt würde es richten und der „Welpenschutz“ (z.B. Sigmar Gabriel 2016) sei jetzt mal langsam vorbei. Das EEG sei doch nur zur Markteinführung gedacht gewesen, und bei 37,8% Erneuerbaren im Stromsektor (für das Jahr 2018) könne von Einführung keine Rede mehr sein. Soweit die Sprüche derjenigen, die das EEG lieber heute als morgen abschaffen würden.

1. Wir sind bei weitem nicht am Ziel

Bei all den Behauptungen sollten wir uns zunächst einmal zurückbesinnen, was denn das eigentliche Ziel des EEGs ist: Wir wollen und müssen unsere Energieversorgung möglichst schnell auf 100% Erneuerbare Energien umstellen. Und das bedeutet nicht nur 100% Elektrizität aus Erneuerbaren, sondern 100% für den gesamten Energieverbrauch. Und da haben wir gerade mal 16,7% (für das Jahr 2018) aus Erneuerbaren Energien decken können. Es bleiben also noch 83,3% der Energieversorgung auf Erneuerbare umzustellen. Wir sind trotz aller Anstrengungen noch immer am Anfang!

Die Vorteile des EEG in Hinblick auf eine Bürgerenergiewende hatte ich 2016 schon in einem ähnlichen Artikel beschrieben. Auch auf den Einspeisevorrang und die Abnahmepflicht hatte ich hingewiesen. Hier möchte ich noch einmal zwei wichtige Aspekte herausstellen:

2. Ausschreibungen bremsen den Ausbau

Weiterhin noch einmal: Das originäre Ziel ist so schnell wie möglich 100% Erneuerbare. Das Ziel ist nicht: Macht die Erneuerbaren billiger. Bei der Mondlandung hat man auch nicht erst versucht, Raketen billiger zu machen, um möglichst kostengünstig zum Mond zu fliegen. Allerdings ist die Kostenreduktion ein sehr wirksames Mittel zum Zweck, aber nicht der eigentliche Zweck! Wenn wir beim Billigermachen der Erneuerbaren Energien unser originäres Ziel aus dem Blick verlieren, läuft etwas falsch. Ausschreibungsverfahren mögen ein marktwirtschaftliches Instrument sein, die „wahren“ Marktpreise zu finden, und so die Preise im Wettbewerb zu reduzieren. Das Verfahren beinhaltet aber grundsätzlich, dass nicht alle Bieter, die Erneuerbare Anlagen errichten möchten, zum Zuge kommen, denn sonst kann sich ja kein Preis bilden (Infos zum Ausschreibungsverfahren für Solaranlagen). Es werden also grundsätzlich Bauwillige vom Errichten Erneuerbarer Anlagen abgehalten. Ein so schnell wie möglicher Ausbau Erneuerbare Energien kann also nicht mit Ausschreibungen erfolgen!

3. Der freie Markt ist kontraproduktiv

Die Preise für Investitionen in Erneuerbare Energien sind im letzten Jahrzehnt bekanntlich extrem gesunken. In vielen Ländern der Welt sind Solar- und Windenergie die preisgünstigsten Energiequellen. Auch bei uns können neuerrichtete große Solar-Freiflächenanlagen und Windparks mit konventionellen Großkraftwerken konkurrieren. Mit der Einführung einer CO2-Abgabe wird sich dieser Vorteil weiter verstärken. Werden Erneuerbare so nicht zum Selbstläufer? Das Problem jedoch ist gerade die wirtschaftliche Erfolgsgeschichte: Denn der Markt für Erneuerbare-Energien-Anlagen ist ein Deflationärer Markt für langfristige Investitionsgüter. Und das ist ein ganz schwieriges Geschäft in einem freien Markt.

Deflationär bedeutet grundsätzlich, dass Geld mehr wert wird; es ist also das Gegenteil von Inflation. Man kann für das selbe Geld mehr Produkte bekommen, die Produkte werden billiger. Im Consumer-Geschäft (z.B. elektronische Produkte wie Handies, Fernseher oder Computer) ist das kein großes Problem. Erstens will der Kunde mit den gekauften Produkten meistens kein Geld verdienen. Außerdem kann er nach kurzer Zeit (nach wenigen Monaten oder Jahren) ein neues, besseres Produkt kaufen.

Für Investoren ist so eine Entwicklung aber ein Problem: Im nächsten Jahr kann ein anderer Investor dieselbe Investition (eine PV-Anlage) für weniger Geld tätigen und dann sein damit hergestelltes Produkt (den PV-Strom) billiger verkaufen. Der erste Investor muss dann mitziehen und kann womöglich seine Investition nicht zurück verdienen. Das mag für wenige Jahre noch überschaubar und bei der Investition mit einzubeziehen sein. Aber für eine langfristige Investition über bis zu 20 Jahre kann kein Investor die Marktentwicklung passend vorhersehen. Nicht umsonst verlangen die Investoren in die neuen Atomkraftwerksblöcke in Hinckley-Point in England eine garantierte Einspeisevergütung für 40 Jahre (mit Inflationsausgleich)!

Die Folge der Unsicherheit: Der Investor wird auf die unsichere Investition verzichten oder keine Geldgeber finden. Daher ist die langfristige kostendeckende Vergütung des EEG unverzichtbar, um Planungssicherheit zu erlangen und weiterhin Geldgeber für Investitionen in Erneuerbare Energien zu finden.

Der freie Markt kann es daher nicht alleine richten!