Auf der Klimakonferenz 2011 in Durban bemühten sich ca. 15000 Teilnehmer aus Politik und Wissenschaft über acht Tage, um belastbare Vereinbarungen zur weltweiten Reduktion von Treibhausgasen zu erarbeiten, - was offenbar misslang (1).

Seit der Konferenz von Rio 1992 zeigen diese Bemühungen kaum Erfolge. Die CO2-Konzentration in der irdischen Lufthülle steigt ständig weiter an, langsamer während wirtschaftlicher Krisen, schneller bei wirtschaftlichem Aufschwung. Aber sie steigt, während es doch die Aufgabe all dieser Konferenzen war und ist, gemeinsame Beschlüsse zur Senkung dieser Emissionen zu schaffen! Die Kurve in Bild 1 zeigt das grandiose Verfehlen dieser Aufgabe. Das aber scheint die dafür verantwortlichen Politiker und Wissenschaftler wenig zu beeindrucken, denn sie planen unverdrossen nach dem Ende einer jeden Konferenz schon die nächste. Politiker und Organisationen wie Greenpeace, Germanwatch und andere setzen ihre Hoffnung immer noch auf weitere internationale, leider sehr aufwendige Klimakonferenzen. Sie sehen in den meist nichtssagenden Absichts- und Schlusserklärungen noch kleine Fortschritte, die sie in ihrem Bestreben nach weltweiter Einigkeit weiter ausbauen wollen. Offenbar räumen sie einer nationalen Vorreiterrolle, für die sich Organisationen wie der Solarenergie-Förderverein Deutschland oder EUROSOLAR einsetzen, keine Chance ein.

Bild 1: Anstieg des CO2-Ausstoßes seit 1900

 

Gründe für das Misslingen dieser internationalen Klimaschutzkonferenzen

 

Wessen Interessen vertreten die anwesenden Politikerinnen und Politiker aus mehr als 190 Nationen? Offenbar zunächst ihre eigenen, denn sie wollen wiedergewählt werden und versuchen daher ihr Land vor allzu großen Opfern und ihre Wirtschaft belastenden Zugeständnissen zu bewahren. Besonders rücksichtslos erscheint das Verhalten der USA, die sich weiterhin weigern, verbindlichen Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasen zuzustimmen, da sie darin eine Gefahr für ihre Wirtschaft sehen. Ähnlich argumentieren Kanada und Japan. Dabei ist bekannt, dass Maßnahmen zum Klimaschutz die Wirtschaft fördern und viele zukunftssichere Arbeitsplätze schaffen können.

Typisch für das Misslingen, einen wirksamen Klimaschutz zu bilden, waren und sind die unterschiedlichen Interessen der an diesen Konferenzen teilnehmenden Länder. Die Industriestaaten sind nicht bereit, wesentliche Abstriche an ihrem Wohlstand hinzunehmen, und die Entwicklungsländer verteidigen ihnen gegenüber ihren Nachholbedarf, mit dem Hinweis, dass die Treibhausgase ja vor allem aus den Industriestaaten stammen.

Eine weitere Gefahr dieser Mammutveranstaltungen: Die Anhäufung (vermuteter) wissenschaftlicher Kompetenz und politischer Macht wirkt auf viele Menschen beruhigend und so ihre Eigeninitiative lähmend. Man vertraut einfach den Experten. Diese bemühen sich, die von uns erwarteten, aber ausbleibenden Erfolge einfach durch die Korrektur unserer Erwartungshaltung zu erklären. In einem Interview von Werner Eckert (SWR1) mit Reinhold Schwarze vom Helmholzzentrum für Umweltforschung (2) meinte dieser auf die Frage, ob Durban ein Misserfolg sei: „Durban war ja nur als Zwischenschritt auf dem Weg zu einem rechtsverbindlichen Abkommen gedacht“.
Haben wir wirklich noch Zeit für solche „Zwischenschritte“?

 

Gerechte Verteilung der Lasten – Welcher Lasten?

 

Ein von den Teilnehmern immer wieder angesprochenes Ziel ist eine gerechte Verteilung der Lasten. Diese Forderung geht davon aus, dass Maßnahmen zum Klimaschutz generell eine Last darstellen, ohne zu klären, wen sie belasten.

Sicherlich ist die Forderung einer drastischen Reduktion des CO2-Ausstoßes eine Belastung für die internationale Automobilindustrie, der bisher leider niemand vorschreibt, sparsamere und kleinere Wagen zu produzieren, um die Umwelt zu schonen. Brauchen wir wirklich Personenwagen mit 300 und mehr PS? Wessen Freiheit würde eingeschränkt, wenn man zugunsten des Weltklimas hier international verbindliche Grenzen setzte?

Die schrittweise Umstellung auf eine dezentral organisierte Energieversorgung durch regenerative Energien empfinden große Energiekonzerne zweifellos als eine wirtschaftliche Belastung, da jeder Selbstversorger ein verlorener Kunde ist. Wie einseitig diese Betrachtungsweise ist, zeigt die starke Zunahme der Zahl von Arbeitsplätzen und mittelständischen Betrieben, die Anlagen zur dezentralen Nutzung von Sonne und Wind herstellen oder die hierzu nötigen Speicher zur Glättung des unregelmäßigen Energieflusses entwickeln.

Jede Dämpfung wirtschaftlichen Wachstums erfahren Wirtschaftsbetriebe als Belastung. Deshalb bemüht sich ja die Werbung intensiv, unseren Konsum zu fördern. Dem Klima, und wohl auch uns, wäre dagegen mehr gedient, wenn wir es fertig brächten, uns von diesem Konsumzwang zu befreien.

Eine lebensbedrohende Last lässt sich nicht gerecht verteilen: Die existenzielle Belastung jener Bevölkerungsgruppen, die durch die verheerenden Folgen des Klimawandels ihren Lebensraum verlieren werden. Der sich beschleunigende Anstieg des Meeresspiegels zerstört in absehbarer, ja berechenbarer Zeit die Heimat vieler Küsten- und Inselbewohner. Die Meteorologen machen die Erderwärmung für die zunehmende Zahl extremer Wetterereignisse verantwortlich. Diese erzeugen durch Dürren und Überschwemmungen Hunger und Armut. Das verlangt für die betroffenen Menschen eine schnelle großzügige Hilfe durch die Staatengemeinschaft. Man hat zwar in Durban einen Klima-Hilfsfonds beschlossen, aber nicht gesagt, woher die Mittel kommen sollen. Solche Zusagen liegen schon seit Cancun vor.

 

Als Alternative wächst ein Klimaschutz „von unten“

 

Die mageren Ergebnisse zwanzigjähriger Bemühungen um einen wirksamen Klimaschutz durch internationale Klimaschutzkonferenzen sind ein Grund, nach Alternativen zu suchen. Diese gibt es schon lange: Energieautarke Kommunen, einzelne Dörfer (Feldheim in Brandenburg, Jühnde in Westfahlen, ...), Bürgerkraftwerke und Privatpersonen entwickelten in einem wesentlich kleineren, weniger spektakulären Rahmen viele durchaus hoffnungsvolle Ansätze zu einem Klimaschutz von unten. Von der Politik und den großen Energiekonzernen wird diese Entwicklung eher gebremst als gefördert.

Die uns weltweit zur Verfügung stehenden regenerativen Energien reichten durchaus für eine Vollversorgung der Menschheit mit Strom und Wärme. Voraussetzung ist ein System dezentraler Speicher wegen des unregelmäßig anfallenden Ökostroms, und eine Politik, die nicht durch restriktive Maßnahmen, etwa durch die Verweigerung ausreichender Einspeisevergütungen für Solarstrom oder durch starke Begrenzung der Nutzung von Windenergie im Binnenland, den dezentralen Ausbau der hierzu nötigen Anlagen behindert.

Was trotz politischer Hemmnisse in Deutschland erreicht worden ist, also auch weiterhin, und zwar weltweit, erreicht werden kann, entnimmt man den Statistiken des BMU (AGEE Stat) oder des Statistischen Bundesamtes. Danach stieg z.B. die Kapazität dezentraler Anlagen zur Nutzung regenerativer Energien von 2004 bis 2009 um 21015 MW. Das entspricht etwa einer Leistung von 21 großen Kohle- oder Atomkraftwerken! In dieser Zeitspanne hätte man kein einziges Großkraftwerk fertig stellen können.

Bild 2 veranschaulicht am Beispiel der Photovoltaik das Wachstum von Anlagen zur Nutzung regenerativer Energien (3).

Bild 2: Installierte PV-Leistung in Deutschland in MW

 

Nicht nur die Kapazität in MW, sondern der durch diese Anlagen erzeugte Strom in MWh stieg in der genannten Zeitspanne um 39171 GWh, also durchschnittlich um 7834 GWh/a, d. h. mehr, als ein 1000 MW-Kraftwerk in 7500 Volllaststunden jährlich erzeugt. Das zeigt eindeutig, dass keine Energietechnik schneller zu realisieren ist als der dezentrale Ausbau von Anlagen, die regenerative Energien möglichst dort ernten, und auch speichern können, wo Strom und Wärme gebraucht werden.

Derartige Beispiele können durch die von ihnen ausgehende Signalwirkung eher den Klimaschutz voran bringen als die Versuche, zwischen 194 Regierungen einen Konsens für kontrollierbare CO2-Minderungsziele zu vereinbaren.

So erlebt man beispielsweise in Südafrika, dem Gastgeberland der Klimakonferenz 2011, das rasch zunehmende Bewusstsein der Bevölkerung für die Folgen des Klimawandels und den Drang, selbst aktiv zu werden. Ein Beispiel für schnell wachsende Initiativen zum Schutz des Klimas ist Greenpop (4), eine in Südafrika entstandene Organisation, die sich für weltweite Aufforstung einsetzt. Sie fordert die Menschen auf, für 100 Rand (etwa 10 Euro) einen Baum ihrer Wahl zu spenden. Greenpop pflanzt ihn und schickt dem Spender die Koordinaten des Standortes seines Baumes. Gleichzeitig erklärt Greenpop dem Spender die Rückwirkung der Baumpflanzaktionen auf das Weltklima. Durch ihre positive Einstellung zur Zukunft, die sie mitgestalten wollen, begeistert Greenpop viele Menschen. Die Zahl der Mitarbeiter und Sponsoren wächst rasant, ebenso die Zahl der gepflanzten Bäume (während der Konferenz von Durban etwa 1000 Bäume pro Tag). Man vergleiche die weitgehend folgenlosen Absichtserklärungen von Cancun und Durban, den Waldschutz betreffend, mit den erlebbaren und nachweisbaren Erfolgen von Greenpop! Nicht die Politik, sondern einsichtige Bürger bezahlen die Aufforstung.

Die Möglichkeiten, privates Kapital in großem Stil für den Klimaschutz zu aktivieren, schildert Joachim Faber, Vorstandsvorsitzender der Allianz Global Investors AG (AGI), in einem Interview der Frankfurter Rundschau (5). Auf die Frage, woher die gigantischen Summen für eine Energiewende und für die Anpassung der Menschheit an den Klimawandel kommen sollen, antwortet Herr Faber: „Geld gibt es genug, es muss mobilisiert werden. In Lebensversicherungen und Pensionsfonds sind derzeit weltweit rund 55 000 Milliarden US-Dollar angelegt. Gelänge es, nur ein Prozent davon pro Jahr für Klimaschutz-Projekte zu aktivieren, währen das bereits 550 Milliarden Dollar. Das wäre über fünf Mal so viel, wie der beim Durban-Klimagipfel beschlossene ‚Grüne Klimafonds‘ ab 2020 jährlich in den Entwicklungsländern investieren soll.“

Wenn es trotz fortschreitender, teils schon endgültiger Schäden durch den Klimawandel noch eine Rettung für unseren Lebensraum gibt, dann kommt diese wohl von unten, von Menschen, die ihre Um- und Mitwelt wahrnehmen, die Freude an ihren eigenen Ideen und deren Verwirklichung haben und deren Elan und Lebensmut ansteckend wirkt. Zu hoffen bleibt, dass diese Eigeninitiativen durch die Politik nicht behindert, sondern durch entsprechende Rahmenbedingungen zunehmend unterstützt werden.

Fazit: Um auf umsetzbare Ergebnisse weiterer internationaler Klimakonferenzen zu warten, fehlt uns die Zeit.

Deshalb sollten sich Politik und Wissenschaft weltweit auf die Förderung örtlicher dezentraler Initiativen zur Klimarettung und zur dezentralen Energieversorgung der Menschheit durch Sonne und Wind konzentrieren.

 

Kurt Kress, Frankfurt/Main

 

Quellen:

 

(1) Die ausführliche Bezeichnung der Durban-Konferenz lautet: 17. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention (COP17) und die 7. Vertragsstaatenkonferenz des Kyoto-Protokolls (CMP 7).
Als „Durchbruch“ dieser Konferenz bezeichneten nach der FR. vom 12.12.2011 ihre Mitglieder den Beschluss, ein „vereinbartes Ergebnis mit rechtlicher Geltung“ zu planen, wohl für weitere Konferenzen.
(2) Siehe Interview in „tagesschau.de“ vom 9.12.
(3) Siehe Google: Volker Quaschning, Erneuerbare Energien und Klimaschutz, Statistiken.
(4) Siehe Google: Greenpop-Planting trees, changing lives, Sozial Enterprise, oder www.greenpop.org .
(5) Frankfurter Rundschau, 24 bis 26.12. 2011, S.14 „Ein Weckruf für Jeden“.