Datum: 20.07.04

Warum Solarmodule teurer werden MUSSTEN

Der Zielkonflikt zwischen niedrigen Preisen und notwendiger Produktionsausweitung

Von Wolf von Fabeck

Zugegeben, es klingt provozierend, ist aber völlig ernsthaft gemeint: Wenn die Solarmodule in diesem Jahr nach Inkrafttreten des Solarstromvorschaltgesetzes nicht teurer geworden wären, dann wäre dies ein Beweis für die Wirkungslosigkeit des Gesetzes gewesen; glücklicherweise sind jedoch im Jahr 2004 die Solarmodule wieder deutlich teurer geworden. Der Solarenergie-Förderverein Deutschland hatte in den vergangenen Jahren mehrfach auf diesen vorhersehbaren Effekt hingewiesen.

Doch nun kommt Überraschung, Ratlosigkeit und Unverständnis auf. Es sei ein Fehler gewesen, die Einspeisevergütung so hoch anzusetzen, heißt es - auf diese Weise gäbe es keinen Anreiz zur Verbilligung mehr, die Hersteller würden sich eine goldene Nase verdienen und die Photovoltaik würde nie von ihren hohen Preisen herunterkommen. Zu einer Verbilligung käme es nur, sagen die Kritiker, wenn eine knappe Einspeisevergütung alle Beteiligten zum sparsamen Wirtschaften zwinge.

Diese Vorstellung beruht allerdings auf einer eingeengten Sichtweise, die wir hier berichtigen möchten, damit es bei künftigen Nachbesserungen des EEG zu keinen Fehlentscheidungen kommt.

Wir müssen uns dazu der Bedeutung des Preises als Steuerungsinstrument der Wirtschaft bewusst werden. Der Preis ist ein wichtiges Signal nicht nur für die Käufer einer Ware, sondern auch für die bisherigen Hersteller und für potenzielle weitere Hersteller. Aus Herstellersicht muss der Preis die Möglichkeit eines lohnenden Gewinns bieten. Das ist nur möglich, wenn er deutlich über den Herstellungskosten liegt.

Der mögliche Gewinn ist seinerseits das entscheidende Kriterium dafür, ob die Produktion ausgeweitet wird. Nur wenn er Gewinne erwarten kann, investiert ein Unternehmer in neue Produktionsanlagen, also in Fabriken zur Herstellung von Solarsilizium, Solarzellen und Solarmodulen. Ein Markteinführungsprogramm, welches die Produktion ausweiten will, muss deshalb bewusst für Unternehmensgewinne sorgen. Für den Laien klingt dies zunächst befremdlich. Er empfindet es eher als wirtschaftspolitische Panne, wenn ein Markteinführungsprogramm zu Unternehmensgewinnen führt. Doch da unser Wirtschaftssystem nicht durch staatliche Anweisungen gesteuert ist (wir haben keine Planwirtschaft!) bleibt dem Staat nur die Einflussnahme über finanzielle Anreize.

Vor diesem Wissenshintergrund betrachten wir nun die Ereignisse auf dem Photovoltaikmarkt seit Mitte vergangenen Jahres.

Wir beginnen mit der Zeit, als das Solarstromvorschaltgesetz noch nicht in Kraft getreten war. Die Nachfrage nach Solarmodulen war erheblich zurückgegangen. Um überhaupt noch Solarmodule verkaufen zu können, mussten die Hersteller ihre Preise so weit absenken, dass ihnen kein Gewinn mehr blieb. Es gab deshalb kaum Anreiz zum Bau neuer Produktionsstätten.

Mit dem Bekanntwerden der vorgesehenen verbesserten neuen Vergütungssätze entstand dann plötzlich die Aussicht auf zukünftige Gewinne. Die Planungen für neue Produktionsanlagen liefen an.

Beim Inkrafttreten der neuen Vergütungssätze nahm die Nachfrage erheblich zu. Sie konnte und kann zunächst nicht befriedigt werden, weil die neuen Produktionsanlagen ja noch längst nicht fertiggestellt sind. Nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage stiegen deshalb nun die Preise erheblich an. Diese Situation erleben wir heute noch. Und die steigenden Preise bieten die Möglichkeit für Gewinne, die ihrerseits der Anreiz für den Bau neuer Produktionsanlagen waren und sind und dies auch weiter sein sollen.

Erst in einem dritten Schritt und mit deutlicher Verzögerung können dann bei der Ausweitung der Produktion Rationalisierungseffekte, Skaleneffekte und neue Forschungsergebnisse zu einer Verringerung der Herstellungskosten führen.

Dass diese Kostenverringerungen auch ohne staatlichen Druck an die Kunden weitergegeben werden, ergibt sich aus der Konkurrenz der Hersteller untereinander. Deshalb keine Panik; der Wettbewerb wirkt zuverlässig, die Solarmodule werden billiger werden, wenn die Herstellungskosten es erlauben!

Menschen, die sich überlegen, ob Sie jetzt - unter dem Stress von langen Lieferzeiten und steigenden Preisen - eine Anlage errichten sollen, könnten also auch ruhig abwarten, bis sich die Situation entspannt. Zwar sinken die Einspeisevergütungen für Neuanlagen jeweils jährlich um 5 Prozent, aber die Solarmodulpreise werden ebenfalls sinken - hoffentlich genauso schnell?!. Wer jetzt den Bau seiner Solarstromanlage auf das nächste Jahr verschiebt, leistet industriepolitisch gesehen einen Beitrag zur Verstetigung der Nachfrage. Die Beständigkeit der Nachfrage ist als weiterer Anreiz für den Ausbau der Produktionsanlagen von hoher Wichtigkeit. Mit einem rasch aufflammenden und dann wieder bald verglimmenden Nachfrage-Strohfeuer wäre der Solartechnik nicht gedient.

Aus dem bisher Gesagten sollte der Zielkonflikt zwischen wünschenswerter Verbilligung und noch wünschenswerterer Produktionsausweitung deutlicher geworden sein.

  • Wem es nur auf die Verbilligung des Endverkaufspreises der Module ankommt, der wird die Einspeisevergütung niedrig ansetzen, muss sich aber dann mit einem stagnierenden oder gar schrumpfenden Markt abfinden.
  • Wem es auf eine wesentliche Ausweitung der Solarmodulproduktion ankommt, der wird die Einspeisevergütung hoch ansetzen und dafür sorgen, dass sie auf keinen Fall schneller absinkt als die Herstellungskosten.

Prinzipiell gilt das für alle Erneuerbaren Energietechniken. Bei der Photovoltaik liegt allerdings eine besonders schwierige Situation vor. Hier ist der Abstand zwischen dem bisher Erreichten und dem noch zu Erreichenden ungewöhnlich groß. Derzeit erzeugt Photovoltaik weniger als 2 Promille des deutschen Strombedarfs, soll aber in nicht allzuferner Zukunft mehr als das Hundertfache des jetzigen Anteils leisten. Die Produktion muss somit nicht nur einmal, sondern auch auf längere Sicht fortwährend ausgeweitet werden.

Wenn es nach den Forderungen des Solarenergie-Fördervereins Deutschland gegangen wäre, hätte es deshalb sogar eine noch höhere Einspeisevergütung gegeben, denn für uns hat das Ziel einer raschen Produktionsausweitung unbedingten Vorrang vor einer raschen Verbilligung. Unser Ziel ist die möglichst rasche Umstellung auf Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien. Dafür nehmen wir lieber eine vorübergehende höhere Belastung der Strompreise in Kauf, als dass wir durch den Eintritt der Klimakatastrophe zu unendlich viel größeren Opfern gezwungen werden.