Datum: 15.07.10

Elektrosmog durch PV-Anlagen?

In der Regel brauchen sich Solarenergiefreunde keine Sorgen zu machen

Von Bernd Brinkmeier

Wegen der aktuellen Diskussion über die Frage, ob z. B. Handys und Mobilfunkanlagen gesundheitliche Schäden verursachen können, machen sich Solarenergiefreunde auch Gedanken über schädliche Einflüsse von Photovoltaikanlagen. In diesem Artikel werden einige Begriffe erläutert und die elektromagnetische Abstrahlung von PV-Anlagen beschrieben. Zur Beruhigung vorweg: In der Regel brauchen sich Solarenergiefreunde keine Sorgen zu machen. Außerdem gilt grundsätzlich: Wenn die Sonne nicht scheint, schalten sich die Anlagen automatisch aus und erzeugen keine Strahlung. Der Nachtschlaf wird durch PV-Anlagen nie gestört.

Was ist Elektrosmog?

Verstanden wird darunter die unüberschaubare Abstrahlung von elektromagnetischen Feldern und Wellen durch eine Vielzahl von Elektrogeräten im Haus oder von elektrischen Anlagen außerhalb. Zuerst waren bei kritischen Verbrauchern z. B. häusliche DECT-Telefone, bestimmte Radiowe­cker, Babyphone, sowie Fernseh- und Monitorbildschirme in der Diskussion. Inzwischen werden Handys, Mobilfunk-Basisstationen und neue Geräte für drahtlose Verbindungen zwischen Computerkomponenten (Wireless-Lan, Bluetooth) als bedenklich angesehen.

Je nach Gerät können Gleichfelder, niederfrequente Wechselfelder und hochfrequente Felder abgestrahlt werden. Gleichfelder entstehen durch Gleichspannungen oder Gleichströme, niederfrequente Wechselfelder z. B. durch unser 230V/50Hz Netz und alle daran angeschlossenen Verbraucher und hochfrequente Felder z. B. durch Mobilfunkanlagen, Handys oder drahtlose Computerkomponenten. Manche Abstrahlungen sind unerwünschte Nebenerscheinungen, wie z. B. die Felder von Stromleitungen und Haushaltsgeräten. Durch geschickte Leitungsverlegung und kluge Konstruktion können die Einflüsse weitestgehend vermieden werden. Die Abstrahlungen von Funkgeräten sind natürlich für die Funktion notwendig, hier kann bestenfalls die Stärke verringert werden.

Die natürlichen Felder

Am Anfang war die Erde öde und leer ... Denn ohne Elektrizität gab es auch keinen Elektrosmog. Es gab nur die natürlichen elektrischen und magnetischen Gleichfelder, an die sich alle Lebewesen gewöhnt haben: Das natürliche elektrostatische Feld hat eine Stärke von etwa 130 V/m (V/m=Volt pro Meter). Dieses Feld entsteht durch die positive Aufladung der Atmosphäre gegenüber der Erde. Bei Gewitter gibt es auch wesentlich stärkere, und stark veränderliche elektrische Felder, bei schönem Wetter gibt es aber keine natürlichen Wechselfelder.

Das natürliche Magnetfeld kennt jeder von der Kompassnadel, die sich in Richtung des Feldes zwischen dem magnetischen Nord- und Südpol einstellt. Das Erdmagnetfeld hat abhängig vom Breitengrad eine Stärke von 30 ... 60 μT (T = Tesla, 1 μT = 10-6 T), in Mitteleuropa sind es 45 ... 50 μT.

Die künstlichen Felder

Elektrische Spannung bewirkt immer auch ein elektrisches Feld; bei Gleichspannung entstehen elektrische Gleichfelder, bei Wechselspannung sind es elektrische Wechselfelder. Die Feldstärken sind sehr unterschiedlich und können erheblich höher sein als in der Natur (z. B. bei Hochspannungsleitungen) und hängen von der Größe der Spannung ab. Elektrischer Strom erzeugt um den stromdurchflossen Leiter ein Magnetfeld. Abhängig vom zeitlichen Verlauf des Stroms kann das ein Gleichfeld wie das natürliche Magnetfeld oder ein nieder- bis hochfrequentes Wechselfeld sein. Die Stärke des erzeugten Magnetfeldes ist proportional zum elektrischen Strom, wird magnetische Induktion genannt und auch in Tesla gemessen.

Ist elektromagnetische Strahlung gesundheitsschädlich?

Ob, und wenn ja welchen schädlichen Einfluss diese Strahlung wirklich hat, ist umstritten, denn die Nachweise sind schwer zu führen. In der Regel halten alle elektrischen Geräte die gesetzlichen Normen ein, die allerdings häufig sehr hohe Grenzwerte erlauben. Die Grenzwerte bestimmen z. B., welche Wärmeentwicklung durch die Mikrowellenstrahlung eines Handys im Kopf des Benutzers auftreten darf. Ob die Signalstruktur auch Einfluss auf die Gehirnströme, auf Hormone oder auf die Zellteilung hat, wird nicht betrachtet. Es ist durchaus denkbar, dass neue Erkenntnisse in einigen Jahren eine drastische Verschärfung bestimmter Grenzwerte zur Folge haben werden. Leider muss man aber annehmen, dass die Industrielobby strenge Grenzwerte verhindert. So empfiehlt der VDE für 50 Hz Magnetfelder einen Grenzwert von 5000 μT, während Baubiologen nur 0,02 bis 0,1 μT als unbedenklich ansehen.

Was kann man allgemein tun?

Wenn man ein bestimmtes Gerät betreiben möchte, ist eine gewisse elektromagnetische Strahlung unvermeidlich, denn eine Funkanlage funktioniert eben nur wegen der Ausbreitung von elektromagnetischen Wellen. Auch Hochspannungsleitungen erzeugen zwangsläufig aufgrund der Energieübertragung in ihrer Umgebung ein elektromagnetisches Feld. Um sich diesen äußeren Einflüssen zu entziehen, kann man nur seinen Wohnort entsprechend auswählen. Dagegen kann man beim Kauf von Elektrogeräten für den häuslichen Gebrauch auf strahlungsarme Produkte achten und im Betrieb dafür sorgen, dass die Abstrahlungen möglichst gering sind. Da die Felder mit der Entfernung zur Quelle abnehmen, lässt sich auch durch entsprechende Abstände der Einfluss verringern. Ein Fülle von Informationen dazu ist in der weiterführenden Literatur zu finden.

Wie verhalten sich Photovoltaik-Anlagen?

Als mögliche Erzeuger von Strahlungen kommen Solarmodule, Verbindungsleitungen und der Wechselrichter in Frage. Die Solarmodule bestehen aus einzelnen Solarzellen, die jeweils nur eine Spannung von 0,5 Volt erzeugen können. Durch die Reihenschaltung vieler Zellen liefert ein übliches Solarmodul Spannungen im Bereich 20 bis 80 Volt. Durch die Zellen fließt reiner Gleichstrom, dessen Größe abhängig von der Zellenfläche und der Sonneneinstrahlung ist, bei Modulen mit Zellen von 10 x 10 Quadratzentimeter bis etwa 3 Ampere, bei Modulen mit Zellen von 15 x 15 Quadratzentimeter bis etwa 6 Ampere. Bei Solargeneratoren mit vielen Modulen können Spannungen im Bereich 100 bis 500 Volt auftreten. Durch Parallelschaltung von mehreren Strängen kann sich der Strom in der Verbindungsleitung erhöhen.

Bei einem einzelnen Modul sind die elektrischen Feldstärken sehr niedrig und schon im Abstand von wenigen Zentimeter nicht mehr nachweisbar. Bei einer Reihenschaltung von mehreren Solarmodulen zu Solargeneratoren ist das elektrische Feld dort am stärksten, wo die Spannung am höchsten und sich Plus- und Minuspol am nächsten sind; das ist zwischen der Plus-Leitung und der Minus-Leitung, die den Solargenerator mit dem Wechselrichter verbindet.

Da nur Gleichströme fließen, werden auch nur magnetische Gleichfelder erzeugt. Weil die Solarströme direkt proportional zur Einstrahlung sind, treten starke magnetische Gleichfelder nur bei Sonnenschein auf. Durch die Anordnung und Verschaltung der Zellen eines Moduls und der Zusammenschaltung der Module können sich die Felder in wenigen cm Abstand verstärken oder abschwächen. Bei üblichen Modulen kommt es bei Abständen über 10 cm zu einer Abschwächung. Sind die Module auf einem Schrägdach montiert, unter dem sich ein Wohnraum befindet, sind die Feldstärken in etwa 50 cm Entfernung deutlich kleiner als das natürliche Magnetfeld.

Auch die Kabel zwischen Modulen und Wechselrichter sind vergleichsweise unkritisch, da zumindest theoretisch nur Gleichspannungen und Gleichströme vorkommen. Bei der Verlegung sollte darauf geachtet werden, dass die beiden Leitungen dicht beieinander liegen und möglichst miteinander verdrillt sind. Dadurch heben sich die Magnetfelder beider Leitungen weitestgehend auf und das elektrische Feld konzentriert sich auf den kleinen Bereich zwischen den Leitungen.

Beispiel:

Bei einer 3 Kilowatt PV-Anlage mit 200 V Systemspannung kann maximal 15 A Strom über die Verbindungsleitung fließen. Wenn Plus- und Minus-Leitung ( z. B. 2 x 10 mm2 Querschnitt) dicht nebeneinander liegen, beträgt die magnetische Induktion in 10 cm Entfernung ca. 2,7 μT und in 1 m Entfernung nur noch 0,03 μT.

Bei einer senkrecht verlegten Gleichstromleitung können Sie einen einfachen Test machen: Führen Sie einen Kompass aus 1 m Entfernung langsam an die stromführende Leitung heran, und zwar möglichst so, dass eine der Spitzen der Kompassnadel zur Leitung zeigt. Wenn sich der Ausschlag nahe der Leitung nicht ändert, ist das Feld deutlich schwächer als das Erdmagnetfeld. Ein starkes Feld würde die Nadel um bis zu 90 Grad verdrehen. Um bei merklichen Änderungen sicher zu sein, dass der Solarstrom wirklich die Ursache ist, wiederholt man den Test bei Dunkelheit, denn auch Eisenrohre, Armierungen im Beton oder Türzargen aus Stahl beeinflussen das natürliche Magnetfeld. Der Test funktioniert aber nur bei magnetischen Gleichfeldern!

Wechselrichter können ein Problem sein

Im Wechselrichter werden Gleichstrom und Gleichspannung der Solargeneratoren in 50 Hz Wechselstrom- und Wechselspannung umgewandelt. Es gibt eine Vielzahl von verschiedenen Verfahren für diese Umwandlung. Ein Vergleich aller Möglichkeiten würde den Rahmen dieses Aufsatzes sprengen. Theoretisch hat man es bis zum Eingang des Wechselrichter nur mit Gleichspannungen und Gleichströmen zu tun. Und theoretisch sollte der Wechselrichter nur sinusförmigen Strom erzeugen und in das 50 Hz-Netz mit sinusförmiger Spannung einspeisen. In der Praxis ist das nicht immer so, da die Hersteller eher einen guter Wirkungsgrad anstreben und dafür einige Oberwellen in Kauf nehmen.

Ältere Geräte arbeiten meistens mit einem 50 Hz Transformator. Parallel zum Eingang des Wechselrichters ist ein großer Speicherkondensator geschaltet. Dadurch wird eine konstante Belastung des Solargenerators erreicht und gleichzeitig sichergestellt, dass wirklich nur Gleichspannung auf der Verbindungsleitung liegt. Aus der Gleichspannung wird dann durch schnelles Umschalten bei etwa 20 KHz mit Schalttransistoren oder Thyristoren eine 50 Hz Wechselspannung geformt. Die Zwischenspannung wird mit dem 5O Hz-Transformator auf 230V transformiert und dann in das Netz eingespeist. Der 50 Hz Transformator unterdrückt einen großen Teil der restlichen Oberwellen, die in der 20 KHz Wandlerschaltung entstehen. Da 50 Hz-Transformatoren relativ groß und schwer sind, werden sie immer weniger eingesetzt. Ihr Vorteil ist aber, dass Wechselrichter mit diesen Transformatoren sehr gut den o. a. theoretischen Verhältnissen entsprechen, da die Störungen auf den Leitungen minimal sind.

Die Alternative ist der so genannte trafolose Wechselrichter. Bei diesem Konzept wird der teure 50 Hz-Trafo eingespart und auch ein besserer Umwandlungswirkungsgrad erreicht. Aber sowohl auf der Gleichspannungsseite als auch auf der Netzleitung sind höhere Störanteile zu messen.

Einen gravierenden Nachteil haben Geräte, die auf die Gleichspannung am Eingang einen Teil der 50 Hz Netzspannung zurückkoppeln. An Plus- und Minusleitung liegt dann zusätzlich zur Gleichspannung eine sinusähnliche 50 Hz Spannung mit 100 V oder mehr. Es fließt zwar kein Wechselstrom und deshalb entsteht auch kein magnetisches Wechselfeld, es wird aber ein elektrisches Wechselfeld gegen Erde erzeugt und auch durch die Solarmodule werden Wechselfelder großflächig abgestrahlt. Ob ein trafoloser Wechselrichter dieses Verhalten zeigt, kann man feststellen, indem man die Wechselspannung am Pluseingang und am Minuseingang gegen Erde misst. An beiden Eingängen könnte eine etwa gleich hohe Wechselspannung auftreten, während die Wechselspannung zwischen beiden Leitung Null ist. Das verwendete Messgerät darf aber durch die hohe überlagerte Gleichspannung von einigen Hundert Volt nicht beeinflusst werden! Bei Oszillographenmessungen ist ein Tastkopf 100 : 1 erforderlich.

Da es überhaupt nicht einsichtig ist, dass trafolose Wechselrichter ein solch merkwürdiges Verhalten zeigen, sollten die Hersteller dieser Geräte das Problem umgehend beseitigen! Üblicherweise sind Wechselrichter in Metallgehäuse eingebaut, die eine gewisse Abschirmwirkung haben. Die direkten Abstrahlungen der Wechselrichter liegen besonders im 50 Hz Bereich und können im Abstand von 20 bis 30 cm noch zu Feldstärken von über 100 μT führen. In 1 m Entfernung ist die Feldstärke schon sehr viel kleiner. Trotzdem sollten Wechselrichter möglichst nicht im Wohnbereich installiert werden.

Die Kabel zwischen Wechselrichter und Netz verhalten sich wie normale Stromkabel. Der Wechselrichter speist in das 230 V Wechselspannungsnetz ein oder hat bei größeren Anlagen einen dreiphasigen Netzanschluss. Durch die Leitung fliest 50 Hz Wechselstrom, eventuell mit Oberwellenanteilen, die durch die Elektronik verursacht werden. Die Leitung verhält sich aber grundsätzlich genau wie die Kabel zu Grossgeräten wie Elektroherd oder Waschmaschine. Oberwellenanteile hat man auch bei allen elektrischen Geräten, die über Phasenanschnittsteuerung geregelt werden können (Bohrmaschinen, Lampen usw.). Häufig ist der Wechselrichter in der Nähe des Hausanschlusses oder des Zählerkastens montiert. Die kurze Verbindungsleitung zum Zähler macht sich dann kaum bemerkbar, da im Bereich um den Hausanschlusskasten auch viele andere Kabel ähnliche Abstrahlungen erzeugen.

Zusammenfassung

Was sollte man sich merken?
  • Solarmodule und die Verbindungskabel zum Wechselrichter erzeugen überwiegend Gleichfelder, die schon in wenigen cm Abstand schwächer als die natürlichen Felder sind.
  • Wechselrichter und die Einrichtungen, die mit dem 50 Hz Wechselstromnetz in Verbindung stehen, erzeugen in ihrer Umgebung schwache Wechselfelder.
  • Die Kabel zwischen Wechselrichter und Netz verhalten sich wie die Kabel zu Grossgeräten wie Elektroherd oder Waschmaschine.

Trotz vieler Fachbegriffe und schwer einzuordnender Zahlen muss sich niemand beunruhigen. Auch tagsüber, bei vollem Betrieb, ändert eine Photovoltaikanlage sehr wenig an der schon vorhandenen elektromagnetischen Belastung. Wer in dieser unserer Gesellschaft lebt, wer in einer Umgebung arbeitet, auf die er keinen Einfluss nehmen kann, wer sich in ihr bewegt, mit Auto oder Eisenbahn, kann sich den vielfältigen Einwirkungen nicht entziehen. Zu Hause besteht vielleicht eine bescheidene Möglichkeit, durch kluge Installation und den Verzicht auf überflüssige Geräte und Einrichtungen das Umfeld sauberer zu halten. Auf eine Photovoltalkanlage sollte deshalb niemand verzichten.

 

Ergänzende Literatur:

  • Elektrosmog - Katalyse Institut für angewandte Umweltforschung e.V. (Hrsg.), C.F. Müller Verlag Heidelberg. (Hrsg.)
    Elektrosmog – Grundlagen, Grenzwerte, Verbraucherschutz
    5., überarbeitete und erweiterte Auflage, C. F. Müller Verlag, Heidelberg 2002, 256 Seiten, EUR 27,80
    ISBN 3-7880-7679-8

  • Elektrosmog, Elektrostress - Wulf-Dietrich Rose, Kiepenheuer und Witsch Verlag.1990; ISBN 3-4620-2021-8

  • Maess, Wolfgang: Stress durch Strom und Strahlung Elektrosmog, Mobilfunk, Radioaktivität, Erdstrahlung, Schall Neubeuern : Institut für Baubiologie+Oekologie IBN, 2005. ISBN 3-923531-25-7

 

 

Zum Autor:
Dr.-Ing. Bernd Brinkmeier arbeitet als Elektroingenieur und ist Mitinhaber einer kleinen Elektronikfirma in Aachen. Er entwickelt elektronische Geräte für schnelle Datenübertragungstechnik, Impulstechnik und Mikrowellentechnik. Im Zusammenhang mit diesem Aufsatz führte er praktische Messungen an mehreren Solaranlagen und Wechselrichtern durch. Seit 1988 ist er aktives Mitglied im SFV.