Ein Umstieg auf ein Energiesystem mit 100% Erneuerbaren Energien kann nur mit einer ausreichenden Menge an Speichern gelingen. Damit möglichst bald entsprechende Techniken kostengünstig zur Verfügung stehen, müssen wir jetzt mit deren Markteinführung beginnen und für ihre Verbreitung sorgen. Die heutige Struktur unseres Stromsystems behindert jedoch in vielerlei Hinsicht den Einsatz von Speichern. Im SFV haben wir daher in den letzten Monaten eine Idee für ein Speichermarkt-Design entwickelt.

Worum geht es?

Zu manchen Zeiten liefern Sonne und Wind keinen Strom. Dann brauchen wir in Zukunft Langzeitspeicher. Damit sie dann genügend und kostengünstig vorhanden sind, müssen sie jetzt schon in den Markt eingeführt werden.

Die Grundidee

Netzbetreiber verdienen Geld mit dem Bau von Stromleitungen. Aber nicht mit dem Bau von Speichern. Unsere Idee: lasst sie doch an Speichern verdienen, dann können sie abwägen, ob Leitungen oder Speicher sinnvoller sind. Zur Daseinsvorsorge von uns allen bekommen sie daher die Aufgabe: Verteilung der elektrischen Energie sowohl örtlich als auch zeitlich!

Kurzinfo_Langzeitspeicher

Das rechtliche Problem: Unbundling

Unbundling beschreibt die Trennung vom Betrieb des Stromnetzes und der Erzeugung von elektrischem Strom. Darum dürfen Netzbetreiber keinen Strom erzeugen und also auch keine Speicher betreiben. Das Rechtsprinzip "Unbundling" ist zur Eindämmung von Monopolstrukturen wichtig.  Deshalb ist es seit über 20 Jahren in der deutschen und auch europäischen Energie-Rechtsprechung so etabliert, dass daran in einem absehbarem Zeitrahmen nicht gerüttelt werden kann. Netzbetreiber dürfen aber die Speicherung von Strom organisieren.

Markt für Langzeitspeicher

Wir verfolgen mit unserem SFV-Konzept die Idee, dass Netzbetreiber die Langzeitspeicherung in Form eines Marktes organisieren sollen.

Bereitstellungsentgelt

Marktteilnehmer bewerben sich frühzeitig und verpflichten sich, bei Bedarf eine bestimmte Menge Energie zur Verfügung zu stellen. Dafür stehen sie eine längere Zeit (z.B. mehrere Monate) in Bereitschaft und erhalten dafür ein Bereitstellungsentgelt. Das wird an einer Börse festgelegt: Wer zu viel verlangt, wird nicht berücksichtigt.

Arbeitspreis

Der Netzbetreiber ruft die gespeicherte Energie ab, wenn absehbar ist, dass der Strommarkt die Stromnachfrage nicht mehr decken kann. Dafür erhalten die Teilnehmer einen Arbeitspreis pro abgerufener Kilowattstunde. Auch der wird an der Börse festgelegt: Wer am wenigsten Geld  verlangt, wird zuerst abgerufen.

Teilnahme

Teilnehmen können Unternehmen, die technisch und finanziell in der Lage sind, die Bedingungen zu erfüllen. Das können auch z.B. Energiegenossenschaften sein und Unternehmen, welche viele kleine Speicheranlagen in einer gemeinsamen Ansteuerung bündeln. Bürgerenergie kann sich also jederzeit beteiligen.

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Keine grundsätzlich neue Idee

Netzbetreiber organisieren schon jetzt Börsen-Märkte zum Netzbetrieb, beispielsweise für Regelenergie, Re-Dispatch und Kapazitätsreserve. So enthält der Markt für Regelenergie Elemente wie Bereitstellungsentgelt und teilweise Arbeitspreis. Auch dort haben kleine Marktteilnehmer eine Chance und Kleinstanlagen können gebündelt werden.

Ein Langzeit-Speichermarkt wäre also nichts grundlegend Neues für Netzbetreiber.

Kapazitätsreserve als rechtliche Grundlage

Tatsächlich gibt es schon eine rechtliche Grundlage für einen Langzeitspeichermarkt: Die Kapazitätsreserve.  Diese besteht aus heruntergefahrenen und zum Teil stillgelegten konventionellen Kraftwerken, welche kurzfristig aktiviert werden können, wenn der Strommarkt die Nachfrage nicht mehr decken kann. Dieser Markt enthält alle beschriebenen Elemente: Die benötigte Leistung wird an der Börse ausgeschrieben, es gibt ein  Bereitstellungsentgelt und einen Arbeitspreis.

Eigentlich bräuchten wir „nur noch“ die Kapazitätsreserve auf Speicher mit Erneuerbaren Energien umstellen

Fahrplan für die kommenden Jahre

Der Aufbau der Langzeitspeicher kann Schritt für Schritt erfolgen.

Jährlich wird nach und nach mehr Erneuerbare Speicherenergie ausgeschrieben. Dabei wird die konventionelle Kapazitätsreserve durch Speicher mit Erneuerbaren Energien ersetzt und erweitert.

Der Börsenmechanismus sollte dafür sorgen, dass die Betreiber genügend finanzielle Anreize für Bau und Betrieb der Langzeitspeicher bekommen. Die Ausschreibungsmenge muss dann jährlich so gestaltet werden, dass ein möglichst schneller Ausbau bei zügiger Kostenreduktion stattfindet.

Weitere mögliche Speichermärkte

Die Kapazitätsreserve ist nicht der einzige interessante Markt für Speicher: Für das Re-Dispatch (Stromeinspeisung, wenn Leitungen überlastet sind) können konventionelle Kraftwerke ebenfalls durch Speicher mit Erneuerbaren Energien ersetzt werden.

Juristisches Gutachten

Zu der Idee zum Langzeitspeichermarkt wurde von Herrn Dr. Markus Behnisch im Auftrag des SFV ein juristisches Gutachten angefertigt. Eine Zusammenfassung findet sie in diesem Solarbrief. Im Gutachten hat er die vorhandenen Strukturen gut beschrieben.

Insbesondere stellt er fest, dass wesentliche Punkte zur Kapazitätsreserve sogar von einer EU-Rahmenrichtlinie gefordert werden und „nur“ in deutsches Recht übertragen werden müssten.

Optimierung von Kosten und Technik

Es gibt noch offene Punkte: Welche Investitionssumme für die Langzeitspeicher jährlich notwendig wird, wurde noch nicht untersucht. Aber der Prozess von Ausschreibungen und Börsenhandel wird die Kosten optimieren. Es gibt verschiedene geeignete Technologien für Langzeitspeicher. Welche sich dann in den nächsten Jahren durchsetzen wird, bleibt offen.

 

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