Der Solarenergie-Förderverein Deutschland als Interessenvertretung der privaten Solarstromeinspeiser - gleichzeitig ihr "Kummerbriefkasten" - führt eine Statistik über Streitfälle zwischen den Betreibern von Solaranlagen und dem aufnahmepflichtigen Stromnetzbetreiber. Die direkte oder indirekte Verweigerung oder Verzögerung des Netzanschlusses oder der Stromabnahme aus Wind- und Sonnenenergie ist bei weitem der häufigste Verstoß der Netzbetreiber gegen das EEG. Dazu einige Überlegungen:

Ungleichgewicht zwischen Netz- und Anlagenbetreibern

Leider stellt ein nicht-EEG-konformes Verhalten für die Netzbetreiber kein Risiko dar. Zwar ist der Anspruch des Anlagenbetreibers auf Netzanschluss, Abnahme des erzeugten Stroms und Bezahlung rechtlich gut begründet, doch eine gerichtliche Klärung benötigt Zeit. Während der verstreichenden Wochen, Monate und sogar Jahre bis zur endgültigen Klärung geht dem Anlagenbetreiber die Einspeisevergütung verloren, auf die er angewiesen ist, weil er seine Investition bereits getätigt hat und seine daraus herrührenden finanziellen Verpflichtungen nicht bis zur endgültigen Klärung aufschieben kann.

Jede Verzögerung des Netzanschlusses erfolgt zum wirtschaftlichen Nachteil des Anlagenbetreibers, so dass dieser - selbst wenn er offensichtlich im Recht ist - in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht ist.

Die Möglichkeit, den erlittenen Schaden in einem Schadenersatzprozess nachträglich geltend zu machen, hilft dem Anlagenbetreiber im Fall einer Anschlussverzögerung nur wenig. Der Ausgang des Prozesses ist auch nach der Neuformulierung des EEG und auch nach Umkehr der Beweislast dennoch höchst ungewiss. Natürlich nennt der Netzbetreiber immer Gründe für die (angebliche) Unmöglichkeit eines Netzanschlusses oder der Stromabnahme. Diese Gründe sind aber für den geschädigten Anlagenbetreiber und auch für das Gericht in der Regel nicht überprüfbar. Ihnen fehlen die Kenntnisse der Interna des Netzbetriebes, und wegen der Kompliziertheit der Materie sind sie auf Sachverständige angewiesen. Die Problematik eines Sachverständigenprozesses gegen einen wirtschaftlich weit überlegenen Gegner braucht hier nicht weiter erläutert zu werden.

Der Netzbetreiber hingegen riskiert - wenn er eine Anlage verzögert oder überhaupt nicht anschließt, oder den Strom nur unregelmäßig abnimmt - nichts weiter als den Verlust eines Prozesses und im ungünstigsten Fall die Zahlung eines Schadenersatzes.

Bereitstellungsgebühr als Lösungsvorschlag

Solange dieses grundsätzliche Ungleichgewicht nicht beseitigt ist, solange werden - entsprechend der Härte des Interessenkonflikts - viele Netzbetreiber auch weiterhin kein Interesse haben, Anlagen schnell an ihr Netz anzuschließen.

Dieses Grundsatzproblem ist nicht unlösbar. Es gäbe eine einfache und wirksame Möglichkeit, durch eine Änderung im EEG auch das Interesse der Netzbetreiber an einer möglichst raschen Anschließung der Anlagen zu wecken. Dieser Vorschlag wurde vom SFV bereits seit Juni 2004 mehrfach veröffentlicht: Dem Anlagenbetreiber, dessen Anlage betriebsfertig ist, aber nicht angeschlossen wird, muss ab dem Zeitpunkt der Fertigstellung eine „Bereitstellungsgebühr“ zustehen, die der zu erwartenden Einspeisevergütung finanziell entspricht. Wichtig ist, dass diese - unabhängig von der Verschuldensfrage - vom Netzbetreiber zu bezahlen ist.

Bereitstellungsgebühren sind in der Stromwirtschaft nichts Ungewöhnliches. So erhält z.B. der Betreiber eines bereitstehenden Spitzenlastkraftwerkes für die Zeit, in der sein Kraftwerk keinen Strom oder nur eine reduzierte Menge Strom erzeugt, eine Bereitstellungsgebühr.
Zur Risikoabsicherung für einen Anlagenbetreiber, der mit dem Bau einer Solaranlage (oder Wind- oder sonstiger EE-Anlag) ein wirtschaftliches Risiko zugunsten der Gemeinschaft eingeht, sollte dementsprechend eine gleichwertige Absicherung der getätigten Investitionen eine Selbstverständlichkeit werden.

Anmerkung zur Kostentragungspflicht:

Sonnenschein oder Wind sind nicht speicherbar. Sie müssen genutzt werden, so lange sie zur Verfügung stehen. Die Bereitstellung von Energie aus Sonne oder Wind kostet Kapital. Bei Nichtabnahme des Stromes für die Volkswirtschaft gehen in jeder Stunde Teile dieses Kapitals unwiderbringlich verloren. Die Nichtabnahme von Strom aus Sonnen- oder Windenergie verursacht somit volkswirtschaftliche Schäden. Es ist primär Aufgabe der Netzbetreiber, den gewonnenen Strom an die Allgemeinheit der Stromabnehmer weiterzuleiten. Es ist deshalb eine richtige und notwendige Entscheidung, dass nicht der Betreiber der betroffenen Anlagen diese Kosten tragen muss. Bei einem verstaatlichten Netz würde die Allgemeinheit die Kosten tragen. Bei einem privatisierten Netz, mit dem der Netzbetreiber Gewinne erwirtschaften möchte und darf, gehören diese Kosten zum normalen geschäftlichen Risiko. Es darf nicht angehen, dass nur die Gewinne privatisiert, die Verluste aber verstaatlicht werden.

Nachtrag in Bezug zum EEG 2009

Im EEG 2009 ist in § 12, "Härtefallregelung" ansatzweise eine Vergütung für nichtabgenommenen Strom aus Erneuerbaren Energien vorgesehen.
§ 12 Härtefallregelung
(1) Der Netzbetreiber, in dessen Netz die Ursache für die Notwendigkeit der Regelung nach § 11 Abs. 1 liegt, ist verpflichtet, Anlagenbetreiberinnen und -betreibern, die aufgrund von Maßnahmen nach § 11 Abs. 1 Strom nicht einspeisen konnten, in einem vereinbarten Umfang zu entschädigen. Ist eine Vereinbarung nicht getroffen, sind die entgangenen Vergütungen und Wärmeerlöse abzüglich der ersparten Aufwendungen zu leisten.
(Hervorhebung durch SFV)
Diese Regelung wird jedoch unter anderem dadurch entwertet, dass vorab in § 9, Absatz 3 die Pflicht des Netzbetreibers eingeschränkt wird:
"(3) Der Netzbetreiber ist nicht zur Optimierung, zur Verstärkung und zum Ausbau seines Netzes verpflichtet, soweit dies wirtschaftlich unzumutbar ist."