"Den Teufel spürt das Völkchen nie, selbst wenn er es am Kragen hätte" sagt Mephistopheles zu Doktor Faust in Auerbachs Keller. Sodann demonstriert er seine teuflische Macht an den dort feiernden Verbindungs-Studenten, die sich für die geistige Elite der Bevölkerung hielten. Binnen einiger Minuten bringt er sie durch vorgegaukelte Trugbilder dazu, dass sie vollständig den Bezug zur Realität verlieren und sich gegenseitig die Nasen abschneiden wollen, im Glauben es handele sich um reife Weintrauben.

Was Goethe hier im Schauspiel allegorisch demonstriert, erinnert an das Verhalten vieler deutscher Politiker, die von der teuflischen Macht und dem Geld der Energiewirtschaft so weit verführt worden sind, dass sie nicht nur bereit sind, im Kampf mit ihresgleichen dem Anderen die Nase abzuschneiden, sondern in Verkennung der physikalischen Gegebenheiten des Klimawandels das Überleben der Menschheit aufs Spiel setzen.
Natürlich hat Goethe nicht an den Klimawandel gedacht, als er den Faust schrieb, aber von der Macht des Bösen war er zu Recht überzeugt.

Kommen wir zur Sache: In wenigen Wochen ist Bundestagswahl. Wie wollen die deutschen Parteien dem Klimawandel begegnen?

Die Wahlprogramme der verschiedenen Parteien geben nur bedingt Auskunft dazu, wie sie sich im Fall ihrer Wahl in energiepolitischer Hinsicht verhalten werden. Besonders das Wahlprogramm der CDU gehorcht dem Spruch von Altkanzler Helmut Schmidt: "Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen." Diese Gefahr vermeidet die CDU erfolgreich. Aber wer sich Visionen erhofft, dem kann die CDU nichts bieten. Und im Übrigen, wenn es ihrer Macht nutzt, tut eine Partei (nicht nur die CDU) sogar genau das Gegenteil von dem, was sie einst zugesagt hat.

Beispiele gefällig? Wie ist der Widerspruch zwischen dem Auftreten der Klimakanzlerin im internationalen Rahmen mit ihrem praktischen Verhalten zum Ausbau der Erneuerbaren im eigenen Land zu erklären? Wie kommt es, dass unser Außenminister Gabriel den Kohle-Kurs des US-Präsidenten Trump öffentlich verurteilt, obwohl er - Gabriel selbst - als Bundeswirtschaftsminister erklärt hat, man könne gar nicht gleichzeitig aus Atom- und Kohleenergie aussteigen und alles daran gesetzt hat, das Aufwachsen der Erneuerbaren Energien zu verhindern.

Um die Klimaschutz-Absichten der verschiedenen Parteien genauer zu ergründen, haben sich 29 NGOs zusammengetan und einen Fragenkatalog erarbeitet, mit dem sie herausfinden wollen, ob die Parteien den Klimaschutz ernst nehmen und ob und wie sie ihn wirkungsvoll betreiben wollen. Diese Fragen wurden allen Parteien zugesendet, die an der Bundestagswahl teilnehmen wollen.

Leider haben wir keinen Lügendetektor, der die Ernsthaftigkeit der Aussagen prüfen kann. Und selbst, wenn der Lügendetektor während der Beantwortung der Fragen keinen Ausschlag gezeigt hätte, so schützt uns niemand vor einem späteren Meinungswechsel. Wie sagte doch Adenauer: "Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern, es kann mich niemand daran hindern, an Weisheit zuzunehmen." Recht hatte er, und bei vielen der Antworten muss man sogar darauf hoffen, dass die Verantwortlichen im Laufe der nächsten Monate an Weisheit zunehmen.
War die gemeinsame Anstrengung von 29 NGOs also für die Katz? Das ist keineswegs der Fall. Es ist meines Wissens erstmalig, dass sich so viele Organisationen zusammengetan haben und sich trotz ihrer eigenen verschiedenen Handlungsschwerpunkte auf einen gemeinsamen Fragenkatalog geeinigt haben, der die bisherigen Defizite der Klimaschutz-Anstrengungen deutlich ausweist. Und das hilft uns Klimaschutz-Organisationen auch bei der zukünftig erforderlichen weiteren Überzeugungsarbeit.

Der Anregung, aus Sicht des SFV eine Musterlösung zu den Fragen zu erarbeiten, folge ich gerne. Sie finden diese Musterlösung ab Seite 7.

Und auch der SFV ist bereit, dazuzulernen. Wir freuen uns deshalb auch über Kritik an dieser Musterlösung.
Ihr Geschäftsführer