Die Tatsache, dass die Erderhitzung tatsächlich jetzt schon zunehmend unsere Gesundheit bedroht, ist nicht jedem bewusst. Informationen über diese persönliche Betroffenheit und die Kommunikation darüber können dazu beitragen, dass das Wissen in konkretes Handeln übersetzt wird, um die Auswirkungen abzumildern, aber vor allem alles zu tun um die Ursachen zu bekämpfen.

Biologische Grundlagen

Menschliche Temperaturregelung hält die Körperkerntemperatur bei ca. 37°C stabil. Durch den eigenen Stoffwechsel wird Wärme erzeugt, die über die Haut abgestrahlt wird. Bei höheren Außentemperaturen setzt Schwitzen ein, so dass durch Verdunstung eine Kühlung erreicht wird, vorausgesetzt die Außenluft kann weitere Feuchtigkeit aufnehmen. Körperkerntemperaturen über 39°C sind stark belastend, Elektrolytverschiebungen können Krämpfe verursachen, über 40°C kommt es zu Hirnleistungsstörungen, jenseits 42,6°C koagulieren Eiweiße und setzt der Tod ein. Bei Raumtemperaturen über 30°C lässt die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit nach, nach Arbeitsstättenregel ist ein Raum ab 35°C nicht als Arbeitsplatz geeignet.

Die Hitze nimmt zu:

Im letzten Jahr wurde in Lingen/Ems 42,6°C erreicht, In Algerien betrugen Temperaturen tagsüber 51°C, im Oman sank die Temperatur in einer Küstenstadt nachts nicht unter 42°C. Dies sind Temperaturen, die nur bei trockener Luft und Wind, oder mittels Kühlanlagen überlebt werden können. Hitzebedingt kam es im letzten Sommer in Brandenburg, davor in den borealen Wäldern Schwedens und Norwegens zu spontanen Bränden. In diesen Monaten verlor Australien etwa ein Fünftel seines Waldes durch Waldbrände. Die Hitze wird weiter steigen.

Gesundheit und Klimakatastrophe

Gesundheit und Klimakatastophe, Bild: Moritz Schad

Bedrohung der Gesundheit:

Bei Hitzewellen kommt es regelmäßig zu einer erhöhten Sterblichkeit. In 2003 führte eine sommerliche Hitzeperiode in Europa zu 70000 zusätzlichen Toten. Etwas geringere Anstiege der Sterblichkeit wiederholten sich in Deutschland 2006 und 2015. Betroffen waren vor allem Alte, Kleinkinder, und Herz-Kreislauf- sowie Lungenkranke. Generell führt anhaltende Hitze zu Erschöpfung durch die geforderte höhere Herzleistung und den Verlust an Salzen beim Schwitzen. Dies kann zu Hitzekrämpfen durch Elektrolytimbalance, Kreislaufstörung mit Kollaps, bei Reizung der Hirnhäute zum Sonnenstich mit neurologischen Ausfällen und bei Austrocknung und nicht mehr abführbarer Wärme zu Benommenheit und Tod führen.

Wetterextreme wie Stürme oder Überschwemmungen führen zu tödlichen Unfällen, Verletzten, Zerstörung der Infrastruktur und Beeinträchtigung des öffentlichen Gesundheitswesens. Beispielsweise behindern überschwemmte Straßen oder umgestürzte Bäume die Versorgung Kranker und können schnell das Rettungswesen lahm legen.

Aber es gibt auch indirekte Wirkungen:

Durch die Wärme kommt es zu einer veränderten Verbreitung und Aktivität von Krankheitsüberträgern. Nicht nur hier bekannte Erkrankungen wie die Zeckenübertragene FSME breiten sich aus. Beispielsweise hat sich die in den Tropen und Subtropen heimische Tigermücke an mehreren Orten in Deutschland festgesetzt, und es ist eine Frage der Zeit, wann es auch zu Verbreitung von Dengue, West Nil Virus und anderen vektorübertragenen Krankheiten kommt.

Durch Vermehrung von Bakterien in Lebensmitteln und Wasser treten vermehrt Durchfallerkrankungen auf mit Austrocknung und Schwächung, neben Erregern wie Salmonellen und Shigellen ist auch zunehmend mit Giardia, Cholera, Cyanobakterien und anderen zu rechnen.

2018 brach die Nahrungsmittelproduktion in Deutschland um 28% ein. In den nächsten Jahren ist weltweit, in Europa und hier mit Nahrungsknappheiten zu rechnen, die durch synergistische Effekte von Insekten- und Artensterben, Pestizidgebrauch in einer industrialisierten Landwirtschaft, Trockenheit in der Wachstumsperiode und Regenfällen in der Ruheperiode verstärkt wird, und die bei ubiquitärem Auftreten nicht durch Importe kompensiert werden kann. In kommenden Jahrzehnten kommt es in jetzt schon warmen Ländern zunehmend zu Wasserknappheit, fehlendem sauberen Wasser, problematischer Abwasserbehandlung. Fehlender Winterfrost und Trockenheit können Schädlingswachstum befördern und die Abwehr von Pflanzen mindern, so dass ähnlich wie beim Befall der Fichten durch Borkenkäfer mit dem Auftreten von Schädlingen bei Nahrungspflanzen gerechnet werden muss, was dann zu Mangel- und Fehlernährung führen kann.

Durch früheres Einsetzen des Frühlings verschieben sich die Pollenflugzeiten, zusätzlich breiten sich neue allergene Pflanzen wie Ambrosia aus, so dass vor allem Pollenallergien insgesamt zunehmen werden.

Ergänzend sollten die psychischen Traumatisierungen, Depressionen und Ängste und Isolation berücksichtigt werden, die durch traumatische Erlebnisse, Extremwetterereignisse, Verlust von Hab und Gut oder Angehörigen, durch Sorge um Angehörige, oder die Notwendigkeit von Migration mit sozialen Trennungen verursacht werden. Dies sind Erkrankungen, die bereits jetzt bei vielen Migranten aus südlichen Ländern bestehen, und die das Gesundheitssystem herausfordern. Die Wartezeiten auf psychologische Behandlung liegt in Deutschland seit Jahren bei etwa sechs Monaten.

Wer ist betroffen?

Vom Alter her am stärksten bedroht sind die Hochbetagten, sowie Säuglinge und Kleinkinder. Weiter gefährdet sind Menschen mit Unterstützungsbedarf, Pflegebedürftige, Menschen mit Behinderungen oder in sozialer Isolation. Hinzu kommen Menschen mit Gedächtnisstörungen wie im Extremfall Demente, Alkohol- und Drogenabhängige. Auch die große Gruppe chronisch Kranker mit Herz-Kreislauf-, Lungen- oder neurologischen Erkrankungen ist beeinträchtig, und Patienten bei Einnahme bestimmter und weit verbreiteter Medikamente, die z.B. das Durstgefühl, die Wahrnehmung oder die Kreislaufreaktion beeinträchtigen können. Gesunde sind vor allem gefährdet, wenn sie im Freien arbeiten oder Sport treiben und sich dabei anstrengen. Gefährlich ist die Unterschätzung der hitzebedingten Beanspruchung des Herz-Kreislaufsystems, und die Notwendigkeit von trockener Luft zum Kühlen. Bewohner in Innenstädten mit wenig Bäumen, und Wohnungen die keine Querlüftung ermöglichen, leiden besonders und sind bedroht.

Vorbereitung der Praxen, Krankenhäuser, öff. Gesundheitssystem

Viele Praxen und Krankenhäuser beginnen, gekühlte Warteräume bereit zu stellen, um von Hitze geschwächten, dehydrierten oder kollaptischen Patienten zunächst Erholung zu gewähren, abgesehen von spezifischen Maßnahmen. Viele Häuser bringen zusätzlich Außenjalousien an oder verstärken die Leistung vorhandener Klimaanlagen. Bei erwarteten Hitzewellen werden vermehrt Betten eingeplant. Öffentliche Trinkbrunnen und Kühlräume in Städten, sowie Erhalten alter schattengebender Bäume in Städten sind hilfreich. Notdienste stellen sich auf besondere Bedrohungssituationen auch von Stürmen oder Überschwemmugen ein, wo gleichzeitig mit Störungen der Infrastruktur gerechnet werden muss. Im Gesundheitssystem wird oft von zuvielen Betten gesprochen. Insgesamt sollten aber nicht weniger, sonder eher mehr Betten bereit gestellt werden und kleine Krankenhäuser nicht aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden, sondern ausreichend Mittel bereit gestellt werden, um eine dezentrale Versorgung zu sichern. Gleiches gilt für Mittel und Personal in der Kranken- und Altenpflege, die vor zunehmende Herausforderungen gestellt sein wird. Essentiell ist die Vorplanung einer Versorgung mit sicherem Wasser, korrekte Entsorgung von Abwasser und Chemikalien, ausreichende Bevorratung von Material, Infusionen und Medikamenten, um große Patientenzahlen, aber auch länger dauernde Krisen zu überstehen. Energiesparender Betrieb, Eigenversorgung mit Solarstrom, ressourcensparender Umgang mit Materialien auch bei hygienischen Anforderungen müssen angestrebt werden.

Was ist zu tun?

Die Klimakatastrophe muss soweit noch möglich begrenzt werden! Strategien zur Anpassung an unvermeidliche Auswirkungen müssen umgesetzt werden, Gelder seitens der Krankenkassen und der Länder/Kommunen schon vorbereitend bereit gestellt werden.

Persönliches Verhalten:

Jeder sollte sich über die Ursachen und Folgen der Klimakrise informieren. Bei der Dynamik und Brisanz der Gefahr, sollte jeder Fakten kennen und selbst ein wissenschaftlich fundiertes Buch über Klimawandel gelesen haben (1). Wir sollen auch die Verursacher und politischen Hindernisse kennen. Dabei sind wir immer Opfer und Täter zugleich. So ist jeder gefragt, seinen CO2-Fußabdruck zu ermitteln, dann die Minderung der persönlichen CO2-Freisetzung um jährlich 6% anstreben. Dabei müssen wir vor allem den Wärmeverbrauch beachten, Autofahrten reduzieren, keine Flugreisen unternehmen, und Fleischkonsum drastisch reduzieren. Bei Hitze: morgens und abends lüften, tagsüber Fenster und Jalousien schließen, bei chronischen Erkrankungen an eine Klimaanlage denken, die idelaerweise mit Solarstrom betrieben sein sollte. Chronisch Kranke sollten die Beipackzettel ihrer Medikamente zu hitzeassoziierten Nebenwirkungen studieren. Informationen können auch bei Health for Future abgerufen werden. Auch der Hausarzt kann angeregt werden, sich auf Gesundheitsbedrohung durch Klimawandel einzustellen, im Wartezimmer keine Zeitschriften mit Werbung für Flugreisen oder Kreuzfahrten auszulegen, oder sich bei Health for Future zu engagieren.

Health for future

Berufliches Engagement

Jede und Jeder kann beruflich auf die persönlichen und betrieblichen Möglichkeiten hinweisen, und anregen, den Betrieb klimaverträglich umzustellen. Das geht von Solaranlage über Dämmung hin zur Mobilität, Angebot von Ladesäulen für E-Autos der Mitarbeiter, Jobtickets für den öffentlichen Verkehr, Ersatz von dienstlichen Flugreisen durch Skypen, bis zur Einrichtung eines wöchentlichen vegetarischen Tags der Kantine als Einstieg. Herstellung umweltverträglicher Produkte, Umstellen der Herstellungsprozesse mit Vermeidung von Wegwerfprodukten.

Politisches Handeln:

Drüber reden, Verhalten einfordern! Wir sollten Programme und tatsächliches Verhalten der Parteivertreter in Hinsicht auf Klima- und Gesundheitsschutz auf kommunaler bis Bundesebene kennen. Wir können versuchen, politische Entscheidungen durch Teilnahme an Demonstrationen, persönliche e-mails, Leserbriefe in Zeitungen und am Besten durch persönliche Gespräche zu beeinflussen. Wichtig für den Gesundheitsschutz ist momentan die Abkehr von "Effizienzsteigerungen" im Gesundheitswesen durch Personalkürzungen, unbezahlten Überstunden, Schließungen kleiner Häuser etc. Wir brauchen im Gegenteil mehr Personal und Ressorucen, um in Zukunft die Menschen bei steigender Lebenserwartung, häufigerer Hitzebelastung, Notfällen, vermehrten und neuen Infektionserkrankungen, Zunahme von Allergien, etc. versorgen zu können.


(1) Beispiele wiss. Literatur:
S. Rahmstorf: Der Klimawandel (144 Seiten)
H. Lesch: Die Menschheit schafft sich ab (528 S.)
H. Schellnhuber: Selbstverbrennung (784 S.)