Das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) wurde im Mai 2023 novelliert. Robert Habeck sprach von einem Neustart für die Digitalisierung der Energiewende. Was beinhalten die Neuregelungen und welche Rechte und Pflichten ergeben sich für PV-Anlagenbetreiber:innen? 

Was regelt das Messstellenbetriebsgesetz?

 

Das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) wurde am 29. August 2016 erstmals wirksam. Es fördert intelligente Messsysteme (Smart Meter) und soll eine digitale Infrastruktur schaffen, um ein klimaneutrales Energiesystem mit schwankendem Verbrauch und Erzeugung zu ermöglichen. Verbraucher:innen und Erzeuger:innen erhalten dadurch bessere Informationen über ihren Energieverbrauch und die Erzeugung.


Warum wurde das MsbG in diesem Jahr noch einmal novelliert?

 

Am 22. Mai 2023 wurde das MsbG durch Artikel 2 des Gesetzes zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende (GNDEW) grundlegend geändert. Bis dahin war Deutschland bei der Digitalisierung der Energiewende im Rückstand. Während andere europäische Länder bereits einen vollständigen Rollout intelligenter Messsysteme hatten, waren in Deutschland nur etwa 160.000 von 50 Millionen Messstellen mit Smart Metern ausgestattet.


Komplexe regulatorische Vorgaben, wie die "Drei-Hersteller-Regel", verlangten eine Zertifizierung von drei unabhängigen Herstellern für jede Entwicklungsstufe, was den Fortschritt bremste und zu rechtlichen Auseinandersetzungen führte. Es gab Bedenken hinsichtlich der Datensicherheit und möglicher Hackerangriffe, was zu aufwändigen Sicherheitsmaßnahmen führte, darunter die "sichere Lieferkette" (SiLKe)-Regeln.


Die Fokussierung auf Sicherheit führte dazu, dass der Kundennutzen vernachlässigt wurde, was zu wachsender Kritik führte. Die GNDEW sollte einen "Neustart" ermöglichen und die Hürden für die Digitalisierung der Energiewende in Deutschland überwinden.


Welche neuen Regelungen gibt es im Gesetz? 

 

Die Drei-Hersteller-Regel wurde aufgehoben, sodass die Umstellung nun mit bereits zertifizierten Geräten beginnen kann. Komplexere, vom BSI geprüfte Funktionen wie Steuerung und Schaltung werden erst schrittweise über Anwendungsupdates in den Zählern freigeschaltet. Hierzu zählen Protokollierung von Messdaten, Fernsteuerbarkeit und Übermittlung von Stammdaten.


Dies führt zu einem "agilen Rollout" als freiwillige Option für die Netzbetreiber. Sie können damit starten, nach und nach alle analogen Stromzähler (Ferrariszähler) bei Stromverbrauchern zu ersetzen. Das gilt zunächst für Kund:innen mit Jahresstrombedarf bis 100.000 kWh (optional < 6.000 kWh) und Erneuerbaren-Energien-Anlagen bis 25 kW (optional 1 bis 7 kW). 


Was ist der Unterschied zwischen modernen Messeinrichtung und intelligenten Messsystemen?

 

Eine moderne Messeinrichtung ist ein digitaler Zähler, der den tatsächlichen Elektrizitätsverbrauch und die tatsächliche Nutzungszeit erfasst. Wenn er zusätzlich über ein Smart-Meter-Gateway in ein Kommunikationsnetz eingebunden wird, spricht man von intelligenten Messsystemen (iMSys). Mehrere moderne Messeinrichtungen können über ein Smart Meter Gateway zu einem intelligenten Messsystem zusammengefasst werden.
Intelligente Messsysteme sollen eine sichere und standardisierte Kommunikation in den Energienetzen ermöglichen und zu mehr Transparenz beim Stromverbrauch bei niedrigem Ableseaufwand führen. Weitere Vorteile der iMSys sind:

  • Möglichkeit variabler (insbesondere dynamischer) Stromtarife
  • Bereitstellung netzdienlicher Informationen von dezentralen Erzeugern und flexiblen Lasten
  • Steuerung dezentraler Erzeuger und flexibler Lasten (z.B. Speicher)
  • Möglichkeiten für weitere Dienstleistungen (z. B. Smart-Home-Anwendungen)


Gibt es einen Rechtsanspruch auf die sofortige Installation eines digitalen Zählers?

 

Nein. Der agile Rollout beschreibt eine freiwillige Option für Netzbetreiber. Aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit und des erheblichen Arbeitsaufwandes für den flächendeckenden Einbau moderner intelligenter Messsysteme (iMSys), sollen Netzbetreiber die Möglichkeit haben, ihre Kapazitäten zu steuern. Bereits seit 2016 werden hauptsächlich moderne Messeinrichtungen verbaut, um die spätere Umrüstung auf iMSys zu beschleunigen. 


Welche Kosten kommen auf die PV-Anlagenbetreiber:innen zu?

 

Der Gesetzgeber hat die Kosten für den Messstellenbetrieb über Preisobergrenzen geregelt und diese zwischen Anlagenbetreiber:innen und Netzbetreibern aufgeteilt (siehe Tabelle). Es handelt sich um Bruttokosten, die einmal jährlich erhoben werden.


Die Jahreskosten des Messstellenbetriebs umfassen den Einbau, den Betrieb und die Wartung der Messstelle sowie ihrer Messeinrichtungen und Messsysteme. Netzbetreiber müssen eine mess- und eichrechtskonforme Messung vornehmen und die form- und fristgerechte Datenübertragung sicherstellen. Zu den Standardleistungen zählen auch die Ablesung und die Überwachung des Energieverbrauchs. Softwarelösungen zu Stromsparhinweisen und Stromspar-Anwendungen gehören ebenfalls hinzu. Zusatzleistungen können nach festen Kostenplänen zusätzlich in Rechnung gestellt werden. Dazu gehört z.B. ein erweitertes Energiemanagement von regelbaren Erzeugungs- und Verbrauchseinrichtungen oder die Ausstattung von Messstellen mit Strom- und Spannungswandlern. 


Wird ein neuer Zählerschrank für den Einbau eines neuen intelligenten Messsystems erforderlich, müssen erhebliche Einmal-Umbaukosten von Anlagenbetreiber:innen selbst bezahlt werden. 

Abb 2 — Preisobergrenzregeln für Zählergebühren. Quelle: § 30 MsbG (https://www.gesetze-im-internet.de/messbg/__30.html) •

 

Können Messeinrichtungen noch privat betrieben werden? Und was ist der Unterschied zwischen einem grundzuständigen und einem wettbewerblichen Messstellenbetreiber?

 

In der Regel ist es für Privatpersonen kaum möglich, digitale Messeinrichtungen privat zu betreiben, da alle damit verbundenen Pflichten, einschließlich der form- und fristgerechten Datenübertragung an alle relevanten Akteure, erfüllt werden müssen.


Laut Gesetz ist der nächstliegende Netzbetreiber für den Messstellenbetrieb grundzuständig und verpflichtet, alle Aufgaben im Zusammenhang mit den Messstellen zu erfüllen. Stromverbrauchskunden und Anlagenbetreiber:innen können jedoch auch einen sogenannten wettbewerblichen (freien) Messstellenbetreiber wählen. Es gibt einige freie Dienstleister für den Messstellenbetrieb im Internet, die jedoch in der Regel hauptsächlich für Industrie- und Gewerbekunden tätig sind. Für Privatkunden bleibt meistens nur die Option, den grundzuständigen Netzbetreiber als Messstellenbetreiber zu nutzen.


Was ist der Unterschied zwischen variablen und dynamischen Stromtarifen?

 

Ab 2025 müssen alle Stromversorger unabhängig von ihrer Kundenzahl dynamische Tarife anbieten. Diese Tarife orientieren sich am aktuellen Börsenpreis und ermöglichen es, den Strombezug in kostengünstigere Zeiten mit hoher erneuerbarer Energieerzeugung zu verlagern. Die Voraussetzung dafür ist ein intelligentes Messsystem. Dynamische Tarife sind bereits jetzt verfügbar und werden von verschiedenen Stromanbietern wie z.B. Tibber oder Vattenfall angeboten. Stromlieferanten, die mehr als 100.000 Letztverbraucher versorgen und bereits intelligente Messsysteme installiert haben, müssen ihren Kunden bereits jetzt dynamische Stromtarife anbieten. 


Variable Tarife werden entweder durch steuerbare Lastverschiebungen (z.B. bei Wärmepumpen und Ladestationen für Elektroautos) oder reine Zeitverschiebungen (z.B. bei Nachtspeicherheizungen) ermöglicht. Für steuerbare Lastverschiebungen ist ein getrennter Zähler erforderlich, während reine Zeitverschiebungen einen Zwei-Tarifzähler benötigen.