Aus dem SFV-Archiv:

Kommentar zum RWE-Einspeisevertrag von Dr. Christina Bönning

vom 16.01.2001


Vorbemerkung


Im folgenden wird der verbesserte Vertrag von RWE Net AG wiedergegeben und bewertet. Der Vertrag ist grundsätzlich begrüßenswert und kann meines Erachtens nach unterschrieben werden. Allerdings möchte ich auf zwei Punkte hinweisen:
Erstens: Es gibt keinen Vertrag, der für alle Solaranlagenbetreiber ohne Ausnahme begrüßenswert ist. Bei dem jeweiligen Solaranlagenbetreiber können besondere Umstände gegeben sein, die den Vertrag als unangemessen erscheinen lassen.
Ein krasses Beispiel zur Verdeutlichung:
Wer vorher eine Vergütung von 2 DM für die nächsten 20 Jahre garantiert bekommen hat, der würde sich verschlechtern, wenn er nunmehr nur noch 99 Pf pro eingespeiste kWh erhält.
Zum Zweiten bitte ich zu beachten, daß der Vertrag zwar ohne besondere Fallstricke ist, sich jeder diesen Vertragstext jedoch sorgfältig durchlesen sollte. Er ist nicht nur positiv. Einen nur positiven Vertrag konnte ich jedoch auch nicht durchsetzen. (Anmerkung des SFV: Der vorliegende Vertragstext ist das Ergebnis eines außergerichtlichen Vergleichs, den Frau Dr. Bönning im Auftrage mehrerer Mandanten ausgehandelt hat.) In Deutschland gilt grundsätzlich die Privatautonomie. Jeder kann selbst entscheiden, ob er einen Vertrag schließt, mit wem er den Vertrag schließt und welchen Inhalt dieser Vertrag hat. Diese grundsätzliche Privatautonomie ist Ausprägung unseres wirtschaftlichen Verständnisses und wird vom Gesetzgeber nur in Ausnahmefällen beschränkt. Der Gesetzgeber geht generell auch sehr vorsichtig mit den Beschränkungen um und macht von ihnen nur dann Gebrauch, wenn eine Partei schutzwürdig ist. Hier hat der Gesetzgeber gesehen, dass die gewünschte Förderung der Solarenergie nur dann erreicht werden kann, wenn der Netzbetreiber verpflichtet ist, einen Vertrag zu schließen, wonach er den vollständig angebotenen Strom abnehmen und eine Mindestvergütung zahlen muss.
Darüber hinaus hat der Gesetzgeber jetzt geregelt, daß diese Abnahme- und Vergütungspflicht über 20 Jahre plus das Jahr der Inbetriebnahme gelten soll und hat damit einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Eine weitere Einschränkung der Privatautonomie hat der Gesetzgeber nicht vorgenommen. Nur in Ausnahmefällen kann ich deshalb Vorschriften, die mit diesen Fragen nicht in Verbindung stehen, bemängeln bzw. anderslautende Vorschriften gerichtlich durchsetzen. Eine Regelung muss schon unzumutbar sein. Die Rechtsprechung differenziert sehr genau zwischen benachteiligenden (diese sind noch zulässig) und unzumutbaren (diese sind dann nicht mehr zulässig) Vorschriften. Bei einem Netzbetreiber, wie RWE Net AG ist es Utopie, zu hoffen, dass man selber den Vertragstext formulieren kann und RWE Net AG alles soweit akzeptieren muß, bis die Vorschriften RWE unzumutbar belasten würden. Einmal davon abgesehen, dass wahrscheinlich viele Richter ein offenes Ohr hätten, wenn RWE Net AG damit argumentieren würde, sie seien ja schon durch das EEG belastet und eine weitere Belastung hätte der Gesetzgeber explizit regeln müssen, ist die Verwaltung von RWE Net AG auf die Verwendung eines einheitlichen Vertrages angewiesen. Ein großes Unternehmen kann nicht funktionieren, wenn jeweils im Einzelfall bei jedem Solaranlagenbetreiber ein anderer Vertragsinhalt (Abrechnungsmethode etc.) existieren würde. Dieser Weg ist höchstens bei kleineren Stadtwerken gehbar.
Unschöne Vorschriften können klageweise nicht verhindert werden. Hier kann nur politisches Engagement helfen.

Schließlich möchte ich noch darauf hinweisen, dass bei Verträgen zwischen Parteien unterschiedlicher Interessenlage im Regelfall beide Parteien Vor- und Nachteile haben. Verträge sollen und dürfen nicht einseitig sein. Einseitig bevorteilenden Verträgen haftet die Gefahr an, dass sie unwirksam sind.

Zur Bezeichnung der Vertragspartner

Zu diesen einleitenden Worten ist nicht viel auszuführen. Die Vertragsparteien und der Standort der Anlage werden bezeichnet. Auf eine korrekte Bezeichnung des Eigenerzeugungsanlagen-Betreibers ist zu achten. Schließlich ist er der Vertragspartner und damit Verpflichteter und Anspruchsberechtigter.

Zu 1. Eigenerzeugungsanlage

Der Vertrag wird durch die Angabe der Eigenerzeugungsanlage genauer bestimmt.
Auch hier sollte auf korrekte Bezeichnung geachtet werden. Ich möchte darauf hinweisen, dass der Vertragstext geändert werden muß, wenn die Nennleistung der Anlage geändert wird.

Zu 2. Einspeisung

Die technischen Grunddaten werden bezeichnet. Technische Besonderheiten kann ich nicht erkennen.

Zu 3. Vergütung und Abrechnung
Zu 3.1

Diese Klausel ist grundsätzlich begrüßenswert. Zuvor wurde die Klausel durch den Satz "Dieses beträgt für den Strom aus solarer Strahlungsenergie nach § 8 EEG derzeit 99 Pf/kWh" ergänzt. Auch dieser Satz entsprach grundsätzlich der Realität. Derzeit werden in der Tat nach § 8 EEG 99 Pf pro eingespeiste kWh gezahlt. Die Formulierung ließ jedoch auch den Schluß zu, dass sich jeweils bei der Änderung der Mindestvergütung nach § 8 EEG auch die Einspeisevergütung ändern sollte. Das EEG sieht jedoch vor, dass für Anlagenbetreiber, die ihre Anlagen bereits in Betrieb genommen haben, die Einspeisevergütung sich nicht ändert. Im Unterschied zum Stromeinspeisungsgesetz (StrEG) soll sich die Einspeisevergütung nur für später neu in Betrieb genommene Anlagen ändern. Damit ist eine finanzielle Unwägbarkeit weggefallen. Es werden 99 Pf pro kWh gezahlt.

Zu 3.2


Diese Klausel mag den einen oder anderen immer noch sehr erzürnen. RWE geht hier aber nicht über das im Bürgerlichen Gesetzbuch Geregelte hinaus.
Grundsätzlich besteht nach §§ 812 ff. BGB die Möglichkeit, eine einmal gezahlte Vergütung wieder zurückzufordern, wenn sich im nachhinein herausstellt, dass keine Verpflichtung zur Zahlung bestand. Wer aber Zweifel hat, ob er zur Zahlung verpflichtet ist und trotzdem zahlt, der kann nicht zurückfordern. Für solche Fälle sieht das Bürgerliche Gesetzbuch eine Zahlung unter Vorbehalt vor.
In der ursprünglichen Vertragsformulierung musste der Solaranlagenbetreiber der RWE Net AG eine Rückzahlung vertraglich zusichern: "Sollte sich ergeben, dass das EEG in Teilen oder im ganzen unanwendbar oder rechtswidrig ist, so wird der Eigenanlagen-Betreiber zuviel gezahlte Beträge der RWE Energie erstatten." Dieses Zahlungsversprechen ist vom Tisch.
Ich schätze das Risiko, bei der neuen Vertragsformulierung tatsächlich einmal eine Rückzahlung leisten zu müssen, beinahe gleich Null ein.
Zunächst müßte tatsächlich das EEG mit den beihilferechtlichen Regelungen des EU-Vertrages nicht vereinbar sein oder es müsste eine wesentliche rückwirkende Änderung des EEG eintreten. Sodann kann RWE Net AG zwar möglicherweise eine Rückforderung stellen, muß sich jedoch das gegenrechnen lassen, was RWE Net AG von anderer Stelle erhalten hat. Da RWE Net AG nach § 11 EEG bekanntlich die gezahlte Einspeisevergütung vom Übertragungsnetzbetreiber zurückerhält, würde sich der Anspruch auf Null reduzieren. Der Übertragungsnetzbetreiber seinerseits holt sich die Einspeisevergütung letztlich vom Stromkunden wieder. Das alles müsste zunächst rückabgewickelt werden, bevor RWE Net AG dem Solaranlagenbetreiber eine Rückforderung stellen kann. Darüber hinaus steht einer Rückforderung auch das Vertrauen des Solaranlagenbetreibers entgegen.

Zu 3.3


Diese Vorschrift ist nicht zu beanstanden. Wer als Solaranlagenbetreiber umsatzsteuerpflichtig ist, erhält 99 Pf plus Mehrwertsteuer. Da nicht alle Solaranlagenbetreiber umsatzsteuerpflichtig sind, ist RWE Net AG darauf angewiesen, daß dies gegenüber RWE Net AG erklärt wird. Dies stellt für den Solaranlagenbetreiber keine besondere Belastung dar.

Zu 3.4 und 3.5


Diese beiden Regelungen sind begrüßenswert. Einmal im Jahr wird durch RWE Net AG abgerechnet. RWE Net AG ist - anders als viele Netzbetreiber - bereit, monatlich gleiche Abschlagszahlungen zu leisten, sogar bei kleinen Anlagen.

Zu 4. Messung


Zu 4.1. und 4.2


Es wird hier durch den Vertrag geregelt, daß RWE Net AG den Zähler stellt.
Dies hat für Solaranlagenbetreiber Vor- und Nachteile. Der Nachteil besteht darin, dass er vermutlich finanziell besser stände, wenn er selber den Zähler kaufen und ablesen würde und die Rechnung selber schreiben würde.
Auf der anderen Seite muß er sich mit Problemen bei der Meßeinrichtung nicht mehr herumschlagen. Darüber hinaus erfolgt durch RWE Net AG die Abrechnung.
Hierzu wäre grundsätzlich der Solaranlagenbetreiber verpflichtet.

Zu 4.3 bis 4.6


Grundsätzlich ist zu den Regelungen unter 4.3 bis 4.6 anzumerken, dass es erst einmal sehr schön ist, daß RWE Net AG die Einspeisung in die Hausinstallation als Möglichkeit vorsieht. Einige Netzbetreiber sind immer noch der Ansicht, man habe bei einer Einspeisung auf dem Umweg über die Hausinstallation keinen Anspruch auf die 99 Pf.
Durch die hier gegebene Möglichkeit ist die in einigen Fällen sehr teure Parallelleitung unnötig. Die Einspeisung in die Hausinstallation führt dazu, daß die Abrechnung des Strombezugs ein wenig umfangreicher und vor allem anders als in den üblichen Fällen erfolgt. Der Stromkunde, der die Hausinstallation nutzt, muss jetzt nämlich nicht nur für den Strom bezahlen, den er über den Hausanschlusszähler erhält, sondern auch noch für den Strom, der aus der Solaranlage stammt.
Diese andere Art der Abrechnung lässt sich RWE Net AG jetzt bezahlen.

4.3 Erfolgt eine Einspeisung der Erzeugungsanlage direkt in die Hausinstallation, ist zur meßtechnischen Erfassung des aus dem Netz der RWE Net erfolgenden Strombezugs eine Meßeinrichtung erforderlich, deren Anforderungen über die im Rahmen des allgemeinen Tarifs üblichen Messeinrichtungen hinausgeht.
In diesem Fall wird auch diese Messeinrichtung im Rahmen des vorliegenden Vertrages in Rechnung gestellt.


4.4 Für die Messeinrichtung nach Ziffer 4.3 zahlt der Anlagenbetreiber zusätzlich zu dem Verrechnungspreis gemäß allgemeinen Tarif oder Netznutzungsvertrag für den Bezug von elektrischer Energie ein Entgelt in Höhe von 90 Euro/pro Jahr zuzüglich USt.


4.5 Auf Wunsch des Anlagenbetreibers kann auf eine exakte Ermittlung des Strombezugs nach 4.3 verzichtet werden. Dann ist eine Meßeinrichtung nach den Anforderungen des allgemeinen Tarifs am Netzanschluß ausreichend. Der Anlagenbetreiber ist sich bewußt, daß die vereinfachte Ermittlung einen höheren Strombezug zu Folge haben kann.
Die Formulierung im Vertragstext "erhöhter Strombezug" ist nicht ganz zutreffend, treffender müsste es heissen, "erhöhte Stromrechnung".

4.6 Für die Messeinrichtung nach Ziffer 4.5 zahlt der Anlagenbetreiber zusätzlich zu dem Verrechnungspreis gemäß allgemeinen Tarif oder Netznutzungsvertrag für den Bezug von elektrischer Energie ein Entgelt in Höhe von 10 Euro/pro Jahr zzgl. Mehrwertsteuer.


Die Regelungen 4.3 - 4.6 sind alternativ zu den Regelungen 4.1. und 4.2 zu sehen.


Die Alternativen 4.4 und 4.5 unterscheiden sich technisch in folgender Hinsicht:

Bei 4.4. wird am Hausanschluss ein zusätzlicher Zähler installiert, der den "überschüssigen" Strom erfasst, der unter Umständen aus der Hausinstallation in das Versorgungsnetz übertritt. Damit sind drei Zähler notwendig.

Zähler 1 zählt den Strom, der aus dem Versorgungsnetz in die Hausinstallation fließt.

Zähler 2 zählt den Strom, der aus der Solaranlage in die Hausinstallation fließt.

Zähler 3 zählt den Strom, der sozusagen als Überschuss in das Versorgungsnetz fließt, wenn mehr Solarstrom in die Hausinstallation eingespeist wird, als dort verbraucht wird.
Das könnte bei großen Solaranlagen z.B. auf Schulgebäuden gerade in den Sommerferien ein nicht unerheblicher Anteil sein.

Wer die Variante 4.5 wählt, verzichtet auf den Zähler 3.
Der Betreiber der Hausinstallation muss dann den Strom bezahlen, der aus dem Hausnetz in das Versorgungsnetz übertritt, obwohl er ihn nicht verbraucht hat.
Wer trotzdem von der Konfiguration 4.5 Gebrauch machen kann, der wird mit dem kleinen Aufschlag von ca. 20 DM im Jahr sicherlich gut leben können.

Bei der rechtlichen Beurteilung des Vertragstextes war mir kein Fall bekannt, der bei einer Einspeisung in die Hausinstallation von der Variante unter 4.3 Gebrauch machen würde. Ich gehe davon aus, dass in den meisten Fällen die Möglichkeit nach 4.5 gewählt wird. Derjenige, der in die Hausinstallation einspeist und von der Variante 4.4 Gebrauch machen möchte, der sollte sehr genau nach der Rechtfertigung für die hier geltend gemachte Gebühr nachfragen. Möglicherweise läßt sich hier im Einzelfall noch nachverhandeln.

(Anmerkung des SFV: Wir suchen Betreiber, die mit der Gebühr nicht einverstanden sind und Interesse an einer gerichtlichen Klärung haben.)


Zu 5. Technik und Betrieb

Die Bestimmungen unter 5.1 bis 5.6 sind identisch mit den Bestimmungen unter 4.1 bis 4.6 des alten RWE-Vertrages. Als unschön sehe ich an, daß die "jeweils gültige" Fassung der Bestimmungen einzuhalten ist. RWE kann hier einseitig den Vertragsinhalt ändern (vgl. auch Regelung unter 8.). Auf der anderen Seite muss man RWE Net AG auch einräumen, daß sie für die Sicherheit des Netzes verantwortlich sind und demnach auch hierfür ergänzende Bestimmungen erlassen können. Diese können sich insbesondere bei einer Vertragslaufzeit von 20 Jahren ändern. Darüber hinaus ist es selbstverständlich, daß die Anlage nach den anerkannten Regeln der Technik betrieben, in Stand gehalten und errichtet werden muß. Sollten die anerkannten Regeln der Technik einmal nicht mit den VDE-Bestimmungen etc. übereinstimmen, jedoch dennoch den Anforderungen im Einzelfall gerecht sein (möglicherweise werden die VDE-Bestimmungen sogar von den Regeln der Technik überholt), so ist hier auch juristisch noch Spielraum.

Die Formulierung "Hierbei sind insbesondere" konkretisiert die aufgezählten Bestimmungen.

Zu 5.2


Wenn der Solaranlagenbetreiber z. B. die Nennleistung seiner Anlage erhöht, bedarf er zur Durchführung der Zustimmung der RWE Net AG. Der eine oder andere wird hier jetzt befürchten, daß RWE Net AG möglicherweise den Ausbau der Solarenergie so blockieren wird. Man muß aber auch hier daran denken, daß RWE Net auch ein Interesse daran hat, zu wissen, wenn Änderungen an der Eigenerzeugungsanlage vorgenommen werden. Die Zustimmung kann nicht willkürlich versagt werden. Schließlich müssen Erhöhungen der Nennleistung der Eigenerzeugungsanlage nach EEG toleriert werden.
Andererseits ist zu beachten, dass nach dem 31.12.2001 und in den folgenden Jahren für Anlagen, die dann neu ans Netz gehen, die Mindestvergütung abgesenkt wird.

Zu 5.3


Dies entspricht den grundsätzlich im Zivilrecht geltenden Regeln und ist nicht zu beanstanden.

Zu 5.4


Auch dies ist meines Erachtens selbstverständlich und wird wohl auch nicht zu Problemen führen.

Zu 5.5


Auch dies ist meines Erachtens eine Selbstverständlichkeit. Mängel dürfen dazu führen, daß RWE Net AG trotz des EEG berechtigt ist, die Anlage vom Netz zu nehmen. Dies entspricht dem Bedürfnis der Allgemeinheit und Dritter an dem störungsfreien Betrieb des Netzes.

Zu 5.6

Inwieweit ein Solaranlagenbetreiber, der Strom einspeist, überhaupt das Netz der RWE Net nutzt oder aber nur die elektrische Energie am Übergabepunkt der RWE-Net übergibt, ist rechtlich noch ungeklärt. Falls er das Netz nutzt, muß er sich sicherlich wie alle anderen Netznutzer an die Regeln halten. Im Einzelfall kann die Regelung problematisch werden, wenn die Netzanschlußfragen noch nicht geklärt sind. Wer Probleme mit RWE Net AG hinsichtlich der Netznutzung bekommt - solange die Frage noch nicht geklärt ist, ob eine Netznutzung überhaupt vorliegt - der sollte sich hier sehr gut beraten lassen.
Man sollte nicht durch die Unterschrift unter den Vertrag leichtfertig Kosten übernehmen.

Zu 6. Störungen und Unterbrechung der Einspeisung
Zu 6.1

Meines Erachtens ist es gerechtfertigt, daß RWE Net für diese Fälle die Aufnahme der elektrischen Energie unterbrechen darf. § 5 AVBEltV hat folgenden Inhalt: Umfang der Versorgung, Benachrichtigung bei Versorgungsunterbrechungen (1) Das Elektrizitätsversorgungsunternehmen ist verpflichtet, den Elektrizitätsbedarf des Kunden im Rahmen des § 6 des Energiewirtschaftsgesetzes zu befriedigen und für die Dauer des Versorgungsvertrages im Umfang der Anmeldung jederzeit Elektrizität zur Verfügung zu stellen. Dies gilt nicht 1. soweit die allgemeinen Tarife zeitliche Beschränkungen vorsehen, 2. soweit und solange das Unternehmen an der Erzeugung, dem Bezug oder der Fortleitung der Elektrizität durch höhere Gewalt oder sonstige Umstände, deren Beseitigung ihm wirtschaftlich nicht zugemutet werden kann, gehindert ist.
(2) Die Versorgung kann unterbrochen werden, soweit dies zur Vornahme betriebsnotwendiger Arbeiten oder zur Vermeidung eines drohenden Netzzusammenbruchs erforderlich ist. Das Elektrizitätsversorgungsunternehmen hat jede Unterbrechung oder Unregelmäßigkeit unverzüglich zu beheben.
(3) Das Elektrizitätsversorgungsunternehmen hat die Kunden bei einer beabsichtigten Unterbrechung der Versorgung rechtzeitig in geeigneter Weise zu unterrichten. Bei kurzen Unterbrechungen ist es zur Unterrichtung nur gegenüber Kunden verpflichtet, die zur Vermeidung von Schäden auf eine ununterbrochene Stromzufuhr angewiesen sind und dies dem Unternehmen unter Angabe von Gründen schriftlich mitgeteilt haben. Die Pflicht zur Benachrichtigung entfällt, wenn die Unterrichtung 1. nach den Umständen nicht rechtzeitig möglich ist und das Unternehmen dies nicht zu vertreten hat oder 2. die Beseitigung von bereits eingetretenen Unterbrechungen verzögern würde.

Zu 6.2


Auch diese Klausel sollte man sich sehr gut durchlesen. Es ist rechtlich nicht zu verhindern, daß im Falle solcher Situationen der Netzbetreiber nicht den Strom abnehmen kann. Die Abnahmeverpflichtung muß dann ruhen. Dies ist eine Selbstverständlichkeit. Wenn einem eine Leistung unmöglich ist, kann man sie nicht ausführen. Zu Bedenken ist jedoch, daß keine Entschädigung beansprucht werden kann. Dies könnte in dem einen oder anderen theoretisch denkbaren Fall nicht den ansonsten gegebenen Vorschriften entsprechen. Allerdings sei hier der Hinweis erlaubt, daß sowieso nur dann der Netzbetreiber von seiner Verpflichtung befreit ist, wenn er das Unmöglichwerden der Aufnahme des Stroms nicht zu vertreten hat. In diesen Fällen wird wohl auch eine Entschädigungspflicht allein aufgrund der gesetzlichen Regelungen nicht in Betracht kommen. Man verzichtet somit nicht auf eine Entschädigung, die man sonst zumindest unproblematisch hätte beanspruchen können.

Zu 7. Haftung

RWE Net hat hier eine einseitige Haftungsbeschränkung vorgenommen. Die Haftungsbeschränkung für den Netzbetreiber nach §§ 6, 7 AVBEltV wurde von der Rechtsprechung akzeptiert, wenn der Energieversorger Strom verkauft. Hier ist eine umgekehrte Situation gegeben und die Haftung wurde dennoch einseitig beschränkt. Ich habe Bedenken, dass diese Klausel bei einer gerichtlichen Prüfung Bestand hätte, weil das Gericht eine einseitige Haftungsbeschränkung als unausgewogen ansehen würde. Dies würde jedoch im Endeffekt nur dazu führen, dass dann auch RWE Net AG voll haften würde. Schön wäre es sicherlich gewesen, wenn beide Vertragsparteien nur beschränkt gehaftet hätten. Das ist aber nur möglich, wenn beide Seiten damit einverstanden sind. Dies war leider nicht der Fall.
Gerichtlich hätte man also nur erreichen können, dass beide Seiten voll haften. Hinsichtlich der Haftung des Solaranlagenbetreibers also auch kein Vorteil. Wenn es in einem konkreten Schadensfall einmal auf eine volle Haftung der RWE Net ankommt, kann die Vorschrift immer noch in Zweifel gezogen werden und voller Schadensersatz verlangt werden. Wenn dann das Gericht die Vorschrift wegen Unausgewogenheit für unwirksam hält, besteht auch der Anspruch auf vollen Schadensersatz.

Zu 8.1 Änderungen des Vertrages

Diese Vertragsformulierung springt aus dem ansonsten positiven Vertrag heraus.
Die Klausel ist meines Erachtens von dem Motto geprägt: "Vogel friß oder stirb." Lieber hätte ich sicherlich diese Klausel gestrichen. Im Endergebnis meine ich jedoch, mit dieser Klausel könnte man leben. Zum einen besteht bei RWE Net AG ein gerechtfertigtes Interesse daran, technische Bedingungen über die Vertragslaufzeit hinweg abzuändern und damit auch zu bewirken, dass diese geänderten Bestimmungen Einfluß auf den Vertragstext haben. Wenn diese geändert werden, so begrüße ich es, wenn der Netzbetreiber den Solaranlagenbetreiber von sich aus informiert. Der Einspeiser muss sich nicht selbst darum kümmern.
Problematisch würde diese Regelung, wenn damit die Vertragsdauer oder die Höhe der Einspeisevergütung unterlaufen würde. Beides ist jedoch an anderer Stelle sehr positiv geregelt. Meines Erachtens gehen diese Regelungen vor. Darüber hinaus muss man auch feststellen, dass durch 8.1 nicht die ganze AVBEltV etc. Anwendung findet. Nur dort, wo in anderen Vertragspassagen diese Bestimmung für anwendbar erklärt wurde, können Änderungen auch auf den Vertragstext Einfluß haben. Die von manchen geäußerte Befürchtung, durch die Klausel könne der ganze Vertrag ausgehebelt werden, teile ich deshalb nicht. Unschön formuliert ist Klausel allemal.

Anmerkung des Solarenergie-Fördervereins: Nimmt man die hier gewählte Formulierung wörtlich, so kann RWE jederzeit jeden beliebigen Punkt des abgeschlossenen Vertrages nachträglich beliebig abändern, und dem Einspeiser bleibt dann nur noch die Möglichkeit der Kündigung - die er ohnehin nach 10.1 jederzeit hat. Diese Lesart verstößt jedoch nach Auffassung von Frau Dr. Bönning so eklatant gegen den Sinn eines Vertragsabschlusses, dass sie rechtlich ohne Belang ist. Dennoch verbleibt beim Leser ein Gefühl der Verunsicherung - und dies ist seitens des RWE offenbar so gewollt. Auch wenn Frau Dr. Bönning keine Möglichkeit sieht, diesen Punkt aus dem Vertragswerk zu streichen, so wird der SFV dennoch diese Vertragsformulierung als Beispiel für die Verunsicherungstaktik der RWE Net bei jeder Gelegenheit in die Öffentlichkeit bringen.

Zu 9. Datenschutz


Eine mittlerweile für Vertragsverhältnisse übliche Formulierung. Da meines Erachtens durch den Vertragstext keine persönlichen Angaben, die einen besonderen Schutz bedürfen, gegeben werden, bin ich mit dieser Regelung einverstanden.

Zu 10. Vertragsdauer


Diese Klausel ist einer der Gründe, warum der Vertrag für mich erfreulich ist.
Mit der Vertragsunterzeichnung verzichtet man in keinster Weise auf Rechte, die einem das EEG einräumt. Die Erwähnung des 31.12.2020 spiegelt den Vertrauensschutz des Anlagenbetreibers wieder. Er selber kann den Vertrag zum Monatsende mit einer Frist von einem Monat kündigen. RWE Net ist nur aus wichtigem Grund berechtigt, den Vertrag zu kündigen.
(Anmerkung des SFV: das Datum 31.12.2020 gilt natürlich nur für Verträge, die im Jahr 2000 abgeschlossen wurden. Wenn der Vertragsabschluss n Jahre später erfolgt, liegt natürlich auch das Vertragsende n Jahre später.)

Zu fristlose Kündigung aus wichtigem Grund

RWE Net ist nur aus wichtigem Grund berechtigt, den Vertrag zu kündigen. Hierbei wird der wichtige Grund noch konkretisiert. RWE Net AG wäre auch ohne diese Regelung zur Kündigung aus diesen Gründen berechtigt gewesen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann man die Kündigung aus wichtigem Grund vertraglich nicht ausschließen.
Es sei jedoch hier auch angemerkt, daß diese Klausel nicht bedeutet, daß RWE Net nie von dem Vertragstext loskommt. Diese Klausel bedeutet keine zusätzliche Sicherheit über das Gesetz hinaus. Es ist selbstverständlich, daß jeder Netzbetreiber augenblicklich 99 Pf an den Solaranlagenbetreiber zahlt, weil er gesetzlich dazu verpflichtet ist. Jeder, der ehrlich ist, muß eingestehen, dass der Netzbetreiber, der wirklich etwas für Solarenergie tun möchte, mehr zahlen würde. Ob nun in dem Vertragstext explizit auf § 9 EEG, das EEG in der Fassung vom 29.03.2000 oder ähnliches, extra Bezug genommen wird, ist egal.
Sollte das EEG einmal geändert werden, so wird jeder Netzbetreiber anmerken, daß er doch nur den Vertrag geschlossen hat, weil er dazu verpflichtet war.
Es wird dann auf den Inhalt der gesetzlichen Änderung ankommen.
Gegebenenfalls wird es auch zu einem weiteren Rechtsstreit kommen. Soweit man jedoch augenblicklich eine Investitionssicherheit erzwingen kann, wurde sie meines Erachtens mit diesem Vertrag erzwungen.

Zu 10.3


Zu der Regelung unter 10.3 sei angemerkt, daß mit dem Vertrag natürlich alle anderen Verträge für die Einspeisung an der Einspeisestelle, die zuvor mit RWE Net und dem Anlagenbetreiber geschlossen wurden, enden. Dies ist meines Erachtens eine Selbstverständlichkeit, da der Vertrag einen anderen Einspeisevertrag oder eine ähnliche Vereinbarung ersetzt. Wer jedoch nach einem alten Vertrag von seinem Stadtwerk, das den RWE Net AG-Vertrag nutzt, eine höhere Einspeisevergütung verlangen kann, sollte sich sehr gut überlegen, ob er diesen Vertrag austauscht.

Zu Rechtsnachfolgeklausel

Diese Klausel ist im Vergleich zu dem alten RWE-Vertrag auch neu und grundsätzlich begrüßenswert. Auch der Solaranlagenbetreiber hat die Möglichkeit, z. B. nach einem Verkauf der Anlage den Vertrag auf den neuen Anlagenbetreiber zu übertragen. Die einmal ausgehandelten Klauseln müssen deshalb nicht noch einmal neu ausgehandelt werden. Für die Übertragung ist die Zustimmung des Vertragspartners notwendig. Dies ist auch üblich. Schön ist hierbei, daß das Einverständnis nur in berechtigten Fällen wie Bedenken an der technischen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit/Bonität des neuen Vertragspartners verweigert werden kann. Die Vorschrift wäre perfekt gewesen, wenn RWE Net AG auch zur Übertragung stets verpflichtet wäre. Einmal angenommen, RWE Net AG würde sich als Aktiengesellschaft auflösen und hätte keinen Rechtsnachfolger, so geht dann der Vertrag ins Leere. Dieses Risiko läßt sich jedoch nicht gänzlich vermeiden. Es ist unüblich von dem Vertragspartner zu erzwingen, daß er die Verträge auf einen Rechtsnachfolger übertragen muß. Sollte es auch keinen Rechtsnachfolger geben, so würde ohnehin auch diese Klausel in Leere gehen.

Zu 12. Salvatorische Klausel

Die salvatorische Klausel war vorher im Vertragstext nicht enthalten.

Die Klausel kann dann von Bedeutung sein, wenn im Streitfall eine der anderen Klauseln gerichtlich für unwirksam erklärt würde, z.B. die Haftungsbeschränkung auf Seiten von RWE Net oder die Klausel 8.1, wenn die RWE Net AG sie entgegen ihren bisherigen Aussagen so auslegen würde, als könne sie einseitig beliebige Vereinbarungen im Einspeisevertrag ändern.

Über eine solche Gerichtsentscheidung würde man sich zwar als Solaranlagenbetreiber freuen, diese Freude würde jedoch nicht lange anhalten, weil - ohne salvatorische Klausel - dann der ganze Vertrag wieder neu auszuhandeln wäre.

Die salvatorische Klausel ist deshalb eine Klausel auch zum Vorteil des Anlagenbetreibers.

Zu 13. Verzeichnis der Anlagen

Die Anlagen zum Vertragstext werden verzeichnet. Auch hier möchte ich noch einmal darauf hinweisen, daß man sich grundsätzlich die Anlagen immer einmal durchlesen sollte und hinsichtlich der Bereiche, die für anwendbar erklärt worden sind, am besten die Anlagen auch zwei Mal liest.

Zu Unterschriften


Am Ende enthält der Vertrag noch ein juristisches "Schmankerl". Grundsätzlich werden Verträge dadurch geschlossen, daß beide Vertragsparteien den Vertrag unterschreiben. RWE Net AG unterschreibt ihn nicht. Dies bedeutet rechtlich kein Hindernis für die Wirksamkeit des Vertragstextes. Ein Vertrag über die Stromeinspeisung muß nämlich grundsätzlich nicht schriftlich geschlossen werden, so daß dieses Formerfordernis nicht in gleicher Intensität gilt. Gerade im Massenverkehr wird mittlerweile von der Rechtsprechung toleriert, wenn auf die eigene Unterschrift verzichtet wird. Würde sich RWE Net AG darauf berufen, man wolle sich nicht an den Vertrag gebunden fühlen, weil die Unterschrift fehle, würden sie sich zu ihrem eigenen Verhalten in Widerspruch setzen und mit diesem Einwand nicht gehört werden.


Schlusswort


Ich hoffe, ich kann Ihnen die Entscheidung für oder gegen den RWE-Vertrag mit diesen Ausführungen erleichtern. Alle Fragen kann man sicherlich nicht beantworten. Dennoch denke ich, daß die meisten Punkte von mir angesprochen wurden.


Mit sonnigen Grüßen
Dr. Christina Bönning
Rechtsanwältin