Datum: 02.04.2004
Gesetz zur Neuregelung des Rechts der erneuerbaren Energien im Strombereich - Zweite und dritte Lesung im Bundestag
 Auswahl von Redebeiträgen der 103. Sitzung des Deutschen Bundestages 
 Berlin, Freitag, den 2. April 2004 
 (Den Text der vollständigen Bundestags-Debatte finden Sie unter www.eeg-aktuell.de als pdf-Datei.)
 
Auszüge aus Redebeiträgen von:
- Marco Bülow (SPD)
 - Horst Seehofer (CDU/CSU)
 - Michaele Hustedt (Bündnis 90/ Die Grünen)
 - Angelika Brunkhorst (FDP)
 -  Hermann Scheer (SPD)
Erster Beitrag
Zweiter Beitrag - Doris Meyer ( CDU/CSU)
 - Hans-Josef Fell (Bündnis 90 / Die Grünen)
 - Jürgen Trittin (Bündnis 90 / Die Grünen)
 - Peter Paziorek (CDU / CSU)
 
Präsident Wolfgang Thierse:
 Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
 Sitzung ist eröffnet.
 
 Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
 Kollegen Marco Bülow, SPD-Fraktion.
 (Beifall bei der SPD)
 
 Marco Bülow (SPD):
 Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
 Diese Rede richte ich vor allem an die Bürgerinnen und
 Bürger. Meine Damen und Herren, mit nur 1 Euro sind
 Sie dabei! 1 Euro kosten nämlich die erneuerbaren Energien
 jeden Haushalt pro Monat. Mit 1 Euro helfen Sie
 mit, dass 50 Millionen Tonnen CO2 und 50 Millionen
 Tonnen anderer Klimagase pro Jahr eingespart werden
 können.
 
 (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
 des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
 
 Mit 1 Euro haben Sie mitgeholfen, dass 130 000 zukunftsfähige
 Arbeitsplätze geschaffen worden sind.
 Mit 1 Euro haben Sie mit dazu beigetragen, dass
 Deutschlands Energieversorgung sicherer geworden ist.
 Mit 1 Euro haben Sie mit dafür gesorgt, dass die deutschen
 Unternehmen in einer Schlüsselindustrie zum
 Marktführer geworden sind. Mit 1 Euro leisten Sie einen
 wichtigen Beitrag zur Generationengerechtigkeit.
 
 (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
 DIE GRÜNEN)
 
 [...]
 
 Eigentlich sparen Sie sogar Geld. Denn die erneuerbaren
 Energien vermeiden so genannte externe Kosten.
 Das sind Kosten für Umweltschäden, für Schäden, die
 im Bereich Klima entstehen, aber beispielsweise auch
 für Castortransporte, die bekanntlich immer viel Geld
 kosten. All diese Kosten haben letztendlich Sie zu bezahlen,
 auch wenn sie auf keiner Stromrechnung auftauchen.
 (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
 DIE GRÜNEN)
 Ich warne davor, zu glauben, dass die Kosten niedrig
 ausfallen werden. Ich möchte Sie nur an die Hitzeperiode
 und an die Hochwasserkatastrophe im letzten
 Jahr erinnern. Wenn solche Ereignisse nicht Ausnahmen
 bleiben, sondern zum Regelfall werden, dann wird es Sie
 teuer zu stehen kommen, wenn Sie weiterhin hauptsächlich
 die anderen Energieträger nutzen und nicht die erneuerbaren
 Energien.
 [...]
 Andere Modelle sind teurer und nicht so erfolgreich. Das
 beweisen viele Gesetze in anderen Ländern. Deswegen
 kopieren immer mehr Länder unser Instrument.
 Zudem wissen wir, dass sich die Kostenschere zwischen
 den erneuerbaren Energien und den anderen Energieformen
 schon allein deswegen schließen wird, weil
 wir viele neue Kraftwerke bauen müssen; das kostet
 Geld. Daneben gibt es vor allen Dingen beim Öl und
 beim Gas eine Endlichkeit, die schnell erreicht sein wird.
 (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
 DIE GRÜNEN)
 [...]
 Die Union will sich jetzt mit einem Trick retten: Die
 erneuerbaren Energien werden bis 2007 gefördert; danach
 wird geschaut, ob es ein anderes Instrument gibt.
 Das ist ökologisch  aus den genannten Gründen  und
 ökonomisch natürlich unsinnig. Ökonomisch ist es deshalb
 unsinnig, weil es überhaupt keine Planungssicherheit
 gibt. Niemand wird mehr irgendetwas in die erneuerbaren
 Energien investieren, wenn er nicht weiß, was
 hinterher dabei herauskommt. In 20 Jahren werden sich
 die Menschen an den Kopf fassen und fragen, warum es
 eigentlich so schwierig war, die erneuerbaren Energien
 zu fördern, und warum damit nicht schon viel früher angefangen
 wurde.
 (Zuruf von der SPD: Wegen der CDU!)
 Bei einigen fehlen leider der Fortschrittsglaube, der
 Mut und der Pioniergeist, die wir Deutschen doch so
 dringend brauchen. Glücklicherweise gilt das nicht für
 alle. Viele Menschen haben das Gegenteil bewiesen. Das
 sind nicht immer die Großen, die damit Geld verdienen
 wollen  was ja legitim ist. Häufig sind das die Kleinen,
 zum Beispiel die Solarinitiativen in Bayern, die eigenes,
 privates Geld in die Hand genommen haben und eine
 Menge für die erneuerbaren Energien tun.
 [...]
 
 Präsident Wolfgang Thierse:
 Ich erteile das Wort Kollegen Horst Seehofer, CDU/
 CSU-Fraktion.
 (Ute Kumpf [SPD]: Wir haben keine Gesundheitsdebatte!
 Was haben Sie denn mit Energie
 zu tun?)
 
 Horst Seehofer (CDU/CSU):
 Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
 Herren! Was für starke Worte: ewig gestrig, trickreich,
 noch nicht in der Gegenwart angekommen.
 Ich darf Herrn Bülow einmal daran erinnern, dass die erneuerbaren
 Energien zuallererst von der Union Anfang
 der 90er-Jahre gefördert wurden. Sie sind unser Kind.
 
 (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten
 der FDP)
 
 Wir haben ein klares Bekenntnis zur Funktion der erneuerbaren
 Energien auch in der Zukunft abgelegt.
 
 (Beifall bei der CDU/CSU)
 
 Wir stehen dazu. Die erneuerbaren Energien leisten für
 den Klimaschutz, die Ressourcenschonung und die
 Technologieentwicklung einen wichtigen Beitrag. Deshalb
 werden nach Auffassung der Union die erneuerbaren
 Energien wie die Sonne, die Geothermie, die Biomasse,
 die Wasserkraft und der Wind auch in der
 Zukunft einen wichtigen Beitrag zum Energiemix in der
 Bundesrepublik Deutschland leisten.
 
 (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
 
 [...]
 Weiterhin müssen wir die Förderung stärker hin zu erneuerbaren
 Energien umpolen, die vom Prinzip her
 grundlastfähig sind.
 (Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So ist es!)
 Es macht doch auf Dauer keinen Sinn, wenn wir erneuerbare
 Energien, die nur eine bestimmte Stundenzahl im
 Jahr zur Verfügung stehen, weil nicht immer die Sonne
 scheint oder der Wind bläst, fördern und gleichzeitig
 aber die konventionellen Kraftwerke uneingeschränkt
 ihre Grundlast vorhalten müssen. Was haben wir für den
 Klimaschutz erreicht, wenn nur ergänzt, nicht aber ersetzt
 wird? Deshalb müssen wir umsteuern.
 
 (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
 
 [...]
 
Deshalb sagen wir klipp und klar: Ja zum Ziel der Verdoppelung der erneuerbaren Energien beim Bruttostromverbrauch. Da stimmen wir völlig überein. Wir sagen aber ebenso entschieden: Umsteuerung hin zu grundlastfähigen Energiearten und keine Dauersubvention. Wir reden im Deutschen Bundestag fast wöchentlich darüber, wie wir Subventionen abbauen; auf der anderen Seite laufen wir Gefahr, gigantische neue Subventionen für unwirtschaftliche Anlagen zu gewähren.
 (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP 
 Marco Bülow [SPD]: Reden Sie mal über
 Atomkraft!)
 
 [...]
 [...]
 
 Deshalb soll das Erneuerbare-Energien-Gesetz mit seinem
 herkömmlichen Förderinstrumentarium bis Ende
 2007 befristet werden. Wir werden bis zu diesem Zeitpunkt
 hier im Deutschen Bundestag ein Gesetz vorlegen,
 das für die Ziele, die ich genannt habe, ein effizienteres
 Förderinstrumentarium vorsieht, als es in der Vergangenheit
 der Fall war. Die von uns vorgesehene Förderung bis zum Jahr
 2007 hängt nicht mit irgendeiner Wahl zusammen, sondern
 damit, dass Ende 2007 die Versuchsphase des
 Emissionshandels ausläuft und mehr Klarheit darüber
 herrscht, welche Kosten durch die erneuerbaren Energien
 für den Netzausbau und die Regelleistungen beim
 Strom entstehen. Dann sind wir in der Lage, eine fundierte
 Entscheidung zugunsten der erneuerbaren Energien
 zu treffen.
 
 [...]
 
 Präsident Wolfgang Thierse:
 Ich erteile der Kollegin Michaele Hustedt, Bündnis 90/
 Die Grünen, das Wort.
 
 Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
 Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
 Heute ist ein guter Tag: Die rotgrüne Koalition wird den
 Weg ins Solarzeitalter trotz einer beispiellosen Kampagne
 von RWE und Co beschleunigt fortsetzen. Unser
 Ziel ist es, den Anteil erneuerbarer Energien an der
 Stromerzeugung bis zum Jahr 2020 auf mindestens
 20 Prozent zu erhöhen.
 
 [...]
 
 Herr Seehofer, wenn Sie eine stärkere Förderung der
 erneuerbaren Energien fordern, mit denen die Grundlast
 abgedeckt und Spitzenlaststrom erzeugt werden kann,
 dann müssen Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen.
 Denn genau diesen Weg beschreiten wir damit.
 Sie hören doch sonst immer auf den Bauernverband.
 In der aktuellen Pressemitteilung des Bauernverbands
 wird klar zum Ausdruck gebracht, dass der Verband erwartet,
 dass alle Fraktionen des Bundestages der Novelle
 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes mit den darin vorgesehenen
 Verbesserungen im Zusammenhang mit der
 Biomasse zustimmen werden.
 [...]
 
 Der Klimaschutz ist bei weitem nicht nur eine ökologische
 Frage und auch kein Luxusproblem der Grünen.
 Ich möchte einmal wirtschaftlich argumentieren; denn
 wenn es um Umweltargumente geht, sind Sie  die FDP
 völlig, die CDU/CSU zumindest zur Hälfte  sowieso
 auf beiden Ohren taub. Die Kosten infolge der Flut 2002
 betrugen 15 Milliarden Euro; die Kosten infolge der
 Dürre 2003 beliefen sich auf 13 Milliarden Euro. Das alles
 muss der Steuerzahler tragen. Weltweit nimmt die
 Zahl der Naturkatastrophen enorm zu. Von 1960 bis
 1969 betrugen die Kosten für die von Naturkatastrophen
 verursachten Schäden 71 Milliarden US-Dollar. Von
 1990 bis 1999 beliefen sich die Kosten für die Schäden,
 die durch von Menschen verursachte Naturkatastrophen
 entstanden sind, schon auf 607 Milliarden US-Dollar.
 Das ist fast eine Verzehnfachung. Wer zahlt dafür? Es
 sind die Bürger, die Bauern und die Unternehmer, die
 Haus und Hof verlieren, sowie die Hausbesitzer. Wer
 verursacht das? Verursacher sind die fossilen Energieträger
 wie Kohle, Gas und Erdöl. 70 Prozent des CO2-Ausstoßes
 kommen aus den Industrieländern. Deutschland
 ist beim Klimaschutz bei weitem kein Vorreiter;
 denn Deutschland liegt mit seinem CO2-Ausstoß pro
 Kopf weit über dem EU-Durchschnitt. Im Vergleich zu
 anderen Industrieländern in der EU hat es sogar den
 höchsten CO2-Ausstoß pro Kopf. Wir sind also keine
 Vorreiter, obwohl wir in diesem Land viel für den Klimaschutz
 getan haben. Wir müssen noch viel tun.
 150 000 Menschen sind laut der Weltgesundheitsorganisation
 im letzten Jahr an den von Menschen verursachten
 Treibhauseffekten gestorben. Ich nenne Ihnen
 noch einen anderen Grund, warum wir uns für den Klimaschutz
 einsetzen sollten. Weltweit nimmt der Verbrauch
 an Rohstoffen zu, insbesondere durch das rasante
 Wachstum in China und Indien  was diesen Ländern
 durchaus vergönnt ist.[...]
 Deswegen sage ich Ihnen: Je unabhängiger ein
 Industrieland von fossilen Energieträgern wird, desto
 größer sind seine Vorteile im globalen Wettbewerb mit
 anderen Industrieländern.
 [...]
 
 Präsident Wolfgang Thierse:
 Ich erteile das Wort Kollegin Angelika Brunkhorst,
 FDP-Fraktion.
 
 Angelika Brunkhorst (FDP):
 Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
 erneuerbaren Energien sind Zukunftstechnologien. Sie
 können dazu beitragen, die Energieversorgung nachhaltig
 zu sichern.
 [...]
 Das Erneuerbare-Energien-Gesetz halten wir allerdings
 für den falschen Weg, um den Anteil der erneuerbaren
 Energien zu erhöhen. Die festgelegten Einspeisevergütungen
 sind eine ständige Marktintervention. Den
 durch das EEG gesetzten Anreiz zur Kostenreduktion
 und zur Steigerung der technischen Effizienz halten wir
 für nicht ausreichend.
 [...]
 Durch die Umstellung
 auf ein Modell marktwirtschaftlicher Förderung
 durch Mengensteuerung werden Netzbetreiber und Eigenerzeuger
 verpflichtet, eine gewisse Menge durchgeleiteten
 oder selbst genutzten Strom aus erneuerbaren
 Energien zu gewinnen. Durch Ausschreibungsmodelle
 sind diese Mengen am freien Markt erwerbbar. So
 kommt unter Wettbewerbsbedingungen jeweils diejenige
 Technologie zum Zuge, zu der die klimatischen und geographischen
 Bedingungen passen. Der Verbraucher kann
 darauf hoffen, dass auch erneuerbare Energien möglichst
 kostengünstig produziert werden. Das ist ein gutes Ziel.
 
 [...]
 
 Ich will auf die vielen Neuerungen des EEG, die Zu-und
 Abschläge, gar nicht eingehen, sondern nur so viel
 sagen: Ein untaugliches Gesetz wird durch viele Änderungen
 und Interventionen nicht besser.
 [...]
 
 Präsident Wolfgang Thierse:
 Ich erteile Kollegen Hermann Scheer, SPD-Fraktion,
 das Wort.
 (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Silke
 Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
 
 Dr. Hermann Scheer (SPD):
 Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Interessante
 ist, dass das Erneuerbare-Energien-Gesetz, dessen
 Novelle heute zur Entscheidung steht, umstrittener
 ist, als das im Jahr 2000 der Fall war. Das hat seinen
 Grund vor allem darin, dass dieses Gesetz erfolgreich
 geworden ist. Es wird zu einer ernsthaften Herausforderung
 für die Struktur der Energiewirtschaft. Von daher
 erklärt sich das seit einem Jahr anhaltende Getöse um erneuerbare
 Energien, das teilweise mehr als peinliche
 Züge angenommen hat.
 (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
 DIE GRÜNEN)
 Es gibt zahllose Lippenbekenntnisse für erneuerbare
 Energien. Natürlich spricht jeder dafür. Man würde sich
 auch wundern, wenn jemand dagegen wäre, dass eine
 emissionsfrei und dauerhaft nutzbare Energie gefördert
 wird. Aber dieses Ja ist oft nur ein Lippenbekenntnis. Es
 gibt Ausflüchte, und zwar immer dann, wenn es um konkrete
 Forderungen geht. Konkrete Forderungen sind der
 eigentliche Lackmustest dafür, ob wir in dieser Frage
 wirklich vorankommen.
 (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
 DIE GRÜNEN)
 Eine Befristung, wie sie aus der Unionsfraktion gefordert
 worden ist, ist geradezu absurd. Sie hätte unmittelbar
 zur Folge, dass die erfolgreichen Unternehmen,
 die jetzt auch auf den Weltmarkt gehen  das reicht von
 der Windenergie bis zur Photovoltaik , ihren Standort
 in die Länder verlagern würden, die mittlerweile merken,
 dass es gar keinen Weg an erneuerbaren Energien
 vorbei gibt. Kann eine Befristung wirtschaftlich ernsthaft
 begründet werden?
 (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
 DIE GRÜNEN)
 Die mangelnde Effizienz des EEG wird beklagt. Was
 soll dieses Argument? In Bezug auf die Effizienz stellt
 sich in erster Linie die Frage: Welches politische Instrument
 ist bei der Einführung erneuerbarer Energien am
 erfolgreichsten? Die Antwort ist statistisch weltweit klar.
 
 (C)
 (B)
 (D)
 Alle, die erneuerbare Energien ernsthaft fördern wollen,
 schauen auf dieses Gesetz.
 (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
 DIE GRÜNEN  Volker Kauder [CDU/CSU]:
 Das ist ja Sozialismus pur!)
 Wenn es um Effizienz geht, geht es sicherlich auch
 um Kostensenkung. Aber die Senkung der Kosten einer
 Technologie erfolgt doch nicht durch das Labor, sie erfolgt
 durch
 (Volker Kauder [CDU/CSU]: Subvention!)
 Produktionssteigerung, Produktionstechnikverbesserung,
 Markteinführung. Wer also nach Kosteneffizienz ruft,
 darf nicht die Markteinführung künstlich blockieren,
 sondern muss sie vorantreiben.
 (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
 DIE GRÜNEN)
 Das Gesetz sei zu ambitioniert, heißt es. Wir sollten
 die Zielsetzung der Reduktion von CO2-Emissionen
 um 20 Prozent bis zum Jahr 2020 streichen. In diesem
 Zusammenhang erinnere ich an das, was die Umweltministerin
 Merkel am 28. April 1998 wörtlich gesagt
 hat:
 Das große Ziel lautet, bis Mitte des nächsten Jahrhunderts
 den Anteil erneuerbarer Energien auf
 50 Prozent zu steigern.
 Deshalb müssten Sie mitmachen, wenn das nicht wieder
 nur ein Lippenbekenntnis gewesen sein soll,
 (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
 DIE GRÜNEN)
 statt Ziele zu blockieren, die an diese Dimension noch
 lange nicht herankommen.
 Das Argument, das Gesetz sei zu ambitioniert, ist läppisch.
 Es ist nicht zu ambitioniert. Bei jeder anderen
 Technologie heißt es doch: schneller sein als andere,
 weil das die internationale Wettbewerbsfähigkeit der in
 dieser Richtung tätigen Unternehmen steigert. Bei den
 erneuerbaren Energien aber heißt es jetzt: Bitte keinen
 Alleingang! Das hätten Sie sich einmal bei anderen
 Technologien überlegen sollen, die zu einem riesigen
 Milliardengrab geworden sind: schneller Brüter, die
 Atomtechnologie insgesamt.
 (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
 DIE GRÜNEN)
 Die erneuerbaren Energien seien zu teuer, heißt es.
 Wenn man die externen Effekte der herkömmlichen
 Energieversorgung, allen voran die Atomenergie, mit
 einbezieht, sind die herkömmlichen Energien aus gesellschaftsökonomischer
 Sicht längst unbezahlbar geworden.
 An diesem Tatbestand kommen wir nicht mehr vorbei.
 Mangelnder Markt wird beklagt. Der Hintergrund ist,
 dass wir bis 1998 einen Gebietsschutz für die gesamte
 deutsche Stromversorgung hatten, sodass ohne irgendein
 Risiko Investitionen getätigt werden konnten, wodurch
 Zehntausende von Megawatt an Überkapazitäten entstanden.
 Es heißt, jetzt sollen die erneuerbaren Energien
 mit dem konkurrieren, was längst bezahlt ist. Marktwirtschaft
 bedeutet, das Prinzip der Marktgleichheit zu beachten
 und diese überhaupt wiederherzustellen, denn sie
 existiert gegenwärtig nicht.
 (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
 DIE GRÜNEN)
 Wir könnten uns die Förderung der erneuerbaren
 Energien im Rahmen des EEG sparen, wenn die bisherigen,
 über Jahrzehnte getätigten Subventionen von der
 herkömmlichen Energiewirtschaft zurückgezahlt werden
 müssten und die Subventionen zurückgefordert werden
 könnten. Dann brauchten wir kein Förderprogramm für
 erneuerbare Energien. Das ist aber leider unrealistisch.
 Insofern geht an einem solchen Marktinstrument spezieller
 Art nichts vorbei.
 Die Grundlast soll damit angeblich nicht abgedeckt
 werden können. Sehen Sie sich doch einmal die wechselseitige
 Ergänzung der erneuerbaren Energien an, und
 beachten Sie, dass der Regelbedarf an Energie in den
 letzten Jahren gesunken und nicht gestiegen ist, obwohl
 wir die erneuerbaren Energien ausgebaut haben. Wenn
 Sie diesen Punkt so hervorheben, dann müssen Sie doch
 gerade deshalb zustimmen, weil der Hauptpunkt dieser
 Novelle die verstärkte Förderung der Bioenergie ist. Sie
 ist in jedem Fall grundlastfähig, weil sie genauso leicht
 speicherbar ist wie fossile Energien.
 (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
 DIE GRÜNEN)
 Das versuchte Ausspielen gegen den Emissionshandel
 ist doch nun wirklich lächerlich. Das Instrument
 EEG hat schon jetzt mehr zur Emissionsminderung beigetragen,
 als es mit den ambitionierten Zielen des Umweltministers
 in Bezug auf den Emissionshandel, die
 nicht ganz durchgekommen sind, und mit dem Emissionshandel
 überhaupt möglich gewesen wäre.
 Die Förderung der erneuerbaren Energien hat im Rahmen
 des Klimaschutzes Priorität. Das EEG ist ein
 vielfältigeres Instrument. Aber es geht im Grunde genommen
 nicht nur um Klimaschutz. Es geht um Industrieförderung;
 es geht um Förderung der Landwirtschaft;
 es geht um Förderung des Handwerks. Es gibt außerdem
 vielfältige zusätzliche Effekte, die die gesamte Entwicklung
 der Wirtschaft auf eine neue Stufe stellen. Damit
 können wir die Herausforderungen unseres Jahrhunderts
 bewältigen.
 Sehen Sie die Thematik einmal unter diesen Gesichtspunkten
 und stellen Sie die entsprechenden Fragen! Sie
 werden sehen, dass die heutigen Argumente gegen das
 EEG irgendwann einmal als peinlich empfunden werden.
 Danke schön.
 (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
 DIE GRÜNEN)
 
 Präsident Wolfgang Thierse:
 Ich erteile das Wort Kollegin Doris Meyer, CDU/
 CSU-Fraktion.
 (Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
 Die Arme!)
 Doris Meyer (Tapfheim) (CDU/CSU):
 [...]
 Die Rolle der erneuerbaren Energien im notwendigen
 Energiemix darf nicht unterschätzt werden. In den einzelnen
 Energiearten stecken beachtliche Potenziale.
 Gerade die, mit denen der Grundlastbereich abgedeckt
 werden kann  wie Geothermie, Biomasse und Wasserkraft
 , sind noch lange nicht ausgeschöpft oder überhaupt
 schon erschlossen.
 Die Geothermie steht noch ganz am Anfang ihrer Entwicklung.
 Wie auch der Bericht zu den Möglichkeiten
 geothermischer Stromerzeugung in Deutschland aufzeigt,
 gibt es auf diesem Gebiet enorme, kaum genutzte
 Potenziale.
 (Beifall bei Abgeordneten der SPD)
 Bei der Bioenergie ist das Tor zur Erschließung schon
 weit offen, aber noch lange nicht alles erschlossen. Das
 Gesamtpotenzial bei der Stromerzeugung mittels Biomasse
 wird auf etwa 60 Terawattstunden pro Jahr geschätzt.
 Die Bioenergie stellt damit ihre Grundlastfähigkeit
 unter Beweis und stellt somit einen wertvollen
 Beitrag zu einer echten dezentralen Energieversorgung
 dar.
 [...]
 Der vorliegende Gesetzentwurf deutet in die richtige
 Richtung. Bei Biomasse und Wasserkraft könnte die
 Union den Entwurf teilweise mittragen. Die Laufzeit für
 die Vergütung bei der Biomasse wurde von 15 auf wieder
 20 Jahre erhöht. Die Degression wurde von ursprünglich
 2 auf jetzt 1,5 Prozent gesenkt. Das sind Forderungen
 der Union, die erfüllt wurden, und das haben
 wir auch im Ausschuss zum Ausdruck gebracht.
 Wir schlagen in unserem Entschließungsantrag vor,
 Ende 2007 das EEG nach der Testphase des Emissionshandels
 durch eine Anschlussregelung zu ersetzen.
 Beide Instrumente, das EEG wie der Emissionshandel,
 tragen zu einer CO2Reduzierung bei. Wenn beide Instrumente
 gleichzeitig greifen, muss geprüft werden, ob
 beide nebeneinander noch in der jeweiligen Form Bestand
 haben können.
 [...]
 
 Präsident Wolfgang Thierse:
 Ich erteile das Wort Kollegen Hans-Josef Fell, Fraktion
 des Bündnisses 90/Die Grünen.
 
 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
 Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
 Herren! Frau Meyer, ich weiß, nicht Sie persönlich, aber
 Ihre Fraktion will 2007 nicht das EEG ablösen. Ihre
 Zielvorstellung ist eine ganz andere: Sie wollen die
 Markteinführung von erneuerbaren Energien beenden,
 um weiter Atomstrom und Kohlestrom umweltschädlich
 in diesem Land zu produzieren. Dies ist das entscheidende
 Ziel Ihrer Politik.
 (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
 und bei der SPD  Dr. Peter Paziorek [CDU/
 CSU]: Das ist eine Unverschämtheit, Herr
 Fell! Sie wissen es genau anders!)
 
 Gestern war der vierte Geburtstag des Erneuerbare-Energien-
 Gesetzes. Heute führen wir mit einer Novelle
 die erneuerbaren Energien aus den Kinderschuhen in das
 industrielle Erwachsenenzeitalter.
 Schon die derzeitige Fassung des Erneuerbare-Energien-
 Gesetzes führte zu einem stürmischen Wachstum,
 vor allem in den Bereichen Windkraft und Photovoltaik.
 So verzehnfachte sich in vier Jahren die jährlich neu installierte
 Photovoltaikleistung auf aktuell 130 Megawatt.
 Die Windkraft legte auf hohem Niveau noch einmal um
 70 Prozent neu installierte Leistung auf 2 600 Megawatt
 im Jahr 2003 zu. Gleichzeitig, Herr Seehofer, konnten
 die Kosten drastisch gesenkt werden, zum Beispiel bei
 der Photovoltaik um 25 Prozent in nur vier Jahren. Der
 Weg ist klar vorgezeichnet: Wir führen die erneuerbaren
 Energien mit hoher Geschwindigkeit zu Wettbewerbsfähigkeit
 und Wirtschaftlichkeit.
 (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
 sowie bei Abgeordneten der SPD)
 Auch für die Schaffung von Arbeitsplätzen war dieses
 Gesetz gut. In den letzten Jahren wurden dadurch
 100 000 neue Arbeitsplätze geschaffen. In den nächsten
 zehn Jahren wollen wir 500 000 zusätzliche Arbeitsplätze
 schaffen. Daran sehen wir: Dieses Instrument
 wird auch auf die Wirtschaft gute Auswirkungen haben.
 Auch beim Biogas gab es in den letzten Jahren eine
 Zunahme von 15 Megawatt im Jahr 1999 auf 35 Megawatt
 im Jahre 2003. Aber es zeigte sich schnell, dass das
 erwünschte Wachstum bei den Bioenergien nicht in dem
 Maße erreicht wurde, wie es gewünscht war. Der relativ
 kostengünstige Markt für landwirtschaftlichen Abfall
 und Reststoffe war bald erschöpft. Einen weiteren Ausbau
 kann es nur durch den Einsatz nachwachsender Rohstoffe
 geben. Die heutige Novelle wird hierfür den entscheidenden
 Durchbruch bringen. Der vorgesehene
 Vergütungszuschlag für nachwachsende Rohstoffe wird
 der Landwirtschaft neue Verdienstmöglichkeiten eröffnen.
 Daran zeigt sich: Die wahren Freunde der Landwirtschaft
 sind die rotgrünen Regierungsfraktionen,
 nicht die CDU und die CSU, die diesen Gesetzentwurf
 heute ablehnen.
 (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
 sowie bei Abgeordneten der SPD  Birgit
 Homburger [FDP]: Oh, oh!)
 Ich bin gespannt, wie Bauernverbandspräsident
 Sonnleitner Ihnen für Ihre ablehnende Haltung am heutigen
 Tage die Leviten lesen wird.
 (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES
 90/DIE GRÜNEN)
 Meine Damen und Herren, Bundeskanzler Schröder
 hat das Jahr 2004 als Jahr der Innovation ausgerufen.
 Die heutige EEG-Novelle ist dafür ein wesentlicher
 Baustein. Neuartige Techniken werden in das EEG aufgenommen,
 zum Beispiel Wellenkraft, Meeresströmungskraftwerke
 und Salzgradientenkraftwerke; das alles
 sind für den deutschen Maschinenbau große
 Chancen. Vor allem bei den Bioenergien sieht das Erneuerbare-
 Energien-Gesetz einen wichtigen Innovationsschub
 vor. So wird es erhöhte Vergütungen geben: für
 Biogasbrennstoffzellen, für Sterlingmotoren, für thermogenische
 Gaserzeugung und für Biogasreinigung auf
 Erdgasqualität. Dass solche Innovationsanreize ihre Wirkung
 nicht verfehlen, wissen wir schon längst: aus unseren
 Erfahrungen mit dem alten EEG.
 Die Windkraftbranche hat in den letzten Jahren
 hoch effiziente Windräder erzeugt, weil die Markteinführung
 der entscheidende Forschungsanreiz ist, Frau
 Brunkhorst. Darauf hat Herr Scheer in seiner Rede hingewiesen.
 (Birgit Homburger [FDP]: Und was ist mit den
 Kostensenkungen für die Verbraucher?)
 Die großen CO2freien Strommengen, die durch den Einsatz
 dieser hoch effizienten Windräder an süddeutschen
 Standorten gewonnen werden können, wollen wir nun
 ernten und einer aktiven, CO2freien Stromerzeugung zuführen. 
 Daher war es nur konsequent, dass die Regierungsfraktionen
 den Regierungsentwurf an dieser Stelle
 korrigiert haben.
 
 (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES
 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
 
 Denn diese Windräder werden auch Atomstrom aus süddeutschen
 Ländern ersetzen, selbst wenn das den atompolitischen
 Versessenheiten
 
 (Birgit Homburger [FDP]: So ein Quatsch!)
 der Ministerpräsidenten Stoiber, Koch und Teufel nicht
 passt.
 (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES
 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
 
 Auch die Angebotsschwankung im Windbereich wird
 die Sicherheit einer zukünftigen Vollversorgung mit erneuerbaren
 Energien nicht stören. Denn wir fördern mit
 dieser Novelle auch die Stromerzeugung aus Tiefenerdwärme.
 Sie hat das Potenzial, rund um die Uhr und ständig
 die Grundlaststromerzeugung von Kohle und Kernkraftwerken
 zu ersetzen. Das hat eine wissenschaftliche
 Untersuchung des Büros für Technikfolgenabschätzung
 längst aufgezeigt.
 Ich bin überzeugt: Diese Gesetzesnovelle wird einen
 weiteren aktiven Beitrag zum Klimaschutz leisten. Aber
 nicht nur dazu; sie wird auch eine Grundlage für die
 Stärkung der deutschen Wirtschaft sein. Frau Hustedt
 hat bereits auf die Erdölpreissteigerungen hingewiesen.
 Der OPEC-Beschluss von gestern passt doch nicht in das
 Bild der grenzenlosen Verfügbarkeit von Erdöl. Trotz eines
 extrem hohen Ölpreises hat die OPEC beschlossen,
 die Fördermengen zu senken. Darin sehe ich ein wichtiges
 Indiz dafür, dass die weltweite Ölförderung nicht
 weiter gesteigert werden kann. Damit die deutsche Wirtschaft
 auch in Zukunft noch ausreichend Energie zur
 Verfügung hat, müssen wir diese Versorgungslücke
 durch den Einsatz erneuerbarer Energien schließen. Ansonsten
 werden wir ein riesiges Problem in unserer Energiewirtschaft
 und in unserer Wirtschaft überhaupt bekommen.
 Es wird Zeit, dass Sie von der Opposition und
 auch der BDI mit Herrn Rogowski endlich begreifen: Erneuerbare
 Energien sind eine Stärkung für den Wirtschaftsstandort
 Deutschland und keine Schwächung.
 (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
 und bei der SPD)
 
 [...]
 
 Präsident Wolfgang Thierse:
 Ich erteile das Wort dem Minister Jürgen Trittin.
 
 Jürgen Trittin (Bundesminister für Umwelt, Naturschutz
 und Reaktorsicherheit):
 Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe
 mich über die Rede des Kollegen Seehofer, als er begann,
 ungeheuer gefreut.
 
 (Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das meine
 ich doch! Das war eine gute Rede!)
 
 [...]
 Sie haben ein krachendes Bekenntnis für die erneuerbaren
 Energien abgelegt. Aber es war eine Radio-Eriwan-
 Rede: im Prinzip ja. Anschließend sind Sie mit allen
 Vorurteilen gekommen, die man gegen die
 erneuerbaren Energien auffahren kann.
 
 (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
 und bei der SPD)
 
 Ich will dies an einem Punkt deutlich machen. Sie
 stellen sich hier hin, berechnen den staatlichen Anteil am
 Strompreis und schieben den den erneuerbaren Energien
 unter.
 Schauen Sie sich die Statistik des VDEW an. Ihr können
 Sie entnehmen, dass ein durchschnittlicher Haushalt
 mit drei Personen zurzeit 50 Euro im Monat für den
 Strom bezahlen muss. Davon  so der VDEW, nicht das
 Umweltministerium  wird 1 Euro  das sind 2 Prozent 
 für die erneuerbaren Energien aufgewendet. Wenn Sie
 von staatlichen Belastungen beim Strompreis reden,
 dann müssen Sie auch hinzufügen, dass 5 Euro  das
 sind 10 Prozent  Konzessionsabgaben an die Gemeinden
 sind. Ich habe von niemandem hier im Hause, weder
 aus Bayern noch aus Baden-Württemberg, gehört, dass
 er dagegen vorgehen wolle. Hören Sie auf, diese Belastungen
 den erneuerbaren Energien in die Schuhe zu
 schieben!
 
 (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
 und bei der SPD)
 
 Sie sagen: Ja, wir sind für erneuerbare Energien, aber
 wir wollen im Jahr 2007 eine Überprüfung vornehmen.
 Meine Damen und Herren, haben Sie schon einmal etwas
 von Investitionssicherheit und von stabilen Rahmenbedingungen
 gehört? Wollen Sie der Branche der
 erneuerbaren Energien alle drei Jahre eine Novellierungsdebatte
 aufzwingen, in der es wieder heißen wird:
 Wir warten mit den Investitionen in die Biomasseanlagen,
 in die Wasserkraftwerke oder in neue Anlagen, weil
 wir nicht genau wissen, was kommen wird? Die gleichen
 Redner, die in der Debatte um den Emissionshandel mindestens
 zwölf Jahre Investitionssicherheit gefordert haben,
 versuchen nun, einer anderen Branche einen Zeitraum
 von zwei Jahren zuzumuten. Das geht nicht. Sie
 verhalten sich hier standortfeindlich.
 
 (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
 und bei der SPD)
 
 Ich finde das traurig, weil ich am Anfang dieser Debatte
 den Eindruck gewonnen hatte, dass wir die Chance
 zu einem wirklichen Konsens bei der Umsetzung dieses
 Ziels  nicht nur beim Bekenntnis  haben. Sie haben gesagt:
 Wir müssen bei den erneuerbaren Energien mehr
 auf Regelenergie setzen. Das ist der Grund, warum diese
 Regierung  ich bedanke mich für die gute Unterstützung
 durch die Koalition  die Biomasse stärker fördern
 will.
 
 (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES
 90/DIE GRÜNEN)
 
 Herr Paziorek, wir haben Ihre Kritik aufgenommen
 und sind Ihnen in der Frage des Degressionszeitraums
 entgegengekommen; denn wir wollten an dieser Stelle
 ein gemeinsames Signal setzen. Es ist genau so gekommen,
 wie Sie es gefordert haben. Dennoch sagen Sie
 Nein. Ich habe den Eindruck, Sie tun das aus Prinzip.
 Sie haben gesagt, es muss mehr darauf geachtet werden,
 grundlastfähig zu werden. Aus diesem Grund stand
 schon im Regierungsentwurf, dass wir mehr für die Förderung
 der Wasserkraft, auch für den Ausbau der großen
 Wasserkraftwerke, tun wollen. Schließlich liegen in
 diesem Bereich enorme Klimaschutzpotenziale. Das war
 ein Argument, das von der Landesregierung Baden-Württembergs,
 von Herrn Kauders Parteifreunden, angeführt
 wurde. Wir sind diesem Wunsch nachgekommen
 und haben ihn umgesetzt. Wir sind konstruktiv auf Sie
 zugekommen, während Sie sich verweigern. Ich habe inzwischen
 den Eindruck gewonnen, das hat mehr mit
 Ideologie als mit Überzeugung in der Sache zu tun.
 
 (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
 und bei der SPD)
 
 Zurzeit sind einige Zeitungen der Auffassung, sie
 müssten anderen Magazinen beim Wettlauf um einen
 falschen Populismus Konkurrenz machen. Selbstverständlich
 müssen wir mit Augenmaß vorgehen. Deshalb
 setzen wir mit diesem Gesetz für den Ausbau der Windenergie
 erstens ein klares Signal für die Offshoretechnologie
 und zweitens schaffen wir damit bessere Bedingungen
 für das Repowering, also für den Ersatz alter
 Anlagen. Wir wollen mehr erneuerbare Energien mit weniger
 Masten erreichen. Das ist die einfache Formel. Das
 ist der Ansatz unseres Gesetzentwurfs und auch diesem
 verweigern Sie sich.
 
 (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
 sowie bei Abgeordneten der SPD)
 
 Eine letzte Bemerkung: Waren Sie schon einmal in
 Magdeburg? Haben Sie sich einmal angesehen, wo dort
 die letzten industriellen Arbeitsplätze sind? Sie befinden
 sich auf dem Gelände des einst zehntausend Menschen
 beschäftigenden Betriebes SKET. Dort ist jetzt die Firma
 Enercon, ein Hersteller von Windrädern, ansässig.
 Ich würde mir wünschen, dass auch Unionsabgeordnete
 mit dem gleichen Selbstbewusstsein, mit dem man
 sich in Dresden darüber freut, dass AMD und VW dort
 produzieren, in Magdeburg sagen: Die Windenergie
 sorgt für 3 000 bis 4 000 Arbeitsplätze; dass es in Magdeburg
 überhaupt noch Industrie gibt, ist eine Folge des
 Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Ein solches Selbstbewusstsein
 wünsche ich mir bei Ihnen.
 
 (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
 und bei der SPD)
 
 Durch die Nutzung der erneuerbaren Energien können
 in Deutschland heute bereits 50 Millionen Tonnen CO2
 eingespart werden. Das ist und bleibt richtig. Hören Sie
 auf, erneuerbare Energien gegen Effizienz und Energiesparen
 auszuspielen. Meine Erfahrung der letzten Tage
 ist: Diejenigen, die gegen einen effizienten Emissionshandel
 sind, sind immer schon gegen erneuerbare Energien
 gewesen.
 
 (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
 und bei der SPD)
 
 Wahr ist aber auch: Im Bereich der erneuerbaren
 Energien, also quasi durch die Einsparung von 50 Millionen
 Tonnen CO2, haben 120 000 Menschen in diesem
 Lande Arbeit gefunden, 50 000 Menschen davon in den
 letzten Jahren. Der Bereich der erneuerbaren Energien
 ist also der Beweis dafür, dass Umweltschutz und Beschäftigung,
 dass ökologische Modernisierung und Wettbewerbsfähigkeit
 bestens zusammenpassen.
 [...]
 
 Präsident Wolfgang Thierse:
 Ich erteile das Wort Kollegen Peter Paziorek, CDU/
 CSU-Fraktion.
 (Beifall bei der CDU/CSU)
 
 Dr. Peter Paziorek (CDU/CSU):
 [...]
 Wir haben klar und deutlich gesagt: Wir wollen eine
 klare Übergangsfrist. Bis zum Jahr 2007 soll das jetzige
 Fördersystem weiter bestehen. Jeder, der mit seinen Anlagen bis Ende 2007 ans Netz geht, soll nach unseren
 Vorstellungen Bestandsschutz erfahren.
 
 (Ulrich Kelber [SPD]: Was ist mit den Produktionsanlagen?)
 
 Wie können Sie es also überhaupt wagen, hier zu vermitteln,
 dass für Betreiber und Investoren Unsicherheiten
 existieren könnten? Wir sagen allen: Wer bis zum
 Jahr 2007 ans Netz geht, der hat Bestandsschutz.
 Darüber hinaus wollen wir auch einen Übergang.
 Weshalb wehren Sie sich so dagegen, Herr Minister, dass
 man in diesem Hause darüber diskutiert,
 
 (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist ein
 Ideologe!)
 
 ob das Festpreissystem langfristig sinnvoll ist oder ob
 man nicht eventuell ein Bonussystem einführen solle,
 wie wir es bei der KWK haben? Da gibt es nämlich für
 ganz bestimmte erneuerbare Energien einen Zuschlag
 auf den normalen Strompreis. Ist das der Weltuntergang?
 Ich habe das Gefühl, Sie wollen der Diskussion ausweichen,
 ob das Bonussystem besser ist als das Festpreismodell,
 welches Sie uns zurzeit vorschlagen.
 
 (Beifall bei der CDU/CSU)
 
 Sie weichen einer Diskussion darüber aus, ob wir für die
 Zeit nach 2008 ein besseres Modell entwickeln können,
 das die erneuerbaren Energien genauso gut fördert, aber
 volkswirtschaftlich viel effektiver ist als das, das Sie uns
 heute auf den Tisch legen. Das ist unsere Position.
 
 (Beifall bei der CDU/CSU)
 
 Angesichts Ihrer Aufregung hat man das Gefühl, Sie
 seien davon getroffen, dass Sie nicht das schöne Bild
 vermitteln können, die Union sei pauschal gegen erneuerbare
 Energien.
 [...]
 Sie haben auch die Aufgabe, Herr Minister, dafür zu sorgen,
 dass die Energie in Deutschland so günstig wie
 möglich hergestellt wird; denn letztlich geht es in
 Deutschland auch um Arbeitsplätze in den anderen Bereichen,
 also außerhalb der erneuerbaren Energien. Das
 müssen wir immer berücksichtigen.
 
 [...]
 
 
 Präsident Wolfgang Thierse:
 Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt
 erteile ich dem Kollegen Hermann Scheer das Wort.
 
 [...]
 
 Dr. Hermann Scheer (SPD):
 
 Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Weil die
 Debatte wegen der vorzüglichen Rede des Bundesumweltministers
 verlängert worden ist, habe ich die Gelegenheit,
 noch einmal auf einige Punkte einzugehen.
 Der Verweis darauf, dass in der nächsten Legislaturperiode
 im Jahr 2007 etwas anderes kommen werde, 
 wohinter die stillschweigende Hoffnung der Union
 steckt, dass sie dann die Dinge gestalten könnte , ist
 mehr als fadenscheinig.
 
 (Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Wieso denn
 das?)
 
 Ich erkenne durchaus an, dass es in der Union seriöse
 Strömungen gibt, die diesem Erneuerbare-Energien-Gesetz
 in der Tradition des Stromeinspeisungsgesetzes für
 erneuerbare Energien sehr positiv, sogar zustimmend gegenüberstehen.
 Auf der anderen Seite aber gibt es eine
 ganz entschiedene, radikale Gegnerschaft. Die hat heute
 zu dem Bild geführt, das Ihre Fraktion geboten hat.
 
 (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des
 BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN  Dr. Peter
 Paziorek [CDU/CSU]: Ist doch nicht wahr!)
 
 Das ist ganz eindeutig und bleibt auch der Öffentlichkeit
 nicht verborgen. Es wird doch durch diese Debatte offensichtlich.
 Das heißt, die Begleitmusik zu Ihren angeblich
 besseren Alternativen, die Sie versprechen,
 
 (Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Ja!)
 
 geht doch an der Öffentlichkeit, an den Betroffenen und
 an den Investoren überhaupt nicht vorbei.
 
 (Horst Seehofer [CDU/CSU]: Das ist wahr!)
 
 Es gibt bestimmte Aussagen, auch im Wirtschaftsausschuss.
 So hat ein Unionssprecher gesagt: Wenn wir die
 Macht übernehmen, werden wir mit dem Erneuerbare-Energien-
 Gesetz Schluss machen. Das ist eine wunderbare
 Botschaft.
 
 (Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das ist doch
 nicht die Beschlusslage!)
 
  Ich weiß, dass das vielleicht nicht Ihre offizielle Beschlusslage
 ist. Betrachten Sie einmal die so genannten wissenschaftlichen
 Gutachten, die mehrfach von verschiedenen
 Rednern der Opposition erwähnt worden sind. Diese
 Gutachten, die zwar aus dem Umfeld des Wirtschaftsministeriums
 kommen, deren Aussagen sich das Wirtschaftsministerium
 aber nicht zu Eigen gemacht hat, haben
 alle denselben Tenor. Dieser lautet: Ab dem
 Jahr 2007  deshalb ist die Jahreszahl ja so interessant 
 sollte die gesamte Förderung erneuerbarer Energien zugunsten
 des Emissionshandels fallen gelassen werden.
 
 (Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Das stimmt
 doch gar nicht!)
 
 Das ist die Aussage dieser Gutachten. Diese stützt sich
 auf die denunziatorische, meines Erachtens unwissenschaftliche
 Behauptung, dass die erneuerbaren Energien
 keine Arbeitsplätze schaffen, sondern sogar noch Arbeitsplätze
 kosten.
 Es kennen sich aber auch andere in den Wissenschaften
 aus. Es ist vielleicht für die Öffentlichkeit und auch
 für Sie, wenn Sie das Ganze nicht gelesen haben sollten,
 interessant, zu erfahren, wie diese Gutachter zu einer
 solchen Aussage kommen. Sie kommen dazu, indem sie
 behaupten, dass die EEG-Umlage, die heute von allen
 privaten Stromverbrauchern gezahlt wird, zulasten des
 Konsums geht, weil diese Mittel für Investitionen in die
 erneuerbaren Energien verwendet werden. Weil das zulasten
 des Konsums gehe, gingen Arbeitsplätze verloren.
 Es wird aber an keiner Stelle gesagt, was denn anstelle
 dessen konsumiert werde  das kann man nicht belegen
 , ob das ein Bier im Ballermann auf Mallorca ist
 oder irgendetwas anderes.
 
 (Volker Kauder [CDU/CSU]: Ballermann ist
 gut!  Jörg van Essen [FDP]: Ihre Rede tut
 einem doch weh!)
 
 Daraus ergibt sich logischerweise: Die wirtschaftswissenschaftlichen
 Gutachter kommen zu dem Ergebnis,
 dass jedweder Konsum, egal welcher Art, für die Entwicklung
 der Volkswirtschaft und sogar der Umwelt
 wichtiger ist als eine präzise und vorbestimmte Förderung
 der erneuerbaren Energien über eine Umlage, wodurch
 noch weitere Faktoren wie eine zusätzliche Wertschöpfung
 geschaffen und Entwicklungen in Gang
 gesetzt werden.
 Mit anderen Worten: Wissenschaftliche Gutachten auf
 einem solchen Niveau sind im Grunde genommen nicht
 zitierfähig.
 
 (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
 des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
 
 Solche Gutachten können allenfalls referiert werden. In
 der Wissenschaft ist es nun einmal so: Es ist selbstverständlich
 nicht jeder Professor käuflich, aber irgendeinen
 findet man leider immer, der sich zu einer gewünschten
 Aussage bereit findet.
 
 (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des
 BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN  Zurufe
 von der CDU/CSU und der FDP: Oh! 
 Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das ist nur
 peinlich!)
 
 Wenn wir über Wirtschaft sprechen, dann müssen wir
 erkennen,
 
 (Volker Kauder [CDU/CSU]: Dass Sie es nicht
 können!)
 
 dass erneuerbare Energien mit der Zeit immer billiger
 werden. Denn alle Kosten, die für diese Energien  mit
 Ausnahme der Biomasse  ausgegeben werden, fallen
 bei der Mobilisierung und Bereitstellung der Technik an.
 Daraus ergibt sich  das zeigt die Geschichte der
 technologischen Revolutionen , dass erneuerbare Energien
 auf Dauer billiger werden. Dort, wo für die Primärenergie
 etwas bezahlt werden muss  das ist nur bei der
 Biomasse der Fall , wird als Ergebnis der Mobilisierung
 erneuerbarer Energien eine Revitalisierung des
 landwirtschaftlichen Sektors erzielt.
 
 (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
 des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
 
 Herkömmliche Energien dagegen können wegen der
 negativen Umwelteffekte und der bevorstehenden Erschöpfung
 der konventionellen Energieträger nur teurer
 werden. Insofern stehen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf
 an einer Wasserscheide energiestrategischer
 Entscheidungen, die wir heute treffen.
 
 (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
 DIE GRÜNEN)
 
 Präsident Wolfgang Thierse:
 Ich schließe die Aussprache.
 Wir kommen zur Abstimmung über die von den Fraktionen
 der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen
 sowie von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwürfe
 zur Neuregelung des Rechts der erneuerbaren
 Energien im Strombereich, Drucksachen 15/2327,
 15/2539 und 15/2593.
 
 
 Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz
 und Reaktorsicherheit empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung
 auf Drucksache 15/2845, die genannten
 Gesetzentwürfe als Gesetz zur Neuregelung des
 Rechts der erneuerbaren Energien im Strombereich in
 der Ausschussfassung anzunehmen. 
 
 Ich bitte diejenigen,
 die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
 wollen, um das Handzeichen. 
 
-  Wer stimmt dagegen?
 - -- Enthaltungen?
 -  Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen der SPD, des Bündnisses 90/Die Grünen und einer Stimme aus der CDU/ CSU-Fraktion gegen die Stimmen der übrigen Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion und die Stimmen der FDP-Fraktion angenommen.
 
 Dritte Beratung
 und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
 Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. 
 
-  Wer stimmt dagegen?
 -  Enthaltungen?
 -  Der Gesetzentwurf ist mit derselben Mehrheit wie bei der Abstimmung in der zweiten Beratung angenommen.