Warum übernimmt Umweltminister Trittin die Schirmherrschaft bei einer Zertifikate-Konferenz?

Eines der wichtigen Themen der rot-grünen Bundesregierung ist die Verringerung der Umweltbelastung durch das klimaschädliche CO2. Hauptverursacher der CO2- Belastung ist, wie wir wissen, die Nutzung fossiler Energien in der Stromwirtschaft, sowie in der Mineralöl- und Gaswirtschaft. Gegen die Belastungen aus beiden Bereichen hat die Bundesregierung ein gutes Konzept entwickelt, welches sie allerdings bisher nur zögerlich einsetzt, die Ökosteuer. Gegen die Belastung aus dem Strombereich und mit dem Ziel, die Atomenergie überflüssig zu machen, hat die Bundesregierung zusätzlich das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) erlassen, welches weltweit wegen seiner Erfolge Aufsehen erregt.

Doch nun läuft schon seit Monaten bundesweit eine Diskussion über den Zertifikatehandel als Patentrezept, das die bisherigen Konzepte "ergänzen" bzw. ablösen soll. Vertreter der Bundesregierung und der rot/grünen Regierungskoalition sind aktiv beteiligt.

Wir sind entsetzt. Zwar glauben wir den Vertretern von Bundesregierung und Regierungsfraktion, dass sie möglichst rasch von der Atomenergie und der Nutzung fossiler Energien wegkommen wollen, doch der Wunsch alleine genügt natürlich nicht. Es bringt auch nichts, immer wieder neue Konzepte zu diskutieren. Vielmehr muss ein längst als richtig erkanntes Konzept gegen alle Widerstände bundesweit zielstrebig umgesetzt werden.

Drei Jahre nach Übernahme der Regierungsverantwortung sollten insbesondere die Grünen deutlich machen, dass sie den einmal begonnenen Weg fortsetzen wollen. Bisher stellten die Grünen - völlig zu Recht - das EEG als ihren größten politischen Erfolg dar. Doch warum übernimmt der grüne Umweltminister Trittin die Schirmherrschaft bei einer Veranstaltung der Kreditanstalt für Wiederaufbau zum Thema Zertifikatehandel? Die Übernahme einer Schirmherrschaft ist immer ein politisches Signal. Die Übernahme der Schirmherrschaft über eine Konferenz für Zertifikatehandel halten wir für einen groben Fehler!

In diesem Zusammenhang sei die Frage gestellt, warum überhaupt noch so viele Konzepte diskutiert werden. Das EEG funktioniert, die Ökosteuer wird von allen Umweltverbänden begrüßt, dagegen ist der Zertifikatehandel unerprobt und dort, wo er bisher versucht wurde, ineffektiv. Wer bringt die Volksvertreter dazu, von ihren erfolgreichen Konzepten abzuweichen?

Wir haben häufig genug sachlich begründet, warum das EEG und die Ökosteuer die besten Konzepte sind, und welche sachlichen Einwände es gegen Ökostromhandel, Quotenregelungen sowie insbesondere gegen den Zertifikatehandel gibt. Auf unserer Internetseite finden Sie unter den genannten 5 Stichworten von EEG bis Zertifikate viele ausführlich begründete Hinweise. Heute wollen wir die Konzepte einmal aus einem anderen Gesichtspunkt heraus beurteilen, nämlich anhand der Interessenlage der Akteure.

Es geht - wie eigentlich jeder weiß - um einen grundlegenden Interessenkonflikt zwischen ungleichen Gegnern. Der mächtigen, gut organisierten und entschlossenen europäischen Energiewirtschaft steht eine wachsende Gruppe von Befürwortern der vollständigen Energiewende gegenüber. Strategie der Energiewirtschaft ist es, die Stoßkraft ihrer Gegner zu zersplittern. Das Kalkül ist einfach und wirkungsvoll: Je größer die Zahl der Konzepte ist, desto geringer wird eine etwaige parlamentarische Mehrheit für jedes einzelne Konzept. So werden insbesondere die oben genannte Quotenregelung, der Ökostromhandel sowie der Zertifikatehandel von der Energiewirtschaft freudig unterstützt. Alle sollen sie angeblich die Nutzung der fossilen Energien und der Atomenergie zurückdrängen. Wer allerdings das Bestreben der Energiewirtschaft kennt, ihre zentralistischen Strukturen zu erhalten, wird sich über ein gemeinsames Kennzeichen all dieser Konzepte nicht wundern, nämlich über ihre prinzipielle Ineffektivität.

Was uns allerdings sehr wundert, ist die Tatsache, dass wir einige dieser ineffektiven Konzepte immer noch in der Diskussion unter Vertretern der Bundesregierung finden, an erster Stelle den eingangs erwähnten Zertifikatehandel.

Bedenkt man den hier benannten Interessenkonflikt, dann ist die Bewertung all der vorgeschlagenen Konzepte doch so einfach: Man braucht sich nur umzuhören, aus welcher Ecke Zustimmung kommt. Ein Vorschlag zur Zurückdrängung umweltschädlicher Energiebereitstellung, der den Beifall der Energiewirtschaft findet, kann nicht effektiv sein, oder glaubt jemand, er wäre es "versehentlich" doch? (Die Argumentation anhand der Interessenlage mag Ihnen flach vorkommen, sie wird jedoch exakt durch unsere oben erwähnten Sachbeurteilungen bestätigt.

Umgekehrt sollte man denjenigen Vorschlägen die größte Beachtung schenken, welche auf den schärfsten Widerstand der Energiewirtschaft stoßen. Und damit kommen wir zur Sache.

Die vehementeste Ablehnung seitens der Energiewirtschaft, die wir je erlebt haben (von nur wenigen Stadtwerken abgesehen), gilt dem Erneuerbare Energien Gesetz (EEG), einem Gesetz, welches mit Unterstützung aus den Reihen der SPD sehr wesentlich auf die Initiative grüner Abgeordneter zurückgeführt werden kann. Unter diesem Gesetz boomt insbesondere die Windenergie, die eine kostendeckende Vergütung für ihren eingespeisten Strom erhält (die Vergütung für Solarstrom ist noch verbesserungswürdig). Weltweit findet das Gesetz Beachtung und die ersten zaghaften Nachahmer. Ein klares Bekenntnis zu diesem EEG und zur Ökosteuer, den Markenzeichen von Rot/Grün, ist das überzeugendste Konzept.

Verschont uns mit dem Zertifikatehandel!