Erste Schritte zum Gesetz

Die Geburtsstunde für „intelligente Zähler“ (Smart Meter) war im Jahr 2006. In der in jenem Jahr beschlossenen Europäischen Richtlinie zur Energieeffizienz und Energiedienstleistung (EDL 2006/32/EG) 1 formulierte das Europäische Parlament erstmals die Forderung, die Abrechnung des Strom- und Wärmebedarfs in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union auf digitale Zähleinrichtungen umzustellen. Dadurch könne der tatsächliche Energieverbrauch und die tatsächliche Nutzungszeit erfasst, Erzeugungs- und Übertragungsstrukturen angepasst und die „optimale Nutzung vorhandener Ressourcen“ gefördert werden. Vorab müsse allerdings sorgfältig untersucht werden, ob eine Umstellung technisch machbar und finanziell vertretbar wäre sowie im angemessenen Verhältnis zu potentiellen Energieeinsparungen stünde.

Drei Jahre später folgte der zweite Beschluss: die Europäische Energiebinnenmarktrichtlinie 2. Die Mitgliedsstaaten wurden nun aufgefordert, Infrastrukturen für den Aufbau von Smart Metern zu schaffen. Als zeitliche Zielvorgabe empfahl man das Jahr 2022. Bis dahin sollten 80 Prozent der Haushalte mit Smart Meter ausgestattet sein. Bedingung: Eine Kosten-Nutzen-Analyse im Mitgliedsland sollte zu einem positiven Ergebnis gekommen sein.

16 europäische Länder (z.B. Österreich, Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Polen, Rumänien, Spanien, Schweden, Großbritannien) entschieden sich seitdem für einen Rollout bis 2020. Andere Länder entschieden sich dagegen (Belgien, Litauen, Tschechien) 3.

Deutschland legte im Juli 2013 eine vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) in Auftrag gegebene Kosten-Nutzen-Analyse der internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft „Ernst & Young“ 4 vor. Das Ergebnis war, dass eine maßgeschneiderte deutsche Lösung benötigt würde. Ein Rollout von Messeinrichtungen müsste „Energiewende-konform“ gestaltet werden. Intelligente Messsysteme wären nach Meinung der Gutachter prinzipiell geeignet, das Stromnetz zu stabilisieren, da Einspeisungen aus regenerativen Energien, wie z.B. Photovoltaikanlagen, gesteuert werden könnten. Ein verpflichtender Einbau von intelligenten Messsystemen für alle Endverbraucher sei jedoch zu teuer und unverhältnismäßig, da die Kosten deutlich über den durchschnittlich zu erzielenden Einsparmöglichkeiten lägen.

Das BMWi, der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und der Verband kommunaler Unternehmen unterstützten das Ergebnis der Gutachter. Seitdem nahm die Diskussion zu intelligenten Zählern Fahrt auf. „Smart“ wurde zum neuen Zauberwort für mehr Energieeffizienz und für die Energiewende.

Industrieunternehmen blickten hoffnungsvoll auf neue Zähler-Absatzmärkte, Computerfachleute tüftelten an Sicherheitsstandards, die fossile Energiebranche begrüßte die Offerte, zukünftig Erzeugungsleistungen und Letztverbraucher zentral steuern zu können.

Zahlreiche Kritiker warnten aber auch vor enormen Sicherheitsrisiken, vor Datenschutzproblemen, fehlenden Notwendigkeiten und Kostenexplosionen für Verbraucher und EE-Erzeuger: Eine dezentrale Energiewende brauche keine Smart-Meter-Überwachung und -Regelung. Technische Maßnahmen zur Haltung von Spannung und Frequenz wären völlig hinreichend. Vor allem aber sei es unverantwortlich, die Sicherheit unserer Stromversorgung in Gefahr zu bringen, da es in digitalen Netzen nie einen absoluten Schutz gegen Terrorismus geben könne. Einem bundesdeutschen Blackout wäre Tor und Tür geöffnet. Darüber hinaus hagelte es umfassende Kritik zu mangelnden Bestands- und Datenschutzregelungen.

Mit diesen Argumenten konfrontiert arbeitete das Ministerium weiter an einem Gesetz zur Einführung von Smart Meter.

Gesetz-Entwurf und Beschluss

Am 4. November 2015 fasste das Bundeskabinett den Beschluss, das „Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende“ auf den parlamentarischen Weg zu bringen. Ihm voraus ging ein im Oktober veröffentlichter 197seitiger Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) 5.

Trotz der bekannten, zum Teil grundsätzlichen Kritikpunkte räumte das Bundeswirtschaftsministerium den Verbänden und Bundesländern nach Veröffentlichungen des Gesetzentwurfes nur drei Wochen für schriftliche Stellungnahmen und Verbesserungsvorschläge ein. Kaum verwunderlich, dass bis zum Stichtag nur 38 Rückmeldungen vorlagen, die den Eindruck einer einhelligen Zustimmung zum Smart-Meter-Rollout vermittelten. Grundsätzliche Kritik gab es kaum, Verbesserungswünsche allenfalls im Detail. 6

Der Entwurfstext zum „Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende“ ist nun wie folgt aufgebaut:
In Artikel 1 des Gesetzespakets findet man das sogenannte „Messstellenbetriebsgesetz“ (MsbG). Die nachfolgenden Artikel 2 - 16 beschreiben weitere notwendige Änderungen u.a. des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes, des Energiewirtschaftsgesetzes, der Mess- und Eichordnung und der Niederspannungsanschlussverordnung.

Das neue Messstellenbetriebsgesetz besteht aktuell aus 77 Paragrafen. In ihnen wird äußerst komplex und für juristische Laien kaum verständlich dargelegt, wie Smart Meter eingeführt, technisch ausgestattet und finanziert werden sollen, unter welchen Bedingungen welcher Personenkreis die künftige Verantwortung für Messstellen tragen darf und wie die Sicherheit der Datenkommunikation gewährleistet werden kann.

Wir beim SFV haben durch die Arbeit mit dem Erneuerbaren- Energien-Gesetz schon langjährige Erfahrung mit Gesetzestexten. Unverständlichkeit, Komplexität und Knebelparagrafen sind seit Jahren ärgerlicher Rechtsbegleiter und zum Sinnbild der Verhinderung der Energiewende geworden. Das neu geplante Messstellenbetriebsgesetz führt diesen Trend fort. So werden sich Letztverbraucher und Betreiber von EE-Anlagen in den nächsten Jahren möglicherweise mit einem weiteren Gesetz beschäftigen müssen, das äußerst komplex und kaum verständlich sein wird. Schon der Versuch, die in § 2 MsbG neu definierten Begrifflichkeiten zu verstehen, hinterlässt selbst unter Experten Fragezeichen und Zuordnungsschwierigkeiten.

Erste Lesung im Bundestag

Am 26. Februar 2016 fand die erste Lesung im Bundestag statt [7]. Vertreter fast aller Parteien wiederholten die zwingende Notwendigkeit einer Messsystemwende. Ihm voraus ging ein offizieller Regierungsentwurf zum Gesetz 8.

Die Abgeordneten stimmten im wesentlichen zu, dass Stromerzeugung und -nachfrage nur mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien aufeinander abgestimmt werden könnten und die EU-Binnenmarktrichtlinie in Deutschland umzusetzen sei. Vom „Stromnetz der Zukunft“ wurde geschwärmt, dass „effizient und intelligent“ gemanagt werden könne. Hierfür wäre nicht nur der Einbau eines digitalen Stromzählers sondern auch die Nutzung einer Kommunikationseinheit (dem „Smart Meter Gateway“) notwendig. Das Vertrauen in die Datensicherheit, die durch Vorgaben des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sichergestellt werden soll, war groß.

Deutliche Kritik gab es hauptsächlich nur im Detail, beispielsweise von Bündnis 90/Die Grünen, die Verbraucher- und Kleinanlagenschutz anmahnten. Allein DIE LINKE widersprach dem Gesetzesentwurf im Grundsatz. Sie erklärte, dass die geplante Digitalisierung des Mess- und Regelwesens für die Energiewende „unnütz“ sei.
Auch die im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens durchgeführte „Öffentliche Anhörung“ im April brachte kaum Bewegung. Eingeladene Vertreter des Zentralverbands Elektrotechnik und Elektroindustrie e.V., des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) und staatlicher Institutionen stimmten erwartungsgemäß der Notwendigkeit zu, das Messwesen zu digitalisieren. Uneinigkeit bestand in der Ansicht, ob der Verteilnetzbetreiber zusätzlich Zugriff auf personengebundene Daten haben soll. Nach Vorschlag des BDEW sollten Verteilnetzbetreiber Daten zunächst speichern, aufbereiten und dann an den Übertragungsnetzbetreiber weiterleiten. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik widersprach einer solchen „Datendrehscheibe“.

Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) und die Verbraucherzentrale (vzbv) die auf Antrag der Partei DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen die Möglichkeit zur Stellungnahme erhielten, äußerten Zweifel an der Einhaltung der Verbrauchersouveränität. Vzbv forderte u.a. ein Zustimmungs- bzw. Widerspruchsrecht beim Einbau intelligenter Messsysteme für private Haushalte, die Begrenzung der Zusatzkosten für Verbraucher und eine standardisierte Datensparsamkeit bzw. - vermeidung.

BEE warnte vor unklaren Lastmanagement-Anforderungen und Manipulationsmöglichkeiten. Darüber hinaus wurde die Plausibilität der Ergebnisse aus Kosten-Nutzen-Analysen thematisiert. Insbesondere für Privathaushalte und kleinere Erzeuger Erneuerbarer Energien ließe der Gesetzentwurf noch viele Fragen bezüglich der Kosten offen, die im Rollout tatsächlich auf jeden Einzelnen zukämen.

Angezweifelt wurde auch, ob vorgestellte Energieeinsparungen realistisch seien und Preisobergrenzen für digitale Zähler dauerhalt eingehalten werden könnten. Darüber hinaus wurde auch bemängelt, dass private Letztverbraucher derzeit kaum Nutzen von zeitlichen Taktungen der Messergebnisse zum Stromverbrauch ziehen könnten, da Tageszeit- und erzeugungsabhängige Tarife nicht angeboten würden.

Die im März von Bündnis 90/Die Grünen gestellte „Kleine Anfrage“, wie hoch die Belastungen der Letztverbraucher durch die Umstellung auf digitale Zähler sei, beantwortete die Bundesregierung Ende April 9:

Sie beziffert die jährlichen Kosten für den geplanten, derzeit noch optionalen Einsatz der Smart Meter für Haushalte mit Verbräuchen bis 2000 kWh auf 20 Euro. Da man davon ausginge, dass es einen zusätzlichen Anreiz zum Stromsparen gäbe, würde der Gesetzentwurf eine Preisobergrenze von 23 Euro festlegen. Für Haushalte, die 2.000 bis 3.000 Kilowattstunden nutzen, soll eine Obergrenze von 30 Euro (zehn Euro Einsparung plus 20 Euro Kosten) gelten; bei 3.000 bis zu 4.000 Kilowattstunden würde mit einer Einsparung von 20 Euro pro Jahr gerechnet, die Preisobergrenze soll somit bei 40 Euro liegen; bei 4.000 bis 6.000 Kilowattstunden gelte eine Obergrenze von 60 Euro und bei über 6.000 Kilowattstunden sind es 100 Euro.
 

Preisobergrenze (brutto) bei Umrüstung auf Smart Meter bei Letztverbrauchern (§ 32 MsbG-Entw.)

bis 2.000 kWh 23 €
über 2.000 - 3.000 kWh 30 €
über 3.000 - 4.000 kWh 40 €
über 4.000 - 6.000 kWh 60 €
über 6.000 - 10.000 kWh 100 €
über 10.000 - 20.000 kWh 130 €
über 20.000 - 50.000 kWh 170 €
über 50.000 - 100.000 kWh 200 €
über 100.000 kWh angemessen

 

Nähere Infos zu Umrüstungs-Zeitplänen für Zähleinrichtungen bei Letztverbrauchern sind in der Übersicht 1 dargestellt. Sie basieren auf § 31(1) des MsbG-Entwurf.

 
Smart-Meter-Rollout
(Zur Vergrößerung auf Grafik klicken)
 


Trotz dieser zahlreichen Kritikpunkte im Grundsatz und Detail bleibt sehr wahrscheinlich, dass das „Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende“ in diesem Sommer vom Bundestag beschlossen wird.

2. und 3. Lesung

Am 23.6.2016 fand die zweite und dritte Lesung im Bundestag statt. Der Entschießungsantrag von Bündnis 90/ Die Grünen zur Nachbesserung am Gesetzentwurf (Bt.-Drucksache 18/8924) wurde mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Opposition abgelehnt. Das Gesetz wird nun nach Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten.

Was auf EE-Anlagenbetreiber zukommen wird

Auch wenn uns weitaus wichtigere Themen und Fragestellungen zur Energiewende bewegen müssten, werden wir nicht darum herumkommen, uns mit dem Thema „Smart Meter“ weiter zu beschäftigen. Der SFV wird Informationen und Tipps zur Praxis regelmäßig weitergeben - im Solarbrief und im Internet. Im folgenden werden erste Infos (rechtsunverbindlich!) zu Regelungen vorgestellt, die in Kürze auf Anlagenbetreiber zukommen könnten. Auch wenn das Gesetz noch nicht beschlossen und Änderungen im Detail noch abwendbar sind, wollen wir Smart-Meter-Betreiberthemen bereits kurz ansprechen. Es bleibt wenig Zeit, sich darauf einzustellen. Sensibilisierung und Transparenz sind wesentlich, um zukünftige Investitionsentscheidungen vorzubereiten.

Austausch der Zähler und Kosten

Nach dem bisherigen Gesetzesentwurf soll der Messstellen-Rollout bereits zum 1. Januar 2017 für Bestandsanlagen von 7 - 100 kW starten und innerhalb der nächsten 8 Jahre abgeschlossen sein (siehe Übersicht 1). Vorhandene Arbeitszähler sollen schrittweise ausgetauscht werden. Betreiber von Bestandsanlagen sollen nicht in Aktion treten müssen. Sie werden vom neuen Messstellenbetreiber (in der Regel der Verteilnetzbetreiber) über den Termin der Umrüstung informiert. Die Kosten des Zählertausches trägen die Anlagenbetreiber allerdings selbst.

Wer bereits eine „intelligente Messeinrichtung“ zur Abrechnung verwendet (Fernwirksysteme, die 1/4h-Erzeugungswerte per Telekommunikation weiterleiten), soll diese noch für weitere 8 Jahre nutzen dürfen. Ab 2020 sollen alle Anlagen über 100 kW innerhalb von 8 Jahren mit intelligenten Messsystemen ausgestattet werden. Für jeden Zählpunkt soll ein „angemessenes“ jährliches Entgelt in Rechnung gestellt werden können. (§ 31 (2 ) MsbG-Entwurf).

Die im Messstellenbetriebsgesetz ausgewiesenen jährliche Preisobergrenzen für Anlagen bis 100 kW sollen nicht überschritten werden (derzeit § 31(2) MsbG-Entwurf), können allerdings auf Grundlage einer noch zu beschließenden Verordnung vom BMWi neu angepasst werden (derzeit § 46 MsbG-Entwurf). Als frühester Termin einer Anpassung ist das Jahr 2027 vorgesehen (derzeit § 34 MsbG-Entwurf).

Für alle Neuanlagen ab 7 kW, die ab 1.1.2017 in Betrieb gesetzt werden, müssen allerdings Smart-Meter-Messsysteme verwendet werden.

In der 2. und 3. Lesung zum Gesetz erweiterte man die Forderungen. Nunmehr sollen ab 2018 auch Betreiber von 1 - 7 kW-Anlagen die neuen Zähleinrichtungen - sofern "technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar" - nutzen. Dies sei immer dann der Fall, "wenn Messstellen an Zählpunkten von Neuanlagen vom grundzuständigen Messstellenbetreiber mit einem intelligenten Messsystem ausgestattet werden und dabei für den Messstellenbetrieb für jeden Zählpunkt nicht mehr als 60 Euro brutto jährlich in Rechnung gestellt werden.“ (siehe § 31 Absatz 3 MsbG-Entwurf). Bei einer 20-jährigen Nutzungszeit einer EE-Anlage müssen Betreiber von Neuanlagen ab 1 kW allein für die Messung nunmehr mindestens 1200 € berappen - ein Gesamtbetrag, der vom Preis pro kWp nicht mehr so weit entfernt ist!


 

Anlagegröße Preisobergrenzen (brutto) für Smart Meter Zählpunkt und Jahr
1 - 7 kW 60 €
7 - 15 kW 100 €
15 - 30 kW 130 €
30 - 100 kW 200 €
über 100 kW keine Preisobergrenze

 

Ob die jährlichen Preisobergrenzen die gesamten Messkosten - vom Einbau über den Messstellenbetrieb, die Wartung und Reparatur der Zähler, die Auslesung und den Abrechnungsaufwand - beinhalten werden, ist im Gesetzentwurf nicht detailliert ausgeführt. Der Begründung zum Gesetzentwurf ist lediglich zu entnehmen, dass „Kosten- und Preisobergrenzen für den Einbau und Betrieb von intelligenten Messsystemen und Zählern bundesweit einheitlich“ gestaltet werden sollen. Ebenso wird geflissentlich übersehen, dass die Umrüstung auf digitalisierte Systeme zur Abrechnung auch einen Einfluss auf technische Einrichtungen z.B. zum Lastmanagement haben können und damit ggf. Neuinvestitionen notwendig werden.

Private Zähler?

Die neuen Anforderungen an den Messstellenbetrieb von Smart Meter werden von Anlagenbetreibern zukünftig im Regelfall nicht mehr selbst erfüllbar sein. Somit werden private Zähleinrichtungen zunehmend der Vergangenheit angehören. Messstellenbetreiber können nur von der Bundesnetzagentur als grundzuständig deklariert werden. Dies werden in aller Regel Netzbetreiber oder fachkundiger Dritter mit BSI-Zulassung sein. (derzeit § 4 MsbG-Entwurf).

Als äußerst problematisch eingeschätzt wird die Tatsache, dass bereits nach Inkrafttreten des neuen Messstellenbetriebsgesetzes (voraussichtlich also im August!) private Messeinrichtungen nicht mehr zulässig sind. Ab diesem Zeitpunkt geht die Grundzuständigkeit für den Messstellenbetrieb von dem Anlagenbetreiber nahtlos auf den grundzuständigen Messstellenbetreiber (i.d.R. der Netzbetreiber) über. Eine Übergangsvorschrift gibt es nicht. An diese bisher noch vorliegende Rechtssituation schließen sich zahlreiche Fragen an. Die Clearingstelle EEG führt deshalb bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes einen Runden Tisch ein, um mit einigen relevanten Akteuren pragmatische Lösungen zu erarbeiten. Der SFV beteiligt sich daran.

Bestandsschutz?

In § 16 MsbG-Entwurf wird festgelegt, dass private, bis dato verwendete Arbeitszähler vom grundzuständigen Messtellenbetreiber oder einem Dritten unentgeltlich entfernt werden können. Der Ausbau muss vom Anlagenbetreiber geduldet werden. Dieser Eingriff hat enteignungsähnliche Wirkung, da Anlagenbetreiber oder Dritten diesen ausgebauten Zähler kaum weiternutzen können (z. B. noch funktionstüchtige Ferrariszähler). Die dargelegte Option, man könne ihn ja verkaufen, läuft in aller Regel leer. Wer sollte Ferrariszähler in dieser Menge noch brauchen?

Vertrag

Seit Jahren gehörten verpflichtende Einspeiseverträge der Vergangenheit an. Unverständliche Formulierungen und nachteilige Verträge müssen von Anlagenbetreibern nicht akzeptiert werden, denn seit dem EEG 2009 gilt, dass alle Anschluss-, Abnahme- und Vergütungsregeln vom Netzbetreiber ohne Abschluss eines Vertrages gewährt werden müssen. Mit dem Messstellenbetriebsgesetz kommen die Probleme wieder, denn Anlagenbetreiber müssen nun zur Abrechnung des Stroms zwingend einen Messstellenvertrag abschließen (derzeit § 9 MsbG-Entwurf). Sinnvoll wäre, aus den Erfahrungen der Vergangenheit zu lernen und zügig öffentlich anerkannte Musterverträge (z. B. von der Clearingstelle EEG) anzubieten, um Anlagenbetreiber vor unverständlichen und diskriminierenden Regelungen zu schützen.

Einspeisemanagement

Alle Anlagen sollen zukünftig mit einer Steuerbox ausgerüstet werden, die eine Abregelung der EE-Anlage bei Netzüberlastungen ermöglicht. Unklar ist, wie hoch deren Preis sein darf. Ebenso problematisch ist, dass es noch nach Rückmeldung der Experten noch keine BSI-sicherheitskonforme Steuerboxen gibt. Man rechnet mit 2-3 Jahren Entwicklungszeit. Trotzdem enthält das MsbG bereits die Forderung auf Umrüstung und definiert die Kosten mit „angemessen“. Rundsteuergeräte, die von Betreibern bis dato käuflich erworben oder gemietet wurden, sollen nicht mehr nutzbar sein. Wer die Kosten der Umrüstung auf Steuerboxen schlussendlich tragen muss, ist noch nicht sicher geklärt. In der Begründung zu § 29 MsbG-Entwurf liest man zwar: <i>„Kosten für technische Zusatzeinrichtungen zum intelligenten Messsystem, die allein dem Zweck dienen, Netzausbau einzusparen bzw. den Netzbetrieb effizient und sicher zu gestalten, werden den Netzentgelten zugeordnet. Dies gilt z. B. für Elemente einer Steuerbox zum Einspeisemanagement bei Erzeugungsanlagen.“ </i>Wie rechtssicher und weitreichend diese Begründung allerdings wirkt, bleibt abzuwarten.

 

Quellen:

[1] Europäische Richtlinie zur Energieeffizienz und Energiedienstleistung (EDL 2006/32/EG) ,
https://de.wikipedia.org/wiki/Richtlinie_2006/32/Richtlinie_2006/32/EG_über_Endenergieeffizienz_und_Energiedienstleistungen

[2] Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG, http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2009:211:0055:0093:de:PDF

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Intelligenter_Zähler

[4] Ernst&Young, property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf

[5] Referentenentwurf EEG 2016, property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf

[6] 1. Lesung im Bundestag, Stenografischer Bericht, http://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/18/18159.pdf#P.15731

[7] Öffentliche Anhörung, https://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse18/a09/anhoerungen/anhoerung-13-04-16-digitalisierung-energiewende/416228

[8] Gesetzentwurf dre Bundesregierung zur Digitalisierung der Energiewende, https://www.clearingstelle-eeg.de/files/RegE_Gesetz_zur_Digitalisierung_160217.pdf

[9] Kleine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen, http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/082/1808218.pdf

[10] Bt.-Dr. 18/8919 vom 22.06.2016