Info 182, Stand 10.12.96

Ist kostendeckende Vergütung eine verdeckte Gewinnausschüttung?

Sachverhalt

Die Stadtwerke Lübeck haben mit Schreiben vom 28.11.96 an den SFV u.a. vorgetragen, daß

"... die Auszahlung einer erhöhten Einspeisevergütung" (für Solarstrom) "an Anlagenbetreiber ... für die Stadtwerke Lübeck ... den Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung erfüllt, so daß die Stadtwerke ... entsprechende Steuern zu entrichten hätten."

Anmerkung

Eine verhinderte Vermögensmehrung mit Vorteilgewährung (= vGA) für die Kommune (= "Gesellschafter") könnte vorliegen, wenn bei fortdauernder Erbringung "kostendeckender" Zahlungen in diesen - bzw. in der Unterlassung geringerer Zahlungen - ein Verzicht auf die Rechte zu sehen wäre, die dem Energieversorger gegenüber einem Gesellschafter zustehen (vgl. das Beispiel in Abschnitt 31 Abs. 3 Satz 5 Nr. 10 KStR) oder wenn wegen außergewöhnlich vorteilhafter Vertragskonditionen ein Gesellschafter von der Gesellschaft Wirtschaftsgüter zu ungewöhnlichen Preisen erwirbt oder besondere Preisnachlässe erhält (vgl. das Beispiel in Abschn. 31 Abs. 3 Satz 5 Nr. 6 KStG).

- Bei dem Institut der vGA handelt es sich um einen richterrechtlich geprägten, unbestimmten Rechtsbegriff. Durch ein neues Urteil des BFH ist der Begriff zwar neu definiert, weite Teile der vorhergehenden Rechtssprechung gelten aber fort.

Die Körperschaftssteuer bemißt sich im Grundsatz nach § 7 KStG nach dem zu versteuernden Einkommen im Sinne des § 8 Abs. 1 KStG, vermindert um die Freibeträge der §§ 24, 25 KStG. Was dabei als Einkommen gilt und wie es zu ermitteln ist, bestimmt sich nach den Vorschriften des EStG und des KStG (§ 8 Abs. 1 KStG).

Die Beurteilung eines Vorganges danach, ob es sich um eine vGA handelt, richtet sich nach Abschnitt 31 KStR:

- Die Annnahme einer vGA setzt voraus, daß der Empfänger der Ausschüttung ein mitglied-schaftsähnlichen Verhältnis zur ausschüttenden Körperschaft hat. Das kann ... bei Betrieben gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts ... der Fall sein (Abschn. 31 Abs. 2 S. 1, 2 KStG).

- Eine vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG ist eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesell-schaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungs-beschluß beruht.

- Eine Veranlassung durch das Gesellschafts-verhältnis liegt ... vor , wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Gesellschaftsleiter ... die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung gegenüber einer Person, die nicht Gesellschafter ist, unter sonst gleichen Umständen nicht hingenommen hätte ( vgl. Abschn. 31 Abs. 3 KStG). Dabei ist dem Geschäftsleiter ein gewisser Spielraum kaufmännischen Ermessens einzuräumen.

- Eine vGA liegt nicht vor, wenn die Kapitalgesellschaft bei der Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung unter sonst gleichen Umständen auch gegenüber einem Nichtgesellschafter hingenommen hätte. Dies kann der Fall sein, wenn zwischen Gesellschaft und Gesellschafter ein angemessenes Entgelt in anderer Weise vereinbart worden ist (vgl. Abschn. 31 Abs. 3 Satz 6 KStG).

- Es ist darauf abzustellen, daß die ... verhinderte Vermögensmehrung ... zu einem Vorteil bei dem führt, der ... den Einfluß auf das Gebilde hat. Entscheidend ... ist ... (die) Veranlassung durch das ... mitgliedschaftsähnliche Verhältnis (Abschn. 31 Abs. 2 S. 7, 8 KStG).

-Nach alledem ist die vorgetragene Ansicht wohl zweifelhaft. Allerdings: Bei den Entscheidungen der Finanzbehörden über die Steuerbarkeit bestimmter Vorgänge handelt es sich wegen der richterrechtlichen, kasuistischen Prägung des Begriffs der vGA, sowie wegen des dem Geschäftsleiter eingeräumten Ermessens fast immer um Einzelfallentscheidungen.

- In der Praxis ist zu empfehlen, kurzfristig das Benehmen mit den vor Ort zuständigen Finanzbehörden, ggf. mit der zuständigen OFD zu suchen.