Wirtschaftlichkeitsberechnung von Solarstromanlagen

Der bevorstehende Erlaß eines Gesetzes zur Förderung der Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien (EEG) mit einer vorgesehenen Mindestvergütung von 99 Pf/kWh läßt die Frage aufkommen, ob nunmehr die Wirtschaftlichkeit von Solaranlagen gegeben ist.

Von Wolf von Fabeck

Pioniere haben sich noch nie um die Frage gekümmert, ob sich ihr Einsatz „rechnet"... So kommt es, daß unter Solarfreunden die Frage der Wirtschaftlichkeit ihrer Anlagen eher beiläufig und teilweise auch recht laienhaft behandelt wird. Doch um das Tempo der Energiewende zu beschleunigen, müssen wir nun auch solche Menschen interessieren, die ihr Handeln vorwiegend an wirtschaftlichen Maßstäben ausrichten. Wir alle sollten uns deshalb mit den Grundlagen einer Wirtschaftlichkeitsberechnung vertraut machen.

Zur Berechnung der Wirtschaftlichkeit von Solarstromanlagen sind mittlerweile verschiedene Rechenprogramme erhältlich, die sich in der Zielsetzung, im Verfahren, in der Benutzeroberfläche (und im Preis) unterscheiden. Zielsetzung mancher Programme ist z.B. der Nachweis, daß Solaranlagen eine kleine Rendite abwerfen. Sie wollen viele Menschen zum Bau einer Solaranlage ermutigen. Uns genügt das allerdings nicht. Unser Programm orientiert sich nicht an einer kleinen Rendite, sondern sucht die Vergleichbarkeit mit den üblichen Renditen langfristiger Geldanlagen.

Da das Programm vorwiegend für die energiepolitische Diskussion um die Höhe der kostendeckenden Vergütung entwickelt wurde, läßt es alle Effekte weg, die auch nur im entferntesten den Eindruck erwecken könnten, hier würde den zukünftigen Betreibern eine goldene Nase angeboten.

So werden Diskussionen um Verlustabschreibungen, Teuerungsraten, Risikozuschläge, Rücklagen (für statistisch zu erwartende Reparaturen und den Abbau der Anlage) vermieden - obwohl auch diese Erwägungen durchaus ihre Berechtigung hätten...

Die Benutzeroberfläche der verschiedenen Programme unterscheidet sich besonders in der Transparenz. Bei unserem Programm wird dem Benutzer die Bedeutung und das Ergebnis jedes Rechenschritts mitgeteilt. Die Entwicklung des Betreiberkontos wird in Jahresschritten dargestellt.

Der Betriebsbeginn wird vom Nutzer des Programms frei gewählt. Daraufhin schlägt das Programm die übrigen Eingangswerte vor, z.B. den bei Betriebsbeginn üblichen Durchschnittspreis-Preis für ein kWp, den damals erhältlichen höchsten Zuschuß, die damals übliche Einspeise-Vergütung, geplante neue Vergütung, ggf. Höhe des KfW-Kredits usw. Der Nutzer kann diese Werte variieren. Bei besonders krassen Abweichungen vom üblichen erfolgt eine Warnung.

Je nach Eingangswerten kommt das Programm zu einem der drei folgenden Ergebnisse:

- Die Vergütung erlaubt nach einem bestimmten Zeitpunkt die Erzielung eines Gewinns. Der Zeitpunkt wird genannt.

- Die Vergütung reicht für den wirtschaftlichen Betrieb aus.

- Die neue Vergütung müßte eigentlich höher sein. Der eigentlich erforderliche Wert wird genannt.

Abschließend nennt das Programm die Einspeisevergütung, die nach der vorgegebenen Laufzeit, nach Ableistung des Kapitaldienstes dann noch mindestens erforderlich ist, die laufenden Betriebskosten des Betreibers zu decken.

Es ist vorgesehen, das Programm nach einer ersten Diskussions- und Testphase, in der wir Sie um Ihre Mitarbeit bitten, auf unserer Internetseite als interaktives Programm anzubieten. Wer sich bereits vorher weitere Ergebnisse ansehen will, kann die ihn interessierenden Eingangswerte nach dem Muster von Seite 12 notieren und uns zusenden. Er erhält dann von uns ein ausgedrucktes Berechnungsprotokoll.

Um plausibel zu machen, warum wir gerade das oben geschilderte Programm gewählt haben, werfe ich einen kurzen Rückblick auf die Entstehungsgeschichte.

Der NRW Strompreisaufsicht unter Dr. Schulte-Janson gebührt das Verdienst - bereits zu einer Zeit, als der Betrieb von Solaranlagen allgemein noch als extravagantes Hobby belächelt wurde - erstmals ein Rechenschema entwickelt zu haben, mit dem sich die betriebswirtschaftlich notwendige Einspeisevergütung berechnen ließ.

Das Rechenschema wurde von den Strompreisaufsichten der meisten Bundesländer anerkannt, und in einigen Kommunen wurde eine solche „kostendeckende Vergütung" tatsächlich gezahlt. In den übrigen Kommunen blieb es aber nach wie vor bei der gesetzlichen Mindestvergütung von ca. 17 Pf/kWh. Die Tatsache, daß ab April 2000 mit einer erheblichen Anhebung der Mindestvergütung zu rechnen ist, verlangt jetzt nach einer Anpassung des Berechnungsverfahrens an einen Vergütungswechsel. Immerhin könnte es ja sein, daß die neue Mindestvergütung zu einer echten Wirtschaftlichkeit auch dort führen würde, wo es bisher keine Wirtschaftlichkeit gab. Oder anders herum; wer kostendeckende Einspeisevergütung fordert, sollte begründen können, warum die neue Vergütung noch nicht kostendeckend ist.

Das Prinzip der Berechnung wird verständlich, wenn man sich die Aufgabe der Strompreisaufsicht im damaligen Monopolmarkt vergegenwärtigt. Die Strompreisaufsicht war verantwortlich für den Schutz der Stromverbraucher vor überhöhten Strompreisforderungen der Stromversorger. Geradezu genial war die Idee des Leiters der NRW-Strompreisaufsicht, Dr. Schulte-Janson, das dafür entwickelte Instrumentarium auf Solaranlagen anzuwenden, und dies an einem Round Table mit der Stromwirtschaft gemeinsam abzustimmen. Gerade die Stromwirtschaft war - da mit diesem Instrumentarium ja auch ihre eigenen Preisforderungen für Kohle und Atomstrom beurteilt wurde - an einer fairen Berechnung interessiert und konnte schlechterdings für die Erzeuger von Solarstrom keine anderen Maßstäbe fordern.

Unmittelbarer Anlaß für das Tätigwerden der Strompreisaufsicht war der Beschluß des Aachener Stadtrates, den Stadtwerken eine kostendeckende Vergütung von Solarstrom sowie die Umlage der Mehrkosten auf den Strompreis vorzuschreiben. Nunmehr mußten die Stromkunden auch vor möglicherweise überhöhten Einspeisevergütungen der Solarstromerzeuger geschützt werden. In einem politischen Umfeld, in dem die endgültigen Ergebnisse meist als Kompromiß zwischen überhöhten Forderungen der einen und unzureichenden Angeboten der anderen Seite ausgehandelt werden, sollte nicht unerwähnt bleiben, daß die damalige Forderung des SFV nach einer Vergütungshöhe von 2 DM/kWh in voller Höhe als gerechtfertigt anerkannt wurde. Die Berechnungen des Round Table ergaben sogar noch einen Pfennig pro Kilowattstunde mehr, nämlich 2,01 DM/kWh.

Grundlage des strompreisaufsichtlichen Verfahrens war die Überlegung, daß der Stromwirtschaft (und damit auch den Solaranlagenbetreibern) für das eingesetzte Eigenkapital die gleiche Rendite ermöglicht werden sollte, wie sie jeder Bankkunde mit dem Kauf festverzinslicher inländischer Wertpapiere erwirtschaften konnte. Bei einer niedrigeren Rendite hätte kein finanzieller Anreiz zur Investition mehr bestanden. Die Kapitaleigner hätten ihr Geld eher zur Bank getragen.

Die zulässige Höhe des Fremdkapitals wurde am Round Table in Übereinstimmung mit den Verhältnissen in der Stromwirtschaft auf 60 % festgelegt.

Die Laufzeit der Vergütung wurde vom Round Table auf 20 Jahre festgelegt. Ein so langer Zeitraum ist in der Wirtschaft ungewöhnlich. Investoren verlangen üblicherweise ihr Geld in kürzerer Zeit zurück.

Hätte man sich beispielsweise für eine in der Wirtschaft übliche Kapital-Rücklaufzeit von 7 Jahren entschieden, hätte die Vergütung 3,58 DM/kWh betragen müssen.

Die Konsequenzen wären gewesen: Betreiber von Solaranlagen hätten nach sieben Jahren das eingesetzte Kapital vollständig zurückerhalten und mit diesem Geld bereits die nächste Solaranlage errichten können. Ihre erste Solaranlage aber hätte weiterhin Strom geliefert, allerdings nicht zum Nulltarif. Zumindest die laufenden Wartungs- und Versicherungskosten, sowie die Zählergebühr wären weiterhin angefallen. Dies wäre mit der gesetzlichen Mindestvergütung jedoch bei weitem nicht abgedeckt gewesen. Um den Betreibern einen Anreiz für den Weiterbetrieb der Anlage bis zur erwarteten Anlagen-Lebensdauer von 20 Jahren zu geben und wohl auch um die erforderliche Vergütung unter der magischen 2 DM-Grenze zu halten, hat damals der Round Table eine Vergütungsdauer von 20 Jahren festgelegt. Wir halten auch heute noch diese Entscheidung für sinnvoll.

Die Auswirkungen der geplanten neuen Mindestvergütung von 99 Pf/kWh soll nunmehr an einem Beispiel rechnerisch demonstriert werden:

Das Beispiel zeigt den Übergang von der bisherigen Mindestvergütung mit 17 Pf/kWh zur neuen Vergütung von 99 Pf/kWh.

Wir haben absichtlich eine Anlage gewählt, bei der besonders günstige wirtschaftliche Voraussetzungen gegeben waren, eine Anlage aus der Schlußphase des alten 1000-Dächerprogramms. Damals gab es in der ehemaligen DDR eine besonders hohe staatliche Förderung von 75 %. Außerdem haben wir angenommen, daß der Betreiber eine Rückerstattung der beim Kauf bezahlten Mehrwertsteuer erreichen konnte. Schließlich haben wir eine für damalige Verhältnisse recht große Anlage von 5 kW gewählt.

Doch die schrittweise Berechnung zeigt, daß selbst bei diesen extrem günstig gewählten Anfangsbedingungen die nachträgliche Gewährung von 99 Pf/kWh bei weitem nicht ausreicht. Wir waren selber davon überrascht, daß zur nachträglichen Kostendeckung die 99 Pf/kW sogar mehr als verdoppelt werden müßten. Insofern kommt diesem Beispiel in der Diskussion um das neue EEG auch eine gewisse energiepolitische Bedeutung zu.