Climate-Action - Vor Gericht ziehen

Wenn die Politik ihre Aufgabe, die Menschen vor einer Klimakatastrophe zu schützen, nicht wahrnimmt, dann gibt es in einem Rechtsstaat die Justiz als mögliches Korrektiv. Klimaschutz ist sowohl völkerrechtliche Pflicht (Pariser Klimaschutzübereinkommen 2015) als auch verfassungsrechtliches Gebot (Art. 20a GG)

[...] Die Chancen

Gerichte sind oft nicht so unmittelbarem Lobby-Druck ausgesetzt wie Parlamente und Regierungen. 2018 hat der SFV eine Verfassungsklage gegen die klimapolitische Untätigkeit der Bundesregierung eingereicht. Später folgten mehrere weitere Klagen (siehe Beitrag von Jürgen Resch in diesem Heft). Das BVerfG gab diesen Klagen 2021 in wesentlichen Teilen recht. Die Bundesregierung wurde gezwungen, ihre Klimaziele nachzuschärfen. Mit dem Entscheid des BVerfG müssen Gerichte seit 2021 den Klimaschutz mit hoher Priorität in ihren Entscheidungen berücksichtigen.

Auch auf unteren Ebenen kann es gelingen, klimaschädliche Vorhaben gerichtlich auszubremsen. Ein Beispiel hierfür ist der Rodungsstopp im Hambacher Wald im Jahr 2018, der den Braunkohlekonzern RWE wenigstens an dieser Stelle stoppte.

Und da die Klimakrise global ist, gewinnt auch die transnationale Rechtssprechung an Bedeutung: seit 2017 verhandelt das Oberlandesgericht Hamm die Klimaklage des peruanischen Bauern Saúl Luciano Lliuya gegen den RWE-Konzern.

 

[...] Die Grenzen

Vor Gericht zu ziehen kostet meistens Geld, Zeit und es braucht kompetente Anwält*innen. Je nach Umfang können zwischen Klage und Gerichtsentscheid mehrere Jahre vergehen (siehe Klimaklage). Richter:innen berücksichtigen in ihren Urteilen zudem die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse: Wenn Wirtschaftsinteressen im Weg stehen, setzen Erfolge der Klimabewegung vor Gericht voraus, dass ihr Anliegen in der Gesellschaft massiv unterstützt wird. Die Umsetzung klimafreundlicher Gerichtsentscheidungen kann dann immer noch von politischen Entscheider:innen sabotiert werden.

Manche Gesetze können auch direkt dem Anliegen des Klimaschutzes widersprechen. In Deutschland ist dies u.a. das aus dem Dritten Reich stammende Bergrecht, welches noch heute die Interessen von Kohlefirmen über die der Anwohnenden und zukünftigen Generationen stellt. Hierhin gehören auch die internationalen, privaten Schiedsgerichte, die im Rahmen von (Frei-)Handelsverträgen immer wieder Staaten aufgrund von neuer Klimaschutzbestimmungen verklagen.

[...] Mehr dazu!

  • Datenbank: Climatecasechart: Weltweit laufende Klimaklagen. Auf Climatecasechart.com sind etliche Prozesse und Klagen gegen Regierungen, Konzerne oder Einzelpersonen detailliert aufgeführt, die aufgrund von Klimawandelfolgen losgetreten wurden.
  • Videobericht: Klimaklage gegen RWE: Deutsche Delegation besucht Bauern in Peru. Kurzreportage der FAZ zu der Klimaklage von Saùl Luciano Lluuya gegen den RWE Konzern. Weitere Videos gibt es online!
  • Mitmachen: Lawyers for Future. Der Klageweg als Mittel für mehr Klimagerechtigkeit, das haben sich auch die L4F auf die Fahne geschrieben. Die Rechtsetzung, -anwendung und -durchsetzung muss auf den Klimawandel angepasst werden.

 

Unsere Artikel zum Handlungsfeld: