Wir wollen eine Umstellung auf 100 Prozent Erneuerbare Energien so rasch wie möglich erreichen und suchen deshalb nach einer grundsätzlich anzuwendenden Strategie.
Hier und jetzt diskutieren wir - von vornherein im Hinblick auf das 100-Prozent-Ziel [1] - den Bau von Energie-/Stromspeichern. Es geht dabei nicht nur um das Fassungsvermögen, sondern auch um die mögliche Leistungsaufnahme (Einspeicherleistung, Ladeleistung), die Ausspeicherleistung (Entladeleistung), den Raumbedarf, die Zyklenfesigkeit sowie die auftretenden Verluste während der "Aufbewahrungsdauer" der gespeicherten Energie. Je nach Speichertechnik ist der eine Typ besser zur Schaffung eines Energie-Notvorrats geeignet, der andere ist besser für ein Zusammenwirken mit Windanlagen, ein weiterer ist besser zum Zusammenwirken mit Photovoltaikanlagen und noch ein weiterer am besten für das Zusammenwirken mit Atom- und Braunkohlekraftwerken geeignet.


Aus den vorhergehenden Beiträgen
Vollständige Energiewende ohne Stromspeicher nicht möglich sowie Platzierung von Speichern ergab sich die Notwendigkeit, Stromspeicher, soweit wie möglich in der Nähe der Solar- und Windanlagen zu installieren, da der von Solar- und Windanlagen gelieferte Strom sehr hohe Leistungsspitzen aufweist, die eine außerordentliche Anforderung an die Übertragungskapazität der Stromleitungen von den Solar- und Windanlagen zu den Stromspeichern darstellen. Diese mehrfachen Hinweisen auf die Vorteile einer Dezentralisierung der Speicher sollen hier zunächst noch einmal wiederholt und verstärkt werden.

Bild 1   Hohe Leistungsspitzen in den Stromleitungen zu den Stromspeichern

Leistungsschwankungen von Wind plus Sonne sowie des Verbraucherkollektivs

 

Solar- und Windanlagen liefern einen Strom, der sehr viel stärker schwankt als der Strombedarf der Verbraucher. Diese Erkenntnis spricht für eine Dezentralisierung der Speicher. Andererseits tauchte im letzgenannten Beitrag auch das Problem auf, wo die Stromspeicher wegen ihres großen räumlichen Platzbedarfs überhaupt untergebracht werden können und die daran anknüpfenden Überlegungen, in Norwegen Pumpspeicherkraftwerke zu errichten.
Dies ist Anlass, jetzt genauer auf die unterschiedlichen Speichertypen und ihre besondere Eignung für spezielle Anforderungen einzugehen.

Virtuelle Kraftwerke - Biomasse als Energiespeicher?

Virtuelle Kraftwerke bestehen aus mehreren Anlagen zur Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien in unterschiedlicher Technik, z.B. Windkraftanlagen, Photovoltaikanlagen und Kraftwerken zur Nutzung von Biomasse. Oft befinden sich die Anlagen weit entfernt voneinander, aber ihre Stromerzeugung wird rechnerisch addiert. Ziel ist der Nachweis, dass man mit der Kombination verschiedener EE-Techniken den Strombedarf von ganz Deutschland mit allen Schwankungen zwischen Tag und Nacht sowie zwischen Sommer und Winter decken kann; natürlich im verkleinertem Maßstab.
Der Erfolg solcher virtueller Kraftwerke legt den Schluss nahe, dass es lediglich eines weiteren Ausbaus der Stromnetze und weiteren Aufbaus von Anlagen zur Nutzung der Erneuerbaren Energien bedürfe, um den Strombedarf von ganz Deutschland vollständig mit Erneuerbaren Energien decken zu können. Betrachtet man allerdings die Zusammensetzung dieser virtuellen Kraftwerke genauer, so stellt man fest, dass sie einen hohen Anteil von Anlagen haben, die auf Anforderung jeweils gespeicherte Energie zur Stromerzeugung einsetzen können, z.B. Anlagen zur Stromerzeugung aus Biomasse. Aber nur sehr selten findet man virtuelle Kraftwerke, die die Versorgungslücken mit Hilfe von Batterien füllen wollen. Von Stromspeichern spricht man nicht gerne, denn sie sind (noch) ausgesprochen teuer.

Die Gegner der Erneuerbaren Energien haben zu Recht seit Jahrzehnten die fehlende Speichermöglichkeit beanstandet, nur haben sie nicht den Ausbau der Speicher gefordert, sondern die fehlenden Speicher als Totschlagargument benutzt z.B. Netzeinspeisung aus zeitlich fluktuierenden Quellen - Prof. Dr. Helmut Alt im Jahr 2004 in einem Vortrag vor dem Arbeitskreis Energie der Deutschen Physikalischen Gesellschaft.
Viele Befürworter der Erneuerbaren - so auch der Solarenergie-Förderverein - haben im Gegenzug auf die energetisch nutzbare Biomasse als Lückenfüller bei Wind- und Solarenergie hingewiesen und damit falsche Hoffnungen geweckt. Diesen Irrtum hat der SFV in seiner neuen Kursbestimmung vom 23.05.09 Anbau von Biomasse zur energetischen Nutzung ist ein ökologischer Fehler und in weiteren Beiträgen öffentlich richtig gestellt. Die Nutzung der Biomasse ist nicht klimaneutral, sondern schadet dem Klima.

Bild 2   Biokraftstoffe klimaneutral?

Biokraftstoff klimaneutral?

 

Hinzu kommt inzwischen noch die Erkenntnis, dass das Potential der Biomasse bei weitem für die zugedachte Aufgabe nicht ausreicht. Energiewenderechner.de.Und schließlich regt sich seit langem schon Widerstand aus sozialen und ernährungstechnischen Gründen, die man unter dem plakativen Slogan "Teller oder Tank" zusammenfassen kann. Siehe dazu auch den Beitrag von Susanne Jung

Pumpspeicherkraftwerke im Zusammenwirken mit Grundlastkraftwerken

Pumpspeicherkraftwerke (PSK) haben einen guten Wirkungsgrad bei der Ein- und Ausspeicherung, eine hohe Zyklenfestigkeit und ihre Verluste während der "Aufbewahrungszeit" sind sehr gering. Einziger Nachteil ist, wie bereits erwähnt, der große Raumbedarf.
Die Pumpspeichertechnik wurde entwickelt, um aus billigem Nachtstrom aus nicht voll ausgenutzten Grundlastkraftwerken rasch verfügbare Speichermengen abzuzweigen und bereitzustellen. Die Einspeiseleistung solcher Pumpspeicherkraftwerke entspricht in etwa ihrer Ausspeicherleistung. Aus diesem Grund können Pumpspeicherkraftwerke mit sogenannten Pumpturbinen und Motorgeneratoren ausgestattet werden, die wahlweise zum Hochpumpen von Wasser oder zur Stromerzeugung aus herabfließendem Wasser genutzt werden.

Bild 3   Einfacher Aufbau eines konventionellen Pumpspeicherkraftwerks

Pumpspeicherkraftwerk zur Speicherung von Atom- oder Braunkohlestrom

So verbilligt sich die Maschinenausstattung erheblich.

 

Pumpspeicherkraftwerk zur Speicherung von Überschussstrom aus Sonne und Wind

Zum Speichern von Überschussstrom aus Sonne und Wind müssen Pumpspeicherkraftwerke "aufgerüstet" werden. Die zum Hochpumpen des Wassers benötigten Pumpen und Steigrohre müssen eine mehrfach höhere Spitzenleistung verarbeiten können, als die bei der Stromentnahme aus dem Speicher geforderte Dauerleistung. Siehe dazu Bild 1. Die Kosten der Gesamtanlage steigen dadurch.

Bild 4   Maschinenausstattung eines PSK für Speicherung von ungeglättetem Überschussstrom

Pumpspeicherkraftwerk zur Speicherung von Solar- oder Windstrom


 

Methanolspeicher

Die schwierigste Aufgabe bei der Umstellung auf Erneuerbare Energien wird die Bereithaltung einer Energiereserve für mehrere Tage ohne Wind und Sonne sein. Möglicherweise wird man sich für Energiespeicher auf Methanolbasis entscheiden. Ein Energievorrat für 40 Tage ohne Wind und Sonne läge bei 320 Litern Methanol pro Person und wäre somit - soweit es um die räumliche Unterbringung geht - nicht unrealistisch.

Bild 5   Versorgung der Endverbraucher mit Methanol

Methanolerzeugung zur Energiespeicherung

 

Methanol lässt sich unter Einsatz von Sonnen- oder Windenergie aus dem CO2 der Atmosphäre sowie aus Wasser herstellen. Seine Herstellung könnte z.B. eine Aufgabe der Stadtwerke werden. Methanolherstellung entlastet die Atmosphäre von klimaschädlichem CO2. Besonders die Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre ist allerdings sehr energieaufwändig und reduziert den Wirkungsgrad des gesamten Speicherverfahrens. Am Zentrum für Sonnenenergie und Wasserstoffforschung (ZSW) in Stuttgart wird eine Laboranlage zur heterogen katalysierten Synthese von Methanol aus Wasserstoff und CO2 betrieben


Bild 6   Herstellung von Methanol aus atmosphärischem CO2

Methanolherstellung aus dem CO2 der Atmosphäre

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Die dabei auftretenden hohen Verluste sind nur tolerabel, wenn man dieses Speicherverfahren auf die Gewinnung eines Notvorrats beschränkt. Andererseits besticht die verlustfreie und preiswerte Lagermöglichkeit des Methanols in einfachen Tanks, z.B. den allgemein üblichen Heizöltanks. So könnte man Methanolspeicher als unverderblichen Notvorrat für selten auftretende längere Mangelzeiten ohne Wind und Sonne anlegen. Der Transport des Methanols erfolgt in üblichen Tankwagen. Die Rückverwandlung der im Methanol gespeicherten Energie in elektrische Energie kann mittels kleiner Verbrennungsmotoren und Generatoren erfolgen. Falls gleichzeitig Wärme benötigt wird, ist auch Kraft-Wärmekopplung möglich. Außerdem wird eine Brennstoffzelle für Methanol entwickelt.

Methanspeicher

Nach einem ähnlichen Verfahren lässt sich auch Methan herstellen, ein Gas, welches den Hauptbestandteil des natürlichen Erdgases darstellt und welches in den üblichen Erdgasleitungen transportiert und in den vorhandenen unterirdischen Erdgasspeichern aufbewahrt werden kann. Gegenüber dem Methanol ist der Volumenbedarf allerdings erheblich höher, so dass man gezwungen ist, die Speicher mit hohem Druck zu befüllen.

Batteriespeicher

Bei Batteriespeichern auf Lithium-Ionen-Basis mit einer Leistungsdichte von 500 Wh/Liter würde man etwa das 10 fache Volumen wie bei Methanol Speichern benötigen. Hier stellt sich die Frage der räumlichen Unterbringung. Dafür sind die Verluste erheblich geringer. Deshalb wird die Speicherung in aufladbaren Batterien eher zum Ausgleich der täglichen Leistungsspitzen verwendet werden. Batteriespeicher werden sich voraussichtlich dort besonders bewähren, wo besonders häufige Ladungs- und Entladungsvorgänge gefordert sind, d. h. in der Nähe von Solarstromanlagen mit ihren hohen Leistungsspitzen. Hier ist zu erwähnen, dass die Anforderungen an Solarspeicherbatterien ähnlich liegen wie die Anforderungen an Antriebsbatterien für Elektroautomobile. Die Forderung, dass der Fahrer seine Batterie bei einem kurzen Zwischenhalt an der Elektrotankstelle mit sehr hohen Stromstärken sehr rasch aufladen können muss, entspricht der Forderung, dass eine Solarbatterie, wenn die Sonne kurzfristig das 10-fache der Durchschnittsleistung liefert, diese Leistung dann auch tatsächlich aufzunehmen im Stande ist.

Bild 7   Aufladbare Batterien beim Endverbraucher in der Nähe von Solarstromanlagen

Verteilung von Stromspeichern im Niederspannungsnetz

 

Die genannten Beispiele demonstrieren die Vorteile der Dezentralisierung. Sie zeigen aber auch deutlich, welche Entwicklungsarbeit zur Verbesserung der Speichertechniken noch zu leisten ist.

 

Staatlich geförderte Forschung alleine wird nicht schnell genug zu verwertbaren Ergebnissen führen. Doch das ist kein Grund zur Entmutigung. Die rasante Verbesserung der PV-Netzeinspeisungstechnik oder der Windenergie nach dem Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zeigte beispielhaft, welchen belebenden Einfluss die staatlich induzierte Nachfrage nach praktisch verwertbaren Geräten und der Wettbewerb unter den Herstellern angesichts der lohnenden Einspeisevergütung auf die technische Entwicklung haben kann. Notwendig ist deshalb ein Gesetz, welches die Verwendung von Energiespeichern finanziell attraktiv macht. Dieses Gesetz sollte die Nachfrage nach Speichern unabhängig von ihrem Verwendungszweck finanziell lohnend gestalten, damit ein möglichst umfangreiches Nachfragevolumen entsteht.


 

Eine kurze Zusammenfassung aller Anfang Dezember 2010 zum Thema Ausbau von Netzen und Stromspeichern erschienenen Beiträge finden Sie hier.

 

Fußnoten

[1] Mit 100-Prozent-Ziel ist das Vereinsziel des Solarenergie-Fördervereins Deutschland gemeint: Die vollständige Umstellung der gesamten Energieversorgung - nicht nur der Stromversorgung - auf heimische Erneuerbare Energiequellen zur Verminderung des Klimawandels.