Erfolgsstories der Energiewende
Beispiel #1: heuteStadtmorgen Klimagenossenschaft Köln e. G
Bereits im letzten Solarbrief 2024 stellten wir Ihnen die heuteStadtmorgen (hSm) Klimagenossenschaft e. G. in Köln vor. Die Genossenschaft lebt von der Aktivität der Mitglieder und bietet dem ehrenamtlichen Engagement in der Domstadt eine Basis, eigene Projekte zu kreieren oder an bestehenden Themen mitzuarbeiten und Teil eines sogenannten Aktivkreises zu werden. Insgesamt gibt es inzwischen elf Aktivkreise. Drei davon stellen wir Ihnen im Folgenden vor. Lassen Sie sich inspirieren – zum „mitMACHEN“, „nachMACHEN“ oder „weiterMACHEN“.
– Rainer Nickel, Ole Stobbe, Ute Symanski, Harald Schuster, Stefanie Könen
Wussten Sie, dass es in Deutschland über 950 Energiegenossenschaften, mit etwa 220.000 Mitgliedern gibt? Die Klimagenossenschaft heuteStadtmorgen e. G. in Köln ist eine davon. Energiegenossenschaften betreiben Erneuerbare Energien-Anlagen zur Strom- und Wärmeerzeugung, die Energie wird an die Mitglieder vertrieben. Das ermöglicht eine Teilhabe an der Energiewende, auch ohne eigenes Solardach. In Köln wurden seit der Gründung der Genossenschaft im Jahr 2023 sechs Solaranlagen mit 180 kWp installiert. Weitere 6 MWp sind in der Akquise. Die meisten Genossenschaften sind lokal oder regional verankert und auf die Vernetzung mit Kommunen und Mitgliedern wird viel Wert gelegt. Demokratische Beteiligungsoptionen und das Ehrenamt spielen also auch eine wichtige Rolle, wenn es darum geht die Transformation des Energiesystems vor Ort durch wachsende Angebote voranzutreiben. (z. B. durch Car-Sharing-Systeme, Planung von e-Ladesäulen etc).
In der Kölner Genossenschaft gibt es inzwischen elf Aktivkreise die zu den Themen: Wärmepumpen, Ernährung, Partizipation, Mobilität, Photovoltaik-Freiflächenanlagen, Solaroffensive, Windenergie, Klimahaus, Gebäudebestand oder Bildung ehrenamtlich Projekte kreieren oder an Energiewende-Themen in der Domstadt mitarbeiten. Die Aktivkreise sind sehr unterschiedlich aufgebaut und was genau bei Ihnen passiert, berichten Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler aus den Aktivkreisen „Mobilität“, „Wärmepumpe“ und „Windenergie“ der heuteStadtmorgen e. G.:
heuteStadtmorgen – Aktivkreis Mobilität •
Wir sind Harald Schuster und Dr. Ute Symanski vom Umweltschutzverein RADKOMM e. V. in Köln, und wir sind derzeit die Sprecher:innen des Aktivkreis Mobilität von heuteStadtmorgen. Im Aktivkreis Mobilität befassen wir uns mit der Frage, wie wir die aktive Mobilität stärken können. Aktive Mobilität umfasst alle Formen von Mobilität, die nicht motorisiert sind, also zu Fuß gehen, Fahrradfahren (inkl. Pedelec) oder Skateboardfahren.

© René Frampe
In Köln gibt es glücklicherweise eine sehr starke Community von Vereinen und engagierten Einzelpersonen, die sich für eine Mobilitätswende einsetzen. Köln ist nach den Zerstörungen im Krieg als durch und durch autogerechte Stadt wiederaufgebaut worden und ist – nach wie vor – vor allem auf das Auto ausgerichtet. Aber es tut sich etwas – und das liegt vor allem an all den Menschen hier, die sich so sehr dafür engagieren, dass der Fuß- und der Radverkehr gestärkt werden. Viele Verbesserungen und Projekte, die auch bundesweite Strahlkraft entwickelt haben, sind vor allem durch zivilgesellschaftliches Engagement entstanden.
Zum Beispiel das Fahrrad- und Nahmobiliätsgesetz in Nordrhein-Westfalen, das auf die bisher erfolgreichste Volksinitiative in NRW zurückgeht: „Aufbruch Fahrrad“. Unser Verein RADKOMM hat diese Volksinitiative seinerzeit gestartet und koordiniert. Das Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz ist seit Januar 2022 in Kraft. Das Gesetz stellt den Fuß- und Radverkehr rechtlich dem Autoverkehr gleich. Auch die Kidical Mass, eine mittlerweile internationale Bewegung für die Sicherheit von Kindern auf dem Rad, wird maßgeblich in Köln vorangetrieben – und basiert auf zivilgesellschaftlichem Engagement.
Im Verteiler unseres Aktivkreises sind aktuell rund 40 Personen und wir treffen uns in der Regel online. Für 2025 wollen wir uns mit dem Thema Abstell-Anlagen / Park-Boxen für Räder im öffentlichen Raum befassen, die mit Solar ausgestattet sind.
heuteStadtmorgen – Aktivkreis Wärmepumpe •
Wir sind der Aktivkreis „Wärmepumpe“ und seit Herbst 2024 unter dem Dach der heuteStadtmorgen Klimagenossenschaft aktiv. Wir sind überzeugt und sehr gut darüber informiert, dass die Wärmepumpe verdammt gut funktioniert. „Richtig geile Physik“, sagt auch Stefan Rahmstorf! Individuell geplant und fachgerecht installiert, kann mit ihr auch in Altbauten geheizt und sogar Geld gespart werden.
Wir haben ein Kommunikationskonzept mit dem Fokus auf „Informationsveranstaltungen für interessierte Laien“ entwickelt. Unser Ziel ist, Menschen zu erreichen, die bereit sind, eine zukunftsweisende Veränderung in ihren Heizungskeller zu bringen. Aber auch Skeptiker:innen sind bei uns willkommen. Unsere treibende Kraft und stabile Basis sind Anwenderkenntnisse von Wärmepumpen-Besitzer:innen, die ihre Geräte teilweise sogar selbständig installiert haben. Neben unseren Technik-Freaks bringen sich in unserer Runde Menschen ein, die Kenntnisse zu den politischen Rahmenbedingungen oder zum Stand der wissenschaftlichen Forschung haben. So werden Kompetenzen im Grafikdesign, Klimakommunikation und zu soziologischen Fragen eingebracht – wertvoll und gewinnbringend für alle!
| Abb 2 - Der Aktivkreis „Wärmepumpe“ ist seit Herbst 2024 unter dem Dach der heuteStadtmorgen Klimagenossenschaft aktiv.
Mit den ersten vier durchgeführten Veranstaltungen haben wir über 100 Menschen in unterschiedlichen Stadtvierteln informiert und viele Fragen beantwortet. Die Nachfrage nach dieser Art nachbarschaftlicher Orientierung ist groß und aktuell sind wir im Gespräch mit den Stadtteilbibliotheken der Stadt Köln, um unsere Infoveranstaltungen dort durchführen zu können.
heuteStadtmorgen – Aktivkreis Windenergie •
Wir sind im AK Wind acht Aktive. Im dicht besiedelten Stadtgebiet ist es eine große Herausforderung, Flächen für Windenergieanlagen zu finden, deshalb verfolgen wir zwei Strategien:
Die eine Strategie ist die Anbahnung von Projekten im 50 km Radius um Köln, wo wir direkt mit Landeigentümern Pachtverträge für Windstandorte abschließen wollen. Im Ehrenamt ist das besonders herausfordernd und braucht viel Zeit und Mobilität. Wir sind froh, Freiwillige im AK Wind zu haben, die das leisten können. Von der Unterschrift unter dem Pachtvertrag kann es 3–5 Jahre dauern, bis das Windrad dreht. Für eine Genossenschaft in den Anfängen muss es oft schneller gehen, daher fokussieren wir uns nicht mit viel Druck darauf. Aber das Netzwerk hilft und falls Genossenschaftsmitglieder im Umfeld Leute haben, die gerne ein Windrad auf Ihr Land bauen wollen, nehmen wir diese Meldungen gerne auf und prüfen die Möglichkeiten
Unser zweiter Strang geht schneller: Projektentwickler:innen, die gerade eine Genehmigung erhalten haben und die deswegen unter dem Bürgerenergiegesetz NRW eine Bürgerbeteiligung mit der Standortgemeinde verhandeln müssen, bieten wir an, einen Anteil der WEA oder des Windparks zu erwerben. Den Anwohner:innen bieten wir via Mitgliedschaft in der heuteStadtmorgen Klimagenossenschaft an, an den Erträgen beteiligt zu werden. Diese Idee stellen wir auch den Bürgermeister:innen vor. So spart man die Gründung einer neuen, lokalen Genossenschaft und hat schon einen liquiden Partner und viele neue Mitglieder in der Genossenschaft. Hat bisher noch nicht geklappt, aber wir bleiben dran. Wir hoffen, dass die guten Argumente und die ehrenamtliche Arbeit der Aktiven bald dazu führen, dass sich die Erkenntnis über die Notwendigkeit von Windenergie-Anlagen – auch in Metropolnähe – bald durchsetzt und wir anderen guten Beispielen aus Kommunen und Kreisen mit einer Bürger-Windenergie-Anlage für Köln folgen können.
So geht Genossenschaft
Konzept: Energiewende selbst machen, dezentral und
demokratisch mittels Büger-Energie-Genossenschaften.
Ziel: Möglichst viele Menschen lokal oder regional an der
Erneuerbaren Energieerzeugung oder -versorgung beteiligen.
Gruppengröße: Mindestens 3. Je mehr Mitglieder /
Anteilseigner:innen, desto mehr kann eine Genossenschaft bewegen.
Kosten: keine Angabe
Das braucht man dafür: Viel Energie! Eine Genossenschaft zu gründen ist schon ein Mammutprojekt. Es gibt aber Unterstützung: Von Energiewende-Jetzt oder dem Bündnis Bürgerenergie.
Infos: www.energiegenossenschaften-gruenden.de oder
www.vibe-beratung.de/beratungsangebot
Beispiel #2: Solarcamp macht Schule
Eigentlich wollten Josef, Ronald, Gerhard und Bernd „nur“ ein Solarcamp in Köln / Bonn organisieren. Doch kurzerhand ist daraus das neue Projekt „Solarcamp macht Schule“ entstanden. Während bei den klassischen Solarcamps for Future junge Leute anreisen, um in einem zweiwöchigen Kurs das Solarhandwerk kennenzulernen, kommt jetzt das Solarcamp direkt in die Schulen.
– Josef Peuker, Rainer Doemen
Am öffentlichen Abschlusstag des ersten Kölner Solarcamps im Sommer 2024 stellte ein Physiklehrer eine spannende Frage: Könnte er ein Übungsdach aus dem Solarcamp an seiner Schule nutzen? Ganz im Sinne des kölschen Mottos „Nix bliev wie et wor“ (frei übersetzt: Offen für Neues sein) wurde diese Idee an der Kölner Ursulinenschule Wirklichkeit. Im Workshop „Bau einer PV-Anlage“ zimmerten zehn Schülerinnen am ersten Tag innerhalb von drei Stunden den Dachstuhl zusammen. Anfangs noch etwas zögerlich, arbeiteten sie bald mit wachsendem Geschick und Begeisterung. Am zweiten Tag ging es direkt weiter: Die Traglattung wurde montiert und das Dach mit Ziegeln eingedeckt. Richtig erfolgreich wurde es am dritten Tag: Nach gemeinsamer Planung befestigten die Schülerinnen die Dachhaken und Aluminiumprofile – und setzten stolz das erste PV-Modul aufs Dach!
Die positiven Erfahrungen aus diesem Projekt gaben den Anstoß für die Initiative Solarcamp macht Schule. Ziel ist es, Schülerinnen und Schüler frühzeitig über Berufe in der Energiewende zu informieren – und ihnen zu zeigen, dass Handwerk spannend, sinnstiftend und zukunftsrelevant ist. Damit unterstützt Solarcamp macht Schule die Grundidee der Solarcamps: jungen Menschen Perspektiven aufzeigen und sie für Ausbildungsberufe in der Energiewende begeistern.

| Abb 2 - Solarmobil auf dem Schulhof: Das Dach des Anhängers besteht aus Solarmodulen, Wechselrichter, Kabel und Batterien im Anhänger.
Das Konzept ist modular aufgebaut: Lernbausteine können flexibel eingesetzt werden – vom kurzen Workshop über wenige Schulstunden bis hin zu einwöchigen Projekten. Für den praktischen Teil haben wir Solarmodule auf einem mobilen Fahrradanhänger installiert. Bereits Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Klasse haben mit Begeisterung erste PV-Experimente durchgeführt, etwa zur Auswirkung von Schatten und Himmelsausrichtung auf die PV-Stromerzeugung.
Ende Juni steht ein weiteres Highlight an: Gemeinsam mit der SolAHRtal-Initiative vom Runden Tisch Erneuerbare Energien und der Kreisverwaltung Ahrweiler wurde ein Unterrichtskonzept für eine komplette Projektwoche entwickelt: mit praktischen und theoretischen Lerninhalten. Anhand einer Modellstadt werden die Möglichkeiten einer smarten und resilienten Energieversorgung gezeigt. Praktisch wird es, wenn gemeinsam mit regionalen Handwerksbetrieben die Planung und der Bau einer Fahrradüberdachung mit PV-Anlage umgesetzt wird – ein echtes Praxisprojekt mit Zukunft! Ein herzliches Dankeschön geht an alle Lehrerinnen und Lehrer, Kommunen und Handwerksbetriebe, sowie die Innovationsforschung und -beratung GmbH, die unser ehrenamtliches Engagement mit Material, Werkzeug und viel Unterstützung ermöglichten!
So geht's
Konzept: Das Energiewende-Handwerk (Fokus PV) mit
verschiedenen Workshops an Schulen bringen.
Ziel: Junge Menschen frühzeitig über Berufe in der Energiewende informieren – und in das Solarhandwerk reinzuschnuppern.
Gruppengröße: Praktische Lernmodule: 5 Schüler:innen
Theoretische Module: 10 – 25 Schüler:innen
Kosten: Projektabhängig – Null bis einige Tausend Euro
Materialkosten (z. B. für den Solar-Unterstand)
Das braucht man dafür: Engagierte Lehrer:innen, Unterstützung von Handwerksbetrieben und Kommunen, und motivierte Ehrenamtler:innen mit gewisser Technik- oder Handwerks-Affinität und Zeit.
Kontakt: www.sfv.de/verein/infostellen/koeln
Beispiel #3 Freitag Abend? Wärmepumpenparty!
Die Wärmewende im eigenen Zuhause umzusetzen, wirft viele Fragen auf – gerade im Altbau. Funktioniert das wirklich? Was kostet es? Am besten ist doch, man schaut sich erstmal die Wärmepumpe von den Nachbar:innen an und fragt sie nach ihren Erfahrungen. Ein paar Ehrenamtliche aus Lüneburg haben diese Idee jetzt mehrfach umgesetzt: mit Erfolg
– Sven Viehweger & Karsten Riggert

SFV Infostelle Lüneburg vor der hauseigenen Wärmepumpe.
Das Idee entstand aus den erfolgreichen packsdrauf-Solarpartys, die Lüneburger Solarbotschafter seit einiger Zeit veranstalten. Zwei Solarbotschafter, die gleichzeitig Eigentümer einer Wärmepumpe sind, beschlossen kurzerhand, das Konzept auch auf Wärmepumpen zu übertragen. Im Unterschied zu unseren klassischen SFV-Solarpartys, bei denen meist eine PV-Anlage direkt vor Ort besichtigt wird, fanden die Wärmepumpenpartys im Stadtteilhaus statt. Die Wärmepumpen blieben vor Ort, aber die Erfahrungsberichte kamen zu den Menschen. Die Kombination aus Bildmaterial, selbst erfassten Daten und persönlichen Erzählung zu den Wärmepumpen in Häusern aus den 1930er- und 1950er-Jahren erwies sich dabei als sehr anschaulich. Besonders hilfreich war, dass die beiden Vortragenden sowohl technische Laien als auch Detailinteressierte abholen konnten – ein Vorteil, wenn Solarbotschafter und Wärmepumpenbetreiber dieselbe Person sind.
Bei jeder Party nahmen rund 30 bis 40 Personen teil – ein deutliches Zeichen für das große Interesse. Neben den persönlichen Erfahrungsberichten ergänzten ein Energieberater und ein Vertreter der Klimaschutzleitstelle der Hansestadt Lüneburg mit technischen Grundlagen sowie Informationen über aktuelle Förderprogramme und den Stand der kommunalen Wärmeplanung. Diese Kombination aus Praxis, Fachwissen und kommunaler Perspektive griff nahtlos ineinander und wurde von den Teilnehmenden besonders geschätzt.
Typische Fragen drehten sich um Geräuschentwicklung, Effizienz im Altbau, passende Heizkörper, Kombination mit PV, den Stromverbrauch im Alltag, Amortisation der energetischen Investitionen oder auch die Frage: „Was hat euch überzeugt, es wirklich zu machen?“ Offenheit und Ehrlichkeit standen im Vordergrund. Niemand war gekommen, um zu verkaufen – sondern um zu teilen, was funktioniert hat, und auch, was vielleicht nicht auf Anhieb rund lief. Der ehrliche Austausch in entspannter Atmosphäre war ein zentraler Erfolgsfaktor. Das Fazit: viel positives Feedback – und spürbar mehr Motivation, selbst aktiv zu werden.
Nach diesem gelungenen Auftakt ist klar: Die Wärmepumpenpartys werden fortgesetzt. Denn gerade die Verbindung aus persönlichen Geschichten, lokaler Vernetzung und fachlichem Know-how ist ein wirkungsvolles Rezept, um die Wärmewende vor Ort konkret und greifbar zu machen.
Konzept: Ein nachbarschaftlicher und praxisnaher Austausch rund um die Wärmepumpe
Ziel: Funktion, Erfahrungen und Fördermöglichkeiten zu Wärmepumpen verständlich machen, über Vorbehalte aufklären.
Gruppengröße: 10 – 40 Personen (je nach Raumgröße)
Kosten: Keine (alles ehrenamtlich organisiert)
Das braucht man dafür: Ein Haus & Gastgeber (am besten mit Wärmepumpe) oder öffentlichen Ort (z. B. Stadtteilhaus), eine fachkundige Person
Erfolgsfaktor: Kombination aus persönlichen Einblicken,
Energieberatung und kommunaler Perspektive
Weitere Infos: www.padlet.com/solarpartys/lueneburg
