In unserem wachsenden GGV-Netzwerk unterstützen sich Engagierte aus ganz Deutschland dabei, Strom vom eigenen Dach gemeinschaftlich zu nutzen und selbst abzurechnen. Ob in Halle, Rheine oder anderswo – dort, wo Menschen ihr Wissen teilen, entstehen mutmachende Lösungen für die Energiewende im Mehrfamilienhaus. Der Austausch zeigt: Zusammen geht mehr.

Am Anfang stand bei den ersten Teilnehmern unseres Netzwerkes vor allem eines: die Überzeugung, dass es doch möglich sein muss, gesetzlich verankerte Regelungen auch in der Praxis umzusetzen. Mit dem Solarpaket 1 wurde die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung (GGV) festgeschrieben – ein wichtiger Schritt hin zur gemeinschaftlichen Nutzung von Solarstrom in Mehrfamilienhäusern. Doch in der Umsetzung zeigten sich von Anfang an große Hürden: unklare Zuständigkeiten, hohe Messkosten, fehlende Standards – und vielerorts nur geringe Unterstützung durch die Netzbetreiber. Die anfängliche Motivation wich bei einigen schnell der Ernüchterung. 

Mittlerweile sind wir über 40 Leute im Netzwerk – und es ist wirklich beeindruckend, wie man sich gegenseitig unterstützt und voneinander lernt. Da geht’s nicht nur um allgemeine Fragen, sondern ganz konkret: Wer hat schon ein Projekt gestartet und wie kommt es voran? Welche Tools nutzt ihr für die Abrechnung? Wie habt ihr die Eigentümergemeinschaft überzeugt? Es werden Tipps ausgetauscht, privat programmierte Tools vorgestellt, mit denen man den selbst erzeugten Strom im Haus aufteilen kann – und manchmal wird auch einfach der Frust rausgelassen.

Denn ja, es hakt oft an den gleichen Stellen: Der Einbau intelligenter Messsysteme (iMSys), die wir in den allermeisten Fällen zwingend benötigen für eine verlässliche Abrechnung – ob statisch oder dynamisch – geht in Deutschland viel zu langsam. Noch schwieriger wird’s, wenn die nötigen Datenportale fehlen oder der Messstellenbetreiber (meist der Netzbetreiber) bislang keine Möglichkeit sieht, die erforderlichen Daten zu liefern. Denn die Viertelstundenwerte, die man für die Abrechnung des Solarstroms dringend braucht, müssen datensicher und verlässlich zur Verfügung gestellt werden.


Rheine und Halle zeigen, wie’s geht

Nach jeder unserer Austauschrunden verabschieden sich die Teilnehmenden mit dem Wunsch, beim nächsten Mal endlich von einem echten Projekterfolg berichten zu können. Und im April war es soweit – aus Rheine kam die erste Erfolgsmeldung aus dem Netzwerk. In einem Mehrfamilienhaus, das auch drei geflüchteten Familien ein neues Zuhause bietet, wird seit dem 10. April der Strom vom eigenen Dach nach dem Modell der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung (GGV) abgerechnet. 

GGV Halle

© David Scherwitz | Abb 2 — Ein dynamischer Verteilungs­schlüssel sorgt dafür, dass der Strom vom eigenen Dach flexibel und bedarfsorientiert auf die Mietparteien verteilt wird. • 

Möglich gemacht hat das David Scherwitz, der das Konzept mit viel Engagement und Ausdauer umgesetzt hat. Ein kleiner Meilen­stein – und ein großer Mutmacher für viele Andere.

Doch nicht nur im direkten Netzwerk bewegt sich etwas. Nach einem kurzen Zeitungsbericht in der Lokalpresse wurde ich neugierig und stieß bei Recherchen in Halle (Saale) auf Dr. Karsten Liebmann. Als ich ihn anrief und ihm erzählte, dass sein Projekt wohl eines der ersten GGV-Vorhaben mit privater Abrechnung in Deutschland ist, war er ehrlich überrascht – und ein bisschen gerührt. Im anschließenden Gespräch erzählte er ganz offen, wie er die Sache angegangen ist: Seine 15-kWp-Anlage versorgt ein ganz normales Wohnhaus mit sechs Parteien, darunter auch eine Arztpraxis.

GGV Rheine

© Smooth-Energy GmbH | Abb 1 — 15 kWp auf dem Flachdach eines MFH. Sechs Parteien im Haus wollen sich an der GGV beteiligen. • 

Die Abrechnung macht er selbst – mit Excel. Ganz bewusst, denn ein externer Dienstleister hätte die kleine Hausgemeinschaft unnötig belastet. Besonders beeindruckend war, wie reibungslos die Zusammenarbeit mit dem lokalen Netzbetreiber in Halle verlief. Die nötigen Smart Meter wurden installiert, die Verbrauchsdaten sind über ein Online-Portal zugänglich – und statt auf Hindernisse traf das Projekt auf Offenheit und Unterstützung. Ähnlich positiv lief es in Rheine, wo sich der Klimaschutzmanager des Kreises Steinfurt mit großem Einsatz eingebracht hat. 

Fast zu schön, um wahr zu sein? Vielleicht. Aber diese Geschichten zeigen, was alles möglich ist, wenn Menschen sich gegenseitig ernst nehmen, gemeinsam Lösungen suchen und einfach anfangen.


Warum das alles?

Weil die Energiewende nicht irgendwo „oben“ stattfindet, sondern genau hier – bei den Bürgerinnen und Bürgern. Es braucht Geduld, manchmal auch Nerven, aber es lohnt sich – für unser Klima, für Teilhabe und weil gemeinsames Handeln einfach gut tut.

# Mitmachen

Sie stecken mitten in der Planung einer GGV-Anlage und möchten sich mit anderen Interessenten vernetzen? Dann kommen Sie gerne in unsere GGV-Austauschrunde! Alle zwei bis drei Monate kommen wir digital zusammen.
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