Umweltverbände kritisieren Stellungnahme zu Klima-Verfassungsbeschwerde: Bundesregierung verweigert Verantwortung
Berlin, 22. Dezember 2025 - Die Bundesregierung lehnt in ihrer aktuellen Stellungnahme zu Klima-Verfassungsbeschwerden weitere Verpflichtungen zu effektivem Klimaschutz ab und bewertet die 2024 erfolgte Abschwächung des Klimaschutzgesetzes als verfassungskonform. Stellungnahmen des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU) und des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) betonen hingegen wesentliche Mängel im geänderten Klimaschutzgesetz. Fünf deutsche Umweltverbände haben im September 2024 gemeinsam mit über 54.000 Einzelpersonen Verfassungsbeschwerden gegen das mangelhafte Klimaschutzgesetz und die unzureichenden Klimaschutzmaßnahmen der Bundesregierung eingereicht. Die Stellungnahme der Bundesregierung kritisieren sie scharf. Klare Mängel durch die letzte Reform werden als nachrangig heruntergespielt, etwa bei der Nachsteuerung, wenn gesetzlich vorgegebene Ziele verfehlt werden.
Susanne Jung, Geschäftsführerin SFV: „Wir werden die Stellungnahmen nun ausführlich juristisch prüfen lassen, aber können uns nur schwer vorstellen, wie die Bundesregierung ihre veraltete Klimapolitik erfolgreich rechtfertigen möchte. Das CO2-Budget Deutschlands ist bereits aufgebraucht und der Bedarf zum Handeln größer denn je. Friedrich Merz und Katherina Reiche müssen der Realität in die Augen schauen und erkennen, dass ihre Politik weder zeitgemäß noch an wissenschaftlichen Fakten orientiert ist. Es braucht eine 180 Grad Wende in der deutschen Klimapolitik - weg vom Gas und hin zu Erneuerbaren Energien."
Verena Graichen, Geschäftsführerin Politik beim BUND: „Es braucht mehr Ehrgeiz und Anstrengungen im Kampf gegen die Klimakrise. Damit die Zukunft für alle lebenswert bleibt. Das ist das Anliegen unserer Klimaklage. Aber von der Bundesregierung bekommen wir vor allem behäbiges Abwinken und weiteres Schönreden. Es ist ihre gesetzliche Verantwortung, unsere Lebensgrundlagen und die Rechte kommender Generationen zu wahren. Die derzeitigen Klimaschutz-Mechanismen und -ziele sind dafür nicht geeignet. Wir werden die eingegangenen Stellungnahmen noch genau prüfen. Ein Weiter-so der Bundesregierung ist angesichts der klimawissenschaftlichen Befunde brandgefährlich.“
Verfassungsbeschwerden werden von Klimawissenschaft und Internationalem Gerichtshof gestützt
Neben der Bundesregierung waren auch umwelt- und klimawissenschaftliche Einrichtungen vom Bundesverfassungsgericht zu Stellungnahmen aufgefordert, die die Argumentation der Beschwerdeführer:innen stützen. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass durch die Novellierung des Klimaschutzgesetzes die Erreichung der Klimaziele erschwert worden ist. Das Potsdam- Institut für Klimafolgenforschung kritisierte, dass sich der Nachsteuerungsmechanismus auf die Zielerreichung im laufenden Jahrzehnt beschränkt und erst bei Verfehlungen in zwei aufeinanderfolgenden Jahren greift. Auch der Expertenrat für Klimafragen betont aufgrund der absehbaren Zielverfehlungen, dass für die Bundesregierung dringender klimapolitischer Handlungsbedarf besteht. Darüber hinaus wurde die Argumentation der Umweltverbände von gerichtlicher Seite gestärkt: Der Internationale Gerichtshof bekräftigte in einem Gutachten vom Juli 2025, dass alle Staaten schnellen und wirksamen Klimaschutz betreiben müssen, um die Menschenrechte und das Völkerrecht zu wahren.
Zeitgleich zu den laufenden Verfassungsbeschwerden ist die Bundesregierung durch das geltende Klimaschutzgesetz dazu verpflichtet, bis Ende März 2026 ein
Klimaschutzprogramm vorzulegen, mit dem die Klimaziele für 2030 und 2040 erreicht werden. Laut den offiziellen CO2-Prognosen des Umweltbundesamts werden die gesetzlich vorgeschriebenen Klimaziele in beiden Zieljahren verfehlt.
Greenpeace und Germanwatch, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV), sowie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatten 2024 gemeinsam mit über 54.000 Einzelpersonen Verfassungsbeschwerden gegen die Abschwächung des Klimaschutzgesetzes und die unzureichenden Klimaschutzmaßnahmen der Bundesregierung eingelegt.