Datum: 02.10.2004

RAL oder TÜV Firmen-Zertifizierungen überzeugen nicht


Ertragsüberwachung die bessere Alternative

  1. Ein Gütezeichen für handwerkliche Kompetenz?
  2. Sinnhaftigkeit von Gütezeichen - Wer soll kontrollieren?
  3. Mängel möglichst innerhalb von 6 Monaten feststellen
  4. Ertragsüberwachung - die bessere Alternative
  5. Anerkannte Regeln der Technik sind auch ohne Gütezeichen verpflichtend


             Anhang

  6. Was ist unter dem RAL-Güteschutz-Solar zu verstehen?
  7. RAL-Güteschutz schränkt kreative Lösungen ein
  8. SFV warnt vor VDEW-Richtlinien im RAL-Güteschutz-Solar
  9. Geringe Resonanz zum RAL-Güteschutz bei den Solar-Fachbetrieben


1. Ein Gütezeichen für handwerkliche Kompetenz?

Solarinstallateure können im gegenwärtigen Solarboom den vielfältigen Nachfragen nach Solarstromanlagen kaum nachkommen. So steigen auch neue Handwerksbetriebe in das Geschäft mit Solarstromanlagen ein, eine Entwicklung, die der Solarenergie-Förderverein Deutschland sehr begrüßt. Nur durch eine ständige Ausweitung der Produktions- und Installationskapazitäten kann das Wachstumstempo für die Photovoltaik erreicht werden, welches für die Energiewende erforderlich ist.

Damit die Käufer von Solarstromanlagen die Seriosität und handwerkliche Kompetenz der vielen Anbieter besser abschätzen können, sollen ihnen nun diverse Gütesiegel oder Gütezeichen eine bessere Orientierung geben. Dabei geht es nicht um Gütezeichen für bestimmte Einzelteile, z.B. eine Typprüfung für Solarmodule oder Wechselrichter, sondern um ein Gütezeichen für die handwerkliche Kompetenz einer gesamten Firma und ihrer Produkte.

So hat sich z.B. die Firma SunTechnics nach eigenen Angaben als erste Solarfirma vom TÜV Rheinland ein Gütesiegel für "zertifizierte Qualität im spezifizierten Bereich netzgekoppelter Solarstromanlagen" verleihen lassen.
Oder nach einem Vorschlag der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) soll ein RAL-Gütezeichen für Solaranlagen und für Solaranlagen-Installationsbetriebe für mehr Sicherheit und Vertrauen sorgen.

Der Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV) hält nach eingehender Diskussion solche an Firmen verliehene Gütezeichen oder Siegel für unnötig und teilweise sogar für kontraproduktiv, weil sie eine scheinbare Sicherheit vortäuschen. Er schlägt den Käufern von Solarstromanlagen stattdessen vor, sich nicht auf Gütezeichen oder Siegel zu verlassen, sondern gleich nach der Inbetriebnahme die Kontrolle der gelieferten Solaranlage mit Hilfe einer monatlichen Ertragsüberwachung selber durchzuführen.

Der folgende Beitrag soll die Entscheidung des SFV erläutern. Auf den RAL-Güteschutz Solar gehen wir im Anhang näher ein.

2. Sinnhaftigkeit von Gütezeichen - Wer soll kontrollieren?

Schwarze Schafe gibt es überall. Jeder Käufer einer Solarstromanlage wäre deshalb glücklich, wenn er an einem Gütezeichen erkennen könnte, ob er einen kompetenten und seriösen Solarinstallateur vor sich hat. (Umgekehrt wären die Installateure glücklich, wenn sie erkennen könnten, ob sie einen Kunden vor sich haben, der bei Fertigstellung der Anlage den vereinbarten Preis auch pünktlich zahlen wird.)

Doch die Lebenserfahrung sagt uns, dass es kein sicheres Mittel gibt, den Pfuscher oder gar den Betrüger am fehlenden Gütezeichen zu erkennen. Und wer nur das schnelle Geld mit Solaranlagen verdienen will, wird nach Erwerb des Gütezeichen mehr Wert auf dessen Werbewirkung als auf die Qualität seiner Arbeit legen.

Mangelhafte Qualität bei Handwerksarbeiten kann folgende Ursachen haben

  • Unkenntnis der Regeln
  • Gleichgültigkeit
  • Betrugsabsicht
Die Erteilung der Gütezeichen ist an eine einmalige oder regelmäßige Überprüfung des Betriebes geknüpft. Der Wert einer solchen Überprüfung ist jedoch gering. Eine Unkenntnis der einzelnen Bestimmungen bei den nicht geprüften Mitarbeitern oder ihre schlichte Nichtbefolgung an den übrigen Tagen des Jahres kann durch eine solche Prüfung nicht erkannt, geschweige denn verhindert werden.
Firmen werden möglicherweise solche von ihnen gefertigten Solaranlagen nicht zur Prüfung anmelden, bei denen sie schlampig gearbeitet haben.

Der Gehilfe auf dem Dach hat rasch die Akku-Bohrmaschine zur Hand, wenn ein Schraubloch im Gestell aus verzinktem Stahl nicht passt. Dass er damit die schützende Zinkschicht verletzt, weiß er vielleicht, aber die Zeit drängt, Sturm und Regen machen den Aufenthalt auf dem Dach ungemütlich und die Rostschäden merkt man ja erst in einigen Jahren.
Auf einer eventuellen Checkliste für die Bauabnahme wird er hinterher wohl kaum ankreuzen, dass er die Zinkschicht verletzt hat.

Fragwürdig ist, was die Kontrollen durch die zertifizierenden Stellen angeht, außerdem das Interessengemenge. Die zu kontrollierenden Betriebe zahlen direkt oder indirekt für ihre eigene Überprüfung. Hier liegt der Fehler schon im System.

Beim RAL-Gütezeichen sind die Betriebe zahlende Mitglieder des zukünftigen Vereins RAL Güteschutz Solar e.V., der die Einhaltung der Richtlinien überwachen soll. Die Höhe der Mitgliedsbeiträge ist noch unbekannt. Wenn die Mitgliedsbeiträge für alle Betriebe gleich hoch sind, dann stellen sie für einen kleinen Betrieb eine überproportionale Belastung dar. Wenn die Mitgliedsbeiträge nach Betriebsgröße gestaffelt sind, würde eine Aberkennung des Gütezeichens für einen großen Betrieb zum Verlust eines gut zahlenden Mitglieds führen und damit zur finanziellen Schädigung des Vereins.

Ein Interessenkonflikt ergibt sich auch während der Kontrollen durch die zertifizierende Stelle.

Schwarze Schafe gibt es überall. Es dürfte nicht allzu selten vorkommen, dass Firmen sich zur Zertifizierung anmelden, obwohl sie bei weitem nicht alle Mängel beseitigt haben. Weder die Firmenleitung noch irgend ein Firmenmitglied können dann aber noch zum Zeitpunkt der Überprüfung an einer Aufdeckung von Mängeln interessiert sein.
Fazit: Ein Gütezeichen für die gesamte Firma garantiert keine wirksamen Kontrollen, verhindert den Pfusch nicht und gibt keinen zuverlässigen Hinweis auf die handwerkliche Seriosität einer Installationsfirma.

Wer eine wirksame Kontrolle der Installationsbetriebe einführen will, muss die Interessenlage im Auge behalten. Das stärkste Interesse haben naturgemäß die zukünftigen Solaranlagenbetreiber selber - und denen geht es ausschließlich um die Kontrolle IHRER Solaranlage.

Hier setzt - allerdings mit völlig ungeeigneten Mitteln - der RAL-Güteschutz für Solarinstallationsbetriebe an. Nach den bisher im Internet erhältlichen Informationen besteht er im Wesentlichen aus einer Aufzählung aller zu beachtenden Vorschriften. Die Befürworter eines RAL-Gütesiegels versprechen:

"Mit dem RAL Güteschutz-Solar wird der Laie zum Fachmann für Solartechnik"
Diese Behauptung klingt vielversprechend, etwa so, als könne der Laie mit Hilfe der zu befolgenden Vorschriften, die im RAL-Güteschutz genannt werden, die fachliche Aufsicht bei Erstellung der Anlage führen. Doch dazu fehlt ihm das technische Verständnis und die Erfahrung. Vorschriften sind keine Lehrbücher, aus denen man technisches Verständnis und Erfahrung gewinnen kann.

Nicht ohne Grund ist die Feststellung von Konstruktionsmängeln die typische Aufgabe eines Gutachters oder eines vereidigten Sachverständigen; diese sind bei ihrer Arbeit aber nicht auf den RAL-Vorschriftenkatalog angewiesen.

Die RAL-Güteschutz-Philosophie hilft somit nicht bei der Entdeckung von Konstruktions- oder Montagefehlern.

Doch es gibt für den Käufer einer Solaranlage eine einfache und wirksame Kontrollmöglichkeit sowie eine höchst effektive Möglichkeit, im Mängelfall zu seinem Recht zu kommen. Davon soll im nächsten Kapitel die Rede sein.

3. Mängel möglichst innerhalb von 6 Monaten feststellen

Gleichgültig, wie lang die gesetzliche Gewährleistung oder die vom Hersteller freiwillig eingeräumte Garantiezeit dauert, für den Betreiber kommt es darauf an, eventuelle Mängel an SEINER Solaranlage möglichst innerhalb der ersten sechs Monate zu erkennen. Dies hängt mit den Bestimmungen des (2001 verbesserten) Schuldrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch zusammen.
Werden Mängel vor Ablauf von sechs Monaten entdeckt, dann braucht der Käufer nicht zu beweisen, dass der Verkäufer für die Mängel verantwortlich ist. Werden Mängel erst später als nach sechs Monaten - aber noch innerhalb der Gewährleistungsfrist oder der Garantiefrist - entdeckt, so muss der Käufer im Streitfall beweisen, dass die Mängel nicht auf übermäßige Belastung, oder auf extrem schlechtes Wetter oder auf andere Umstände zurückzuführen sind, für die den Verkäufer kein Verschulden trifft, sondern auf einen von Beginn an vorhandenen Konstruktions- oder Montagefehler (§ 476 BGB). Dies führt möglicherweise zu einem unerquicklichen Gutachterprozess.

Wie kann man also Mängel innerhalb der ersten 6 Monate feststellen?

Abgesehen von einem völligen Nichtfunktionieren der Solaranlage - leicht am stillstehenden Einspeisezähler zu erkennen - werden dem Betreiber der Anlage zumeist mangelhafte Stromerträge auffallen.

Die üblichen Ertragsgarantien sind hier wenig hilfreich, denn sie beziehen sich auf den Ertrag eines vollen Jahres. Der Mangel wird also erst weit nach Ablauf der oben genannten Sechs-Monate-Frist beweisbar, wodurch eine Reklamation des Mangels sich erheblich erschwert und ein eventueller Konstruktionsfehler vom Betreiber erst selbst herausgefunden werden muss.

Welche Möglichkeiten hat nun ein Anlagenbetreiber, Mängel an SEINER Solaranlage rechtzeitig, d.h. innerhalb von sechs Monaten festzustellen?

4. Ertragsüberwachung - die bessere Alternative

Wie kann nun ein Anlagenbetreiber innerhalb von sechs Monaten feststellen, ob seine Anlage frei von Mängeln ist?

Hier gibt es eine einfache Lösung, die zwar nicht alle Mängel entdecken, aber doch einen unwiderlegbaren Hinweis auf das Vorhandensein verschiedenster Mängel geben kann.

Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch § 434 (§ 633) gilt es als Mangel, wenn die gekaufte Sache nicht die Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.

Der Käufer einer Solarstromanlage erwartet, dass seine Solaranlage Strom liefert. Wieviel Strom sie liefert, hängt natürlich vom Wetter und von der Jahreszeit ab; aber es gibt genügend Solarstromanlagen im selben Postleitzahlenbereich (zur Not im einstelligen PLZ-Bereich), die dem gleichen Wetter ausgesetzt sind und mit deren Erträgen er die Erträge seiner Anlage vergleichen kann.

Diese Erträge sind sogar als Monatserträge im Internet verfügbar unter www.sfv.de (auf der Startseite ganz rechts). Der Auftraggeber für die Solaranlage kann also schon nach Ablauf des ersten Kalendermonats erkennen, ob seine Solaranlage "eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann."
Bei deutlichen Abweichungen nach unten sollte der Anlagenbetreiber umgehend eine Nachbesserung oder die Lieferung einer mängelfreien Anlage ("Nacherfüllung" nach § 439 oder 635 BGB) verlangen. So verschiebt er die schwierige Aufgabe der Fehlersuche auf denjenigen, der die Anlage geliefert hat.

Schlägt die Nachbesserung auch noch beim zweiten Versuch fehl oder verweigert der Verkäufer die Nacherfüllung, so kann der Käufer entweder zurücktreten oder eine Minderung des Kaufpreises festsetzen. Das BGB erlaubt dem Käufer, den Kaufpreis nachträglich um den gleichen Prozentsatz herabzusetzen, um den die Erträge der Solaranlage hinter den monatlichen Durchschnittserträgen der anderen Solaranlagen zurückbleiben (§ 441 oder 638 BGB). Der zu viel gezahlte Preis kann dann zurückgefordert werden.

5. Anerkannte Regeln der Technik sind auch ohne Gütezeichen verpflichtend

Der Käufer darf erwarten, dass seine Anlage nach den anerkannten Regeln der Technik erstellt wird. Auch ohne Aufzählung von einzuhaltenden Vorschriften und dgl. hat er darauf nach der oben erwähnten Bestimmung des BGB (§ 434 oder 633) einen Anspruch.


Diese nur stichpunktartige Darstellung kann natürlich im Fall eines Rechtsstreits eine rechtsanwaltliche Beratung nicht ersetzen und will dies auch nicht. Es geht in diesem Beitrag vielmehr darum, den Käufern von Solaranlagen ihre bestehenden Rechte bewusst zu machen.

Eines zusätzlichen Gütezeichens für Solarinstallationsbetriebe bedarf es dafür nicht.


Anhang:

6. Was ist unter dem RAL-Güteschutz-Solar zu verstehen?

Die Abkürzung RAL bedeutete ursprünglich Reichs-Ausschuss für Lieferbedingungen (RAL). Weitere Info

Bekannt sind z.B die RAL-Kennzeichnung für Farben und Lacke oder der blaue Engel für umweltfreundliche Produkte. Zum Güteschutz Solar findet sich unter http://www.gueteschutz-solar.de/477.0.html folgende Erläuterung:

"Der Güteschutz-Solar ist im wesentlichen keine eigenständige Entwicklung von Qualitätsrichtlinien. Vielmehr sind hierin die Vielzahl der vorhandenen internationalen, nationalen und regionalen Regelungen aus den Bereichen:

- Baurecht
- Unfallverhütung
- Elektrotechnik
- Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik
- Umweltschutz

für Fachmann und Verbraucher aufbereitet. Dies bedeutet, dass der Güteschutz-Solar aus Verweisen auf sämtliche relevanten Vorschriften, anerkannten Regeln der Technik und fundierten Qualitätsansprüchen besteht."

7. RAL-Güteschutz schränkt kreative Lösungen ein

Bei einer Technik, die noch in erheblicher Entwicklung begriffen ist, scheint es nicht geraten, formale Festlegungen zu treffen, die nur in zeitraubenden Verhandlungen revidiert werden können. Bis zu deren erfolgreicher Revision würde jeder Betrieb, der neue Wege gehen will, sich eines Verstoßes gegen das Gütezeichen schuldig machen.

8. SFV warnt vor VDEW-Richtlinien im RAL-Güteschutz-Solar

Aus gegebenem Anlass soll hier ergänzend ein peinliches Detail angesprochen werden, welches mit der prinzipiellen Beurteilung des RAL-Güteschutzes-Solar nichts zu tun hat, welches aber zeigt, wie kontraproduktiv eine formale Zusammenfassung aller bekannten Vorschriften und Richtlinien unter den übergeordneten RAL-Güteschutz-Solar Richtlinien sein kann.

Nach den unter http://www.gueteschutz-solar.de/477.0.html aufgeführten Planungen sollen auch VDEW-Richtlinien in den Güteschutz-Solar aufgenommen werden (siehe dort die Graphik unten). Dies halten wir für ausgesprochen kontraproduktiv, denn gerade in den VDEW-Richtlinien sind einige Bestimmungen enthalten, die den Vorrang der Erneuerbaren Energien gefährden und die deshalb besser nicht in ein Gütezeichen für Solarstromanlagen aufgenommen werden sollten, z.B. die Bestimmung, dass eine Solarstromanlage die Spannung am ungünstigsten Verknüpfungspunkt nur um 2 Prozent anheben darf.

9. Geringe Resonanz bei den Solar-Fachbetrieben

Die Darstellung der DGS, dass sie mit der großen und positiven Resonanz der Solarbranche auf das RAL-Gütezeichen Solar "hoch zufrieden" war, erscheint ein wenig realitätsfremd. Tatsächlich haben nach eigener Darstellung der DGS von 3.600 informierten Solarbetrieben bis zum Stichtag 26.07.04 nur 100 Fachbetriebe geantwortet und davon 98% zugestimmt.

Über die allgemeine Zustimmung sagt dies wenig aus. Die geringe Rücklaufquote kann sowohl durch Desinteresse erklärt werden, als aber auch damit, dass die meisten Solarbetriebe wegen des PV-Booms anderweitig ausgelastet waren.