Die Notwendigkeit für eine schnelle Energiewende ist in Deutschland leider immer noch nicht bei den Denkmalschutzbehörden angekommen. Immer wieder wird uns darüber berichtet, wie Solarvorhaben an denkmalgeschützten Gebäuden grundsätzlich abgelehnt werden, ohne das geplante Projekt im Detail zu überprüfen. Dabei wäre zumindest eine Einzelfallprüfung zwingend notwendig, um eine sachgerechte Entscheidung treffen zu können. 

 

Gericht bestätigt: Klimaschutz geht Denkmalschutz voraus

 

Bereits vor über 10 Jahren wurde in einem Streitfall vor einem Verwaltungsgericht entschieden, dass der im Grundgesetz verankerte Klimaschutz dem Denkmalschutz vorausginge. Im Urteil des VGH Mannheim kam man zu dem Schluss, dass 

“Photovoltaikanlagen auf Dächern - gerade auch auf Scheunendächern - in so großer Zahl errichtet wurden, dass sie in ländlich strukturierten Gegenden heute zum normalen Erscheinungsbild gehören. [...] Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass der Durchschnittsbetrachter solche Anlagen nicht mehr als exotische Fremdkörper wahrnimmt, die schon per se und erst recht auf einem Kulturdenkmal als störend empfunden werden, wie dies in der Anfangszeit der Nutzung dieser Technik noch der Fall gewesen sein mag. Vielmehr ist ein Gewöhnungseffekt eingetreten, der durch die gewandelten Anschauungen über die Notwendigkeit der vermehrten Nutzung regenerativer Energien und die damit einhergehende positive Grundeinstellung des Durchschnittsbetrachters zu dieser Form der Energiegewinnung noch verstärkt wird.” (Zitat aus Rd-Nr. 34 des Urteils)

Im Nachgang zur erfolgreichen Klimaklage des SFV im Frühjahr 2021 analysierte Prof. Ekardt in einem Gutachten die Handlungsfelder der Kommunen bei der verpflichtenden Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen. Er kam zu dem Schluss, dass sich “Klimaschutzbemühungen der Länder, die sich aufgrund der Gesetzgebungskompetenzen auf das Planungs-, Bildungs- und Kommunalrecht sowie den Vollzug auf Landesebene konzentrieren, [...] an den Zielen ausrichten [müssen], die eine globale Temperaturgrenze von 1,5 Grad Celsius einhalten". 

Das schließt Installationen auf denkmalgeschützten Gebäuden ein. Er schreibt weiter: 

“Die Kommunen sind für die Bauleitplanung verantwortlich. Damit richtet sich der Blick auf die Gestaltung bestehender und neuer Wohn-, Industrie- oder Gewerbegebiete, die letztlich bereits aufgrund ihres langen Zeithorizonts auf die Treibhausgasneutralität ausgerichtet werden müssen. Hinzu kommen Vorsorgemaßnahmen für bereits jetzt unvermeidbare Auswirkungen des Klimawandels, wobei der Fokus in erster Linie auf Mitigation und nicht auf Adaptation gelegt werden muss. Konkret betrifft dies den geplanten Gebäudebestand, aber auch die energetische Erneuerung bestehender Gebäude (darunter auch viele, die dem Denkmalschutz unterliegen).”

 

Welche Position vertreten die Bundesländer?

 

In NRW gab es in diesem Jahr Bewegung in Sachen Klimaschutz. Nach über 40 Jahren wurde das Denkmalschutzgesetz novelliert, um dem Klimaschutz eine Chance einzuräumen. Im Vorfeld stießen die Pläne allerdings auf harsche Kritik. 

In der sogenannten “Düsseldorfer Erklärung” wandten sich leider 13 Denkmalschutz-Landesverbände gegen die geplante Änderung. Das Gesetz wurde dennoch beschlossen. Die Neuregelungen sehen nun vor, dass bei Entscheidungen der Denkmalschutzbehörden zukünftig auch Belange des Klimas und des Einsatzes Erneuerbarer Energien angemessen berücksichtigt werden müssen. Das ist ein kleiner Erfolg, wenn auch ohne die Festlegung einer Vorrangregelung für Klimaschutzprojekte. Dr. Andrea Pufke, Leiterin des Amtes für Denkmalpflege im Rheinland, betitelte die Forderung, dass Klimaschutz den Vorrang vor Denkmalschutz erhalten soll, in einer Veranstaltung des LVR jedenfalls als sachfremd: “Apokalyptische Prognosen zur Klimakrise würden da auch nicht weiterhelfen. Die Brandlasten von Solaranlagen sind zu hoch und solare Bauziegel auch keine Option, da der Erhalt der historischen Dachhaut im Vordergrund steht”- so Frau Pufke im O-Ton bei der Veranstaltung.

Zumindest gibt es ein NRW-Informationsblatt für “Denkmäler und die Energiegewinnung durch Solaranlagen”, mit dessen Hilfe Einzelfallentscheidungen getroffen werden. Derzeit arbeiten die Landesbehörden an einem bundesweiten Leitfaden, der in Anlehnung an eine Broschüre des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege erstellt werden soll.

Auch in Niedersachsen gibt es Bestrebungen, denkmalgeschützte Häuser für den Klimaschutz neu zu bewerten. Wegweisend war hier ein Urteil vom November 2021, nachdem u.a. "die Beeinträchtigung des Anschauungswerts eines Baudenkmals durch Solaranlagen als weniger gravierend eingestuft wurde, wenn die betroffene Dachfläche für Passanten schlecht einsehbar und der Urzustand der betroffenen Gebäudeseite bereits durch frühere Umbaumaßnahmen verwässert worden ist."

Aktuell vertreten leider zahlreiche Denkmalschutzbehörden noch immer die pauschale Meinung, dass  photovoltaische Anlagen auf Baudenkmälern grundsätzlich erst dann in Erwägung gezogen werden und denkmalfachlich beurteilt werden sollten, wenn sich Investor*:innen nicht an einer Sammelanlage beteiligen können oder Nebengebäude bzw. nicht denkmalwerte Anbauten als Standort nicht in Frage kämen. Diese Handhabung rührt aus dem Jahr 2010. Dort wurde in einem Arbeitsblatt der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland diese heute nicht mehr zeitgemäßen Informationen für die Landesdenkmalpfleger herausgegeben.

Einige Landesämter gehen allerdings auch mit der Zeit. So sprach sich Alf Furkert, Leiter des Landesamtes für Denkmalpflege in Sachsen, gegen ein öffentliches Verbot von Solaranlagen auf Denkmalschutz aus. Es gebe bereits Beispiele auf Kirchen, Schulen und privaten Wohnhäusern, bei denen eine gute Integration der Solaranlagen gelungen sei.

Wir brauchen für Erneuerbare Energien eine Vorrangregelung. Auch die Bundesregierung plant diesen Weg. Im neuen § 2 der geplanten Novellierung des EEG liest man: "Errichtung und Betrieb von Anlagen sowie den dazugehörigen Nebenanlagen liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit."

Diese bedeutungsschwere Neuregelung muss auch bei den Denkmalschutzämtern ankommen. In Deutschland unterliegen ca. 3 % der Bestandsimmobilien dem Denkmalschutz. Ein deutlich darüber hinausgehender Teil ist von Ensembleschutz-Auflagen betroffen.

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 — Fachwerkhaus, Baudenkmal in Frielendorf-Lanertshausen, Foto: Jkü •

 

Was können Sie tun?

 

Die Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin (HTW) bietet einen allgemeinen Überblick an, welche Schritte empfehlenswert sind, wenn Sie eine PV-Anlage auf einem Denkmal errichten wollen. Die Zusammenstellung ist äußerst hilfreich, um häufige Hindernisse zu vermeiden. Weiterhin kann es hilfreich sein, die Anlage z.B. mit mittlerweile erhältlichen “optisch verträglicheren” farbigen Modulen oder Solarziegeln zu planen.

Sollte es Ihnen dennoch nicht gelingen, die Denkmalschutzbehörde zu überzeugen, bleibt Ihnen nur noch der Weg über die Politik oder die Presse. Vielleicht finden Sie bei kommunalen Politikern Unterstützung oder können Redakteure für eine Berichterstattung gewinnen. Denn pauschale Abweisungen sind nicht mehr hinnehmbar. Es gibt bereits zahlreiche PV-Projekte auf denkmalgeschützten Häusern. Sollte Ihre Anfrage zur Installation einer PV-Anlage auf Denkmalschutz von der Behörde nicht geprüft und ohne Begründung abgewiesen worden sein, melden Sie sich gern bei uns. Wir sammeln die Fälle und werden uns weiterhin für Sie stark machen.