Frau S. aus Köln ist erleichtert. Seit Monaten kokettiert sie mit dem Kauf einer Solarstromanlage nebst Speicher. Sie hat recherchiert, ob ihr Dach geeignet ist und welche Solarmodule und Wechselrichter passen würden. Sie hat sich entschieden. Nach mehreren Anläufen ist ihr nun auch gelungen, eine Installationsfirma zu finden. Das war nicht einfach, denn viele Solarinstallateure melden, dass sie über Monate ausgelastet sind.

Mit Vorfreude schaut sie auf das vielversprechende Angebot und hofft, dass der geplanten 5 kW-Anlage nun nichts mehr im Wege steht. Doch weit gefehlt. Die Firma klärt sie auf, dass zunächst nachgefragt werden müsse, ob der vorhandene Netzanschluss am Grundstück geeignet sei, den erzeugten Solarstrom aufzunehmen. Immerhin würde ja trotz geplanter Eigenversorgung und gewünschtem Speicher noch Solarstroms in das öffentliche Netz gelangen. Auch beim Strombezug am Hausanschluss würde sich etwas ändern. Frau S. ist froh, dass die Solarinstallateurin weiterhilft. Sie stellt das notwendige Netzanschlussbegehren beim Netzbetreiber. Dafür gibt es VDE-Formulare, in denen neben dem Standort und den Daten der Anlagenbetreiberin alle wichtigen technischen Details der geplanten Solaranlage eingetragen werden müssen. Auch für Stromspeicher gibt es dieses Prozedere. Nun ist Warten angesagt, doch wie lange?

Hierzu gibt das Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) zumindest einige Hinweise. So ist in § 8 Absatz 5 des EEG 2021 geregelt, dass Netzbetreiber verpflichtet sind, nach Eingang eines Netzanschlussbegehrens unverzüglich einen genauen Zeitplan für die Bearbeitung zu übermitteln. Dabei müssen sie darlegen, welche Arbeitsschritte notwendig und welche weiteren Informationen zur geplanten Anlage wichtig sind, um den Anschlusspunkt der Anlage zu ermitteln.

Schon hier kann es allerdings haken, denn der Rechtsbegriff „unverzüglich“ ist unbestimmt. Er bedeutet, dass die erste Auskunft ohne schuldhaftes Zögern erteilt werden muss. Doch wie kann man „Schuld“ nachweisen? Zu wenig Personal z.B. auf Grund von Erkrankungen, kann bei Verzögerungen ebenso gerichtsfest sein wie Softwareprobleme, die kurzfristig nicht behoben werden konnten. Somit gibt es immer wieder Fälle, bei denen mehrere Wochen ins Land gehen, bis erste Rückmeldungen kommen. Mit der Berechnung zum Netzanschlusspunkt braucht der Netzbetreiber dabei noch nicht einmal angefangen zu haben. Das ist besonders ärgerlich, denn die Einspeisevergütungen, die durch den Inbetriebnahmezeitpunkt der Anlage bestimmt werden, sinken monatlich.

Zumindest Frau S. hat Glück gehabt. Da ihre Anlage kleiner als die gesetzlich festgelegte Bagatellgröße von 10,8 Kilowatt ist, gibt es eine Vereinfachung. Da der Netzbetreiber es nicht geschafft hat, innerhalb von einem Monat nach Eingang des Netzanschlussbegehrens eine Rückmeldung zu geben, darf sie laut Gesetz davon ausgehen, dass die Anlage angeschlossen werden kann. Bis dahin hätte der Netzbetreiber Veto einlegen müssen.

Bei größeren Investitionsvorhaben braucht man möglicherweise mehr Geduld. Dem Netzbetreiber stehen für die Berechnungen zur Ermittlung des Netzanschlusspunktes nach § 8 Abs. 6 EEG 2021 satte acht Wochen Bearbeitungszeit zur Verfügung. Zuzüglich des oben erwähnten Zeitraums zur Informationsbeschaffung können damit oftmals mehrere Monate vergehen, um alle Informationen einzufordern, zu prüfen, den Netzanschlusspunkt zu benennen und ggf. den Zeitplan für einen Netzausbau inklusive aller erforderlichen Arbeitsschritte und Kosten zu nennen. Und sollte die Anlage vom Solarinvestor nicht am Grundstücksanschlusspunkt angeschlossen werden können, so muss er selbst ein Kabel zum nächsten wirtschaftlich und technisch günstigsten Verknüpfungspunkt ziehen.

Die Solarinvestor:innen brauchen also in Einzelfällen nicht nur einen extrem langen Atem, sie benötigen auch einen finanziellen Puffer. Wenn neben sinkenden Vergütungen und damit verbundener unklarer Wirtschaftlichkeit noch Netzanschlusskosten hinzukommen, wird die geplante Solaranlage schnell zum finanziellen Desaster.

 

So darf es nicht bleiben

 

Die solare Energiewende muss dringend beschleunigt werden. Hierzu müssen alle Prozesse vereinfacht und optimiert werden. Dazu gehört aus unserer Sicht, dass Planungen für den Ausbau der Netzinfrastruktur vorausschauend getätigt werden, um umfangreiche Berechnungsschritte zu optimieren und einzelne Netzausbauarbeiten in zusammenfassenden Projekten zu vereinen. Da jede geeignete Fläche mit einer Solaranlage belegt werden kann, muss das regionale Netz in der Lage sein, die Solarenergie aufzunehmen, zwischenzuspeichern und an Letztverbraucher weiterzugeben. Netzüberlastungen müssen der Vergangenheit angehören und der regionale Netz- und Speicherausbau sowie der Anschluss von Anlagen wie das Brezelbacken  vorangehen – schnell und effizient.

Unsere Frage an Sie: Wurde der Netzanschluss ihrer Solaranlage abgelehnt?

 

Im EEG 2021 (und den Vorgängerversionen des EEG) ist festgeschrieben, dass Netzbetreiber den Anschluss von EE-Anlagen ablehnen dürfen, wenn die nachweislich erforderlichen Ausgaben für eine Netzverstärkung, -optimierung und -ausbau wirtschaftlich unzumutbar sind. Dies gilt für alle Anlagen, auch für Anlagen unter 30 kWp.

In der Rechtspraxis bemessen Netzbetreiber die Unzumutbarkeit häufig noch anhand der sogenannten 25%-Regel. Diese basiert auf der Begründung zu § 4 (2) Satz 2 EEG 2004, wonach der Netzausbau „verhältnismäßig und damit zumutbar“ sei, „wenn die Kosten des Ausbaus 25 % der Kosten der Errichtung der Stromerzeugungsanlage nicht überschreiten.“

Seit dem EEG 2004 sind 15 Jahre vergangen! Die Investitionskosten pro kW haben sich deutlich reduziert. Kostete eine 1-KW-Anlage in 2004 noch ca. 5.000 € €, zahlt man heute häufig weniger als 1.500 €/kWp, die "zumutbaren" Kosten für den Ausbau sind in demselben Zeitpunkt also von ca. 1250 €/kWp auf nur noch ca. 375 €/kWp. Es liegt also nahe, dass die Anwendung der 25%-Regel nicht mehr sachgemäß sein kann. Ebenso ist wahrscheinlich, dass von Netzbetreibern der Anschluss von Anlagen bis 30 kW immer öfter abgelehnt wird.

Wir bitten Sie deshalb um Ihr Feedback!

Schreiben Sie uns, ob Ihre oder die in der Nachbarschaft geplante Anlage nicht realisiert wurde. Besonders interessieren uns Ablehnungen kleinerer Hausdachanlagen. Wir wollen die Informationen anonymisiert auswerten und daraus Forderungen für die Gesetzgebung erarbeiten.