Quelle: http://www.clearingstelle-eeg.de/EmpfV/2008/49

Zusammenfassung

Die Clearingstelle EEG empfiehlt, die Fragen des Empfehlungsverfahrens 2008/49 "Anlagenzusammenfassung gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2009" wie folgt zu beantworten:

1. Das Tatbestandsmerkmal "auf demselben Grundstück oder sonst in unmittelbarer räumlicher Nähe" ist aufgrund des auslegungsbedürftigen Wortlauts insbesondere systematisch, hinsichtlich seiner Entstehungsgeschichte (Genese) und dem Zweck der Vorschrift (Teleologie) auszulegen. Besondere Bedeutung kommt dabei einerseits der systematischen Einordnung in das Grundbuch-, Bau- und Beitragsrecht, andererseits der Berücksichtigung des Zwecks des Gesetzes, das sog. Anlagensplitting zu verhindern, zu.

2. Mehrere Anlagen befinden sich demnach grundsätzlich "auf demselben Grundstück", wenn sie sich auf einem Grundstück im Sinne des Grundbuchrechts befinden. Befinden sich mehrere Anlagen in diesem Sinne auf einem Grundstück, gelten sie zum Zwecke der Ermittlung der Vergütung für den zuletzt in Betrieb genommenen Generator grundsätzlich als eine Anlage.

3. In eng begrenzten Ausnahmefällen ist vom Grundstück im wirtschaftlichen Sinne auszugehen, falls der Zweck der Regelung des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2009 - das sog. Anlagensplitting zu verhindern - gröblich verfehlt würde, indem der grundbuchrechtliche Grundstücksbegriff zugrunde gelegt wird. Dabei gilt:

(a) Die Annahme des wirtschaftlichen Grundstücksbegriffs ist kein Ausdruck einer ökonomischen Härtefallregelung. Eine entsprechende Zweckverfehlung liegt insbesondere nicht schon dann vor, wenn bei Zugrundelegung des grundbuchrechtlichen Grundstücksbegriffs die Insolvenz der Anlagenbetreiberin oder des Anlagenbetreibers droht oder bevorsteht.

(b) Wann in den restriktiv anzunehmenden Ausnahmefällen unter Zugrundelegung des wirtschaftlichen Grundstücksbegriffs von einer wirtschaftlichen Einheit auszugehen ist, bestimmt sich nach dem unter Ziffer 5. genannten Kriterienkatalog.

4. Bei dem Tatbestandsmerkmal "sonst in unmittelbarer räumlicher Nähe" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, zu dessen Auslegung vor allem die Genese von § 19 Abs. 1 Satz 1 EEG 2009 sowie Sinn und Zweck der Regelung heranzuziehen sind. Demnach dient die Regelung der Vergütungsrechnerischen Nivellierung der Auswirkungen des sog. Anlagensplittings, bei dem der Betreiber in einem geografisch umgrenzbaren Bereich mehrere leistungsbezogen zu vergütende kleinere Anlagen in Betrieb nimmt, um eine im Vergleich höhere Gesamtvergütung nach dem EEG zu erzielen.

Das Tatbestandsmerkmal "sonst in unmittelbarer räumlicher Nähe" ist daher wie folgt auszulegen:

(a) Es spricht eine widerlegliche Vermutung dafür, dass mehrere Anlagen zum Zwecke der Umgehung der Vergütungsvorschriften des EEG 2009 realisiert wurden, wenn sie nach dem 5. Dezember 2007

  • entweder auf zuvor entlang der Belegenheit der Anlagen parzellierten (geteilten) Grundstücken
  • oder auf aneinander grenzenden Grundstücken in Betrieb genommen worden sind.

Die Vermutung kann durch nachweisliche Darlegung entgegenstehender Tatumstände des unter Ziffer 5 genannten Kriterienkatalogs erschüttert werden.

(b) Eine Auslegung, derzufolge sich zwei oder mehr Anlagen "sonst in unmittelbarer räumlicher Nähe" befinden, wenn sie maximal 500 Meter voneinander entfernt sind, findet im Gesetz keine Stütze.

5. Der Kriterienkatalog lautet:

(a) Gegen eine Umgehung der EEG-rechtlichen Vergütungsschwellen sprechen folgende Kriterien:

i. Baugenehmigung unter Anwendung des Privilegierungstatbestands aus § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB - vgl. S. 62

ii. Alleinstehende Gebäude, auf oder an denen PV-Anlagen angebracht sind - vgl. S. 63

iii. Teilung des Grundstücks aufgrund öffentlich-rechtlichen Zwanges - vgl. S. 54

iv. Teilung des Grundstücks aufgrund erbrechtlich bedingter Auseinandersetzung - vgl. S. 54

v. Teilung des Grundstücks aufgrund der Veräußerung von zu diesem Zweck abgetrennten Grundstücksteilen an einen mit dem vorherigen (Gesamt-) Eigentümer weder konzernhaft noch sonst wirtschaftlich oder verwandtschaftlich verbundenen Neueigentümer - vgl. S. 54

(b) Für eine Umgehung der EEG-rechtlichen Vergütungsschwellen sprechen folgende Kriterien:

i. Identischer faktischer Betreiber - vgl. S. 55

ii. Gesellschaftsrechtliche oder vergleichbare Verbundenheit mehrerer Betreiber - vgl. S. 57

iii. Identischer Finanzierer - vgl. S. 59

iv. Identischer Errichter/Projektierer - vgl. S. 59

v. Identischer Hersteller der Anlagen, identische Leistungsgröße und konkrete Auslegung der Anlagen - vgl. S. 59

vi. Gleiche Einsatzstoffe - vgl. S. 60

vii. Gemeinsam genutzte Infrastruktureinrichtungen - vgl. S. 60

viii. Gemeinsames Betriebspersonal, gemeinsame Abrechnungsstelle - vgl. S. 61

6. Die Clearingstelle EEG rät Anlagenbetreiberinnen bzw. -betreibern und Netzbetreibern, zur Klärung von Zweifelsfragen im Einzelfall einvernehmlich die Einleitung eines Votumsverfahrens oder eines Einigungsverfahrens bei der Clearingstelle EEG zu beantragen, um gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Ergänzende Hinweise für Solare Strahlungsenergie

Bezüglich der Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie ist auf Folgendes hinzuweisen:

1. Die verfahrensgegenständliche Frage ist in Bezug auf Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie nur für Anlagen relevant, die ab dem 1. Januar 2009 in Betrieb genommen worden sind. § 19 Abs. 1 EEG2009 ist. Auf Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie, die vor dem 1. Januar 2009 in Betrieb genommen worden sind, nicht anzuwenden.

2. § 19 Abs. 1 EEG2009 entfaltet bei PV-Anlagen, die nicht an oder auf Gebäuden angebracht sind, aus den gleichen Gründen wie hinsichtlich der o. g. Erzeugung von Strom aus Windenergie keine Wirkung. Eine in Abhängigkeit von der Leistung der Anlage stehende Vergütungsstaffelung sieht die Vergütungsvorschrift des § 32 EEG2009 nicht vor.

3. Bei der Bewertung von PV-Anlagen an oder auf Gebäuden (§ 33 EEG2009) ist bei der Anwendung der o. g. Auslegungsempfehlung zweckmäßigerweise zwischen der Aufbringung auf Reihen- und auf Einzelhäusern zu unterscheiden:

(a) Bei der Errichtung von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie auf einem Gebäude, das mehrere gebuchte Grundstücke oder ungebuchte Flurstücke überspannt, spricht die genetische Auslegung für eine Zusammenfassung der Anlagen zum Zwecke der Ermittlung der Vergütungshöhe für den zuletzt in Betrieb genommenen Generator.

(b) Bei der durchgehenden Anbringung von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie auf lückenlos aneinander gebauten Reihenhäusern, die sich über mindestens eine Grundstücksgrenze erstrecken, ergeben sich grundsätzlich keine Besonderheiten hinsichtlich der
verfahrensgegenständlichen Begriffsauslegung. Allerdings bedarf es aufgrund des entgegenstehenden Eindrucks des ersten Anscheins (prima facie) einer besonders detaillierten Prüfung, ob eine ab dem 5. Dezember 2007 vorgenommene Parzellierung allein der Umgehung der Vergütungsstruktur des EEG diente, da der Hauptzweck der grundbuchrechtlich verbrieften Aufteilung der Struktur von Siedlungen, auf denen sich Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie befinden, in der Regel anderen Zwecken, vornehmlich denen der Verwaltung der Immobilien, dienen dürfte.

(c) Bei der Anbringung von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie auf Einzelhäusern auf aneinander angrenzenden, aber getrennt gebuchten Grundstücken spricht der Eindruck des ersten Anscheins (prima facie) dafür, von separaten Anlagen auszugehen. Die Synergieeffekte bei der Errichtung mehrerer voneinander getrennter Anlagen, namentlich verringerte Installationskosten und die Nutzung gemeinsamer Infrastruktureinrichtungen, fallen hier regelmäßig wesentlich geringer aus als insbesondere bei der Erzeugung von Strom aus Biomasse einschließlich Biogas, Deponiegas und Klärgas sowie aus dem biologisch abbaubaren Anteil von Abfällen aus Haushalten und Industrie.


Die vollständige Stellungnahme der Clearingstelle EEG können Sie unter http://www.clearingstelle-eeg.de/EmpfV/2008/49 downloaden.