Vor wenigen Tagen beschloss der Deutsche Bundestag ein Gesetz, das in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wurde. Es geht um das sogenannte Planungssicherstellungsgesetz, in dem die Durchführung von Verwaltungs- und Genehmigungsverfahren in CORONA-Zeiten ab sofort neu geregelt werden soll.

Anlass hierfür waren die aktuell eingeschränkten öffentlichen Beteiligungsmöglichkeiten für die Genehmigung zukünftiger Bauvorhaben. Die Organisation von Erörterungsterminen und Antragskonferenzen, Entscheidungsverfahren und mündlichen Verhandlungen wären auf Grund der COVID-19 Ausgangs-und Kontaktbeschränkungen und der knappen Verwaltungs-Personaldecke nicht mehr umfänglich zu gewährleisten. Das träfe vor allem für Bauvorhaben mit immissionsschutzrechtlichem Hintergrund aber auch für andere Vorhaben zu. Es sei deshalb dringend geboten, für die Bekanntmachung und Veröffentlichung der Unterlagen zu Planungs- und Genehmigungsverfahren nur noch Online-Plattformen zu nutzen. Die Beteiligung der Öffentlichkeit müsse ab sofort internetbasiert erfolgen. Beschränkungen auf zwingend notwendige Termine per Video- und Telefonkonferenz wären unausweichlich. Nur so könnten Vorhaben zügig umgesetzt und wirtschaftliche Entwicklungen in den Ländern und Kommunen vorangetrieben werden.

All diese Überlegungen klingen zunächst vernünftig, ginge man generell und längerfristig davon aus, es gäbe keine anderen CORONA-Schutzmöglichkeiten. Das ist mitnichten der Fall. Denn längst gibt es Kleingruppen- und Abstandsregeln sowie Festlegungen zur Maskenpflicht, mit deren Hilfe man Bürger*innen in CORONA-Zeiten auch weiterhin beteiligen könnte. Aussprachen und öffentliche Termine sind unter Auflagen möglich. Die Probleme bei der strikten Umsetzung von Online-Verfahren liegen schon jetzt auf der Hand: Wichtige Informationen auf den Internetseiten der Behörden könnten schwer auffindbar und damit verborgen bleiben, die Kommunikation nur eingeschränkt transparent stattfinden, Fristsetzungen schwerer überschaubar werden und schlussendlich nicht alle Bürger*innen über einen Zugang zum Internet verfügen. Ein Online-Konsultationsverfahren wäre aus all diesen Gründen somit bestens geeignet, dem öffentlichen Diskussionsprozess die Luft abzuschnüren.

Zum Planungssicherungsgesetz gab es im Bundestag kaum Widerspruch und das war auch kaum möglich. Der Entwurf durchlief den Gesetzgebungsprozess im Husarenritt. Allen Abgeordneten blieb nur extrem wenig Zeit, sich mit Hintergründen, Folgen und Alternativen auseinanderzusetzen. Eine Beteiligung der Verbände und Organisationen fand - wie in den letzten Jahren bereits zur bitteren Regel geworden - praktisch nicht statt.

Nur die Bundestagsfraktion der Linken kritisierte das Gesetz heftig. Die Bürgerbeteiligung an der Planung von langfristigen Zukunftsinvestitionen würde durch das neue Gesetz behindert und eingedämmt. Das könnte u.a. zum Durchboxen von Genehmigungsverfahren für Höchstspannungsleitungen und Genmais-Flächen genutzt werden. Die Liste ließe sich noch beliebig fortsetzen: In Plänen zum Aus- und Neubau von fossilen Kraftwerken und Tagebauen, der weiteren Abholzung und Flächenversiegelung für den Bau von Straßen und Industriebauten und zahlreicher anderer klimaschädlicher Vorhaben lägen noch viele Möglichkeiten, die Beteiligung der Bürger zu umschiffen und Bauprozesse zu beschleunigen. Und selbst wenn die Corona-Sonderzeit nur zeitlich begrenzt ist, könnte dieses Planungssicherungsgesetz dazu führen, bei zahlreichen Vorhaben vollendete Tatsachen zu schaffen und dauerhafte Fehlentwicklungen zu manifestieren.

Dabei wäre es dringend notwendig, unsere Wirtschaft auf Klimaschutz und Gemeinwohlorientierung ab sofort nach sozial-ökologischen Leitlinien auszurichten. Für dieses Mammut-Projekt braucht es nicht nur den Willen der Bundesregierung und Gesetze, sondern auch eine breite Beteiligung der Bevölkerung.