Die Bundesregierung nimmt nach eigenem Bekunden die Bedrohung durch den Klimawandel sehr ernst und gibt Millionen für eine Klimakonferenz nach der anderen aus. Doch diese Konferenzen sind allesamt gescheitert. Und nun will die Bundesregierung - dem Drängen der Stromwirtschaft folgend - den deutschen Solarzubau auf ein Drittel reduzieren, angeblich um die Stromkosten niedrig zu halten. Damit steht sie ohne schlüssiges Klimaschutzkonzept da.

Hätte denn der Solarausbau das Klima retten können? Alleine natürlich nicht, aber zusammen mit Windenergie im Binnenland und dem Ausbau dezentraler Speicher wäre das eine realistische Möglichkeit - und ist es noch immer. Dazu ein kurzer Blick zurück: Unabhängig von den Klimakonferenzen haben in Deutschland die Stromkunden durch die geduldige und meist bereitwillige Zahlung eines Aufschlages auf den Strompreis (die EEG-Umlage) eine Abwehrfront gegen den weiteren CO2-Anstieg und die weitere Zunahme der Radioaktivität aufgebaut.

Anders als beim Emissionshandel ergaben sich dabei unerwartet hohe CO2-Einsparungen durch Wind- und Solarstrom. Bei der Solarenergie wurden die Prognosen des Umweltministeriums sogar um mehr als das Zehnfache übertroffen.

Planer und Politiker lieben solche Planabweichungen nicht - vielleicht fühlen sie sich blamiert? Jedenfalls bemühen sie sich seit Jahren darum, das Wachstum der Solarenergie auf das ursprünglich durch sie geplante Ausbautempo abzubremsen (Stichwort: „atmender Deckel") und richten damit nicht nur klimapolitischen, sondern erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden an. Sie bedenken nicht, dass mit der EEG-Umlage (mit Geldern der Stromkunden also!) nicht nur der Kauf von Solaranlagen refinanziert wird, sondern auch die Infrastruktur der Solarinstallationsbetriebe aufgebaut wurde, die Zulieferkette und die Herstellerfabriken für Solarmodule, Wechselrichter und Zubehör inklusive Hunderttausender Arbeitsstellen. Diese Infrastruktur lassen sie ungenutzt, machen sie damit wertlos, ja zerschlagen sie, wenn sie das Wachstum im Zubau von Solaranlagen jetzt auf ein Drittel reduzieren.

Der Bundesverband Solarwirtschaft - schlecht beraten durch das Institut Roland Berger - hatte schon im Dezember 2010 gegenüber dem Umweltminister zum Ausdruck gebracht, dass "die Branche" die Option einer marktzubauabhängigen Steuerung über einen vorgezogenen Degressionsschritt konstruktiv begleiten würde. Diese Zusage war ein Fehler, weil sie sich nicht halten ließ. Wie kann ein Bundesverband Zusagen geben, die seine Mitgliedsfirmen nicht befolgen können ohne sich wirtschaftlich zu ruinieren? Die zugesagte Reduzierung auf einen jährlichen Ausbaukorridor um ca.3 Gigawatt hätte selbst bei gleichmäßiger Aufteilung auf alle Betriebe der Solarbranche bedeutet, dass jeder freiwillig seinen Umsatz auf 50 Prozent hätte drücken müssen, oder aber, dass etwa die Hälfte aller Firmen nach einem mörderischen Konkurrenzkampf um das Überleben in Insolvenz gehen muss. Wer kann es den Solarbetrieben verdenken, dass sie sich - anders als ihr Branchenverband zugesagt hatte - nicht freiwillig zu Tode reduziert, sondern um ihr Überleben gekämpft haben?

Uns ist bewusst, dass die unglaubliche Leistung, trotz einer Vergütungsabsenkung von 40 Prozent noch einmal mehr als 7 Gigawatt Solaranlagen auf die Dächer zu zaubern, nur in der Schlussverkaufspanik vor der nächsten Vergütungsabsenkung zum 1.1.2012 möglich war und auch nur, weil es ein Überangebot an Solarmodulen weltweit gibt, das auf deren Preise drückt. Und trotzdem waren viele Solarbetriebe mit ihrem finanziellen Polster schon zu Jahresbeginn am Ende.

Wie aber auch immer - das gutgemeinte Angebot des Branchenverbandes, den Zubau zu verlangsamen, war von der Branche nicht eingehalten worden. Auf so eine Gelegenheit hatten die Gegner der Solarenergie nur gewartet. Die allseits geäußerte Verwunderung und Verblüffung über die tapfere Gegenwehr der Solarfirmen schien ihnen die geeignete Kulisse für den finalen Vernichtungsschlag. Jäger sprechen in solchen Fällen von einem "Fangschuss", mit dem das waidwund geschossene Tier endlich von seinen Qualen befreit wird. Und die Zuschauer eines Stierkampfes erwarten nach angemessener Zeit, dass der Torero den Stier mit einem eleganten Stoß seines Degens endgültig zu Tode bringt.
Was aber Röttgen und Rösler wohl übersehen haben, ist, dass sie keine Jäger und keine Toreros sind. Sie sind Angehörige der Regierung eines Rechtsstaates, in dem die Regeln des Stierkampfes oder der Waidmannszunft nicht auf das Wirtschaftsleben übertragen werden dürfen.
Und noch ist es bei uns (hoffentlich) nicht zulässig, das Interesse einiger Großkonzerne über das Wohl der Gemeinschaft zu stellen. Das Bundesverfassungsgericht wird sich dazu voraussichtlich äußern müssen.

Noch viel schlimmer aber ist - ich komme damit auf den Anfang zurück - die Tatsache, dass die Bundesregierung gerade im Begriff ist, die wohl letzte konkrete Hoffnung auf eine erfolgreiche Abwehr des Klimawandels mit vorgeschobenen, unwahrhaftigen Begründungen nachhaltig zu zerstören. Und das ist - so finde ich - ein Verbrechen an der Menschheit!

Ihr SFV-Geschäftsführer
Wolf von Fabeck