Der Unterschied in einem Satz

"Kostendeckende Vergütung für Erneuerbare Energien ist ein System von Belohnungen für den Ausbau der Erneuerbaren Energien in Bürgerhand - Emissionshandel hingegen ist ein System von milden Strafen gegen die Verschmutzung der Atmosphäre". Auf diese knappe Kurzform lässt sich der Unterschied zwischen den beiden bekanntesten Steuerungsinstrumente der letzten Jahrzehnte bringen. Aber es gibt noch viele weitere Unterschiede. Die wichtigsten werden wir im Folgenden darstellen.
Zunächst aber einmal beantworten wir die Frage

Was ist kostendeckende Vergütung?

Kostendeckende Vergütung ist der wichtigste Teil des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Dieses Gesetz besteht aus drei gesetzlichen Bestimmungen

  • Anschlusspflicht.

Jeder Stromnetzbetreiber ist verpflichtet, jede Anlage zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien an sein Netz anzuschließen.

  • Abnahmepflicht

Der Stromnetzbetreiber ist verpflichtet, den erzeugten Strom aus Erneuerbaren Energien vorrangig gegenüber allen anderen Lieferanten (z.B. Atom- oder Kohlekraftwerken) abzunehmen und ihn zum allgemeinen Verbrauch weiterzuleiten. Dazu gehört auch eine Netzausbaupflicht.

  • Vergütungspflicht (kostendeckende Vergütung)

Der Stromnetzbetreiber ist verpflichtet, den abgenommenen Strom aus Erneuerbaren Energien 20 Jahre lang mit einer staatlich festgelegten Einspeisevergütung für jede gelieferte Kilowattstunde zu vergüten. Diese Vergütung wird unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Techniken wie Sonne- oder Windenergie oder Geothermie so berechnet, dass sie dem Betreiber der Anlage grundsätzlich den Ersatz seiner Aufwendungen einschließlich einer marktüblichen Rendite garantiert. Vorausgesetzt wird dabei ein elektrizitätswirtschaftlich rationeller Betrieb der Anlage.
Kosten, die vermeidbar wären, werden nicht vergütet. Ein Aufschlag für besonderes Investitionsrisiko wurde bisher nicht gegeben, wäre aber bei noch wenig erprobten Techniken gerechtfertigt.
Die zugestandene Rendite ergibt sich aus dem langfristigen durchschnittlichen Realzinssatz umlaufender Wertpapiere im Inland für Fremdkapital. Das ist die gleiche Rendite, die noch vor wenigen Jahren von den staatlichen Strompreisaufsichten auch den Stromversorgern für deren Investitionen zugestanden wurde.
Die durch die Vergütungs- und Netzausbaupflicht dem Stromnetzbetreiber entstehenden Kosten darf er auf die Stromkunden umlegen.

  • Verpflichtung zur Zahlung einer Bereitstellungsgebühr

Eine solche Bestimmung fehlt derzeit noch im EEG. Sie verpflichtet den Stromnetzbetreiber, dem Investor auch dann eine entsprechende Vergütung zu bezahlen, wenn aus Gründen, die der Anlagenbetreiber nicht zu vertreten hat, der Strom aus einer betriebsfertigen EE-Anlage nicht abgenommen werden kann.

Kostendeckende Einspeisevergütung als Investitionsförderungsprogramm am Beispiel der Solarstromvergütung

Die kostendeckende Vergütung für Erneuerbare Energien (KV) verdient einen Platz in volkswirtschaftlichen Lehrbüchern als das wohl erfolgreichste Beispiel eines idealen Investitionsförderprogramms.
Für einen finanziellen Anreiz, der erst in den folgenden 20 Jahren ausgezahlt wird, gehen private Investoren bei Errichtung ihrer Anlage mit dem vollen Investitionsbetrag in Vorleistung. Die kostendeckende Vergütung erweist sich damit als wirkungsvolles Investitionsförderprogramm. Sie versorgt eine wachsende Zahl von Installateuren, Händlern und Produzenten mit Aufträgen.
Außerdem führt die steigende Nachfrage zum Neubau von Produktionsanlagen und dies wiederum zur Ausnutzung aller sich ergebenden Preissenkungsmöglichkeiten.

Bis zur Einführung der kostendeckenden Vergütung wurden Solaranlagen nur von Idealisten oder von Forschungseinrichtungen gebaut. Nach Einführung der KV gab es einen Solarboom, wie man ihn sich vorher nie hatte vorstellen können. Der Grundgedanke der KV geht so:
Solaranlagen müssen sich betriebswirtschaftlich "rechnen". Wer sein Geld "auf das Dach legt", soll mindestens die gleiche Rendite erhalten, als wenn er das Geld zur Bank trägt. Die Aussicht auf eine solche Rendite mobilisiert nicht nur Idealisten, sondern auch solche Kapitalgeber, die ihr Kapital ohne Rücksicht auf ökologische Effekte dort anlegen, wo lohnende Renditen zu erwarten sind. Sie investieren dann in private Solaranlagen und übernehmen Kosten und Risiko. Ihr eingesetztes Kapital erhalten sie im Verlauf von 20 Jahren - mit Zinsen - zurück. Die Rückzahlung erfolgt in Gestalt der Vergütung für den ins Versorgungsnetz eingespeisten Solarstrom. Für Solaranlagen, die im Jahr 2009 errichtet werden, ist nach Auffassung des SFV bei kleineren Dach oder bei Fassadenanlagen eine Einspeisevergütung von 60 Cent pro Kilowattstunde notwendig. Im Gesetz sind derzeit nur 43 Cent/kWh vorgesehen, eindeutig zu wenig, um den anfänglichen Solarboom aufrecht zu erhalten. Über die exakte Höhe gibt es erhebliche Meinungsunterschiede, die aber nicht Gegenstand dieses Beitrages sein sollen. Unbestritten ist, dass eine geringe Absenkung oder Erhöhung der Einspeisevergütung erhebliche Auswirkungen auf das Investitionsvolumen hat.

Die zugestandene Rendite ergibt sich aus dem langfristigen durchschnittlichen Realzinssatz umlaufender Wertpapiere im Inland: 6,5 % für Eigenkapital und 8 % für Fremdkapital. Das ist die gleiche Rendite, die noch vor wenigen Jahren von den staatlichen Strompreisaufsichten auch den Stromversorgern für deren Investitionen zugestanden wurde.
Kosten, die vermeidbar wären, werden nicht vergütet.

Verstoß gegen den freien Markt?

Die Stromwirtschaft kritisiert, die kostendeckende Vergütung stelle einen Verstoß gegen die Prinzipien des freien Marktes dar. Doch gibt es keine staatlich verordnete Markteinführung, die nicht in irgendeiner Weise in die "reine Lehre" der Marktwirtschaft eingreift. Wichtig ist, dass der Eingriff mit wenig bürokratischem Aufwand einen höchstmöglichen Effekt erzielt. Dies ist bei der KV der Fall. Hier wird lediglich der Versorgungsnetzbetreiber als Monopolist in die Pflicht genommen und mit Hilfe einer Mindestvergütung ein dynamischer Wachstumsprozess unter Ausnutzung aller Marktkräfte in Gang gesetzt.

Bürokratischer Aufwand - Wer führt die Aufgabe durch?

Zur organisatorischen Durchführung wird eine Instanz benötigt, die den eingespeisten Strom entgegennimmt, kontrolliert, ob es sich um Strom aus einer Solaranlage handelt, die Menge ermittelt, und die Vergütung überweist. All diese Aufgaben sind Aufgaben, die mit dem geringsten organisatorischen Aufwand von den Versorgungsnetzbetreibern durchgeführt werden können, da sie entsprechende Tätigkeiten bereits bei der Lieferung von Strom durchführen. Deshalb ist es nur konsequent, wenn der Staat die Versorgungs- und Übertragungsnetzbetreiber mit der Durchführung der kostendeckenden Vergütung beauftragt.

Unterschied zu bisherigen Markteinführungsverfahren:

Bisherige Markteinführungsverfahren bestanden zumeist aus steuergetragenen Zuschüssen oder zinsverbilligten Darlehen. Ihre Nachteile waren insbesondere der jährliche Stop-And-Go Effekt, der mit der Erschöpfbarkeit aller staatlichen Mittel und dem Formalismus der jährlichen Haushaltsgenehmigungen zu erklären ist. Weitere Nachteile waren der bürokratische Aufwand für Genehmigung und Missbrauchskontrolle. Schließlich fehlte den meisten Förderprogrammen der Anreiz für eine Verbilligung und Verbesserung der Technik. All diese und weitere Nachteile vermeidet die kostendeckende Vergütung:

Anreiz für Verbesserung und Verbilligung der Solaranlagen

Da die Solarstrom-Einnahmen nur vom Ertrag der Anlage abhängen, wird jeder Betreiber versuchen, den Stromertrag zu maximieren und die Kosten zu minimieren - ein wirksamer Anreiz zur Auswahl der preisgünstigsten und technisch ausgereiftesten Anlagen!

Minimierung des Kontroll- und Genehmigungsaufwandes

Die kostendeckende Vergütung unterscheidet sich von allen bisher bekannten Förderprogrammen: Nicht mehr der Bau einer Solaranlage wird durch Zuschüsse unterstützt, sondern die Einspeisung von Solarstrom ins öffentliche Netz wird angemessen vergütet. Dies reduziert den Kontroll- und Genehmigungsaufwand auf die einfache Formel: Kein Solarstrom - kein Geld! Solaranlagen werden vom Betreiber aus Eigeninteresse bis zum Ende der Vertragslaufzeit sorgfältig in Betrieb gehalten.

Unterschied zum Emissionshandel

KV in nationaler Verantwortung möglich - Emissionshandel nur bei internationaler Übereinkunft

Kostendeckende Vergütung kann in nationale Verantwortung eingeführt werden,
Emissionshandel dagegen kann nur bei weltweiter Zustimmung eingeführt werden

Emissionshandel festigt die bisherigen Strukturen

Kostendeckende Vergütung mobilisiert neue Akteure im Bereich der Erneuerbaren Energien
Emissionshandel verursacht eine gewaltigen bürokratischen Aufwand und bewirkt letztlich nur das, was die Betreiber fossiler Kraftwerke ohnehin tun möchten, ihre Kraftwerke durch effektivere Kraftwerke zu ersetzen.