Anfang November legte die Groko in einem 80-seitigen Papier ihre Halbzeitbilanz vor. Sie sei ziemlich zufrieden mit dem Geleisteten, las man. Angela Merkel kokettierte, die Groko habe sich als arbeitswillig und handlungsfähig erwiesen, immerhin wären bereits zwei Drittel der Vorhaben umgesetzt. Zielsetzungen bei der Sozial-, Familien- und Wohnpolitik seien behandelt worden. Entscheidungen zum Thema Klimaschutz kündigte man für die zweite Hälfte der Amtszeit an – ganz so, als gäbe es genügend Zeit. Mitte Dezember dann die Einigung zum Klimapaket der Bundesregierung. Man tönte, den "gordischen Knoten zerschlagen zu haben" und gebar ein Klimapaketchen. Wichtige Entscheidungen zum Kohleausstieg, zum Ausbau der Erneuerbaren und zu Speichern schob man weiter vor sich her.

Fast zeitgleich hagelte es in den letzten 12 Monaten einen alarmierenden Sonderbericht des Weltklimarates nach dem anderen – die Treibhausgasemissionen gingen durch die Decke, das 1,5 °-Ziel wäre nur schwer zu halten, die Landsysteme, Ozeane und die Kryosphäre seien in höchster Gefahr.

Ist das Klimaschutz-Schneckentempo der Groko etwa einem Überraschungseffekt zu verschulden? Wohl kaum!

Vor 2 Jahren hatte der SFV zusammen mit 28 befreundeten Umweltorganisationen energiepolitische Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl 2017 formuliert und Antworten von den Parteien eingefordert. CDU und SPD bestätigten, die Klimakrise als große Herausforderung der Menschheit einzustufen und den Ausstieg aus Fossil und den Einstieg in ein solares Zeitalter vorrangig zu behandeln. Deutschland solle – so die Wahlversprecher - eine nationale Vorreiterrolle einnehmen, der Kohleausstieg angegangen und Bürokratie beim Ausbau der Erneuerbaren beseitigt werden.

Schmierentheater! Weder der Kohleausstieg ist nach 2jähriger Amtszeit unter Dach und Fach, noch eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz in Sicht. Im Gegenteil! Experten befürchten sogar, dass eine Rekarbonisierung der Energiewirtschaft bevor stünde: Ausstieg aus Kohle und Atom und Einstieg in das fossile Erdgas-Zeitalter.

Die Zeit ist schon lange vorbei, wo sich die Bürger beim Klimaschutz an der Nase herumführen ließen. Erst kürzlich schlossen sich über 90 Umweltorganisationen (unter ihnen der SFV) zusammen, um die fossilen Kartenspielertricks bei Erdgas zu entlarven, Kampagnen der Lobbyistenorganisation INSM gegen die Protestbewegung von FfF wurden aufgedeckt und Gegenargumente wirksam verbreitet. Die Klimabewegung ist so stark wie nie und nicht mehr wegzudiskutieren.

Die Lösungen sind bekannt und müssen mehr denn je auf den Tisch! Die Erneuerbaren sind die einzige und schon heute günstigste Energieerzeugungstechnik. Wind, Solar und Speicher im Verbund können eine robuste und sichere Stromversorgung gewährleisten. Die EU-Vorgaben zum Ausbau von Erneuerbaren und Speichern, zur Entbürokratisierung der Energieversorgung und zu Energy-Sharing-Konzepten der Bürger*innen-Energie müssen in deutsches Recht umgesetzt werden. Raus aus der Reaktion auf Verschlechterungen der Gesetzeslage! Der SFV wird seine Arbeit neben dem Engagement, die Finger in die Wunden zu legen, mehr darauf fokussieren, Vorschläge zu erarbeiten.

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