Deutsche Bank beruhigt: Kein "Carbon Bubble", weil Regierungen versagen

 

Die Deutsche Bank äußert sich in einem Kommentar vom 24. August 2015 zur „Carbon Bubble“-Theorie, die mit einer plötzlichen Entwertung der Vermögenswerte von Firmen rechnet, welche mit der Förderung, Weiterverarbeitung und Verbrennung fossiler Energieträger beschäftigt sind. Der größte Teil der fossilen Reserven muss aus Klimaschutzgründen in der Erde bleiben und steht daher zu Unrecht als Aktiva in den Bilanzen dieser Konzerne.

Der Kommentar der Deutschen Bank will „die grundsätzliche Argumentation hinterfragen, auf der die Carbon-Bubble-These basiert“. Zunächst konzedieren die Autoren, dass die „Kausalkette“, die zur Carbon-Bubble-Theorie führt, durchaus „Sinn ergibt“. Man muss sich die Argumentation der Banker auf der Zunge zergehen lassen: „Wenn die Staatengemeinschaft ihre ambitionierten mittel- bis langfristigen Klimaschutzziele ernst nähme, müsste die Nachfrage nach und damit die Förderung von fossilen Energierohstoffen tatsächlich schon bald (rasch) sinken. Die bisherigen Erfahrungen mit der internationalen Klimaschutzpolitik zeigen jedoch, dass diese Konditionalität eine hohe Hürde darstellt.

Nüchtern wird darauf hingewiesen, wie unwahrscheinlich es ist, dass die bevorstehende UN-Klimakonferenz in Paris jene „bisherigen Erfahrungen“ widerlegt und ehrgeizige Klimaschutzziele beschließt – ganz zu schweigen von deren anschließender Umsetzung. Sie verweisen auf den nach wie vor wachsenden globalen „Energiehunger“. Sie erwähnen die systemisch (unter Berücksichtigung von Speichern) noch nicht erreichte Preisparität von EE-Strom. Und sie weisen sogar darauf hin, dass der betriebswirtschaftliche Vorteil fossiler Brennstoffe darauf basiert, „dass die externen Effekte fossiler Energieformen nicht (ausreichend) durch geeignete Instrumente internalisiert und somit in ein Preissignal umgewandelt werden; damit wären wir wieder bei den Defiziten der Klimaschutzpolitik. Zudem werden fossile Energien in einigen Ländern noch immer hoch subventioniert.

Der Kommentar der Deutschen Bank hätte über weite Passagen vom SFV verfasst werden können. Was aber ist seine Funktion? Es geht den Autoren darum, Investoren zu beruhigen und von einem Divestment aus fossilen Rohstoffen aus Sorge vor der Carbon Bubble abzuhalten. Zwar könne es „viele Gründe für Investoren geben, weniger als bislang oder nicht mehr in ‘fossile Energiekonzerne‘ zu investieren“. Eine Carbon Bubble gehöre aber nicht dazu.

Dieser Aussage der Banker liegt offensichtlich eine von zwei Prämissen zugrunde. Entweder halten sie das Zwei-Grad-Ziel, bzw. die Klimaanstrengungen überhaupt, für einen Popanz und gehen davon aus, dass das exzessive Verfeuern von Erdöl, Erdgas und Kohle schon nicht so schlimme Folgen haben werde. Das wäre eine Vogel-Strauß-Politik, eine Realitätsverleugnung, die kaum zur hellsichtigen Lagebeschreibung ihres Kommentars passt.

Oder – und das ist die viel beunruhigendere Variante – die Autoren sind der Ansicht, dass alle Versuche, den Planeten zu retten, ohnedies vergeblich sind. Wenn tatsächlich das „New-Policies-Scenario“ der Internationalen Energie-Agentur IEA Wirklichkeit würde, auf dessen Prognosen zum Strommix des Jahres 2040 die Kommentatoren sich berufen, dann hätten wir in der Tat keine Carbon Bubble. Aber dann würden wir voraussichtlich sämtliche Tipping-Points des Klimawandels überschreiten und mit Hungersnöten, gigantischen Flüchtlingsbewegungen und Verteilungskriegen konfrontiert werden, die man nach heutigen Maßstäben wohl apokalyptisch nennen darf. Es ist ein schwer erträglicher Zynismus, angesichts dieser Perspektiven über die „Risiko-Rendite-Profile“ von Kapitalanlageformen zu räsonieren. Einige der politischen Instrumente, die nötig wären, das Ruder herumzureißen, werden ja sogar von den Kommentatoren benannt – etwa die Internalisierung der Folgekosten der Verbrennung fossiler Rohstoffe. Sie wissen also, dass eine vernünftige Politik möglich wäre. Aber sie beruhigen ihre finanzkräftigen Leser mit der kühlen Einschätzung, dass die falsche Politik wohl noch anhalten dürfte. Keine Sorge also! Die Rendite bleibt gesichert. Zumindest, bis uns der ganze Laden hier sowieso um die Ohren fliegt.

So sieht man es also bei der Deutschen Bank, dem größten deutschen Kreditinstitut und einer der Firmen, die das „Schicksal der Weltwirtschaft bestimmen. Das ist der Tanz auf dem Vulkan, den der Kasinokapitalismus so liebt. Nur schade, dass es da draußen noch andere, echte Menschen gibt, die sich um ihre Zukunft, um ihre Kinder und Enkel Sorgen machen.