Die Clearingstelle EEG bat den Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. um eine Stellungnahme zum Empfehlungsverfahren 2011/1, der wir gerne nachkommen. Hier geht es um folgende Fragen:

Was ist der richtige Netzverknüpfungspunkt i.S.d. § 5 Abs. 1 EEG 2009.

Insbesondere:

(a) Ist die Stelle mit der in Luftlinie kürzesten Entfernung zum Standort der Anlage auch dann der richtige Netzverknüpfungspunkt gemäß § 5 Abs. 1 EEG 2009, wenn zwar kein anderes, wohl aber dasselbe Netz einen technisch und wirtschaftlich günstigeren Netzverknüpfungspunkt aufweist?

(b) In welchem Verhältnis stehen § 5 Abs. 1, § 5 Abs. 2 und § 5 Abs. 3 EEG 2009 zueinander?

(c) Ist die Anlagenbetreiberin bzw. der Anlagenbetreiber nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EEG 2009 berechtigt, vom Netzbetreiber den Anschluss einer oder mehrerer Anlagen mit einer Leistung von insgesamt bis zu 30 kW, die sich auf einem Grundstück mit bereits bestehendem Netzanschluss befinden, an diesen zu verlangen, wenn der Netzverknüpfungspunkt oder das Netz deshalb nach § 5 Abs. 4 i. V. m. § 9 EEG 2009 optimiert, verstärkt oder ausgebaut werden müsste, diese Maßnahme aber nach § 9 Abs. 3 EEG 2009 für den Netzbetreiber wirtschaftlich unzumutbar sind?


 

Stellungnahme des SFV

Grundsätzliches:

Zweck des Gesetzes ist es, den Anteil Erneuerbarer Energien an der Stromversorgung zu erhöhen. Dies kann nur dann geschehen, wenn den Erneuerbaren Energien ein unbedingter Vorrang eingeräumt wird und eine Einspeisevergütung gewährt wird, die den wirtschaftlichen Betrieb der Erneuerbaren-Energien-Anlage (EE-Anlage) ermöglicht.

Jedoch nur dann, wenn EE-Anlagen auch unverzüglich und diskriminierungsfrei angeschlossen werden, kann der o.g. Zweck des Gesetzes erfüllt werden. Somit nehmen die in § 5 EEG 2009 festgelegten Bestimmungen zur Festlegung des Anschlusspunktes von EE-Anlagen an das öffentliche Stromnetz eine zentrale Stellung im Erneuerbaren-Energien-Gesetz ein.

Verzögerungen und Streitfälle zum Verknüpfungspunkt führen regelmäßig dazu, das Investitionen in EE-Anlagen gefährdet und verzögert werden. Zudem legt der Netzverknüpfungspunkt die Kostentragungspflicht für Netzanschluss und der Netzkapazitätserweiterung fest, die besonders für Investoren in EE-Anlagen von großer Wichtigkeit ist. Denn die notwendigen Kosten für den Netzanschluss trägt der Anlagenbetreiber (§ 13 (1) EEG 2009), die Kosten für Netz-Kapazitätserweiterung der Netzbetreiber (§ 14 EEG 2009).

Im Folgenden sollen die Anwendungsfragen der Clearingstelle aus Sicht des SFV beantwortet werden.

Zur Beantwortung von Frage a) und b)

Nach § 5 Abs. 1 EEG 2009 ist der Netzbetreiber verpflichtet, Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien und aus Grubengas unverzüglich vorrangig an der Stelle in seinem Netz anzuschließen (Verknüpfungspunkt), die im Hinblick auf die Spannungsebene geeignet ist und die in der Luftlinie kürzeste Entfernung zum Standort der Anlage aufzeigt. Dies gilt jedoch nicht, wenn ein anderes Netz einen technisch und wirtschaftlich günstigeren Verknüpfungspunkt aufweist.

Laut § 3 Nr. 7 EEG 2009 gelten alle „miteinander verbundenen technischen Einrichtungen zur Abnahme, Übertragung und Verteilung von Elektrizität für die allgemeine Versorgung“ als einzelnes Netz. Da das zur EE-Anlage nächstliegenden Netz eine geschlossene Einheit verschiedener Spannungsebenen bildet, ist dieser Netzbetreiber zunächst auch dazu verpflichtet, in diesem Netz den Verknüpfungspunkt für die Solarstromanlage zu bestimmen. Dabei kommt es nach § 5 Abs. 4 EEG 2009 nicht darauf an, ob die Kapazität dieses Netzes erst verstärkt werden muss, um die Einspeisung des erzeugten EE-Stroms sicherzustellen.

Als Spannungsebenen gelten Niederspannung, Mittelspannung und Hochspannung. EE-Anlagen werden in der Regel an Nieder- und Mittelspannung angeschlossen.

Bei einer oder mehreren Anlagen mit einer Leistung von insgesamt bis zu 30 Kilowatt, die sich auf einem Grundstück mit bereits bestehendem Netzanschluss befinden, gilt laut § 5 Abs. 1 Satz 2 EEG 2009 der Verknüpfungspunkt des Grundstücks mit dem Netz als günstigster Verknüpfungspunkt. Weist der Netzbetreiber einen anderen Verknüpfungspunkt zu, muss er nach § 13 (2) EEG 2009 die daraus erwachsenen Mehrkosten tragen.

Dies gilt auch für Anlagen, die größer 30 kW sind und bei denen nach Auskunft des Netzbetreibers ein niederspannungsseitiger Anschluss möglich ist. Der bereits am Grundstück vorliegende Verknüpfungspunkt im Niederspannungsnetz ist somit der in der Luftlinie nächstliegende. Eine ggf. niederspannungsseitig notwendige Verstärkung, Optimierung und Erweiterung der Netzkapazität liegt im Verantwortungsbereich des Netzbetreibers und darf nicht Ausschlusskriterium für diesen Netzanschlusspunkt sein.

Muss der Anschluss auf Grund der höheren Leistung der EE-Anlage in der Mittelspannung erfolgen, gilt auch hier zunächst der in Luftlinie nächstliegende Anschlusspunkt als geeignet. Dies könnte auch eine in Luftlinie nächstliegende Mittelspannungsleitung sein. Die Kosten für den Anschluss an diesem Punkt zahlt der Anlagenbetreiber.

Von dieser grundsätzlichen Entscheidung zum Anschlusspunkt kann nur aus folgenden 3 Gründen abgewichen werden:

Grund 1 (siehe § 5 (1) Satz 1, zweiter Teilsatz EEG 2009):
Wenn ein anderes, nicht dem nächstliegenden Netzbetreiber zugehöriges Netz nachweislich einen wirtschaftlich und technisch günstigeren Verknüpfungspunkt aufweist, darf der Anschluss der EE-Anlage an dieser anderen Stelle gefordert werden. Diese Forderung könnte in Grenzbereichen des Netzes des sonst zuständigen Netzbetreibers Bestand haben. Hierzu ist es notwendig, dass die zuständigen Netzbetreiber gemeinsam eine wirtschaftlich und technisch nachweisbare Bewertung zum Anschlusspunkt durchführen.

In diese Bewertung müssen die Belange des Netzbetreibers UND die des Anlagenbetreibers in gleichem Maße einfließen („gesamtwirtschaftliche Betrachtung“ siehe Begründung zu § 5 (1) EEG 2009). Es genügt nicht, wenn der Netzbetreiber aufzeigt, dass für den Anschluss der Anlage die ggf notwendige Kapazitätserweiterung des Netzes kostengünstiger zu bewerkstelligen wäre. Es müssen auch die Belange des Anlagenbetreibers in gebührenden Maße Beachtung finden.

Denn in der Begründung des Gesetzgebers zu § 56 EEG 2009 steht: „Die Höhe der gesetzlichen Vergütung ist so gewählt, dass ein wirtschaftlicher Betrieb grundsätzlich möglich ist.“ Dieser wirtschaftliche Betrieb könnte gefährdet werden, wenn der Anlagenbetreiber durch einen mit erhöhten Netzanschlusskosten und Netzverlusten zu rechnen hätte.

Grund 2 (siehe § 5 (2) EEG 2009):
Die Verlegung einer neuer Anschlussleitung bis zum festgelegten Verknüpfungspunkt könnte für den Anlagenbetreiber in Einzelfällen nicht praktikabel oder wirtschaftlich zumutbar sein. Denn eigentumsrechtliche Hindernisse (z.B. Verlegung der Anschlusskabel durch fremden Grund), erhöhte Kosten auf Grund örtlicher Begebenheiten (z.B. Autobahn, Fluss, andere geologische Hindernisse) oder zu hohe Netzanschlusskosten (z.B. Investitionen in eigene Trafo-Stationen) könnten die Investition in die EE-Anlage gefährden.

Somit wurde für Anlagenbetreiber in § 5 (2) EEG 2009 ein Wahlrecht zum Anschlusspunkt eingeführt: „Anlagenbetreiberinnen und -betreiber sind berechtigt, einen anderen Verknüpfungspunkt dieses oder eines anderen im Hinblick auf die Spannungsebene geeigneten Netzes zu wählen.“

Dieses Recht des Anlagenbetreibers darf jedoch nicht rechtsmissbräuchlich genutzt werden (siehe Begründung des Gesetzgebers zu § 5 (2) EEG 2009). Der Anlagenbetreiber muss den Nachweis erbringen, dass ein weiterer, in der Spannungsebene geeignete Verknüpfungspunkt aus wirtschaftlichen, technischen und rechtlichen Gründen besser wäre. Um Informationen zu den in der nächsten Umgebung vorliegenden netztechnischen Einrichtungen zu erlangen, muss der Netzbetreiber nach § 5 (5) EEG 2009 auf Antrag die erforderlichen Netzdaten innerhalb von 8 Wochen zur Verfügung stellen.

Grund 3 (§ 5 (3) EEG 2009):
Da der Netzbetreiber zum sicheren und effizienten Betriebs des Elektrizitätsnetzes verpflichtet ist (siehe §§ 12, 13 und 14 EnWG), obliegt ihm jedoch schlussendlich ein Zuweisungsrecht des Verknüpfungspunktes. In § 5 Abs. 3 EEG 2009 ist deshalb Folgendes geregelt: „Der Netzbetreiber ist abweichend von den Absätzen 1 und 2 berechtigt, der Anlage einen anderen Verknüpfungspunkt zuzuweisen. (..)“

Dieser „andere Verknüpfungspunkt“ muss ein weiterer dritter Anschlusspunkt sein. Er muss allein in der Spannungsebene geeignet sein, den „Strom aus der betroffenen Anlage nach § 8 Abs. 1“ </i>abzunehmen (siehe § 5 (3) Satz 2 EEG 2009). Da diese Zuweisung eines dritten Verknüpfungspunktes unter Umständen mit Mehrkosten verbunden ist, die den wirtschaftlichen Betrieb der EE-Anlage gefährden, sollen diese nach § 13 (2) EEG 2009 vom Netzbetreiber beglichen werden.

Es ist ebenso zulässig, dass der Netzbetreiber dem Anlagenbetreiber entgegen § 5 (1) Satz 1 EEG 2009 sofort einen entfernteren Verknüpfungspunkt in der selben geeigneten Spannungsebene (im selben Netz) zuweist, weil dieser aus gesamtwirtschaftlicher Sicht wirtschaftlich günstigster ist. In einem solchen Fall muss der Netzbetreiber dem Anlagenbetreiber jedoch die Mehrkosten erstatten, die sich auf Grund der durch die größere Entfernung entstehenden, erhöhten Anschlusskosten ergeben. Auch die erhöhten Netzverluste sind vom Netzbetreiber zu tragen.

Somit ist die Frage a) der Clearingstelle EEG mit „nein“ zu beantworten. Jedoch muss der Netzbetreiber die Mehrkosten tragen, die den Anlagenbetreiber durch einen entfernten - also nicht in Luftlinie nächstliegender Anschlusspunkt - entstehen.

Zur Beantwortung von Frage c)

Den Regelungen des EEG ist nicht zu entnehmen, dass bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit eines Netzausbaus nach § 9 (3) EEG 2009 Anlagen bis 30 kW nicht einbezogen werden dürfen. Nach § 5 (1) Satz 2 EEG 2009 gilt zwar für Anlagen bis 30 kW der bestehende Grundstücksanschlusspunkt grundsätzlich als günstigster Verknüpfungspunkt zum Netz. Aber auch bis zum Grundstücksanschlusspunkt könnten umfangreiche Investitionen in Netzverstärkung, - optimierung und -ausbau getätigt werden müssen, um den Anschluss der EE-Anlage sicherzustellen. Und sollte eine wirtschaftliche und technische Betrachtung ergeben, dass der Anschluss an einer anderen Stelle günstiger ist, so muss die Anlage dort angeschlossen werden. Auch hier gilt § 13 (2) EEG 2009. Die Mehrkosten für diesen Anschluss trägt der Netzbetreiber.

Nur dann, wenn der Netzbetreiber nachweisen kann, dass in seinem oder in einem anderen Netz der Anschluss der EE-Anlage nicht möglich ist, da - egal an welchem Verknüpfungspunkt - die daran gebundenen Ausgaben für Netzverstärkung, -optimierung und -ausbau wirtschaftlich unzumutbar sind, darf der Anschluss der EE-Anlage insgesamt verwehrt werden. Die Zumutbarkeit des Netzausbaus wird nach der sog. 25 %-Regel bestimmt (siehe Begründung zu § 4 (2) Satz 2 EEG 2004:<i> „Verhältnismäßig und damit zumutbar im engeren Sinne ist der Ausbau daher insbesondere dann, wenn die Kosten des Ausbaus 25 Prozent der Kosten der Errichtung der Stromerzeugungsanlage nicht überschreiten.“)

Die Beweislast für die wirtschaftliche Zumutbarkeit des Netzausbaus obliegt dem Netzbetreiber (siehe Begründung zu § 9 (3) EEG 2009).

Bei der Berechnung der Zumutbarkeit der Kosten für Netzverstärkung, -optimierung und -ausbau nach der o.g. Regel darf nicht auf eine einzelne Investition in eine EE-Anlage abgezielt werden. Vielmehr sollten alle in diesem Netz bisherigen und zukünftig geplanten Investitionen in EE-Anlagen einbezogen werden, da deren Einspeisung in der Gesamtheit zu Spannungsänderungen im Netz führen und ursächlich den notwendigen Erweiterung der Netzkapazität nach § 9 (1) EEG 2009 zuzuordnen sind.

Bereits in der Begründung zu § 5 (5) EEG 2009 weist der Gesetzgeber darauf hin, dass die „Kenntnis anderer geplanter Projekte es den Einspeisewilligen untereinander und mit dem Netzbetreiber ermöglicht, im Sinne einer gesamtwirtschaftlichen Optimierung den jeweiligen Anschluss zu koordinieren.“ Es kommt also bei der Bestimmung des Verknüpfungspunktes darauf an, bereits bestehende und auch geplante Projekte in die Berechnungen einzubeziehen.

Der Anschluss vieler dezentraler EE-Anlagen erfordert intensive Veränderungen des auf eine zentrale Erzeugerstrukturen basierenden Netzbetriebs. Nur durch Investitionen in einen großflächigen Netzausbau wird es möglich, den Willen des Gesetzgebers und dem in § 1(1) EEG 2009 festgelegte Zweck, „im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen (...) und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien zu fördern“, zu erfüllen. Denn würde zur Berechnung der Zumutbarkeit nur die Kosten einer einzelnen Anlage herangezogen, so kämen Investitionen in EE-Anlagen über kurz oder lang in allen Netzgebieten zum Erliegen.