Von 28. bis 30 November 2011 fand in Berlin die 6. Internationale Konferenz zur Speicherung von Erneuerbaren Energien (IRES 2011) statt.

Veranstalter war auch diesmal wieder die gemeinnützige Europäische Vereinigung EUROSOLAR, die bereits unter Hermann Scheer die Notwendigkeit der Energiespeicherung immer wieder betont und in die öffentliche Diskussion gebracht hat.

Einer der Schwerpunkte der Konferenz spiegelte sich in der Podiumsdiskussion am Abend des zweiten Tages wieder, deren Thema lautete: „Wie viel Speicher brauchen wir und welche Unterstützung und Politik sind notwendig für die Einführung von Speichern?“ Es diskutierten hochkarätige Teilnehmer aus Forschung, Politik und Wirtschaft:

  • Peter Droege, Präsident von EUROSOLAR.
  • Jörg Mayer, Geschäftsführender Direktor des deutschen Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar).
  • Anthony Price, The Electricity Storage Network / International Flow Battery Forum, Großbritannien.
  • Rudolf Rechsteiner, Senior Consultant, ehemaliges Mitglied des Schweizer Parlaments, Aufsichtsratmitglied von Industrielle Werke Basel (IWB), Basel, Schweiz.
  • Dirk Uwe Sauer, Professor am Institut für Stromrichtertechnik (ISEA) an der RWTH Aachen, Experte für Speichertechnik und Organisator der Konferenz.
  • Craig R. Horne, Vorsitzender EnerVault Corporation, Sunnyvale, USA.

Die Moderation hatte Karsten Wiedemann, Editor von "New Energy".

Bei der Diskussion beklagte P. Droege, dass das Thema bei den Politikern im Parlament noch nicht vollständig angekommen sei. Das sei zum Teil auch auf die zerklüftete Landschaft der Interessenvertretung der Erneuerbaren Energien zurückzuführen, denn hier treten zehn oder mehr unterschiedliche Gruppierungen zum Teil gegeneinander an.

J. Mayer bezeichnete Speicher als „Keytechnology“ für Solar, insbesondere zusammen mit kleinen Solaranlagen und forderte konkrete Vorschläge an die Politik. Dabei wünscht er sich eine Lösung für die ganze Breite von Aspekten, was allerdings nicht einfach sei.

A. Price wünscht sich die Förderung glaubhafter Demonstrationen neuer Speichertechnologien und keine neuen Simulationen und Modellierungen. Noch ein weiterer Bericht wäre letztlich nur „Altpapier, mit dem man besser Bio-Reaktoren füttern sollte“.

R. Rechsteiner offeriert die Schweiz als „Batterie Europas“. Es sei befremdlich, dass in diversen deutschen Studien, z. B. im Report des Sachverständigenrates Umweltfragen, ausführlich das Wasserspeicherpotential Norwegens Berücksichtigung finde, aber die Schweiz mit keinem Wort auftauche. Möglicherweise liege das daran, dass ein Großteil des Schweizer Speicherpotential langfristig für französische Atomenergie vertraglich gebunden ist. Er würde jedoch lieber deutschen Strom aus Erneuerbaren speichern als französischen Atomstrom (Applaus im Publikum).

Ein Markteinführungsprogramm für Speicher fordert D. U. Sauer. Durch Technologieverbesserung und „Economy of Scale“ hält er eine drastisch Kostensenkung für Speicher möglich, z. B. um bis zu Faktor 10 für Li-Ion-Batterien in den nächsten ein bis zwei Dekaden. Das Programm müsste nur übergangsweise laufen, denn nach einigen Jahren könnten sich Speicher dann von allein finanzieren. Er tritt auch dafür ein, dass Speicher so betrieben werden, dass möglichst viele unterschiedliche Betriebsarten und damit Finanzierungen mit einem System möglich werden und dass diese auch ausgeschöpft werden. Ein Förderprogramm müsse das berücksichtigen. Den Eigenverbrauch von Solaranlagen allein zu verbessern, hält er für eine Privatsache des Betreibers, daher sollte eine Batteriekombination mit Solaranlage auch immer in der Lage sein, weitere Speicherdienstleistungen zu erbringen. Im Bereich Forschung und Entwicklung verweist er auf diverse aktuelle Förderprogramme in Deutschland von über 200 Mio Euro. Es gäbe aber gar nicht genug Forschungskapazität, um das Programm qualitativ hochwertig abzuarbeiten.

C. Horne verdeutlicht die Sichtweise aus den USA: Die Netze sind ausgedehnter und auch älter und schwächer als in Europa. Dafür gibt es noch deutlich weniger Einspeisung von Erneuerbaren als beispielsweise in Deutschland. Die Motivation für Speicher ist hier die Netzverbesserung und -stabilisierung. Tatsächlich gibt es aus den USA einige Beispiele für rentable Einsätze von Großbatteriespeichern. Diese finanzieren sich hauptsächlich über vermiedene Investitionskosten im Netz oder bei Regelkraftwerken und werden daher von den Netzbetreibern betrieben. Trotzdem wird in USA Forschung und Entwicklung von Speichern massiv gefördert. Im Rahmen des Aufbauprogramms nach der Wirtschaftskrise stellt die Regierung Obama mehrere 100 Mio Dollar zur Verfügung.

Insgesamt waren sich die Teilnehmer am Ende der Diskussion auf dem Podium einig: „Innerhalb des kommenden Jahres müssen den Politikern konkrete Vorschläge gemacht werden.“

Dem kann ich persönlich nur zustimmen. Mein persönlicher Eindruck jedoch ist nach der Konferenz: Wie dieser Vorschlag aussehen sollte, dazu gibt es - wenn überhaupt - bisher nur verschwommene Ideen. Die Podiumsdiskussion hat für mich diesen Eindruck nur mehr verstärkt, denn einen wirklich Vorschlag, wie denn eine Markteinführung konkret ausgestaltet werden soll, hat keiner der Diskutanten machen können oder wollen.

Dies liegt möglicherweise aber auch an der Materie, bei der es, wie ich finde, nahezu der Quadratur des Kreises entspricht, eine Forderung auf den Punkt zu bringen. Um den Grund dafür zu verstehen, muss man sich zunächst einmal klarmachen, dass es nicht „den“ Speicher gibt. Vielmehr gibt es verschiedenste Speichertypen, die sich unterschiedlich finanzieren und kosten.

1. Klassifikation von Speichern

Speicher gibt es für vielfältige Anwendungen. Im Zusammenhang mir Erneuerbaren Energien denkt man vermutlich in erster Linie an die Anwendung, Strom bereitzustellen, wenn kein Wind weht und die Sonne nicht scheint, zum Beispiel in den Abend hinein oder gar über einen Zeitraum von einigen Tagen, vielleicht sogar ein bis zwei Wochen. Aber auch in kürzeren Zeiträumen von Minuten bis hin zu Millisekunden muss ein Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch von elektrischer Energie im Netz gegeben sein. In diesem Bereich der Regelenergie können Speicher ebenfalls ihren wichtigen Beitrag leisten. D. U. Sauer hat die unterschiedlichen Anwendungen von Speichern im Stromnetz systematisch zusammengefasst und Speichertypen anhand der Speicherdauer klassifiziert:

  • Kurzzeitspeicher, weniger als etwa 15 Minuten Speicherdauer zur Primärregelung
  • Tagesspeicher, etwa 1 bis 10 Stunden Speicherdauer zum Tag-Nachtausgleich
  • Langzeitspeicher, Tage bis Monate Speicherdauer, evtl. nur ein Speicherzyklus pro Jahr.

Eine weitere Möglichkeit der Unterscheidung ist der Anschlusspunkt eines Speichers. Dieser skaliert mit der Größe der Speicher:

  • Hochspannungsnetz, ähnlich wie Kraftwerke
  • Mittelspannungsnetz, z.B. für eine kleine Gemeinde, Stadtteil oder Ortsteil
  • Niederspannungsnetz, z.B. bei den Verbrauchern

2. Verdienstmöglichkeiten mit Speichern

Schon heute lässt sich mit Speichern Geld verdienen: Pumpspeicherkraftwerke werden seit vielen Jahren rentabel betrieben.

Zusätzlich gibt es nach § 118, Abs. 6 EnWG eine weitere Förderung. Interessant ist besonders der 1. Satz dieser neuen Bestimmung: „Nach dem 31. Dezember 2008 neu errichtete Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie, die ab 4. August 2011, innerhalb von 15 Jahren in Betrieb genommen werden, sind für einen Zeitraum von 20 Jahren ab Inbetriebnahme hinsichtlich des Bezugs der zu speichernden elektrischen Energie von den Entgelten für den Netzzugang freigestellt.“

Die Betreiber kaufen und speichern Strom zu Zeiten, wenn er billig ist (heutzutage noch in der Nacht), und verkaufen und speisen ihn ein, wenn er Mittags besonders teuer ist. Die Differenz, die sogenannte Arbitrage, finanziert den Speicher und liefert die Rendite. Für andere Speichertypen reicht dies allerdings nicht aus. Es gibt weitere Möglichkeiten, mit Speichern Geld zu verdienen. Dazu gibt es zum einen etablierte Märkte deren Produkte an der Börse gehandelt werden und bei denen die Marktmodelle klar und berechenbar sind. D.U. Sauer und andere gaben dazu Übersichten:

  • Blindleistung – wird zur Spannungsregelung benötigt. Benötigt nur sehr geringe Speicherkapazität und wird im wesentlichen von der Leistungselektronik erzeugt.
  • Primärregelung – Im Sekunden- und Minutenbereich. Wird nicht nach Energieeinheiten bezahlt, sondern nach zur Verfügung stehender Leistung. Heutzutage ab 1MW Teilnahme am Markt möglich.
  • Sekundärregelung – Im Minutenbereich (<15min).
  • Minutenreserve – Liefert Strom im Minuten- bis Stundenbereich nach der Sekundärregelung.
  • Arbitrage – Teilnahme am kurzfristigen Stromhandel, im Stundenbereich.
  • Kraftwerksfahrplan – Teilnahme am langfristig geplanten Stromhandel.

Darüber hinaus gibt es weitere Möglichkeiten, Geld zu erwirtschaften oder einzusparen, beispielsweise:

  • Eigenverbrauch von Solaranlagen – Eigenverbrauch wird besser vergütet als direkte Einspeisung.
  • Aufschub von anderen Investitionen – Netzbetreiber können durch Speicher möglicherweise Investitionen in Netze oder Kraftwerke aufschieben oder ganz einsparen.

Zum guten Schluss gibt es noch Gründe für die Investition in Speicher, die sich zum Teil nur sehr schwer in finanziellen Größen fassen lassen:

  • Die Möglichkeit des Anschlusses einer Solar- oder Windanlage, der ohne Speicher nicht genehmigt würde
  • Der Wunsch nach Autarkie oder zumindest einer Notstromversorgung.
  • Erhöhung der Ausfallsicherheit von Netzen.
  • Entlastung von Netzen

Mit einem bestimmten Speicher lassen sich nicht immer alle Verdienstmöglichkeiten nutzen. Ein vergleichsweise träges Speicherkraftwerk kann nicht ohne weiteres zuverlässig zur Primärregelung beitragen, und eine Bleibatterie wird man kaum für den langfristigen Speicherhandel einsetzen.
Weiterhin variiert die Höhe der Verdienstmöglichkeiten stark von Land zu Land. In Ländern mit schwächeren Netzen lässt sich beispielsweise mit Regelenergie deutlich mehr Geld als bei uns in Deutschland verdienen.

3. Kosten von Speichern

Den genannten Verdienstmöglichkeiten muss man bei einer wirtschaftlichen Entscheidung die Kosten gegenüberstellen.

Allzu häufig werden dabei nur die reinen Speicherkosten betrachtet, wie auch bei etlichen Vorträgen auf der Konferenz.

Um die Wirtschaftlichkeit wirklich beurteilen zu können, muss man jedoch weitere Kosten berücksichtigen, wie D.U. Sauer in seinem Seminar am Ende der Konferenz deutlich macht. Dazu gehören unter anderem die Kosten für die Lade- und Entladeelektronik, Installationskosten, Wartung und Betrieb, Finanzierungskosten und Kosten der elektrischen Verluste. Er hat ein ausführliches Modell erläutert und zeigt, dass die Kosten auch stark davon abhängen, wie der Speicher im Detail betrieben wird. Unter Berücksichtigung aller Ausgaben können sich die Kosten für eine gespeicherte Kilowattstunde schnell gegenüber den „reinen Speicherkosten“ verdoppeln oder gar vervielfachen.

Hinzu kommt, dass die Kosten derzeit bestimmt werden dadurch, dass die meisten Speichersysteme zur Zeit noch in Einzelanfertigung hergestellt werden. Wie Anthony Price in der Podiumsdiskussion bemerkte: „Nicht die Kosten von Speichern sind das Problem, sondern der Preis“.

4. Lohnen sich elektrische Speicher finanziell?

Vor dem Hintergrund dieser vielschichtigen Bedingungen wird deutlich, dass die Frage nach der Rentabilität und damit nach einer etwaigen Förderung so nicht eindeutig zu beantworten ist. Man braucht sich nicht über scheinbar widersprüchliche Aussagen zu dieser Frage zu wundern. Diese reichen von der Berechnung, dass Speicher mindestens 100 mal preiswerter werden müssen, bevor sie sich finanziell rentieren, bis zu der Aussage, dass schon jetzt Großbatterien wirtschaftlich betrieben werden können.
Deutlich wird damit, dass die Frage einfach zu allgemein gestellt ist. Vielmehr muss man die Frage präzisieren und in der Fragestellung den Anwendungszweck für Speicher berücksichtigen.

5. Welche Speicher brauchen wir jetzt?

Womit wir bei der wichtigen Frage angelangt sind: Welche Speicher brauchen wir überhaupt? Und präziser: Welche brauchen wir jetzt?

Meine Antwort lautet: Wir brauchen jetzt dringend solche Speicher, die verhindern, dass der weitere Ausbau der Erneuerbaren Energien ins Stocken kommt und vielmehr dafür sorgen, dass der Ausbau im selben Tempo wie in den letzten Jahren weitergehen kann.

Das sind jetzt in erster Linie nicht die Speicher, die bei tagelanger Flaute bei trüben Wetter den Strom nachliefern. Dafür haben wir – noch für einige Jahre – einen konventionellen Kraftwerkspark, der dann einspringen kann und will.

Das dringendere Problem ist, die Überschüsse aus Erneuerbaren, die mehr und mehr auftreten, sinnvoll nutzen zu können. Außerdem gibt es immer mehr Fälle, in denen ein Anschluss von Solar- oder Windanlagen nicht möglich ist, weil die entsprechenden Verteilnetze nicht stark genug sind und dem Netzbetreiber nicht zugemutet werden kann, die Leitungen zu verstärken. Das bedeutet, wir brauchen Speicher, die möglichst mit Solar- oder Windanlagen kombiniert werden und in der Lage sind, Überschüsse, die nicht eingespeist werden können, aufzunehmen. Weiterhin müssen sie so betrieben werden können, dass die zugeordneten Verteilnetze entlastet werden.

Dies geht aber nur mit vergleichsweise kleinen, dezentralen Speichern, für die nur Batterietechnologien in Frage kommen. Große, zentrale Speicher im Hochspannungsnetz helfen da nicht weiter, denn sie lösen nicht das „Verstopfungsproblem“ in den Verteilnetzen, das derzeit den Ausbau der Erneuerbaren hemmt.
Daher sehe ich den dringendsten Ausbau von Speichern bei dezentralen Speichern in Kombination mit Solar- und Windenergieanlagen.

Solche dezentralen Batteriespeicher sind derzeit aber kaum rentabel – das zeigen alle Rechnungen. Selbst unter Berücksichtigung aller Finanzierungsmöglichkeiten bleibt eine Lücke, und da möchte ich auf die zum Teil widersprüchlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen noch gar nicht eingehen. Zumal ich es für eine Zumutung halte, von einem „normalen“ Bürger, der Interesse an einer Speichererweiterung für seine Solaranlage hat, zu verlangen, alle diese technisch und administrativ unterschiedlichen Finanzquellen auszuschöpfen.

Ein Fördermodell für dezentrale Speicher bei „Endkunden“ muss wie das EEG einfach und verständlich sein.

Wie es aussehen soll, wird derzeit im SFV diskutiert. Sie sind herzlich eingeladen Ihren eigenen Vorschlag zu machen! Etliche Fachleute auf der IRES - Konferenz haben ebenfalls Interesse bekundet, an einer Diskussion teilzunehmen. Wie die Teilnehmer der Podiumsdiskussion schon forderten: Innerhalb des kommenden Jahres muss der Politik ein Vorschlag gemacht werden.

Auf der Internetseite des SFV unter der Adresse http://www.sfv.de/artikel/speicherausbau_im_niederspannungsnetz_statt_netzausbau.htm finden sich die jeweils in laufender Diskussion aktualisierten Informationen zum Speichervorschlag des SFV