SFV und BUND erweitern ihre Verfassungsbeschwerde und reichen eine ergänzende Argumentation beim Bundesverfassungsgericht ein.

 

• Neue Belege für Verfehlung der Klimaziele
• Entkerntes Klimaschutzgesetz viel zu schwach
• Klimaneutralität bis 2045 ist zu spät, Sondervermögen greift zu kurz
 

Berlin/Aachen: Auch die neue Bundesregierung hat einen schwachen Auftakt zum Klimaschutz hingelegt. Zuletzt bescheinigte der Expertenrat für Klimafragen (ERK) ihrem Koalitionsvertrag „keinen nennenswerten positiven Impuls“ zum Erreichen der Klimaziele. Zu einem ähnlichen Urteil kommen auch der Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV) und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die angesichts dieser ernüchternden Entwicklung ihre im Herbst 2024 eingereichte Klimaklage vor dem Bundesverfassungsgericht mit weiteren Argumenten untermauern.  Der nun beim Bundesverfassungsgericht eingereichte ergänzende Schriftsatz analysiert das neue ERK-Gutachten sowie den neu ins Grundgesetz eingefügten Artikel 143h zum Sondervermögen und erhärtet, dass auch die schwarz-rote Regierung nicht angemessen auf die Klimakrise reagiert.

Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender: „Die jüngsten Entwicklungen zum Klimaschutz bestätigen leider unsere Befürchtungen. Auch die neue Bundesregierung bleibt gefährlich ambitionslos. Sie plant bisher keine ausreichenden Maßnahmen, um das Ruder beim Klimaschutz herumzureißen. Die deutschen Klimaziele werden verfehlt, das 1,5 Grad-Limit sowieso. Daher muss nun die Bundesregierung ein wirksames Klimaschutzprogramm noch in 2025 vorlegen.“

Einerseits fehlt Schwarz-Rot offenbar der politische Wille. Andererseits wurden die wichtigen Hebel im Klimaschutzgesetz (KSG) gestrichen: Die Regierung muss nun nicht mehr gegensteuern, wenn die Ziele auch in einzelnen Sektoren verfehlt werden.

Laut Grundgesetz deutlich mehr Schutz nötig
Der Schriftsatz von SFV und BUND geht auch auf die Kopplung des Sondervermögens an das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 im Grundgesetz ein (Artikel 143h): Es verpflichtet die Regierung zwar, die Ausgaben des Sondervermögens an diesem Ziel auszurichten. Das reicht aber nicht, denn das Grundgesetz verlangt mehr: Es gilt die Verpflichtung aus den Grundrechten und dem Staatsziel Umweltschutz, dass Klimaschutz und die Senkung der Emissionen deutlich beschleunigt werden müssen. Das Deutschland noch zur Verfügung stehende CO2-Budget ist bereits deutlich ausgereizt.

Susanne Jung, Geschäftsführerin vom SFV:  „Die Klimakrise rast, doch Deutschland hinkt seinen eigenen, viel zu schwachen Klimazielen hinterher. Das ist ein ungeheuerliches Versagen! Ein Sondervermögen im Grundgesetz zu verankern, das zur Klimaneutralität bis 2045 eingesetzt werden kann, reicht nicht aus. Das Grundgesetz verpflichtet uns zum Schutz unserer Lebensgrundlagen, und das bedeutet JETZT HANDELN – und zwar deutlich schneller! Es ist unsere Pflicht, nicht nur für 2045, sondern für die unmittelbare Zukunft unserer Kinder und Enkel zu handeln. Wer das nicht erkennt, verspielt unsere Zukunft!"

Klimaschutz ist Menschenrecht
Die Risiken für Menschen und Umwelt durch die Klimakrise nehmen dramatisch zu. „Klimaschutz ist Menschenrecht“, betonen beide Organisationen.  „Die Verfassung verpflichtet die Bundesregierung, unsere Rechte und Freiheiten durch wirksame Klimapolitik und ausreichende Ziele zu wahren.“ Dennoch reagiert die Bundesregierung nicht mit wirksamen Maßnahmen. Damit setzt sie unsere verfassungsmäßigen Freiheiten aufs Spiel. Dagegen haben BUND und SFV im vergangenen Herbst zusammen mit vier Einzelklagenden Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht.

In einem laufenden Rechtsstreit über die KSG-Verpflichtung der Bundesregierung zu Sofortprogrammen hatte zuletzt das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag des BUND hin den Rechtsstreit ausgesetzt. Es hatte damit zu erkennen gegeben, dass es erst einmal abwarten will, ob das Bundesverfassungsgericht das neue KSG für verfassungsgemäß hält oder nicht. Dass die aktuelle Sondervermögens-Diskussion die Bedeutung rascher Klimaneutralität weitgehend verkennt, analysiert ferner ein Rechtsgutachten von Prof. Felix Ekardt für den SFV, das in der zweiten Juli-Hälfte vorgestellt werden soll.

Hinweis: Die Verfassungsbeschwerde ist eine von dreien, die fünf deutsche Umweltverbände gemeinsam mit Kläger:innen aus allen Teilen der Gesellschaft gegen die unzureichende Klimapolitik der Bundesregierung sowie insbesondere die Entkernung des Klimaschutzgesetzes (KSG) erheben. Neben dem Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) und dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) führen die Deutschen Umwelthilfe (DUH) sowie auch Greenpeace und Germanwatch jeweils eine Beschwerde. 

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