Immer häufiger wird im Zusammenhang mit der Einspeisung von Solarstrom in das öffentliche Netz auch von einer “Abregelung” des Solarstroms gesprochen, um die Netze zu entlasten. Manchmal ist dies notwendig, um Stromerzeugung -verbrauch im Gleichgewicht zu halten. In anderen Fällen spielen jedoch auch regulatorische oder volkswirtschaftliche Gründe eine Rolle. Diese Zusammenhänge werden dabei oft nicht differenziert betrachtet. Wir geben einen Überblick, warum Solaranlagen manchmal abgeregelt werden - und welche Gründe dahinter stecken können.

1. Gesetzliche Kappung der Einspeiseleistung (70%- / 60%-Regelung)

Der wahrscheinlich häufigste Fall, in dem umgangssprachlich von einer “Abregelung von PV-Anlagen” gesprochen wird, ist die gesetzliche Begrenzung der maximalen Wirkleistungseinspeisung von PV-Anlagen. Diese gesetzliche Bestimmung gab bzw. gibt es im EEG für folgende Anlagen:

  • Begrenzung der Einspeiseleistung auf 70 % für Anlagen, die vor dem 01.01.2023 in Betrieb gingen und weder über eine Fernsteuerbarkeit durch den Netzbetreiber noch über ein intelligentes Messsystem verfügten. Diese Begrenzung der Einspeiseleistung wurde zurückgenommen. Mehr Informationen dazu teilt die Clearingstelle EEG in ihrem Artikel.
  • Begrenzung der Einspeiseleistung auf 60 % für alle Anlagen, die nach dem 25.02.2025 in Betrieb gehen und über kein intelligentes Messsystem verfügen

Die pauschale Leistungsbegrenzung ist in diesem Fall regulatorischer Natur, um eine zu hohe gleichzeitige Solareinspeisung in lokalen Netzabschnitten zu Spitzenzeiten pauschal zu vermeiden. Die Anlagenbetreiber:innen erhalten keine Entschädigungszahlungen für die mögliche entgangene Stromerzeugung. Eine Eigennutzung des erzeugten Stroms (Eigenverbrauch oder z. B. Speicherung im Solarspeicher) ist hingegen möglich, wodurch finanzielle Verluste verringert oder vermieden werden können.

Da es sich bei der Leistungsbegrenzung um die Einspeisung nur zu Zeiten sehr hoher Einstrahlung handelt, bewegt sich der mögliche Ertragsverlust durch die reine Kappung in der Regel im einstelligen Prozentbereich. In einem separaten Beitrag hat Prof. Hergert die möglichen Ertragsverluste durch die neu eingeführte Leistungsbegrenzung auf 60 Prozent abgeschätzt. 

Zu einer technischen Kappung der Leistung kommt es prinzipiell in vielen Fällen auch bei Steckersolargeräten, wenn diese mit mehr als 800 Watt Modulleistung betrieben werden (zulässig sind max. 2000 W Modulleistung). In diesen Fällen begrenzt der Wechselrichter die Einspeisung auf die normativ erlaubte 800 Watt Einspeiseleistung. Umgangssprachlich wird dies jedoch selten als “Abregelung” bezeichnet.

2. Negative Strompreise / Direktvermarktung

Ein weiterer Grund für eine Abregelung einer Solaranlage können die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen darstellen. Der Solarstrom wird an der europäischen Strombörse gehandelt. Fällt der Strompreis hier auf einen sehr geringen oder sogar negativen Wert ab, kann es für Anlagenbetreiber:innen wirtschaftlicher sein, die Anlage außer Betrieb zu nehmen, als zusätzlich für die Einspeisung des Stromes zahlen zu müssen. Dies betrifft allerdings nur Anlagen, die sich in der Direktvermarktung befinden, und deshalb u. a. auch vom Börsenstrompreis abhängig sind. Hier können Direktvermarkter die Anlage in bestimmten Zeiträumen abregeln, in denen die Einspeisung für sie nicht wirtschaftlich ist.

Anlagen bis 100 kWp haben die Möglichkeit, eine feste Einspeisevergütung zu erhalten. Sie sind damit von den variierenden Strompreisen an der Börse vorerst nicht betroffen. 

Mit den Änderungen im sogenannten “Solarspitzengesetz” wurden jedoch Änderungen eingeführt: Für alle Anlagen, die ab dem 25.02.2025 in Betrieb genommen wurden und bereits über ein intelligentes Messsystem verfügen, gilt nun für die Zeiträume, in denen negative Strompreisen an der Börse auftreten, eine Aussetzung der Einspeisevergütung. In diesem Fall wird die Anlage jedoch nicht technisch abgeregelt, sondern kann weiterhin voll einspeisen. Lediglich die ausgefallene Vergütung für diesen Zeitraum wird nicht ausgezahlt, sondern ans Ende des Einspeisezeitraumes angehängt. Durch die Verschiebung der Vergütungszahlungen soll das EEG-Konto entlastet werden. Genaueres über die Nullvergütung im Rahmen des Solarspitzengesetzes können Sie in einem separaten Beitrag nachlesen.

Ist noch kein intelligentes Messsystem für eine Neuanlage (Inbetriebnahme ab 25.02.2025) installiert, gilt stattdessen eine Leistungsbegrenzung auf 60 % der Einspeiseleistung (siehe Punkt 1).

Netzdienlicher Betrieb von Speichern

Um die Folgen der Abregelung von Solarstrom für den Endverbraucher möglichst gering zu halten, kann häufig eine netzdienliche Nutzung von Speichern durch ein entsprechendes Managementsystem genutzt werden. Wird der Speicher vorwiegend in der Mittagszeit geladen, können abgeregelte oder nicht-vergütete Solarspitzen eingespeichert und später selbst verbraucht werden. Gleichzeitig wird das Netz in Zeiten hohem Solarstromaufkommens entlastet, was auch dem ungeplanten Abwurf durch Spannungserhöhung (siehe Punkt 2) entgegenwirken kann.

Viele Speichersysteme bieten eine prognosebasierte Ladung des Heimspeichers an - auch im Bestand! Diese muss von den Verbrauchern allerdings noch eigenständig aktiviert werden. Die HTW-Berlin gibt in einem aktuellen Projekt hilfreiche Tipps zum prognosebasierten Laden sowie Anleitungen zur Einstellungsänderung der gängigsten Hersteller:

3. Redispatch-Abregelung von Anlagen >100 kW

Der Begriff “Redispatch” bedeutet die kurzfristige Umplanung des Kraftwerkseinsatzes seitens der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) zur Vermeidung von Netzengpässen im Übertragungsnetz (Höchstspannungsebene). Da erneuerbare Energien nach dem EEG vorrangig in das Netz einspeisen, wird eine entsprechende Änderung der Einspeisung umgangssprachlich häufig als Abregelung bezeichnet. Kommt es zu einer geplanten Abregelung der EE-Anlage aus diesen überregionalen Netzmanagementgründen, greift der zuständige Netzbetreiber (meist der ÜNB oder in dessen Auftrag der Anschlussnetzbetreiber) in die Anlagentechnik ein, um die Anlagenleistung bei Netzengpässen fremdgesteuert zu reduzieren oder ganz vom Netz zu nehmen. In diesem Fall werden Entschädigungen (Ausgleichszahlungen) nach relativ komplexen Verfahren berechnet und an den Anlagenbetreiber ausgezahlt. Beim Redispatch handelt es sich also um eine geplante Reduzierung der Einspeiseleistung, um überregionale Netzengpässe im Übertragungsnetz zu vermeiden. In jedem Fall werden dazu erst konventionelle und für die Regelenergie vorgehaltene Kraftwerke eingesetzt und nur dann auf EE-Anlagen zurückgegriffen, wenn diese Kapazität für die Netzstabilisierung nicht ausreicht. 

Aktuell sind Erneuerbare Energie-Anlagen erst ab einer Größe von 100 kW zur Teilnahme am Redispatch verpflichtet. Künftig soll KI gestützt ein Redispatch 3.0 für Anlagen auch unter 100 kW stattfinden - dies ist aktuell aber noch nicht der Fall. In seltenen Engpassfällen, in denen auch die Leistung der Redispatch-Maßnahmen nicht ausreicht, darf der Netzbetreiber zur Netzstabilisierung nach §13 (1) EnWG nachrangig auch kleinere EE-Anlagen steuern. Dies ist aber nur in seltenen Fällen und stark überlasteten Netzabschnitten zu erwarten. 

In unserem Beitrag zum Redispatch 2.0 nehmen wir ausführlicher zu den Hintergründen des Redispatch im Jahre seiner Einführung 2021 Stellung.

4. Unzulässige Spannungserhöhung im Verteilnetz

Eine eher ungeplante Art der Abregelung findet lokal in einigen Verteilnetzen statt. Es kommt vereinzelt vor, dass uns Mitglieder über die automatische Abschaltung ihrer Solaranlage in den Mittagsstunden berichten. Oft handelt es sich dabei um Bestandsanlagen, die bereits seit einigen Jahren am Netz sind. Ein möglicher Grund dafür ist die bei Überlast auftretende Spannungserhöhung im lokalen Netzabschnitt. Laut IEC-Norm ist eine Spannungsschwankung maximal im Bereich von +/- 10 % von 230 V zulässig. Ist das lokale Verteilnetz für die Menge an Solarstrom, der zur Mittagszeit von vielen Anlagen gleichzeitig ins Netz einspeist, nicht ausgelegt, kann es zu einer Spannungserhöhung kommen. Überschreitet diese den für die Wechselrichter zulässigen Spannungsbereich, kommt es zu einer automatischen Schutzabschaltung des Wechselrichters. Der Solarstrom kann in diesem Fall weder eingespeist, noch selbst verbraucht werden, es sei denn, die Solaranlage verfügt über eine Ersatzstromversorgung mit Batteriespeicher, die in diesen Zeiträumen aktiviert werden kann. 

Dieser ungeplante “Abwurf” von Solaranlagen auf Grund von Spannungserhöhungen sollte eine absolute Seltenheit darstellen und mit dem Ausbau des Verteilnetzes seitens des Netzbetreibers zeitnah behoben werden. Wenn Sie davon betroffen sind, dann melden Sie sich gerne bei uns.

5. Fazit: Speicher und Netzausbau statt Solarstromabregelung

Was im umgangssprachlichen Gebrauch also häufig als pauschale “Abregelung von Solaranlagen” bezeichnet wird, kann unterschiedliche Gründe haben. Eines haben alle Gründe aber gemeinsam: Die Zeiträume, in denen Solaranlagen aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen begrenzt ober abgeschaltet werden belaufen sich auf wenige, sonnige Mittagsstunden im Sommerhalbjahr, in denen besonders viel Solarstrom im Netz auf Zeitpunkte mit geringem Verbrauch treffen. Zwar ist jede abgeregelte Kilowattstunde Solarstrom insbesondere mit damit verbundenen wirtschaftlichen Einbußen für den Betreiber ärgerlich. Dennoch bleiben viele Stunden im Jahr, in denen jede Kilowattstunde Solarstrom dringend benötigt wird. Neben der Flexibilisierung der Erzeugungsleistung können hier insbesondere der Zubau von Speichern sowie der Ausbau der Netze für eine Verringerung der Solarstromabregelung in Zukunft sorgen.

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