Technisch gesehen ist eine Photovoltaikanlage erheblich einfacher als ein Einfamilienhaus mit den darin üblicherweise verwendeten Elektrogeräten wie Küchenherd, Gefriertruhe und Fernseher. Trotzdem ist es juristisch gesehen leichter, ein ganzes Haus an das Stromnetz anzuschließen, als eine kleine Photovoltaikanlage. Der Grund liegt darin, dass die Stromwirtschaft jeden Stromverbraucher begrüßt, die Nutzung der Erneuerbaren Energien in Privathand jedoch ablehnt und häufig massiv behindert. Solaranlagenbetreiber sind somit - oft ohne es zu ahnen - Partei in einem erbitterten und umfassenden Interessenkonflikt. Sie werden vom Netzbetreiber, in dessen Netz sie einspeisen wollen, als energiewirtschaftliche Gegner gesehen.

Viele unpolitisch denkende Anlagenbetreiber merken dies erst dann, wenn sie dem Netzbetreiber mitteilen, dass sie einspeisen wollen. Der Netzbetreiber setzt dann gegen sie mehr oder weniger bösartige Droh-, Druck- und Abschreckungsmittel ein. Die Erkenntnis schmeckt oft bitter: Hier geht es offensichtlich primär um Macht und Interessen, aber nur sekundär um Recht - und schon gar nicht um den Klimaschutz!

Wie hoch die Zahl derjenigen ist, die bereits in der Anfangsphase der Planung ihrer Solaranlage durch falsche Beratung oder überzogene Forderungen abgeschreckt wurden, ist nicht ermittelbar. Klar ist jedoch, dass diese potentiellen Investoren für eine schnelle Energiewende möglicherweise für immer verloren sind.

Wer als Anlagenbetreiber aus der Position des Schwächeren heraus gegen den Netzbetreiber auf sein Recht pocht (wir ermutigen alle Anlagenbetreiber dazu!), wer sich also auf einen Machtkampf mit rechtlichen Mitteln einlässt, braucht dazu eigenes juristisches Grundwissen, und wenn es „hart auf hart“ kommt, fachkundige anwaltliche Unterstützung.

Von vielen Vereinen, Verbänden aber auch von staatlichen Institutionen wird der Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. als kompetenter Partner in der Beratung zu allgemeinen Rechtsfragen empfohlen. In den vergangenen Jahren erreichten uns weit mehr als 1500 Anfragen - zumeist telefonisch - zu rechtlichen Problemstellungen. In vielen Fällen war es bereits ausreichend, den Betroffenen ihre gesetzlich festgelegten Rechte bewusst zu machen. Unsere Hinweise auf die Rechtslage halfen ihnen, in nachträglichen Verhandlungen mit dem Netzbetreiber ihre Rechtsposition darzustellen und Probleme auszuräumen.

In ganz wenigen Fällen kam es zu einem direkten Gespräch zwischen der Aachener Geschäftsstelle des SFV und dem Netzbetreiber, bei dem das Problem aus der Welt geräumt werden konnte. Leider genügte diese Verfahrensweise oft nicht, so dass wir nur noch die Konsultation eines Rechtsanwalts empfehlen
konnten. Die Zahl der Gerichtsverfahren, die in Zusammenhang mit Solarstromanlagen anhängig sind, nimmt nach unserem Eindruck leider nicht ab.

Im folgenden wollen wir eine kurze Auswahl von Problemfällen darstellen. Wir fordern die Bundesregierung eindringlich dazu auf, bei der in diesem Jahr anstehenden Überprüfung des Erneuerbaren-Energien-Gesetz die Chance zu nutzen, Regelungen im EEG noch eindeutiger und nstrittiger zu formulieren. Nur so kann der aus Klimaschutzgründen dringend erforderliche Ausbau der Erneuerbaren Energien ungebremst voranschreiten. Im Anschluss an die Beispiele finden Sie weitergehende Vorschläge des SFV zur Verbesserung des EEG.

Auswahl von Streitfällen:

a) Abschluss eines Einspeisevertrages: Das Recht, keinen Einspeisevertrag abzuschließen, ist im EEG, § 12 Abs. 1 geregelt. Trotzdem werden von Netzbetreibern immer wieder Netzanschluss, Stromabnahme und Einspeisevergütung vom Abschluss eines Vertrages abhängig gemacht, häufig unter Hinweis auf Bestimmungen des Energiewirtschaftsgesetzes.

b) Netzbetreiber verbieten den Installateuren, die Anlage anzuschließen, solange kein Einspeisevertrag unterzeichnet wurde.

c) Häufig wurde über Anschlussverweigerungen wegen der angeblichen Gefahr von Netzüberspannungen berichtet. Netzbetreiber verzögern notwendige Netzausbauten.

d) Bestimmung des technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt zum öffentlichen Netz führt zu Streitfällen.

e) Netzbetreiber fordern, dass Anlagenbetreiber Netzverstärkungskosten tragen sollen - entgegen ausdrücklicher EEGRegelungen. Trafos und Leitungen sollen auf Kosten der Anlagenbetreiber ausgebaut / erneuert werden.

f) Offenlegung der Daten zur Bestimmung des technisch und wirtschaftlich günstigsten Anschlusspunkt zum öffentlichen Netz wird vom Netzbetreiber verzögert. Exorbitant hohe Bearbeitungspauschalen (z. B. 2400 Euro) werden verlangt.

g) Netzbetreiber stellen unzulässige Forderung zu Einspeisezählern auf z.B. sie akzeptieren nicht, dass der Anlagenbetreiber einen eigenen Zähler verwendet, Wucher-Zählermieten, saldierende Zähler bei Anlagen unter 10 kW werden abgewiesen, für Zählerablesung werden vom Netzbetreiber Dritte auf Kosten des Anlagenbetreibers beauftragt, Nutzung eines eigenen Zähler erfordere vom Anlagenbetreiber die Lizenz zum Messstellenbetreiber (auch hier wird wieder auf das Energiewirtschaftsgesetz verwiesen) etc.

h) Kostenintensive, registrierende Leistungsmessung werden trotz der in § 5 Abs. 1 EEG festgelegten 500 kW-Grenze auch für kleinere Anlagen verlangt.

i) Falsche Berechnung der Einspeisevergütung bei Anlagen über 30 kW werden vom Netzbetreiber in Ansatz gebracht.

j) Unzulässige Gebühren für Abrechnung und Abschlagszahlungen - auch bei Stellung des Zählers durch den Anlagenbetreiber - werden verlangt.

k) Leitungs- und Trafoverluste - obwohl netzseitig entstanden - werden dem Anlagenbetreibern finanziell zur Last gelegt, auch bei Hausnetzdurchleitung.

l) Anschlusskosten der Solaranlagen können weit über dem bundesdeutschen Durchschnitt von ca. 120 Euro liegen.

m) Landwirtschaftliche Gebäude, Lagerhallen etc. im Außenbereich werden nicht als Gebäude anerkannt. Freiflächen-Einspeisetarife werden angesetzt.

n) Die höhere Einspeisevergütungen für Fassadenanlagen werden oft versagt. In einem besonders krassen Fall argumentierte der Netzbetreiber wie folgt: Ein Sonnenschutz durch die PV-Anlage sei nicht erforderlich, da die Fenster bereits mit Rolläden ausgestattet seien. Dies kommt uns etwa so vor, als würde ein Augenarzt bei Überempfindlichkeit gegen Helligkeit eine Sonnenbrille verweigern mit der Begründung, der Patient könne ja die Augen schließen, wenn die Sonne scheint.

o) Als Leistungsgrenze zur Bestimmung des technischen günstigsten Verknüpfungspunktes (§13, Abs. 1, Satz 2) wird die Modulleistung in Ansatz gebracht, obwohl die Wechselrichterausgangsleistung aus technischer Sicht entscheidend wäre.

p) Hausnetzdurchleitung wird trotz gesetzlicher Regelungen abgewiesen.

Bitte melden Sie Ihren EEG-Streitfall dem SFV

Die Formulierungen im Erneuerbaren-Energien-Gesetz müssen unstrittiger und eindeutiger werden. Da in diesem Jahr die Vorbereitung der Novellierung des EEG auf der politischen Tagesordnung steht, werden wir uns in Kürze mit einer Zusammenstellung der uns bekannten Streitfälle in Zusammenhang mit EEG-Regelungen an das Bundesumweltministerium wenden. Zur Vorbereitung dieser Aktion benötigen wir Ihre Mithilfe! Sollten auch Sie mit einer EEG-Problemsituation in Zusammenhang mit der Installation oder dem Betrieb Ihrer Solaranlage konfrontiert worden sein, so teilen Sie uns bitte den Sachverhalt kurz und zusammenfassend per E-Mail oder per Post mit. Gern können Sie aber auch den Sachverhalt telefonisch darstellen. Alle Angaben werden auf Wunsch vertraulich behandelt und anonymisiert weitergereicht.

EEG-Verbesserungsvorschläge des SFV

  1. Erhöhung der Einspeisevergütung für alle Erneuerbare Energien nach dem Grundsatz: Die Kapitalströme müssen umgeleitet werden; dazu müssen die Gewinnanreize mindestens denen der konventionellen Stromwirtschaft entsprechen.
  2. Zusätzliche Erhöhung der Vergütung an benachteiligten Standorten z.B. Windkrafterzeugung in windschwachen Gebieten, Solarstromerzeugung an Fassaden und bei Dachintegrationen.
  3. Abzüge von der Einspeisevergütung bei Hausnetzdurchleitung müssen untersagt werden.
  4. Das BMU muss unter Fristsetzung zur Einführung des Anlagenregisters nach § 15 Abs. 3 verpflichtet werden.
  5. Eine Bereitstellungsgebühr für nicht abgenommenen Strom aus fertiggestellten Erneuerbaren-Energien-Anlagen muss Anlagenbetreiber vor dem wirtschaftlichen Risiko schützen.